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atropa belladonna Freak
Anmeldungsdatum: 02.12.2008 Beiträge: 1252
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Verfasst am: 18.06.2009 20:32 Titel: Synthetische Vitamine im Futter von Bio-Kühen |
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Rheinland Pfalz erlaubt unter bestimmten Voraussetzungen die Beimengung von synthetischen Vitaminen (A, D und E) im Futter von Bio-Rindern.
Las ich heute im Amtsblatt, die Verordnung trat letzte Woche in kraft. Die Einspruchsfrist geht bis nächste Woche. Hab schon überlegt, ob ich mich dazu äußern sollte
Ernsthaft jetzt, das hat mich doch relativ unangenehm überrascht. |
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Vanessa87 Ökomöke
Anmeldungsdatum: 12.01.2008 Beiträge: 1474 Wohnort: D - Leverkusen
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Verfasst am: 18.06.2009 21:01 Titel: Re: Synthetische Vitamine im Futter von Bio-Kühen |
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na dann los! _________________ Ein Hund braucht sein Hundeleben.
Er will zwar keine Flöhe haben, aber die Möglichkeit, sie zu bekommen!
Robert Lembke |
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Murx Pickwick Quoten-Kobold
Anmeldungsdatum: 23.07.2005 Beiträge: 4622 Wohnort: Runkel
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Verfasst am: 18.06.2009 21:19 Titel: Re: Synthetische Vitamine im Futter von Bio-Kühen |
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Der Hintergund ist einfach, auch die Biobauern setzen auf die Produktionsmethoden der konventionellen Landwirte ... allerdings unter Weglassung von künstlichen Düngern und künstlichen Nahrungszusätzen ...
Nun benutzt allerdings die konventionelle Industrie auf Leistung getrimmte Rinder: Holstein Frisian und die mit Holstein Frisian verbesserten mordernen Schwarzbunten und im Fleischsektor hauptsächlich Fleckvieh und teilweise auch mit Brown Swiss verbessertes Braunvieh. Diese Rinder sind nur deshalb so leistungsfähig, weil sie seit den 70er Jahren zusammen mit Weidelgras nur auf Hochleistung hin getrimmt wurden. Sie kommen ohne Kraftfutter gar nicht mehr aus, speziell die Holstein Frisian und die Schwarzbunten verhungern selbst auf Weiden mit zuckerreichen Gras, wenn sie nicht mit Kraftfutter zugefüttert werden ...
Daß eine derartige Zucht nur auf wenige Merkmale seitens der Gräser und seitens der Rinder irgendwann in die Hose gehen muß, sollte eigentlich schon der gesunde Menschenverstand sagen ... aber egal ...
In der konventionellen Zucht ist es noch mit dem entsprechenden Supplementen und erlaubten importierten Kraftfutter möglich, diese Rinder zu Höchstleistungen zu bringen - nicht jedoch im Biobereich, Ausfälle sind hier relativ häufig, die Rinder bringen einfach weder die erforderliche Gesundheit noch die erforderliche Leistung, um die geforderte Milch und das geforderte Fleisch zu erbringen. Nährstoffmängel sind häufig bei diesen Rindern, insbesondere Vitamin D-Mangel und Vitamin A-Mangel bei Milchrindern!
Es gäbe selbstverständlich eine Alternative für Biolandwirte:
Alte Rinderrassen, die an die lokalen Gegebenheiten angepaßt sind ... einzige echte Problem an der Sache ist, die sind an die modernen Weidegräser nicht mehr angepaßt, sie sind angepaßt an Weiden, die eiweißarm und zuckerarm sind, nicht an die mordenden hochgezüchteten Weidelgräser und hochgezüchteten Weißklee mit überhöhten Zucker- und Eiweißwerten. Sie werden auf den modernen Weiden krank und bringen nun ihrerseits keine Leistung mehr!
Aber auch dieses Problem wäre zu managen, wenn man mit 4000 - 6000kg Milch im Jahr zufrieden ist und nicht 5000 - 8000kg Milch im Jahr haben will ... Wiesen an Nährstoffen verarmen lassen und wieder artenreiche Magerwiesen draus machen, zufüttern mit den althergebrachten Kraftfuttermitteln wie Kartoffelschalen und eventuell noch Maissilage ... das Kraftfutter ist zwar auch nicht unbedingt so das gesündeste für den Magerköstler Rind, aber sie bringen immerhin auf die Art und Weise tatsächlich bis 6000kg Milch im Jahr und werden trotzdem alt bzw bei den deutlich leichteren alten Fleischrindrassem kann man auf diese Art und Weise doppelt so viel Rind auf die Weide stellen, wie ohne Kraftfutter.
Bei den Fleischrindern haben übrigens ein paar Rinderhalter inzwischen sogar bewiesen, daß deutlich mehr Geld mit verdient werden kann, wenn robuste, alte Rassen, die zwar deutlich leichter wie Fleckvieh sind, ganzjährig nur mit Weide und Heu gefüttert werden und ganzjährig auf der Weide laufen dürfen. Das Geheimnis ist, bis auf das ab und an mal vorbeischauen und Heu nachfüllen und Weidezaun kontrollieren (bzw Weidepflege, also Rinder von abgefressenen Weiden auf noch nicht abgefressene Weiden bringen und dafür sorgen, daß bestimmte Pflanzen, wie z. B. Brennesseln, Quecken und Disteln nicht überhandnehmen) keine Arbeit bedürfen. Man spart sich also Gehalt. Weiterhin sind diese Rinder weitaus gesünder, wie Rinder, die den ganzen lieben langen Tag im Stall verbringen müssen. Und das Wichtigste: Das Fleisch ist nachgewiesenermaßen aufgrund seines hohen Gehaltes an ungesättigten Fettsäuren im Fett weitaus schmackhafter und gesünder wie bei kraftfuttergefütterten Stallrindern, man bekommt pro Kilo Fleisch ein Mehrfaches an Geld!
Diese Rinderhalter mit Weidehaltung bedürfen solcher Vitaminzusätze nicht, alles, was das Rind braucht, wächst auf der Magerwiese und wird im Pansen weiterverarbeitet zu Nährstoffen, welche das Rind braucht.
Auch bei den Milchrindern wäre eine solche Entwicklung durchaus möglich ... Mutterkuhhaltung auf der Weide, fahrbare Melkmaschinen und auf Magerweiden angepaßte Zweinutzungsrinder oder alte Milchviehrassen. Die Rassevielfalt ist (noch) unüberschaubar und es ist wirklich für jeden Extremstandort einschließlich von Steilhängen alles dabei.
Für Steilhänge könnten beispielsweise kleine und genügsame, sehr leichte Shetlandrinder eingesetzt werden ... Rinder, welche zwar nur 2000 - 3000kg Milch im Jahr geben, dafür jedoch mit ihren gerade mal 300 - 400kg die Grasnarbe weitaus weniger zerstören, wie die über 700kg schweren Holstein Frisian. Für Alpenmatten und weniger steile Hänge braucht man nicht mal nach Shetland zu fahren, wir haben eine sehr gut angepaßte Milchviehrasse in Deutschland: das Hinterwälder Fleckvieh ... welches immerhin mit 4000kgMilch pro Jahr eine enorme Leistung erbringt! Und das bei absoluter Magerkost und ohne die Grasnarbe zu zerstören!
Solange jedoch nicht umgedacht wird, sondern einfach nur versucht wird, konventionelle Tierrassen nach konventionellen Methoden nach Biorichtlinien zu halten, braucht man halt Supplemente und zusätzliche Vitamine, um den Mangelerscheinungen der auf Kraftfuttergaben ausgelegten Rindern auf für Rindern nicht geeigneten Hochleistungswiesen entgegenzuwirken ... _________________ Marx ist die Theorie
Murx ist die Praxis!
Ich habe es endlich amtlich (Mitgliedsausweis der Piratenpartei):
"Der Besitzer dieses Dokumentes ist berechtigt, sich seines Verstandes zu bedienen, Informationen zu produzieren, replizieren und konsumieren, sich frei und ohne Kontrolle zu entfalten in Privatsphäre und Öffentlichkeit.
Behinderung dieser Rechte wird geahndet durch die Piratenpartei Deutschland" |
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saloiv Freak
Anmeldungsdatum: 14.03.2009 Beiträge: 400
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Verfasst am: 18.06.2009 21:26 Titel: |
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Was ich nicht ganz verstehe...
Das EU-Bio-Siegel wird doch nicht von den einzelnen Bundesländern verändert und die Anbauvereine doch ebenso nicht (sie haben ja ihr eigenes Programm und entscheiden was sie wollen). Oder liege ich total falsch, weil ich mich gerade frage, wie ein Bundesland soetwas ändern kann... (ich vermute, es geht um das EU-Biosiegel). _________________ Der Weg zur Quelle führt immer gegen den Strom.
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Murx Pickwick Quoten-Kobold
Anmeldungsdatum: 23.07.2005 Beiträge: 4622 Wohnort: Runkel
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Verfasst am: 18.06.2009 21:30 Titel: Re: Synthetische Vitamine im Futter von Bio-Kühen |
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Die EU-Richtlinie dazu ist so schwammig und löchrig wie Schweizer Käse mit Badeschwamm gekreuzt ...
Die ganzen Bioverbände, von Demeter über Bioland bis unbekanntere Vereine, haben weitaus strengere Richtlinien ... die jedoch von Landwirten, die ja ein normales Studium hinter sich haben und die alten, funktionierenden Anbaumethoden und Viehaltungsmethoden gar nicht mehr kennen, oft gar nicht umgesetzt werden können. Es gehört da verdammt viel Mut dazu, hier nen eigenen Weg zu gehen und nicht das umsetzen zu wollen, wofür es Subventionen gibt und was man im Studium gelernt hat. _________________ Marx ist die Theorie
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saloiv Freak
Anmeldungsdatum: 14.03.2009 Beiträge: 400
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Verfasst am: 18.06.2009 21:35 Titel: |
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Ja, das weiß ich schon. Die Bio-Produkte aus Anbauverbänden sind ja auch viel strenger kontrolliert und die Richtlinien genauer. Wobei immer Seminare angeboten werden, so dass auch normale Landwirte die Chance haben, diesen Anbau zu erlernen.
Aber hat Rheinland Pfalz die Möglichkeit die Bestimmungen des EU-Siegels zu beeinflussen? _________________ Der Weg zur Quelle führt immer gegen den Strom.
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Murx Pickwick Quoten-Kobold
Anmeldungsdatum: 23.07.2005 Beiträge: 4622 Wohnort: Runkel
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Verfasst am: 18.06.2009 22:18 Titel: Re: Synthetische Vitamine im Futter von Bio-Kühen |
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Nein ... die EU-Biobestimmungen lassen diverse Supplemente zu, künstliche Vitamine sind da nicht alles. Deutschland war bisher nur in allen Bundesländern weitaus strenger, wie die EU-Richtlinien, hier waren bisher nur Mineralstoffzusätze erlaubt. _________________ Marx ist die Theorie
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saloiv Freak
Anmeldungsdatum: 14.03.2009 Beiträge: 400
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Verfasst am: 18.06.2009 23:02 Titel: |
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Ah, danke, jetzt ist mir das Vorgehen klar.
Die Biobestimmungen werden sowieso aufgeweicht... In den letzten Jahren wurden sie eigentlich nur aufgeweicht und nicht einmal verschärft. Leider...
Obwohl es viele Bereiche gibt, in denen unbedingt Verschärfungen vorgenommen werden müssten. Nicht nur aus naturschützerischer Sicht, sondern vorallem auch im Tierschutz.
Die ganz strengen Anbau-Verbände haben übrigens auch so ihre Problematik. Nicht für den Verbraucher, sondern für die Landwirte. Ein Landwirt ohne Kuhhaltung darf beispielsweise nicht über demeter anbauen, diese Regelung gehört eigentlich in den Abfalleimer, weil es genug andere Möglichkeiten gibt. Aber gut, man kommt nicht rein und fertig, da kann man rütteln und schütteln so viel man will.
Irgendwie fehlt manchmal das Gleichgewicht zwischen einer gewissen Strenge/Kontrolle und der nötigen Toleranz. _________________ Der Weg zur Quelle führt immer gegen den Strom.
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