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 Betreff des Beitrags: Prosopis - oder die Auflösung des Nußparadoxons
BeitragVerfasst: 27.09.2016, 17:01 
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Pyramidenspitze
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Als ich mit der Chinchillahaltung anfing, hatte ich keine Nüsse gefüttert, weil die Chins die Nüsse nicht knackten.
Meine kluge Schlußfolgerung: Wenn Chinchillas keine Nüsse knacken, dann gehören sie nicht in ihr natürliches Nahrungsspektrum ...

Nun ... über die Zeit stellte es sich heraus, daß Nüsse und Mandeln nicht nur eine leckere Zusatzkost sind, sondern offenbar auch wichtig in irgendeiner Art. Meine Vermutung war, daß es die Fettsäuren sind. Die meisten Nüsse enthalten sehr viele essentielle Fettsäuren.
Problem an der Sache, Samen mit noch höheren Gehalten an essentiellen Fettsäuren werden weniger gern gefressen, wie die Nüsse ...

Eventuell hab ich nun allerdings eine Erklärung - es gibt einige Arten der Mesquitebäume (Prosopis) in Chile ... direkt im ehemaligen Chinchillaverbreitungsgebiet kommen Prosopis chilensis vor. Diese bieten Schoten, die zwischen Juni und November in großen Mengen reif von den Bäumen fallen ... und die Samen sind sehr reich an hochwertigem Eiweiß. Es wird von über 30% Roheiweiß gesprochen ... und hier haben wir eine Parallele zu Nüssen.
Das Fett ist dann offenbar nur eine nette Beigabe, denn die Samen der Mesquitebäume sind reich an Stärke, also sollten sie relativ geringe Mengen an Fetten aufweisen.
Die Schoten sind für Chinchillas leicht zu knacken, immerhin schaffen sie es auch, Erdnüsse zu knacken. Sie sollten also kein Problem darstellen.

Wenn meine Theorie stimmt, dann wären also die Nüsse ein Ersatz für die relativ großen Samen der Mesquitebäume - wobei der Eiweißgehalt ausschlaggebend ist, nicht das Fett.
Was ein wenig an dieser Theorie stört - zumindest meine Chinchillas futtern keine Hülsenfrüchte (außer Erdnüsse) - und die Samen der Mesquitebäume sind ernährungsphysiologisch wie Hülsenfrüchte aufgebaut. Auch der hohe Gehalt an wachstumshemmenden Stoffen ist in den Samen der Mesquitebäume sehr hoch.

Arbeitsquelle: http://www.feedipedia.org/node/553

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 Betreff des Beitrags: Re: Prosopis - oder die Auflösung des Nußparadoxons
BeitragVerfasst: 03.10.2016, 17:50 
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Also für Mittel- und Nordchile gibt es meines Wissens zwei relevante Arten:
http://www.degupedia.de/wiki/index.php/ ... _chilensis
http://www.degupedia.de/wiki/index.php/ ... s_tamarugo

Tamarugo kommt vorallem eher im Norden vor. Bei Prosopis handelt es sich um grosse Bäume, die Schatten spenden und daher gerne in den Oasen und den Küstenorten der Atacamawüste angebaut werden.

Ob Prosopis in der Chinchillaernährung eine Rolle spielen, da habe ich ehrlich gesagt etwas Zweifel. Was erstaunlicherweise immer wieder erwähnt wird, das ist die Algarobilla:
http://www.degupedia.de/wiki/index.php/ ... revifolium
Der Baum, auch eine Leguminose, wurde leider zusammen mit den Chinchillas ebenfalls an den Rande der Ausrottung gebracht und man findet Hinweise zu dieser Pflanze hauptsächlich auch in alter Literatur.

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 Betreff des Beitrags: Re: Prosopis - oder die Auflösung des Nußparadoxons
BeitragVerfasst: 04.10.2016, 13:51 
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Pyramidenspitze
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Hier lohnt es sich tatsächlich, weiterzuschauen ...
Die Schoten sind äußerst gerbstoffreich, sie gelten bei Gerbern als die gerbstoffreichsten Pflanzen überhaupt.

Wenn die Schoten derartig viel Gerbstoffe einlagern, dann sollten die gerbstoffarmen Früchte relativ frei von Hülsenfruchtfraßschutzstoffen sein - und gleichzeitig sehr eiweißreich, wie alle Hülsenfrüchte.
Ich hab leider nix darüber gefunden, ob dem tatsächlich so ist ...

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 Betreff des Beitrags: Re: Prosopis - oder die Auflösung des Nußparadoxons
BeitragVerfasst: 09.10.2016, 14:12 
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Moderator und Technik
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Zitat:
Hier lohnt es sich tatsächlich, weiterzuschauen ...
Die Schoten sind äußerst gerbstoffreich, sie gelten bei Gerbern als die gerbstoffreichsten Pflanzen überhaupt.

Ja guckste hier:
Zitat:
Die Früchte sind reich an Tannin und werden deswegen teilweise in der Industrie verwendet. Sie gehören aber auch zum Speiseplan der Chinchillas.

Quelle: Algarrobilla (Balsamocarpon brevifolium)


Jetzt mal zu deiner Theorie, grundsätzlich wie gesagt, das mit den tanninreichen Schoten dürfte hinkommen, jedoch ist der Algarrobo, ein stattlicher Baum der viele Meter hoch wird und eine breite Krone ausbildet. Solche Bäume wachsen jetzt nicht unbedingt in Steppenlandschaften, wie sie die Chinchillas bewohnen. Du kannst gerne auch mal suchen nach Fotos aus dem Chinchilla Reservat (z.B. mit den Stichworten chinchilla reserve). Was rauskommt sind ziemlich dürre Landstriche, wenig Vegetation, viele Säulenkakteen, einiges an eher kleineren Sträuchern, aber grosse Algarrobos sieht man kaum welche.

Hier mal ein paar Fotos, was man sehen sollte:
https://www.google.ch/search?q=algarrob ... +chilensis
https://www.flickr.com/photos/carlos_krauss/5535657647
http://elquisemanario.blogspot.ch/2012/ ... uscan.html

Und hier ein paar Fotos zum Chinchillareservat, man muss aber aufpassen, wenn man schöne grosse Bäume auf den Fotos sind, dann sind das meist Fotos von Chinchillafarmen in aller Welt, z.B. Australien:
https://www.google.ch/search?q=chinchilla+reserve
https://en.wikipedia.org/wiki/Las_Chinc ... al_Reserve
http://www.chileflora.com/Florachilena/ ... EH0865.htm
http://www.chileflora.com/Florachilena/ ... hillas.htm

Vergleichen wir dann zur Algarrobilla, dann ist das ein recht kleiner Strauch, der passt in die Landschaft:
http://floradechile.cl/dicotyle/species/cbabrevi.htm

Die grossen Algarrobobäume dagegen wachsen vorwiegend dort, wo es ein bisschen mehr Wasser gibt, im Norden eben in Oasen oder in der Nähe von Flussläufen usw. Ich sah welche nördlich in den Regionen Atacama und Antofagasta, in Caldera/Bahia Inglesa und dann in San Pedro de Atacama, und dann in der Wüste selbst, an einem Ort. Dort wuchsen sie aber nur, weil unser Fahrer schon seit Jahren regelmässig, wenn er vorbeikommt viele Liter Wasser gibt.

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 Betreff des Beitrags: Re: Prosopis - oder die Auflösung des Nußparadoxons
BeitragVerfasst: 09.10.2016, 15:54 
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Moderator und Technik
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Nachtrag, zur Landschaft in der Region Coquimbo, dem Verbreitungsgebiet der Chinchillas.
Ich habe noch etwas in der Wiki gearbeitet, da ich mental den Reiseverlauf nochmals durchging und das dann auch niederschrieb, hier:
http://www.degupedia.de/wiki/index.php/Chilereise_2016

Ich habe von Ovalle und Umgebung schöne Fotos gemacht, die Stadt liegt zwar etwas weiter nördlich als Illapel und Aucó, aber landschaftlich denke ich, passt das recht gut hin:
http://www.degupedia.de/wiki/index.php/Ovalle

Jetzt kann man natürlich argumentieren, dass die Landschaft sehr degeneriert wäre, und womöglich ist das auch richtig. Dennoch wenn man sich überlegt, wie die Landschaft früher aussah, muss man sich überlegen, dass wir im Übergangsgebiet sind zwischen einer Mittelmeervegetation, wie sie in der Region um Santiago und der Region Valparaiso vorkommt und einer Wüstenregion mit kaum Bäumen, wie wir sie in der Atacamawüste (Region Atacama, Antofagasta und die ganz nördlichen Regionen Chiles) vorfinden. Es wird also selbst in einer natürlichen Landschaft eine Übergangszone gegeben haben, die vielleicht mehr oder weniger üppiges Busch-, Sukkulenten- und Grasland umfasst, aber grosse Bäume werden auch da wohl eher selten gewesen sein. Eine parkartige Savannenlandschaft, wie wir sie in Afrika mit riesigen Schirmakazien haben, die lose zwischen dem niedrigen Buschland wachsen, wäre zwar auch eine Möglichkeit, da müsste es aber dann vermutlich Relikte geben, wenn es mal so gewesen wäre.
Ich finde es aber gut, wenn man sich über solche Ideen Gedanken macht. Vielleicht kann ich ja die eine oder andere Überlegung das nächste Mal auch mitnehmen, wenn ich wieder nach Chile reise, der Sache nachgehen oder gezielter versuchen zu schauen, dass ich Fotos und Beobachtungen dazu mache.

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