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Mysterium Blinddarmverstopfung

 
   Degupedia-Forum » Hasentiere (Lagomorpha) » Mysterium Blinddarmverstopfung Alle Zeiten sind GMT + 2 Stunden
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Anita
Nager-Erforscher


Anmeldungsdatum: 16.09.2009
Beiträge: 41

BeitragVerfasst am: 15.12.2009 21:56    Titel: Mysterium Blinddarmverstopfung Antworten mit Zitat

Hallo zusammen,

wie versprochen Frage Nummer 1:

Wir haben selbst im Sommer eine Häsin wegen einer Blinddarmverstopfung verloren und haben leider keine Anhaltspunkte für den Auslöser gefunden. Zudem haben wir grade in diesem Sommer (vllt. auch wegen unserer eigenen Erfahrung) wirklich häufiger von Blinddarmverstopfungen gehört.
Leider haben wir noch gar nichts zu den Ursachen gefunden. Was aber für uns... grade als Verein... ziemlich wichtig wäre.

Behandelt wurde der akute Zustand mit Infusionen und Schmerzmittel. Was jedes Mal auch die Verstopfung löste.

Hat hier jemand Erfahrungen o. Anhaltspunkte zum Thema? Sind die Auslöser die Gleichen wie bei einer "herkömmlichen" Verstopfung? Warum wird dann anders behandelt? Würden Öle, die zum Teil bei einer normalen Magenüberladung helfen, auch bei der Blinddarmverstopfung Wirkung zeigen?

Danke für eure Hilfe!
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davX
Team


Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 16.12.2009 01:38    Titel: Re: Mysterium Blinddarmverstopfung Antworten mit Zitat

Wodurch wurde die Verstopfung ausgelöst? Durch Fremdkörper oder könnte auch eine Entzündung im Darmtrakt im Spiel gewesen sein?
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Anita
Nager-Erforscher


Anmeldungsdatum: 16.09.2009
Beiträge: 41

BeitragVerfasst am: 16.12.2009 10:23    Titel: Antworten mit Zitat

Huhu,

das ist leider eben genau die Frage. Wir haben keinerlei Anhaltspunkte. Auch nach Auflösung einer solchen Verstopfung konnte man keinen Abgang von irgendwas (Haare, Stoff, viel Einstreu o.ä.) beobachten.
Die Tiere die wir bisher bei uns und in der Station hatten waren von jetzt auf gleich (keine zeitgleiche Änderung in der Fütterung o.ä.) verstopft, der Verlauf war viel akuter als bei einer üblichen Magenüberladung, weil es grade bei älteren Tieren schnell zu Kreislaufproblemen kam. Und nach einer Nacht mit regelmäßigen Infusionen war der Spuk meistens vorbei (bei unserer Häsin wurde uns der Kreislauf zum Verhängnis, da sie sehr alt war).

Leider konnten uns unsere Tierärzte auch nicht viel mehr darüber sagen, als dass der Blinddarm verstopft war und das Infusionen helfen es aufzulösen.

Für uns wäre nun wichtig zu wissen ob jemand einen o. mehrere Auslöser kennt und wir also evtl. unwissendlich doch einen Fehler gemacht haben o. ob wir irgendwie vorbeugen können.

LG
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davX
Team


Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 16.12.2009 16:08    Titel: Re: Mysterium Blinddarmverstopfung Antworten mit Zitat

Nur damit wir nicht in die falsche Richtung uns drehen, wenn du von Verstopfung sprichst, hast du beobachtet, dass das Kaninchen längere Zeit keinen Kot mehr absetzte, sehe ich das richtig? (Oder gab es andere Symptome, die dich zu dieser Vermutung führten, wenn ja welche?)

Ich habe leider zu wenig Ahnung bezüglich Tiermedizin und auch bezüglich Kaninchen kenne ich mich ehrlich gesagt zu wenig gut aus, gerade was Krankheiten angeht. Ich versuche es daher einfach mal mit Überlegungen und Gedankenansätze. Wahrscheinlich müsste man versuchen möglichst viele mögliche Ursachen zusammenzubekommen und dann versuchen durch ausschliessen einzelner Möglichkeit versuchen sich der Ursache zu nähern.

Obduktion
Was noch eine Möglichkeit wäre, die soweit ich das richtig sehe, bisher noch nicht in Betracht gezogen wurde (?), das wäre, wenn ein weiteres Tier verstirbt, es obduzieren zu lassen. Da sollte man eigentlich eine Ursache finden.

Aber vielleicht melden sich ja noch andere zu Wort. Ich weiss nicht inwiefern Murx in solchen Sachen bewandert ist. Ihr Ding ist mehr die Ernährung und Erkrankungen die damit zusammenhängen.

So nun zu meinen einzelnen Überlegungen:

Entzündung
In der Humanmedizin würde man eine chronische Entzündung im Darm durch erhöhte Werte des CRC (C-reaktives Protein) erkennen können.

Mechanisch bedingt
Wäre es mechanisch bedingt, müsste man eigentlich was finden.

Darmlähmung (Rabbit Epizootic Enteropathie)
Die Darmlähmung beim Kaninchen ein Beitrag von Gertrud Rossi:

Zitat:

Länderübergreifend hat unter den Darmerkrankungen des Kaninchens die Darmlähmung in den letzten 10 Jahren die schnellste Ausbreitung erfahren. Seit 1997 werden auch die Bestände deutscher Kaninchenzüchter von der ansteckenden Darmlähmung heimgesucht, welche mittlerweile auch in Deutschland ein ernst zu nehmendes Problem ist. Aufgrund ihrer flächendeckenden Verbreitung wird sie in Westeuropa als Rabbit Epizootic Enteropathie (REE) bezeichnet. Sie ist ansteckend, übertragbar und reproduzierbar.


Wäre das wirklich das Problem, dürfte es eher düster aussehen. Allerdings wäre das ansteckend, sprich müssten da eigentlich auch andere Tiere erkranken.

Allgemein
Ansonsten hätte ich noch was gefunden allgemein über Verstopfungen bei der Nager-Info:
http://www.diebrain.de/k-verstopft.html


...und zur Behandlung mit medizinischen Einläufen, was ev. zur Symptombekämpfung helfen könnte:
http://kaninchenzucht.de/forum/read.php?2,122881

Zitat:

Leider konnten uns unsere Tierärzte auch nicht viel mehr darüber sagen, als dass der Blinddarm verstopft war und das Infusionen helfen es aufzulösen.

Wie konnten sie das herausfinden? Haben sie den Körper abgetastet?

edit: ich habe gerade mal etwas recherchiert, der CRP-Wert wird offenbar bei Schweinen genutzt und zumindest für Forschungszwecke bei diversen Wild- und Labortieren untersucht. Allerdings müsstest du entweder erfahrene Tierhalter haben, die diesbezüglich schon Erfahrungen haben oder mit einem interessierten Tierarzt dich austauschen, der sich in diesem Gebiet auskennt. Untersuchen kann man letztlich viel, aber nicht alles ist sinnvoll. Auf der anderen Seite geht es auch um Anhaltspunkte, wo man selber suchen kann und wo man ansetzen könnte im Gespräch mit Tierärzten oder erfahrenen Halter.
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Murx Pickwick
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Anmeldungsdatum: 23.07.2005
Beiträge: 4622
Wohnort: Runkel

BeitragVerfasst am: 16.12.2009 16:14    Titel: Re: Mysterium Blinddarmverstopfung Antworten mit Zitat

Als erstes - der Blinddarm geht genau dort ab, wo Dickdarm und Dünndarm zusammentreffen ... er wird befüllt über ein ausgeklügeltes Partikelselektionssystem, was mechanisch funktioniert. Nur feine Partikel haben also die Chance, in den Binddarm zu gelangen.

So ... nun meine Verständnisfrage - wie in alles in der Welt kann man an einem lebenden Kaninchen eine Blinddarmverstopfung feststellen?
Wurde hier echt mit radioaktiv markiertem Futter gearbeitet? - Das wäre doch verdammt teuer, oder?

Oder handelt es sich hier nicht vielmehr um eine Darmlähmung (Stichwort Enterocolitis)?
Da diese auch auftritt in Zuchten und Haltungen, welche industriefutterfrei ernähren, aber Heue benutzen, welche einen hohen Weidelgrasanteil haben, könnte es sich bei dieser mysteriösen Erkrankung durchaus um eine der vielen Folgen einer Weidelgrasvergiftung handeln. Besonders häufig ist diese Erkrankung scheinbar, wenn Frühjahrswiesenheu oder Herbstheu verfüttert wird - trotzdem Herbstwiesenheu eigentlich den postulierten hohen Rohfaseranteil, welche diese Erkrankung verhindern soll, hat. Die besten Ergebnisse gibt es wohl mit einem Heu, was kurz nach der Blüte geschnitten wurde - also genau zu einem Zeitpunkt, wo das Heu sowohl meistens den niedrigsten Gehalt an Fruktanen aufweisen, als auch zumeist den niedrigsten Gehalt an Ergotalkaloiden - verlassen kann man sich darauf jedoch nicht, da speziell der Fruktangehalt sich innerhalb von nur wenigen Stunden dramatisch verändern kann! Sobald also Weidelgras im Heu enthalten ist, kann dieses Problem auftreten!

Einen weiteren Hinweis hab ich mir eingehandelt mit den Weidelgrasexperimenten im Sommer ... es war das erste Mal, daß Enterocolitis bei meinen Absetzern nachgewiesen werden konnte - und dann auch noch gleich bei zwei Tieren!
Schon die letzten zwei Jahre hatte ich immer wieder mysteriöse Darmerkrankungen ohne Befund bei meinen Absetzern gehabt ... ich hatte in den letzten zwei Jahren die Kaninchen mit weidelgrashaltigem Wiesenheu gefüttert. Die meisten Probleme tauchten im Frühjahr auf, im Spätsommer geborene Kaninchen dagegen hatten keinerlei Darmprobleme. Ich dachte erst, das sei ein Zuchtfehler meinerseits, scheint jedoch eher ein Weidelgrasproblem zu sein.

Die Darmlähmung bei Kaninchen ist, wenn sie auftritt, nicht behandelbar - die Tiere überstehen es, oder auch nicht - meist eben nicht. Der Tod tritt nach Auftreten der ersten Krankheitsanzeichen innerhalb von einem Tag bis wenigen Tagen ein.
Auffällig ist bei der Darmlähmung ein mehr oder weniger leerer oder mit so einer Art "Gel" gefüllter Darm bei vollem Magen und vollem Blinddarm. Die Ursache ist das Ausbleiben der Darmperistaltik. Ohne die kann der Futterbrei nicht weitertransportiert werden, weder aus dem Magen raus, noch aus dem Blinddarm raus. Da die Darmperistaltik erst nach und nach zum Erliegen kommt, kann der Futterbrei, welcher noch im Darm ist, scheinbar noch raustransportiert werden, das wars dann auch schon. Eine Überwucherung mit verschiedensten Bakterien führt dann entweder zu vermehrter Schleimbildung im Dünndarm, wodurch dieser sich halt mit dieser Flüssigkeit füllt, oder aber der Darm hat für diese Reaktion keine Zeit mehr, bevor er endgültig draufgeht, der Darm bleibt im zweiteren Falle leer.

Da es bisher keine schlüssige Erklärung für diese Krankheit gibt und vermehrt bei Weidetieren aller Art immer mehr und teils sehr unterschiedliche Krankheitsbilder auftreten, die bei einer weidelgrasfreien Ernährung nicht auftreten, ists zumindest für mich schon sicher, daß auch diese mysteriöse Darmlähme damit zu tun hat. Immerhin trat diese Erkrankung das erste mal in Kaninchenmasten auf, wo mit grünmehlhaltigen Pellets gefüttert wurde - und Grünmehl ist nunmal feinstzerriebenes Heu und da ja Weidelgras ein hochgezüchtetes, zuckerreiches Weidegras ist, welches zu einer enormen Ertragssteigerung bei diversen Tieren führt, ist klar, daß in diesem Grünmehl ein sehr hoher Weidelgrasanteil von Intensivmahtwiesen war (vermutlich wie bei den Grünmehlen für Milchvieh bzw Heu für Milchvieh eben 100% Weidelgras).
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saloiv
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Anmeldungsdatum: 14.03.2009
Beiträge: 400

BeitragVerfasst am: 16.12.2009 18:52    Titel: Antworten mit Zitat

Nachdem ein großer Teil der Tiere durch Infussionen überlebt hat (steht oben) kann es keine Enterocolitis sein. Nur ein altes Kaninchen ist daran gestorben, alle anderen haben es ja überlebt. Wie man speziell Blinddarmverstopfung diagnostiziert habe ich mich allerdings auch gefragt. Oder war es eine allgemeine Verstopfung?
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Murx Pickwick
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Anmeldungsdatum: 23.07.2005
Beiträge: 4622
Wohnort: Runkel

BeitragVerfasst am: 16.12.2009 19:10    Titel: Re: Mysterium Blinddarmverstopfung Antworten mit Zitat

Tiere mit den gleichen Symptomen der Darmlähme überleben manchmal in den gleichen Beständen, wo Darmlähme ausbricht ... klar, kann ganz großer Zufall sein, daß alle die gestorbenen und daraufhin untersuchten Kaninchen aus den betroffenen Beständen die Darmlähme hatten, die Überlebenden mit den gleichen Symptomen jedoch nicht.
Aber:
Wie wahrscheinlich ist das?
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Anita
Nager-Erforscher


Anmeldungsdatum: 16.09.2009
Beiträge: 41

BeitragVerfasst am: 16.12.2009 20:00    Titel: Re: Mysterium Blinddarmverstopfung Antworten mit Zitat

Hallo zusammen,

vielen Dank für eure Mühe!

Nein, an die Obduktion hatte damals leider wirklich keiner mehr gedacht. Hinterher ja... da wars nur leider bereits zu spät.

Also die Symptomatik war ehr schwierig zu bestimmen.... das Absetzen von Kot konnte man z.B. nicht nachweisen und nicht ausschließen, da die Tiere ja in Gruppen leben und der Verlauf so akut war, dass es nicht mehr eindeutig festzustellen war. Unsere eigene Häsin hat, nachdem sie die ganze Nacht Infusionen in der TK bekam, am Morgen auch wieder Kot abgesetzt. Davor lt. TÄ nicht. Ob das nun für ihre Verhältnisse in dem Moment normal o. auffällig war, kann ich echt nicht eingrenzen. Hauptsächlich fällt auf, dass sie enorme Kreislaufprobleme zeigten und deshalb auch zum TA geschleift wurden. Die Diagnose "Blinddarmverstopfung" waren, wenn ich mich recht erinnere, ausschließlich Tastbefunde. Wenn ich mir aber die Berichte zur Darmlähmung anschaue ist das ja auch durchaus möglich, dass es sich wie ein verstopfter Blinddarm anfühlt (Stichwort: Blinddarm mit verhärtetem Inhalt).

Nein, die Diagnose mit radioaktivem Futter wurde natürlich nicht gemacht, bei dem schnellen Verlauf wäre das auch gar nicht möglich gewesen... mal wirklich vom Kostenfaktor abgesehen.

Gestorben ist nicht nur die ältere Häsin, es gab durchaus noch andere Todesfälle. Es lässt sich hierbei aber kein "Muster" erkennen und weder bei uns zuhause noch im Verein sind mehr als ein Tier gleichzeitig erkrankt.

Ob die Tiere DURCH o. vllt. auch TROTZ Infusion überlebt haben kann ich wirklich nicht sagen. Aber wenn ich mal an Murx´ Ausführung festhalte... könnte es doch durchaus sein, dass die Infusionen bei Darmlähmung das Tier kreislauftechnisch unterstützen und damit die Überlebenschance geringfügig erhöhen. Zudem ist die Frage ob es nicht tatsächlich auch hilft den verhärteten Kot im Blinddarm wieder anzulösen... Oder es war eben einfach das Glück, dass die manche Tiere auch ohne Infusionen überlebt hätten.

Was ebenfalls für das Fruktan-Problem spricht ist dass die Fälle sich tatsächlich im Frühjahr gehäuft hatten. Nur der Fall mit unserer Häsin war im Sommer... aber da fiel mir nun im Nachhinein ein, dass wir zu diesem Zeitpunkt zusätzlich Heucobs aus einer Spende angeboten hatten die nur sie gefressen hat. Und die enthalten ja bekanntermaßen auch alle die in Frage kommenden Gräser (Wiesenschwingel und Weidelgras) die einen höheren Fruktangehalte haben. die im Übrigen (habe mal mit einer Freundin die Tiermedizin studiert hat gegoogelt) auch bei Pferden ausser Hufrehe auch zu Verdauungsproblemen führen die eindeutig dem Fruktan zugeordnet werden können. Pferden fehlt ein Enzym um Fruktan aufzuspalten, daher führt es in größeren Mengen zu Problemen. Da nun die Verdauung von Pferd und Kaninchen nicht SO unterschiedlich ist, ist es für mich auch durchaus nachvollziebar dass da ein Zusammenhang bestehen könnte. (hier mal eine Übersicht von Masterhorse die auch in die Richtung geht: http://www.masterhorse-infowissen.eu/index.php?id=136 )

Wir gehen der Sache auf jeden Fall weiter nach.

Danke!
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Anita
Nager-Erforscher


Anmeldungsdatum: 16.09.2009
Beiträge: 41

BeitragVerfasst am: 16.12.2009 20:41    Titel: Re: Mysterium Blinddarmverstopfung Antworten mit Zitat

Habe grade zum Thema noch etwas mehr gefunden... also für Menschen wirkt Fruktan sogar positiv auf die Darmflora und wird in praebiotischen Nahrungsmitteln eingesetzt.
Für Pferde hat es jedoch genau gegenteilige Wirkung und führt zur Übersäuerung und diese wiederum u.a. zur Hufrehe und Verdauungsbeschwerden:

http://www.tiergesundheit-aktuell.de/pferde/aktuelles-83.php

Und wenn es solchen Einfluss auf die Darmflora mancher Lebewesen hat... könnte es dann nicht tatsächlich auch für eine Darmlähmung beim Kaninchen verantwortlich sein?
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Murx Pickwick
Quoten-Kobold


Anmeldungsdatum: 23.07.2005
Beiträge: 4622
Wohnort: Runkel

BeitragVerfasst am: 16.12.2009 23:18    Titel: Re: Mysterium Blinddarmverstopfung Antworten mit Zitat

Vorsicht Falle!

Fruktan <> Fruktan

Wir haben es mit dem Fruktan vom Phleumtyp mit einem anderen Fruktan zu tun, wie mit den Fruktanen in Topinamburknollen und Co.
Während Pferde beispielsweise früher mit Erfolg mit Topinamburknollen gefüttert wurden, ohne daß ihnen etwas passierte, schaffen sie es offenbar nicht, mit dem Gräser-Fruktan klarzukommen, ebenso auch Ziegen, Schafe, Rinder, Kaninchen, Meerschweinchen ...
Fruktane vom Inulintyp, also die, welche sich beispielsweise in Topinamburknollen finden, haben eine Bindung, welche sich leicht von Bakterien spalten läßt. Diese Fruktane sind auch nicht sonderlich lang.

Die Fruktane vom Phleumtyp dagegen haben zwischen den einzelnen Fructose-Einheiten eine andere Bindung wie die Fruktane vom Inulintyp, welche weitaus schwerer von Bakterien gespalten werden kann. Gleichzeitig sind die Fruktane vom Phleumtyp bedeutend länger wie die Fruktane vom Inulintyp!
Fruktane vom Phleumtyp sind weit verbreitet in Gräsern, kommen jedoch nur in sehr kleinen Mengen vor - eben so, daß sie bei Grasfressern keinen Schaden anstellen können. Die gesamte Gattung der Weidelgräser jedoch hat eh schon einen hohen Fruktangehalt gehabt - der aber in der Wildform auch noch nicht tragisch ist. Nun hat man jedoch diese Gräser auf zuckersüß gezüchtet und damit den Fruktangehalt ins Unermeßliche getrieben ... von ehemaligen erreichbaren Spitzenwerten von höchstens 10% können moderne Weidelgräser ohne Probleme bei entsprechender Witterung oder bei Streß nun Zuckerspitzenwerte von über 60% erreichen - das Meiste davon sind diese Fruktane vom Phleumtyp!

Es geht jedoch noch weiter ... man kann nun nämlich noch zusätzlich beobachten, je höher der Gehalt an Fruktanen, desto geringer wird der Gehalt der Eiweiße im Gras - und hier dürfte das eigentliche Problem für die Kaninchen sein, sie sind an solch eine merkwürdige Konstellation gar nicht angepaßt - ein ungewöhnlich langer, verzweigter Zucker mit ungewöhnlichen Bindungen, sehr süß schmeckend, gepaart mit einem viel zu geringen Eiweißgehalt ...
Bei Rindern, also Grasfressern, führt dieser Umstand dazu, daß sie trotzdem sie an geringe Eiweißgehalte angepaßt sind, anfangen abzumagern - auch sie kommen damit nicht klar, weil ihre Eiweißsynthese im Pansen blockiert wird ... wie wirkt sich solch eine Kombi auf einen Kräuterfresser aus?

Aber das ist es mit 100% Sicherheit auch noch nicht, Kaninchen kann man kaum vergiften - es ist eigentlich undenkbar ... aber diese Gräser werden von den Kaninchen gefressen, egal ob sie gefährlich sind, oder nicht.
Ich hatte meine Versuche im Sommer gemacht ... gewöhnlicherweise sollten da die Fruktanwerte recht gering sein. Das hat meine Kaninchen nicht vergiftet! Die Symptome sahen eher wie eine Vergiftung mit Ergotalkaloiden aus!
Tatsächlich ist in den Weidelgräsern der Gehalt an ergotalkaloidproduzierenden Symbionten gestiegen - man versucht zwar inzwischen Weidelgräser ohne diese Symbionten zu züchten oder halt Symbionten mit geringer Produktion dieser tödlich giftigen Ergotalkaloide - aber nur ein einziges Graspflänzchen, eingeschleppt von irgendeinem Trittrasen, kann in einem Jahr eine gesamte Wiese mit Weidelgräsern mit besonders viel herstellenden Symbionten verseuchen!
Weidelgras sieht wie Weidelgras aus, du kannst hier zwar zwei Arten unterscheiden, aber diese stellen auf den Kuhweiden fast 100% der Grasarten, auf Pferdeweiden 20 - 80% der Grasarten ... wie willst du da erkennen, ob sich ein Trittrasen-Weidelgras drauf ausgebreitet hat?
Es gehört schließlich auch einer dieser beiden Grasarten an, um die es hier geht!
Es gibt bisher in Deutschland nur wenige Untersuchungen überhaupt auf Ergotalkaloide - aber ich habe genau diese in Verdacht, daß die unsere Kaninchen erkranken lassen - die Fruktane sind dann nur noch ein kleines Appetithäppchen obendrauf oder verstärken die ganze Geschichte noch ... was mehr wirkt, wird dann vermutlich bestimmen, ob wir es eher mit Darmlähme (Fructane vom Phleumtyp?), oder aber mit Abmagerung, Unfruchtbarkeit, Verwerfen der Würfe oder ähnlichem (Ergotalkaloide?) zu tun haben.

Noch eine Geschichte zu den Ergotalkaloiden ... es wird nur exemplarisch auf zwei Ergotalkaloide getestet: Ergovalin und Lolitrem B.
Nehmen wir an, da gibts noch ein paar Ergotalkaloide, welche hier eine Rolle spielen, auf die nicht getestet wird ... noch läßt sich das nicht ausschließen!

Aber auch wenn du nach Ergovalin und Lolitrem B suchst, wirst du eine Menge finden ... und wer weiß, was sich in diesen Gräsern noch alles durch die Zucht auf Zuckergehalt, Trittfestigkeit, Robustheit, Trockenresistenz etc verändert hat - noch wissen wir kaum etwas darüber.

Wir haben noch zusätzlich ein ganz anderes Problem, was ursprünglich mit dieser Problematik gar nix zu tun hat - und das sind die inzwischen weltweit vertretenden GVO. Es ist möglich, daß über Bodenbakterien und diese Symbionten noch Genteile aus anderen Organismen eingebaut wurden - unbemerkt, weil noch niemand danach suchte ...

... und hier haben wir wiederum ein weiteres Gefahrenpotential, welches nicht ausgeschlossen werden kann - gentechnisch veränderte Organismen können von unseren Weidetieren nicht von ihrer nichtveränderten Verwandschaft unterschieden werden, sie führen jedoch durch veränderte und so gut wie nicht mehr verdaubare Eiweiße zu Abmagerung, Gewichtsverlust, Veränderungen an den inneren Organen, Durchfall und eine herabgesetzte Peristaltik des Darmes!
Letztes Symptom kommt uns doch irgendwie bekannt vor - und befundloser Matschkot bzw Durchfall bei Meerschweinchen und Kaninchen doch auch, oder?

Das sind hier alles nur Spekulationen meinerseits ... egal, was es wirklich ist, Wiesenheu ist für unsere Kaninchen lebensbedrohlich geworden. Wer kann, sollte es mit Laubheu vollständig ersetzen, Kaninchen brauchen kein Wiesenheu!
Je weniger Wiesenheu und Weidelgräser ich an Kaninchen verfütter, desto besser sehen sie aus, es ist auffällig. Ich hab das erste Mal überhaupt Kaninchen im Stall, die schön rund sind - fast so, wie ich Wildkaninchen im Spätherbst und Frühwinter kenne. Dabei sind sie nicht fett, haben kaum Unterfett angesetzt und die Nierenfettmenge liegt im optimalen Bereich. Die ausgeprägte Taille, die mir schon seit zwei Jahren an meinen Kaninchen speziell im Frühjahr auffiel, ist kaum mehr zu sehen.
Aber auch die Meerschweinchen sehen trotz zuwenig Gras/Heu eindeutig besser aus, wie letzten Winter ... kein "Grasbauch" mehr, muskulös und alle Meerschweinchen außer Tiffany (die hat was anderes) nehmen nun zu, ohne dick zu werden! An drei meiner Meerschweinchen verfütter ich nicht mal mehr die Agrobs Wiesencobs bzw Agrobs Aspero - es ist zuviel Weidelgras enthalten, die armen Meerschweinchen gehen auf wie Hefekuchen. Bei anderen Leuten tauchen immer mehr Meerschweinchen auf, welche dauerhaften Durchfall ohne Befund haben. Lassen sie das Heu vollständig weg, geht auch nach ein paar Tagen der Durchfall weg ... und kommt erst wieder, wenn wieder Wiesenheu verfüttert wird.
Steigen diese Leute um auf sog. Timothyheu (reines Wiesenlieschgrasheu (fast) ohne Weidelgras), bleibt der Durchfall weg.

Ist heute zu spät für irgendwelche Quellennachweise - aber sieh mal zu, daß du das Büchlein [url=http://www.amazon.de/Giftige-Gräser-Pferdeweiden-Dienstleister-Tiergesundheit/dp/3894321121]Giftige Gräser auf Pferdeweiden[/url] bestellst und gut durchliest - Frau Vanselow hat da noch ne ganze Menge in dieser Richtung zusammengetragen. Dieses Büchlein eignet sich sehr schön als Einstieg in die Fruktan- und Ergotalkaloid-Problematik. Am Ende des Buches findest du eine ellenlange Liste mit Quellen und eine Seite mit Adressen, wo man sein Gras untersuchen kann.

Die Idee, daß es durchaus auch zusätzlich eine GVO-Problematik in diesem Zusammenhang geben könnte, ist auf meinem Mist gewachsen, darüber wirst du noch nix finden. Ausschließen geht zum jetzigen Zeitpunkt jedoch noch nicht.
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