Wildmeerschweinchen
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Die Wildmeerschweinchen oder Echten Meerschweinchen (Cavia) bilden eine Gattung innerhalb der Familie der Meerschweinchen (Caviidae) und sind fast über den ganzen südamerikanischen Kontinent verbreitet, vom Tiefland bis in die Hochlagen der Anden. Die bekannteste Art ist das seit mehreren Tausend Jahre domestizierte Hausmeerschweinchen (Cavia porcellus).
Inhaltsverzeichnis |
Systematik
Nach aktuellen Untersuchungen (Dunnum & Salazar-Bravo 2010) werden folgende Arten anerkannt:
- Aperea (Cavia aperea)
- Glänzendes Meerschweinchen (C. fulgida)
- Santa Catarina Meerschweinchen (C. Intermedia)
- Sumpf-Meerschweinchen (C. magna)
- Cavia patzelti
- Tschudi-Meerschweinchen (C. tschudii)
Domestizierte Formen:
Biologie
Lebensweise
Wildmeerschweinchen bewohnen andine Regionen, halbtropische Gebiete und Steppen der nördlichen Teile von Südamerika. Sie leben in dichtem Gras, wo sie versteckte, tunnelähnliche Trampelpfade anlegen, aber keine Gänge graben. Ihre Ernährung besteht vorwiegend aus Gras, wobei sie keine Spezialisierung für bestimmte Gräser zeigen (Asher et al. 2004; Guichón & Cassini 1998; Redford & Eisenberg 1992).
Wildmeerschweinchen und Menschen
Neben den Hausmeerschweinchen werden nur die Apereas häufiger in Menschenobhut gehalten. Als Labortiere haben auch die wilden Verwandten des Hausmeerschweinchens seit einiger Zeit eine gewisse Bedeutung.
Arten
Aperea (C. aperea)
Apereas oder Aperea-Wildmeerschweinchen kommen von Südost-Brasilien über Uruguay, Paraguay bis hin zu Nord-Argentinien vor. Sie bewohnen semihumide Tropen und feuchte Savannengebiete. Sie bewohnen dabei Lebensräume die aus zwei Gebieten bestehen, einer Rückzugszone, bestehend aus hoher, dichter Vegetation, welche ihnen als Schutz gegen Feinde dient und offene Gebiete, mit eher niedriger Vegetation, welche als Futterquelle dienen. Die schutzlosen offenen Gebiete werden allerdings nur zum Fressen betreten und durch aufmerksames Unterbrechen beim Futtern und öfteres Fliehen in die Rückzugszone, häufig unterbrochen. Die Gruppen bestehen typischerweise aus genau einem Männchen und 1-2 Weibchen, welche sehr stabile, soziale Gruppen bilden, welche über Monate treu an einem Standort leben. Interaktionen gibt es vor allem unter Gruppenmitglieder, die Lebensräume der Gruppen überlappen kaum und es kommt auch nur selten dazu, dass ein Eindringling sich in das Gebiet einer fremden Gruppe verirrt. Dieser wird aber spätestens dann von dem Männchen vertrieben, wenn er sich einem seiner Weibchen nähert (Asher et al. 2004; Guichón & Cassini 1998).
Ernährung. Über die Ernährung von wildlebenden Pampas-Meerschweinchen (Cavia aperea pamparum) ist bekannt, dass sie sich vor allem von Gräsern, insbesondere Lolch (Lolium sp.) ernähren (Guichón & Cassini 1998).
Bogotá Meerschweinchen (C. aperea guianae Syn. C. anolaimae)
Das Bogotá-Meerschweinchen ist im Norden Südamerikas verbreitet und kommt unter anderem in Sumpfgebieten Kolumbiens vor (ZGAP 2010 (http://www.degupedia.de/forum/viewtopic.php?t=1795)). Die Populationen wurden früher als eigene Art betrachtet, mittlerweile jedoch der Unterart C. aperea guianae zugerechnet, zusammen mit weiteren Populationen aus Kolumbien und Surinam (Dunnum & Salazar-Bravo 2010).
Glänzendes Meerschweinchen (C. fulgida)
Das Glänzende Meerschweinchen ist an der Ostküste Brasiliens verbreitet und kommt vorzugsweise am Waldrand der Küstenwälder vor, aber auch im Grasland (IUCN 2008 (http://www.iucnredlist.org/apps/redlist/details/4065/0)).
Santa Catarina Meerschweinchen (C. intermedia)
Das Santa Catarina Meerschweinchen kommt nur auf der 10 ha großen südbrasilianischen Insel "Moleques do Sul" im Bundesstaat Santa Catarina vor und gilt daher wegen ihrem kleinen Lebensraum als eines der seltensten Säugetiere weltweit. Die Art lebt dort mindestens seit 8000 Jahren getrennt vom Festland. Die Tiere bewohnen nahezu die ganze Insel und kommen in Gebieten vor, die Schutz durch Vegetation bieten. Die Meerschweinchen nutzen oft von schützenden Büschen umgebene Grasflächen die mit den Gräsern Paspalum vaginatum und Stenotraphrum secundatum bewachsen sind und ihnen auch als Hauptnahrung dienen (Salvador & Fernandez 2008, J. Mamm. 89(3): 721-729. PDF (http://www.biologia.ufrj.br/labs/lecp/artigos.em.pdf/Salvador_&_Fernandez_2008.pdf)). Da auf der Insel keine räuberische Säugetiere leben, sind die einzigen Feinde Greifvögel. Die Wurfgrösse der Tiere ist mit 1-2 Junge relativ klein und ähnelt in der Fortpflanzung am ehesten C. magna (Salvador & Fernandez 2008, J. Mamm. 89(4): 909-915, PDF (http://www.biologia.ufrj.br/labs/lecp/artigos.em.pdf/Salvador_&_Fernandez_2008..pdf)).
Tschudi-Meerschweinchen (C. tschudii)
Tschudi-Meerschweinchen kommen typischerweise in Höhen zwischen 2000 und 4200 m vor (Tonni 1984) und bevorzugen feuchte, steinige Lebensräume. Sie sind in Peru, Nordchile und Nordwest-Argentinien verbreitet (Spotorno et al. 2004; Redford & Eisenberg 1992) und bewohnen die Graslandschaften der Feuchtpuna (Ramirez et al. 2007). In Peru leben sie in dichtem Gras und legen deutliche Trampelpfade an, während sie in Argentinien in Baue mit mehreren Eingängen leben (Redford & Eisenberg 1992). King (1956) erwähnt Beobachtungen von Tschudi-Meerschweinchen neben bewässerten Feldern und in der Nähe von Luzerne-Feldern. Als Tragzeit gibt er 60-70 Tage an und eine Wurfgrösse von 1-4 Jungtiere (Schnitt 1,89), wobei er sich auf die Zahlen von Castle und Wright aus dem Jahre 1916 stützt.
Literatur
- Asher, M. de Oliveria, E.S. Sachser, N. (2004): Social system and spatial organization of wild guinea pigs (Cavia aperea) in a natural population. Journal of Mammalogy 85(4): 788-796.
- Dunnum, J.L. Salazar-Bravo, J. (2010): Molecular systematics, taxonomy and biogeography of the genus Cavia (Rodentia: Caviidae). Journal of Zoological Systematics and Evolutionary Research 48(4): 376–388. doi: 10.1111/j.1439-0469.2009.00561.x (http://dx.doi.org/10.1111/j.1439-0469.2009.00561.x)
- Ehrlich, C. (2001): Wilde Meerschweinchen. Rodentia 4: 16-21.
- Guichón, M.L. Cassini, M.H. (1998): Role of diet selection in the use of habitat by pampas cavies Cavia aperea pamparum (Mammalia, Rodentia). Mammalia 62: 23-35.
- Jordan, B. (2001): Die Haltung wilder Meerschweinchen. Rodentia 4: 22-25.
- King, J.A. (1956): Social relations of the domestic guinea pig living under semi-natural conditions. Ecology 37: 221-228.
- Ramirez, O. Arana, M. Bazán, E. Ramirez, A. Cano, A. (2007): Assemblages of bird and mammal communities in two major Ecological Units of the andean highland plateau of southern Peru. Ecología aplicada. 6(1-2): 139-148
- Redford, K.H. & Eisenberg, J.F. (1992): Mammals of the Neotropics. The Southern Cone, Vol. 2. University of Chicago Press, Chicago.
- Spotorno, Á.E. Valladares, J.P. Marín, J.C. Zeballos, H. (2004): Molecular diversity among domestic guinea-pigs (Cavia porcellus) and their close phylogenetic relationship with the Andean wild species Cavia tschudii. Revista Chilena de Historia Natural 77: 243-250.
- Tonni, E.P. (1984): The occurence of Cavia tschudi (Rodentia: Caviidae) in the Southwest of Salta Province, Argentina. Studies on Neotropical Fauna and Environment. 19(3): 155-158.