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Fütterungsspätfolgen

 
   Degupedia-Forum » Tierernährung und Pflanzen » Fütterungsspätfolgen Alle Zeiten sind GMT + 2 Stunden
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atropa belladonna
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Anmeldungsdatum: 02.12.2008
Beiträge: 1252

BeitragVerfasst am: 23.05.2010 09:33    Titel: Fütterungsspätfolgen Antworten mit Zitat

Einige auf den ersten Blick verträgliche Futtersachen offenbaren ja ihre eigentliche Problematik erst später. Ad hoc fällt mir da das vielbeschriene Jakobskreuzkraut ein, das sehr verzögert zu ernsthaften Leberproblemen führt (auch wenn Murx Pickwick in einem anderen Thread auch diesem Kraut mehr oder minder Absolution erteilte Razz Razz )

OK, Senecio ist ein dummes Beispiel, es schmeckt scheiße und die Gefahr, sich daran zuverlässig zu vergiften, stufe ich als relativ gering ein.

Aber was ist mit Kräuterarten, die beispielsweise viel Oxalsäure enthalten? Rumex, Oxalis.... Wird gefressen. Ist nicht tödlich giftig. Zuviel Oxalsäure kann aber früher oder später zu einer Steinproblematik führen. Ob ich einem Tier zuviel Oxalsäure zugeführt habe, merke ich das leider erst dann, wenn sich die ersten Oxalatsteine gebildet haben und das Problem quasi schon handfest ist.

Ich denke da auch an Eiche und ihre Gerbstoffe. Wann merke ich, wenn sie die Magen-Darm-Schleimhaut der Tiere angreifen? Durchfall als Symptom kann vieles sein.

Ich stelle mir diese Frage relativ oft: was passiert, wenn die Pflanzen, die wir unseren Tieren zu fressen geben, nur auf den ersten Blick verträglich sind - oder viel schlimmer: was ist, wenn die Spätfolgen also solche erst gar nicht erkannt werden? Question
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Murx Pickwick
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Anmeldungsdatum: 23.07.2005
Beiträge: 4622
Wohnort: Runkel

BeitragVerfasst am: 23.05.2010 10:01    Titel: Re: Fütterungsspätfolgen Antworten mit Zitat

Die Steinproblematik bei gefressener Oxalsäure ist bei Kräuterfressern nicht existent, da sie sehr gute Mechanismen im Magen-Darm-Trakt entwickelt haben, welche die Oxalsäure schon im Darm zu Calciumoxalat umwandelt. Und die wiederum kann von einigen Blinddarmbewohnern genutzt werden ...
Calciumoxalat kann nicht aufgenommen werden - gelangt also gar nicht erst in den Körper, kann daher gar nicht in Blase und Niere gelangen und demzufolge nicht zu Blasen- und Nierensteinen führen ...

Das Ganze klappt sogar nach eigener Beobachtung mit Meerschweinchen, werden Meerschweinchen, die schon häufiger mit Blasengries zu tun hatten oder wegen Urolithiasis behandelt wurden, mit oxalsäurereichen Pflanzen gefüttert, soviel sie wollen, ist im Harn weniger Calciumoxalat nachweißbar und die Urolithiasis kommt nicht wieder!
Anders das Supplementieren mit Vitamin C ... der Abbau von Vitamin C führt zu Oxalsäure, welche über Niere und Blase ausgeschieden wird und auf dem Transport dorthin sich ziemlich aggressiv mit Calcium zu Calciumoxalat verbindet. Finden sich dann auch noch in Niere oder Blase Bakterien als Kristallisationspunkte, lagert sich das Calciumoxalat dort an und kann, wenn es schief läuft, zu Urolithiasis führen. Ebenso eine zu trockene Ernährung, die dazu führt, daß Bakterien nicht mehr zuverlässig aus dem Harntrakt hinausschwemmt ...

Werden zuviele Gerbstoffe aufgenommen, merkt das der Körper - gibt Durchfall ... und das ziemlich schnell. So werden die Gerbstoffe recht flott aus dem Darmtrakt befördert. Also auch keine Gefahr ...

Unsere Pflanzenfresser sind an ihre Nahrungspflanzen angepaßt, sie haben über die Jahrtausende und Jahrmillionen, in denen sie entstanden, äußerst raffinierte Mechanismen entwickelt, um sowohl mit Überversorgung, als auch mit Unterversorgung klarzukommen. Ein Tier, welches keinerlei verarbeitete Kost bekommt und wählen darf, was es futtert, also nicht gezwungen ist, Dinge zu futtern, an die es eben nicht angepaßt ist, wird sich deshalb nicht vergiften ... gilt sogar für die reinen Beutegreifer, wie beispielsweise Katzen. Es sind nicht die Freigänger, die sich an giftigen Pflanzen vergiften, sondern die reinen Wohnungsstubentiger, welche Fertigfutter zu futtern bekommen ...

Woran jedoch unsere Pflanzenfresser nicht angepaßt sind, das sind eben diese ganzen neuen chemischen Verbindungen, die es erst seit ein paar Jahrzehnten gibt, Moleküle in einer Konzentration, wie es sie erst seit diesem Jahrhundert gibt, Supplemente, gekochtes Essen, geflockte Körner, denaturierte Eiweiße, Nahrungseinschränkungen, wie sie nie nicht niemals in der Natur jemals vorgekommen sind - und genau aus diesen Bereichen hast du die langfristigen Vergiftungen, nicht durch Pflanzen ...
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davX
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Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 24.05.2010 02:24    Titel: Re: Fütterungsspätfolgen Antworten mit Zitat

Das Thema hat mich auch schon beschäftigt.

Was Spätfolgen angeht vielleicht soviel. Der Verdauungstrakt wird tagtäglich mit Giftstoffen konfrontiert, die er immer und immer wieder ausschaffen muss, primär über Leber und Nieren, sprich das sind die Ausscheidungsorgane für das Zeug, das in den Körper hinein gelangt.
Ablagern tut sich, soweit ich weiss nur wenig, selbst die Kreuzkräuter sind hier was Tiere angeht umstritten, ob sie wirklich so problematisch sind wie für den Menschen. Degus fressen eine in Europa nicht vorkommende Art in der Wildnis offenbar in grösseren Mengen - andererseits ist die Gattung sehr arten- und formenreich und umfasst u.a. eine Regenwaldart, welche aussieht wie Efeu, eine andere ist sukkulent und wächst in Wüstengebieten in Mexiko...
Ein weiterer Punkt ist, dass eine Reihe von Wirkstoffen insbesondere antinutritiv wirken, sprich die Verdaulichkeit von Närhstoffen im Essen hemmen, insbesondere Lektine/Trypsininhibitoren bei den Bohnenpflanzen oder auch Tannine, welche wenn ich es richtig im Kopf habe, Eiweisse an sich binden und diese dadurch unverdaulich werden.

Was die Steine angeht, meinte ich dass es neben den Kalziumsteinen, welche sich bei basischem Milieu (?) bilden auch noch andere gibt, die sich bei saurem (??) Milieu bilden können und genau entgegensegesetzt sind... es war da mal im Kaninchenzuchtforum eine Diskussion zum Thema... Murxi erinnerst du dich vielleicht noch daran?
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atropa belladonna
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Anmeldungsdatum: 02.12.2008
Beiträge: 1252

BeitragVerfasst am: 24.05.2010 11:01    Titel: Antworten mit Zitat

Kalziumoxalatsteine sind relativ ph-Wert unabhängig, d.h. sie bilden sich sowohl in saurem als auch neutralen bis leicht alkalischem Milleu.

Es gibt die sog. Struvitkristalle, die en neutrales bis alkalisches Milleu bevorzugen und sich dann im sauren Urin auflösen. Aber das ist andere Baustelle Wink
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davX
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Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
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BeitragVerfasst am: 24.05.2010 13:26    Titel: Re: Fütterungsspätfolgen Antworten mit Zitat

Ja ich glaube das wars. Hab mich damals leider auch nicht genauer mit dem Thema beschäftigt. Was ich im Kopf hatte, dass sich je nach pH des Millieus sich unterschiedliche Typen von Steinen bilden würden und insofern sinnlos den einen oder anderen pH Zustand vermeiden zu wollen.
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atropa belladonna
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Anmeldungsdatum: 02.12.2008
Beiträge: 1252

BeitragVerfasst am: 24.05.2010 13:59    Titel: Antworten mit Zitat

Ja ok. Die Sache mit den Steinen wäre beim Degu damit geklärt. Bleibt trotzdem noch die Frage in bezug auf eventuelle "Vergiftungen"/Leberschäden.
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davX
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Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
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BeitragVerfasst am: 24.05.2010 14:28    Titel: Re: Fütterungsspätfolgen Antworten mit Zitat

Da muss ich passen... meine Kenntnisse sind diesbezüglich zu wenig umfänglich.

Ich weiss einzig, wie eingangs schon erwähnt, dass viele Tiere komplexe Entgiftungsmechanismen haben, teils durch ihr Verhalten bedingt (Geophagie, fressen von Wirkstoffkombinationen, welche schädliche Wirkungen minimieren vermögen usw.), teils durch Entgiftungsmechanismen im Verdauungstrakt... angefangen beim Speichel der schon gewisse Stoffe enthalten kann, welche gewisse Gifte inaktivieren vermag bis hin zur Darmflora, die durch Anpassung an ein Futter das Tier unterstützt problematische Wirkstoffe zu entgiften, indem sie zu harmlosen Stoffwechselprodukten abgebaut werden usw.
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Murx Pickwick
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Anmeldungsdatum: 23.07.2005
Beiträge: 4622
Wohnort: Runkel

BeitragVerfasst am: 24.05.2010 22:28    Titel: Re: Fütterungsspätfolgen Antworten mit Zitat

Weizen (Hartweizen, Weichweizen, Emmer, Dinkel, Einkorn) könnte zu Leberschäden führen - einfach weil das Eiweiß von Weizen einen sehr hohen Anteil an Glutaminsäure hat.
Allerdings müßte dann so gefüttert werden, daß die Degus dazu regelrecht gezwungen werden, zuviel Weizen zu futtern, wenn genügend Kräuter zum Ausweichen da sind, wird wohl kaum ein Degu genügend Weizen fressen, als daß das ungünstige Aminosäurenverhältnis zu Leberschäden führt ...

Ebenso könnten alle Pflanzen mit Wirkstoffen, welche Nährstoffe binden, theoretisch zu Nährstoffmängeln und damit einhergehenden Langzeitschäden führen - Problem auch hier wieder, selbst vom Sumpfschachtelhalm müßte man Degus dazu zwingen, deutlich über 12% Sumpfschachtelhalm über lange Zeiträume aufzunehmen ... dabei ist der mit seinem hohen Gehalt an Thiaminase tatsächlich nicht ganz ungefährlich. Die 12% gelten übrigens für Pferde, welche natürlicherweise durch Wandern ungünstigen Weidezusammensetzungen entkommen und so entsprechend empfindlich auf Fraßschutzstoffe reagieren können, so kleine Nager, wie Degus, sind dagegen sehr ortstreu und müssen deshalb eine hohe Resistenz gegen Fraßschutzstoffe haben.

Bei Pferden ist das eher möglich, da sie offenbar aus dem Heu nicht das Gras und die Kräuter raussortieren können, so daß nur der Sumpfschachtelhalm überbleibt ... deshalb kann ein zu hoher Gehalt an Sumpfschachtelhalm oder Ackerschachtelhalm im Heu zu Vitamin B1-Mangel führen und irgendwann dann halt auch zum Tod ...
Wobei selbst dabei keine bleibenden Schäden zurückbleiben, wenn man anfängt, wieder schachtelhalmfrei zu füttern - oder auch nur ein schachtelhalmarmes Heu neben dem Schachtelhalmheu anzubieten. Pferde bevorzugen nämlich eindeutig ein schachtelhalmarmes Heu ...

Die wirklich gefährlichen Gifte in Pflanzen dagegen wirken normalerweise innerhalb von Stunden, es gibt kaum solche Gifte, wie das Senecin, was unmerklich die Ausscheidungsorgane zerstört - und selbst die Wirkung von Senecin wird sogar offenbar vom Menschen rechtzeitig erkannt, wenn man mal die Originalberichte, auf die sich Frohne und Pfänder, Giftpflanzen, bezieht, im Original liest ... da wird beispielsweise von einer Frau berichtet, die über Monate senecinhaltigen Tee getrunken hatte und weil der ihr nicht bekam, halt abgesetzt hatte ...
Was der zivilisationsgeschädigte Mensch kann, sollten eigentlich Nager erst recht und besser können, zumal ihnen ja nicht beigebracht wird, das Falsche selbst dann zu futtern, wenn sie merken, daß es nicht gut tut.

Es bleibt einfach dabei, egal ob kurzfristige oder langfristige Schäden, sie entstehen erst, wenn Tiere durch unzulässige Nahrungsmitteleinschränkung und/oder Hunger gezwungen sind, das Falsche zu fressen. Und unter solchen Bedingungen können sogar recht harmlose Futterpflanzen zu schleichenden und bleibenden Schäden führen ... gute Beispiele sind hier das Verfüttern von Heu als Hauptfutter an Kaninchen, Getreide und Soja als Hauptbestandteil von Katzenfutter oder das Verfüttern von Sämereien als Hauptfutter an Kräuterfresser.

Eine weitere Gefahrenquelle ist die Selbstmedikation ... wenn das einzig vorhandene und für die betroffenen kranken Tiere bekannte Heilmittel enorme Nebenwirkungen aufweist, wird es trotzdem gefressen ... die Nebenwirkungen werden in Kauf genommen, auch wenn es Langzeitschäden sind.

Wo ich mir bei der ganzen Geschichte nicht so sicher bin, das sind Pilzgifte - hier gibts ja tatsächlich etliche sehr langsam wirkende Gifte. Ob hier der Probebiß tatsächlich ausreicht, diese Gifte zu erkennen oder aber nichtpilzfressende Tiere normalerweise auch nie an Pilze freiwillig rangehen, weiß ich halt nicht ... andererseits, von den pilzfressenden Arten, wie beispielsweise Schweinen, ist mir keines bekannt, welches freiwillig zuviel von Pilzen fressen würden, welche ihnen gefährlich werden könnten.
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atropa belladonna
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Anmeldungsdatum: 02.12.2008
Beiträge: 1252

BeitragVerfasst am: 28.05.2010 11:52    Titel: Antworten mit Zitat

okay, also die Quintessenz ist jene, dass bei abwechslungsreicher und naturbelassener Fütterung die Wahrscheinlichkeit eines Folgeschadens gering ist?
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BeitragVerfasst am: 28.05.2010 12:59    Titel: Re: Fütterungsspätfolgen Antworten mit Zitat

Ich geh sogar noch weiter - bei abwechslungsreicher und naturbelassener Fütterung in ausreichender Menge zum Selektieren ist die Wahrscheinlichkeit eines Folgeschadens ausgeschlossen ...
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