Neben dem
http://www.chinchillainfo.de/viewtopic.php?f=94&t=738 hier auch noch mal, zwecks besserer Zielgruppenabdeckung:
Es gibt im Internet diverse Ratgeber- und Infotexte von Experten verfasst. Ich möchte hier an dieser Stelle einen dieser Texte über Giardien behandeln.
Giardien sind immer wieder ein Thema unter Chinchilla-Haltern. Es gibt viel Verunsicherung, insbesondere aufgrund haltloser Falschaussagen. Schlimmstenfalls führen diese Falschaussagen in Infotexten und Ratgebern zu einem Vertrauensverlust im Kunde-Tierarztverhältnis, da man aufgrund der eigenen Unkenntnis der Materie, eventuell einer gewissen Naivität, einem Text von einem angeblichen Experten mehr Vertrauen schenkt, als einer ausgebildeten und studierten Fachkraft. Dies kann fatale Folgen für die Gesundheit der Tiere haben, wenn Therapien abgebrochen und Tierärzte unnötigerweise gewechselt werden, da sie nicht wie im Infotext empfohlen handeln.
Im folgenden werde ich nur auf wenige, ausgewählte Aspekte des Textes eingehen. Diese sollten jedoch reichen, um sich einen Eindruck von der Qualität des Werkes bilden zu können. Ich werde zum Teil ebenfalls überprüfbare Quellenangaben machen, ganz im Gegenteil zu dem behandelten Werk.
Bei dem Werk handelt es sich um den unter anderem an diesen Stellen publizierten Text:
http://www.chinchilla-freunde.de/forum/ ... #post29435 /
http://chinchillaliebhaber.kostenloses- ... .html#8091 /
http://www.chinchilla-freunde.de/forum/ ... eadID=2607Zitat:
Sie sind gegenüber jeglichen Desinfektionsmitteln widerstandsfähig. Das bedeutet, dass ein Einsprühen der Gegenstände oder der Umgebung mit einem Desinfektionsmittel wirkunslos ist. Giardia-Zysten können außerhalb des Wirtes nur durch Hitze abgetötet werden...
Dies ist schlichtweg falsch!
Zwar ist die Anwendung von Desinfektionsmitteln in Käfigen und bei deren Einrichtung zum Beispiel aufgrund der langen Einwirkzeit oder der Rückstände durchaus problematisch, jedoch gibt es durchaus wirksame Desinfektionsmittel gegen Giardien.
Zitat:
Der Nachweis von Giardien ist sehr schwer.
Unsinn, der keiner Quelle bedarf.
Zitat:
Er ist am besten zu erbringen, wenn man eine sogenannte Sammelkotprobe beim Tierarzt abgibt und diese dann in einem sogenannten Flotationsverfahren mikroskopisch untersucht wird.
Das Flotationsverfahren also. Schauen wir mal, was die Fachliteratur zu dem Thema sagt:
Für den Zystennachweis von Giardia spp. ist vorzugsweise
die MIFC-(Merthiolate-Iodine-Formaline-Concentration-)Me-
thode einzusetzen, da sich mit routinemäßig verwendeten Flota-
tionsverfahren erheblich weniger Zysten und daher nur ein
Bruchteil der tatsächlichen Ausscheider erfassen lässt.
BECK
Das Flotations-
verfahren mit einer gesättigten Salz- oder Zuckerlösung hat den
Nachteil, dass die Flotation sofort mikroskopiert werden muss, da die
Oozysten durch die gesättigte Flotationslösung austrocknen und zer-
stört werden. Dieses Verfahren kann deshalb aus arbeitstechnischen
Gründen für den Giardien-Nachweis nicht empfohlen werden.
HEUSINGER
The number of positive reagents in the PCR (93) was defined as 100% value.
In relation to this 100% positive dogs 69 (74.2%) dogs were positive with MIFC
technique, 11 (11.8%) with ZnCl 2 -NaCl flotation method...
BARUTZKI et al.
Praxisinterne Mikroskopie (Flotationsverfahren)*:
Sensitivität: 50%
Spezifität: 76%
*Im Vergleich zu Labor-ELISA
SNAP ® Giardia – ProduktinfosIch könnte noch weitere Quellen liefern, zur Sensivität/Spezifität und warum das Flotationsverfahren just nicht das optimale ist und andere durchaus überlegen sind. Doch in der Kürze liegt die Würze.
Zitat:
Es gibt auch sog. Schnell- oder Soforttests, bei denen der Kot dann mit einer Flüssigkeit aufgeweicht wird, die einen hineingehaltenen Teststreifen im Falle eines positiven Befundes verfärbt. Positiv bedeutet in diesem Fall jedoch nicht, dass hiermit Giardien und/oder deren Zysten nachgewiesen worden sind, sondern ein Antigen. Dies bedeutet lediglich, dass das Immunsystem der Tiere, von denen die Sammelprobe stammt, sich in der Vergangenheit irgendwann einmal mit Giardien auseinandergesetzt hat.
Bisher gingen wir fälschlicherweise davon aus, dass der vielerseits empfohlene ELISA-Test der einzige Test, der zuverlässig einen Giardienbefall nachweist. Durch das Parasitologische Institut der FU-Berlin wurden wir eines Besseren belehrt (an dieser Stelle herzlichen Dank an das Institut), auch der ELISA-Test weist lediglich das Antigen nach. Auch hiermit ist also kein akuter Giardienbefall nachzuweisen.
Diese komplette Passage ist blanker Unsinn! Man hat nämlich nicht den Unterschied zwischen AntiGEN und AntiKÖRPER verstanden! Setzen: Sechs! Und nochmal zur Nachhilfe an die FU!
Ein ELISA-Test weist das AntiGEN nach, demnach einen aktuellen Befall!
Einfach mal ein Quote aus einem Text, das der einer an der Thematik interessierten Autorin in Chinchilla-Kreisen seit 2006 bekannt sein sollte:
Zitat:
Im Antigen-ELISA (Giardia Microplate Assay) wird mit Hilfe monoklonaler Antikörper ein Giardia-spezifisches Antigen (GSA 65) nachgewiesen,, welches bei der Vermehrung (Zweiteilung) der Giardia-Trophozoiten im Dünndarm freigesetzt wird, darmstabil ist und mit dem Kot unabhängig von den Zysten oder Trophozoiten ausgeschieden wird. Das ist der große Vorteil dieses ELISAs gegenüber mikroskopischen Verfahren und ELISAs, die ein mit Zysten oder Trophozoiten assoziertes Zellwand-Antigen nachweisen. Die Aussscheidung von GSA 65 im Kot erfolgt, im Gegensatz zu der Ausscheidung von Zysten und Trophozoiten, kontinuierlich. Deswegen benötigt man auch keine Sammelkotprobe von 3 Tagen. Ab 3 Tagen nach erfolgreicher Behandlung ist GSA 65 im ELISA nicht mehr nachweisbar (BECK).
viewtopic.php?t=18Fassen wir die Erkenntnisse aus dem kurzen Auszug zusammen:
- Es ist eine Falschaussage, dass es keine wirksamen Desinfektionsmittel gegen Giardien gibt.
- Es ist eine Falschaussage, dass der Nachweis sehr schwer ist. Es stehen dem qualifizierten Personal unterschiedlichste Nachweisverfahren unterschiedlicher Güte zur Verfügung.
- Es ist eine Falschaussage, dass eine Sammelkotprobe benötigt wird und dass das Flotationsverfahren das beste für einen Nachweis sei. Es gibt deutlich überlegene Nachweisverfahren, wie z.B. antigen-basierte, die keine Sammelkotprobe benötigen.
- Es ist eine Falschaussage, dass im ELISA-Test durch das AntiGEN eine zurückliegende Erkrankung nachgewiesen wird. Man versteht nämlich den Unterschied zwischen AntiGEN und AntiKÖRPER nicht. Ein Test auf AntiGENE weist einen aktuellen Befall nach.
- Es ist ein großes Problem wenn Laien versuchen medizinische Sachverhalte zu erfassen, wenn das Informations- und Bildungsgefälle zu groß ist. So wird eine Einrichtung, wie die FU, schon mal unabsichtlich als völlig unfähig dargestellt, da sie ja zu der AntiGEN- und AntiKÖRPER-Aufklärung beigetragen haben soll.
- Es ist ein Problem, wie unkritisch, ja naiv, der Durchschnitts-Chinchilla-Halter solche Infotexte und Ratgeber annimmt und nicht hinterfragt, sondern stattdessen noch dankend Anerkennung für diese Leistung zeigt.
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BARUTZKI, D (2006): Comparison of methods to diagnose Giardia in dogs. Tagung der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft Fachgruppe Parasitologie und parasitäre Krankheiten, 7. - 9. Juni 2006 in Wetzlar
BECK, W. (2004): Häufige Endo- und Ektoparasitosen bei kleinen Heimsäugern – Klinik, Diagnostik und Therapie, Literaturübersicht und eigene Erfahrungen. Tierärztl Prax 2004; 32 (K): 311-21
HEUSINGER, A (2007): Giardieninfektionen. Kleintierpraxis 52, Heft 4
SNAP Giardia Produktinformationsblatt:
http://www.idexx.de/tiergesundheit/prax ... mmlung.jsp