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Fütterung früher vs. Fertigfutter

 
   Degupedia-Forum » Tierernährung und Pflanzen » Fütterung früher vs. Fertigfutter Alle Zeiten sind GMT + 2 Stunden
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Frische
Nager-Erforscher


Anmeldungsdatum: 07.01.2009
Beiträge: 29

BeitragVerfasst am: 08.02.2009 12:12    Titel: Fütterung früher vs. Fertigfutter Antworten mit Zitat

edit by davX: Die Diskussion wurde hier abgetrennt: http://www.degupedia.de/forum/viewtopic.php?p=8558#8558

Naja, ob die Tiere aus der Vor-Fertigfutter-Ära immer alle so gesund waren? Wer von uns will das prüfen? Diese Zuchten wurden zum Teil eingestellt, da waren die meisten User hier noch gar nicht geboren. Wie wollen wir uns also vom Gesundheitszustand längst vergangener Bestände und längst begrabener Tiere überzeugen?

Jetzt bitte nicht böse sein, aber "früher war alles besser" - das ist doch Rentner-Denke. Ist es wirklich richtig, ein Futterkonzept auf nicht überprüfbaren Rentner-Erzählungen aufzubauen? Selbige verkünden ja mitunter viel, wenn der Tag lang ist. Die Generation 70 + weiß Bescheid? Also, ich weiß nicht.

Ich will hier nicht dem Fertigfutter das Wort predigen, aber bitte auch denselben kritischen Geist gegenüber unbeweisbaren Rentner-Aussagen ("Meine Tiere wurden gebarft, waren alle kerngesund und wurden 20 Jahre alt") wehen lassen.

Meine Mutter hatte vor ca. 60 - 70 Jahren Meerschweinchen. Und bei allem Respekt der eigenen Mutter gegenüber, würde ich mir von ihr niemals Haltungstipps holen, denn wir leben heute - Gott sei Dank.
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Murx Pickwick
Quoten-Kobold


Anmeldungsdatum: 23.07.2005
Beiträge: 4622
Wohnort: Runkel

BeitragVerfasst am: 08.02.2009 13:47    Titel: Re: Naturnahe Katzenernährung (Barf) Antworten mit Zitat

Wenn du bei Meerschweinchen die Haltung und Ernährung aus alten Büchern holst und dir erzählen läßt, wie die Tiere ernährt wurden, wirst du recht schnell herausfinden, daß diese Tiere kälteempfindlich waren - im Gegensatz zu heute ... wenn du nun die Ernährung vergleichst, stößt du schnell auf den Umstand, daß früher sehr viel hartes Brot verfüttert wurde, heute dagegen nicht. Außerdem wurde noch nicht begriffen, daß Meerschweinchen Heu nicht nur als weiche Lagerstätte, sondern auch als Futter nutzen ... und daraus kannst du schließen, daß die Kälteempfindlichkeit wohl mit der stärkereichen Kost zusammenhängen könnte ... einfacher Versuch im Winter, der noch keine bleibenden Schäden hinterläßt:
Man füttere einfach mal zwei Wochen lang viel Stärke - und siehe da, die eigenen Meerschweinchen werden definitiv kälteempfindlicher werden ...

Bei Katzen findest du so etwas nicht, die Zuchtschwierigkeiten lagen hauptsächlich in der nichtverstandenen Vererbung ... es gibt jedoch keinen Hinweis darauf, daß die Katzen in irgendeiner Art und Weise die heutigen Zivilisationskrankheiten gehabt hätten ... also scheint doch der Rentnerblick durchaus auch wertvolle Informationen zusätzlich zu liefern, oder nicht?
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Marx ist die Theorie
Murx ist die Praxis!

Ich habe es endlich amtlich (Mitgliedsausweis der Piratenpartei):
"Der Besitzer dieses Dokumentes ist berechtigt, sich seines Verstandes zu bedienen, Informationen zu produzieren, replizieren und konsumieren, sich frei und ohne Kontrolle zu entfalten in Privatsphäre und Öffentlichkeit.

Behinderung dieser Rechte wird geahndet durch die Piratenpartei Deutschland"
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Frische
Nager-Erforscher


Anmeldungsdatum: 07.01.2009
Beiträge: 29

BeitragVerfasst am: 08.02.2009 14:07    Titel: Re: Naturnahe Katzenernährung (Barf) Antworten mit Zitat

Murx,

bist Du Dir wirklich sicher, daß unsere Altvorderen die Tiere in Deinem Sinne ernährt haben? Es gab eine Riesenauswahl an hochwertigem Futter? Katzen bekamen in der Nachkriegszeit teures Rindfleisch? Das haben die Menschen doch selbst gegessen und zwar einmal wöchentlich, nämlich am Sonntag. Und als Omas Kater von diesem Fleisch etwas stehlen wollte, hat sie ihn windelweich geprügelt und zwar dermaßen, daß meine alte Mutter heute noch davon spricht. Die Katzen selbst bekamen Kartoffelbrei und Abfälle, fraßen wohl auch Mäuse, alt geworden sind die Tiere meines Wissens nicht. Um die Tierernährung hat sich keiner Gedanken gemacht.

Darf ich Dich mal etwas Persönliches fragen? Wie kommt es zu Deinem verklärenden Blick auf die Vergangenheit? Also, wenn ich ältere Leute nach Tierhaltung befrage und mich selbst an früher erinnere, komme ich zu einem ganz anderen Bild. Der Umgang mit den Tieren war viel roher. Vielleicht weil die Leute auch ärmer waren und sich erst einmal selbst sattessen mußten. Fehlernährte Tiere in viel zu engen Käfigen, Kettenhunde. Die Eltern meiner Freundin hielten eine Siamkatze zeitweise in einer Art Käfig !!!!! in der Küche (60er-Jahre). Ob das Tier artgerecht ernährt wurde? Heute würde man bei solchen Zuständen das Vet-Amt rufen, und zwar vollkommen zu Recht.

Das was wir heute mit Tierernährung betreiben, ist sowieso nur möglich, weil wir momentan in einer absoluten Konsum- und Überflußgesellschaft leben. Unsere Landwirtschaft erwirtschaftet solche Überschüsse, daß wir es uns erlauben können, verschwenderisch mit tierischem Eiweiß umzugehen. Diese Verhältnisse auf die Nachriegszeit und die Jahrzehnte davor zu übertragen, halte ich für nicht legitim.

Wenn wir die Zeit zurückdrehen könnten und uns die Vergangenheitszuchten ansehen könnten, ich bin mir sicher, uns würde bei der einen oder anderen Zucht vor Schreck der Unterkiefer runterfallen.
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Murx Pickwick
Quoten-Kobold


Anmeldungsdatum: 23.07.2005
Beiträge: 4622
Wohnort: Runkel

BeitragVerfasst am: 08.02.2009 14:33    Titel: Re: Naturnahe Katzenernährung (Barf) Antworten mit Zitat

Ich spreche hier nicht von normalen Stubentigern, sondern von Züchtern mit "wertvollen" Zuchtkatzen ...
Es gab da durchaus einen Riesenunterschied in der Haltung ... die Lebenserwartung und Gesundheit von "normalen" Stubentigern wird etwa so gewesen sein, wie die der heutigen Bauernkatzen, auch die Ernährung. Wer nicht rauskonnte zum Mäusefangen, hatte halt Pech.

Es ist auch auffällig, daß ich, solange ich in Berlin gelebt hab, nicht einen einzigen dieser alten Züchter hab ausfindig machen können und interviewen konnte - und hier in Hessen in einer Gegend, die kaum vom Krieg belastet wurde, hab ich innerhalb weniger Jahre gleich mehrere gefunden - auf dem Lande blieb Essen meist erschwinglich, in Berlin sind die Leute auch ohne Haustiere nur knapp am Hungertod vorbeigekommen.
Du glaubst gar nicht, wieviele der Älteren in Berlin davon zu erzählen wissen, daß ihre Haustiere beim Nachbarn auf dem Tisch gelandet sind, nur weil diese Haustiere auf dem Balkon gehalten wurden oder raus durften ... da wurden sogar Katzen gegessen, was eigentlich für Berlin absolut untypisch ist.

Allerdings bin ich nun auch auf der Suche nach alten Büchern aus dem englischsprachigen Bereich - insbesondere Australien. Hier haben wir eine ganz andere Fütterungsstrategie, weil es einfach kaum Auswirkungen des 2. Weltkrieges gab und weil hier die Dokumentationslage eine bessere ist.

Dazu kommt, ich gehe NICHT nur auf Interviews ein, sondern hole mir Infos aus allen Bereichen:
- alte Bücher
- moderne Bücher
- Forschungsberichte und Dissertationen
- Erfahrungen der Barfer und Fertigfütterer
- meine Erfahrungen
usw usf ... Dinge, die sich nicht decken, entpuppen sich dabei recht schnell als Mythen, Dinge, die sich decken, haben eine hohe Wahrscheinlichkeit, daß sie stimmen ...

Um noch mal auf den verklärenden Blich der Vergangenheit zurückzukommen - soll ich diese Informationsquelle ausschließen, nur weil viele alte Menschen die Vergangenheit rosiger beschreiben, wie sie war?
Soll ich keine alten Bücher mehr lesen, weil man ja heute alles besser weiß und moderner ist?
Oder sind das nicht doch auch Quellen, die es auszuwerten und mit den heutigen Zeiten zu vergleichen sind?

Ich gehe nicht nur nach dem, was mir alte Leute sagen - es ist EINE EINZIGE Informationsquelle unter vielen ... decken sich jedoch die Erfahrunge der alten Leute mit Erfahrungen, welche nun andersherum bei dem Wechsel von Fertigfutter auf Resteernährung oder auf Barf gemacht werden, dann ist das für mich die Bestätigung dessen, daß diese Erfahrungen wohl doch der Wahrheit recht nahe kommen ...

Verstanden?
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Frische
Nager-Erforscher


Anmeldungsdatum: 07.01.2009
Beiträge: 29

BeitragVerfasst am: 08.02.2009 14:35    Titel: Re: Naturnahe Katzenernährung (Barf) Antworten mit Zitat

Murx,

ich bestreite ja nicht, daß der eine oder andere Rentner Recht hat. Nicht jeder Rentner hat früher seine Katzen verprügelt und nicht jeder hat seine Siamkatze in einen engen Käfig gestopft. Viele haben sich sicher - den Kenntnissen der Zeit gemäß - rührend um ihre Tiere gekümmert.

Was mich nur verwundert, ist die Schwärmerei von einer längst vergangenen Zeit, als ob es früher eine Art Ernährungsparadies für Haustiere gegeben hätte. Das hat es doch noch nicht einmal für Menschen gegeben. Meine Großeltern haben teilweise noch schimmliges Brot gegessen, es gab nach dem ersten Weltkrieg nichts anderes. Und da soll die Tierernährung top gewesen sein? Gerade die Ernährung von Katzen, die tierisches Eiweiß benötigen?

Ja, Rentnerberichte kann man natürlich durchaus als Quelle heranziehen. Aber gerade weil man weiß, daß diese Bevölkerungsgruppe zum rosigen Blick neigt, muß man diese Aussagen natürlich kritischer betrachten als eine Dissertation der TiHo Hannover und sicher auch Abstriche machen.

Mich jetzt bitte nicht falsch verstehen, ich verteidige keineswegs das Fertigfutter.

Ich hatte mich nur gewundert, wie eine noch junge Frau die "Nierentisch-Ära" im Hinblick auf Tierernährung so positiv betrachten kann. Eine Zeit, an die ich selbst eine andere Erinnerung habe.
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davX
Team


Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 08.02.2009 18:36    Titel: Re: Fütterung früher vs. Fertigfutter Antworten mit Zitat

Huhu,

ich will mich da eigentlich nicht gross einmischen, aber eines möchte ich noch anmerken, dazu hier:

Zitat:

Ja, Rentnerberichte kann man natürlich durchaus als Quelle heranziehen. Aber gerade weil man weiß, daß diese Bevölkerungsgruppe zum rosigen Blick neigt, muß man diese Aussagen natürlich kritischer betrachten als eine Dissertation der TiHo Hannover und sicher auch Abstriche machen.

Diese Auffassung kann ich nicht teilen. Vorsichtig muss man hier wie dort sein, mit der Beurteilung. Einerseits richtig, die Leute sind meist nicht unbedingt auf die Dinge aus, die uns interessieren. Ich kenne es selber, sie schweifen aus, wissen es nicht mehr so genau, wenn man genauer nachfragt sind sie teilweise auch unsicher.
Andererseits erinnere ich mich wiederum an eine Studie (ich glaube es war TiHo aber ist eigentlich pipeegal, es war aus dem vetmed-Millieu und eine Diss). Jedenfalls ging es um die Auswirkungen von Vit. K3 auf die Gesundheit von Vögel (? ich bin mir da nicht mehr ganz sicher, um welches Tier es sich handelte). Fazit aus dem hohlen Kopp jedenfalls positive Wirkungen von Vit K3, es sei in der Zeit, als es verfüttert wurde keine negativen Auswirkungen festgestellt... getestet wurde allerdings relativ kurz, ein Jahr oder noch kürzer. Tja und so einer Quelle wird vertraut! Ich frage mich dann schon, was das für Auswirkungen hat. Ist da die schusselige Omi, die sich bei ihren Erinnerungen ein bisschen vertut nicht der harmlosere Fall?

Und ein Thema für sich, das da auch noch hineinpasst, das ganze Vetmed-Sponsoring der Industrie: Hills, Purina, Royal Canin und wie sie alle heissen, sie sind omnipräsent in den meisten vetmed Hochschulen. Ich konnte es in Zürich erleben, wie stark dort die Propaganda ist und wer sich dafür interessiert findet auch entsprechend unterhaltende Erzählungen von Grimm in seinem Buch "Katzen würden Mäuse kaufen. Schwarzbuch Tierfutter". Das ist m.E. der noch gefährlichere "rosige Blick", aber nicht aufgrund von Vergessen, sondern von handfesten Interessen, denn es geht um das Einkommen vieler studierten Vetmeds... und der Frage ob eine sichere Einnahmequelle aufs Spiel gesetzt werden soll nur um objektiv zu bleiben?
Daher finde ich gerade die Vetmed Literatur ein kritisches Beispiel... es gäbe da einiges unproblematischere Forschungsgebiete, z.B. Conservation Biology, Ethologie/Verhaltensbio und Co. überhaupt Feldstudien und die Untersuchung von handfesten Fakten.
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Frische
Nager-Erforscher


Anmeldungsdatum: 07.01.2009
Beiträge: 29

BeitragVerfasst am: 08.02.2009 19:16    Titel: Re: Fütterung früher vs. Fertigfutter Antworten mit Zitat

davX,

ja, wissenschaftliche Arbeiten kann man aber mit wissenschaftlichen Methoden überprüfen, während die Rentneraussage "Früher vor dem Krieg war alles besser, auch meine Tierhaltung" in der Regel nicht so einfach überprüfbar ist. Deshalb bin ich da doch ein bißchen skeptisch.

Wie ernähre ich meine Tiere? Zur Klärung dieser Frage würde ich für mich niemals Rentneraussagen heranziehen. Aber selbstverständlich jeder wie er möchte.
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Murx Pickwick
Quoten-Kobold


Anmeldungsdatum: 23.07.2005
Beiträge: 4622
Wohnort: Runkel

BeitragVerfasst am: 08.02.2009 20:08    Titel: Re: Fütterung früher vs. Fertigfutter Antworten mit Zitat

Rentneraussagen lassen sich sogar einfacher überprüfen ... es gibt bestimmte in der Soziologie entwickelte Interviewtechniken, mit denen du sehr schnell herausfinden kannst, ob das, was jemand erzählt, der Wahrheit entspricht oder nicht ...
Bei den Dissertationen mußt du Ahnung vom Fach haben - und die richtige Idee, was an dem Versuch gestellt sein könnte und weshalb er eben KEINE Aussagekraft hat ...
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Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 08.02.2009 22:21    Titel: Re: Fütterung früher vs. Fertigfutter Antworten mit Zitat

Zitat:

es gibt bestimmte in der Soziologie entwickelte Interviewtechniken, mit denen du sehr schnell herausfinden kannst, ob das, was jemand erzählt, der Wahrheit entspricht oder nicht ...

Jetzt hast du mich aber neugierig gemacht. Wie heisst die und wo erfahre ich mehr über sie?

Zitat:

Bei den Dissertationen mußt du Ahnung vom Fach haben - und die richtige Idee, was an dem Versuch gestellt sein könnte und weshalb er eben KEINE Aussagekraft hat ...

Diesbezüglich sehr interessant das Buch "Der Hund, der Eier legt" von Dubben und Beck-Bornholdt, beides Statistiker, die quasi in jenem Buch auch einführen in die hohe Kunst des Statistiken-Fälschens... Wink
Nein sie erklären eigentlich das Thema Statistik, damit aber eben auch Fallstricke und klären auf über Manipulationsmöglichkeiten, die genutzt werden und haben zu diesem Thema sogar eine eigene Vorlesung (welche ihnen auch einen Teil des Materials, das sie im Buch bearbeiten, geliefert hat).
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Anmeldungsdatum: 23.07.2005
Beiträge: 4622
Wohnort: Runkel

BeitragVerfasst am: 08.02.2009 23:11    Titel: Re: Fütterung früher vs. Fertigfutter Antworten mit Zitat

Schlüsselbegriffe dahin sind Interviewtechnik, Hermeneutik, soziale Deutungsmuster, kriminalistisches Interview, Werbeinterview
Angewendet werden solche Interviewtechniken nicht nur durch Werbefachleute und Kriminalbeamte, sondern auch von der Church of Scientology - deren Fragebögen sind fantastische Studienobjekte, wenn man den grundsätzlichen Aufbau solcher Interviews verstehen lernen will, zumal sie für einen normaldenkenden Menschen leicht zu durchschauen sind und nicht so subtil aufgebaut sind, wie einige Fragebögen der Werbefutzis.

Vom Prinzip her geht es jedoch darum, die Fragen, um die es tatsächlich geht, in unterschiedlichen für den Interviewpartner nicht zu durchschauenden Sinnzusammenhängen immer wieder zu stellen (natürlich so, daß ihm diese Fragen als immer wieder andere, voneinander unabhängige Fragen erscheinen) und daraus anhand der Diskrepanzen der Antworten zu rekonstruieren, wie die eigentliche Antwort aussehen müßte. Dazu ist jedoch auch das Setting der Befragung und der Befragungsgegenstand, bzw die soziale Umgebung des Befragungsgegenstandes wichtig und muß bei dem Kreiieren der Fragen und Auswerten der Antworten mit einberechnet werden. Es ist einfach ein Unterschied, ob man ein Interview im heimischen Wohnzimmer in epischer Länge machen kann, oder nur einen Fragebogen kreieren muß, der höchstens 20 Fragen enthalten darf ... und es ist ein enormer Unterschied, ob ich nun jemanden über solch problembehaftete Zeit wie die Nachkriegszeit interviewe, oder ob es ein Interview über die letze Kaninchenausstellung in Hintertupfingen ist ...

Ich kann leider kein Standardwerk nennen ... wir hatten zwar in Berlin in Soziologie zwei Pflichtsemester alleine zu dem Thema Interview in Soziologie, jedoch wurde dort sehr viel Wert auf eigene Erfahrung und Praxis gesetzt - wir wurden gleich ins kalte Wasser geschmissen und auf unschuldige Berliner losgelassen - hinterher wurde dann besprochen, was wir hätten besser machen können und wieviel wir aus unseren Interviews noch hätten rausholen können.
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