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Welche Pflanze ist das?

 
   Degupedia-Forum » Tierernährung und Pflanzen » Welche Pflanze ist das? Alle Zeiten sind GMT + 2 Stunden
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Tina01
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Anmeldungsdatum: 07.03.2007
Beiträge: 329
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 25.08.2007 10:57    Titel: Welche Pflanze ist das? Antworten mit Zitat

Hallo

Ich bin mal durch unseren Garten gestreift auf der Suche nach weiteren Futterpflanzen für meine Degus.

Schaumkraut wuchert bei uns an jeder Ecke - allerdings waren meine Degus spontan nicht begeistert davon.

Diese Pflanze wuchert auch ohne Ende. Allerdings habe ich es bisher nicht geschafft, sie zu bestimmen resp. herauszufinden, ob man sie füttern darf. Könnt Ihr mit bitte helfen?




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Liebe Grüsse
Simone

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Murx Pickwick
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Anmeldungsdatum: 23.07.2005
Beiträge: 4622
Wohnort: Runkel

BeitragVerfasst am: 25.08.2007 11:42    Titel: Re: Welche Pflanze ist das? Antworten mit Zitat

Ich kenne die Pflanze unter dem Namen Hederich, gebräuchlicher ist jedoch der Name Gundermann.
(Glechoma hederacea) bildet im Frühjahr wunderschöne, lila Blüten, die eine prima Weide für den Hummelparasiten großer Wollschweber (Bombylius major) darstellen. Sie ist ungenießbar, für einige Säuger sogar leicht giftig, wird jedoch neuerdings als Salatpflanze und Würzkraut von einigen Autoren empfohlen ... nun, auf die meisten Primaten wirkt Gundermann leicht giftig, da ist anzunehmen, daß er auch auf viele Menschen leicht giftig wirkt ... man sollte also äußerst vorsichtig sein, wenn man dieses Kraut in der Küche verwenden will.

Prinzipiell ist Gundermann für Degus nicht schädlich - aber begeistert sind sie meist auch nicht davon. Das Zeug wurde von meinen nur ab und an von einem der Vier gefressen, also gutes Degufutter ist diese Pflanze nicht ...

Gundermann soll gut für die Blase und Niere sein und eine Durchspülung dieser Organe anregen - konnte jedoch wissenschaftlich bis jetzt noch nicht bestätigt werden
Gundermann soll die Wundheilung fördern - nicht wissenschaftlich bewiesen, eventuell geht das auch auf eine Verwechslung mit einer bisher nicht näher bestimmten Pflanze aus der Hildegard von Bingen-Heilkunde zurück.
Als Schnupftabak wirkt Gundermann leicht gegen Depressionen - ausnahmsweise gibts hier wohl auch Hinweise aus einigen wissenschaftlichen Versuchen, hab aber die Originalliteratur bisher noch nicht gefunden.
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Ich habe es endlich amtlich (Mitgliedsausweis der Piratenpartei):
"Der Besitzer dieses Dokumentes ist berechtigt, sich seines Verstandes zu bedienen, Informationen zu produzieren, replizieren und konsumieren, sich frei und ohne Kontrolle zu entfalten in Privatsphäre und Öffentlichkeit.

Behinderung dieser Rechte wird geahndet durch die Piratenpartei Deutschland"
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Tina01
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Anmeldungsdatum: 07.03.2007
Beiträge: 329
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 25.08.2007 20:08    Titel: Antworten mit Zitat

Danke für Deine Hilfe, Murx.

Da ich nun den Namen der Pflanze kenne, habe ich mal bei www.giftpflanzen.ch nachgeschaut. Gemäss der Datenbank der Universitätstierklinik Zürich ist Gundermann stark giftig, und zwar die gesamte Pflanze.

Pferde sind sehr anfällig, tödliche Dosis ist 32%iger Anteil Gundermann im Grünfutter.
Rinder hingegen vertragen grössere Mengen symptomlos.
Wie Nager ihn vertragen, ist nicht erforscht.

Ich werde Gundermann auf jeden Fall keinem Tier verfüttern.
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Liebe Grüsse
Simone

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Murx Pickwick
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Anmeldungsdatum: 23.07.2005
Beiträge: 4622
Wohnort: Runkel

BeitragVerfasst am: 26.08.2007 10:50    Titel: Re: Welche Pflanze ist das? Antworten mit Zitat

Zum Verfüttern lohnt es sich auch nicht - es ist nix bekannt, was positiv fürs Tier wäre und nicht auch in anderen Pflanzen drin wär, es wird schlecht angenommen und die Ungiftigkeit konnte bisher genausowenig wissenschaftlich erwiesen werden wie die Giftigkeit ... da liegt man sicher richtig, es nicht zu verfüttern.

Das Problem zur Bewertung ist, daß es keine neueren Studien zu dieser Pflanze gibt - man kann jedoch davon ausgehen, daß Gundermann als Giftpflanze genauso überbewertet wird wie als Heilpflanze.

Die Bewertung in der Clinitox gehen auf folgende beiden Arbeiten zurück:
[1] v. Haszlinsky, B. (1935): Ueber Vergiftung bei Pferden durch Glechoma. Deutsche Tierärztliche Wochenschrift 43, 708 - 709
[2] Nicolau, A., H. Barza, H. Duca, C. Creteanu, H. May und A. Popoviciu (1956): Vergiftungen durch die Pflanze Glechoma hederacea beim Pferde. Mh. Vet. Med. 11, 534 - 538

Auffällig bei beiden Arbeiten ist, daß sie um den 2. Weltkrieg herum erstellt wurden - [1] wurde 4 Jahre vor dem Angriff des Deutschen Reiches auf Polen erstellt - also zu einer Zeit, in der es aufgrund der wirtschaftlichen Lage schwer war, sein Vieh vernünftig zu füttern, [2] wurde in den Zeiten des Wirtschaftsaufschwunges nach dem 2. Weltkrieg erstellt, wo zwar langsam wieder in Deutschland angefangen wurde, auch die Viehbestände wieder aufzubauen, wo aber nach wie vor die Futterlage als kritisch zu bezeichnen ist. Aus USA kam das erste Fertigfutter a la Pellets für Pferde auf den Markt, es wurde noch immer alles Mögliche in den Futtertrog gegeben, was man halt ergattern konnte, Weiden waren erst im Aufbau oder umverteilt, so daß plötzlich eigene Weiden fehlten usw usf ...
Schaut man mal auf die Bewertung anderer Pflanzen in dieser Zeit, wird man feststellen, wieviele Pflanzen als tödlich giftig für Vieh, Pferde und Kaninchen bewertet wurden, die in einer modernen Neubewertung als ungiftig eingestuft werden - Tiere, die falsch gefüttert werden, sind nunmal sehr viel empfindlicher wie Tiere mit einer optimalen Ernährung! Man denke nur mal an das Kaninchen, welches vier Jahre lang ausschließlich nur mit Fertigmischfutter gefüttert wurde und nun sein erstes Löwenzahnblatt bekommt - es bekommt Kolik und stirbt! Durch Falschfütterung wurde plötzlich aus einer harmlosen Futterpflanze eine tödlich giftige Pflanze. Es läßt sich nicht ausschließen, daß dieser Faktor auch eine Rolle in diesen Arbeiten spielt ...

Prinzipiell aber läßt sich zu dieser Pflanze sagen, sie ist definitiv KEINE Futterpflanze. Sie wird durch die Bank durch von den meisten Säugern nicht oder nur kaum angenommen - muß einen Grund haben. Sie löst bei verschiedenen Primaten Durchfall aus (pers. Mitt. eines Tierpflegers aus dem Berl. Zoo) ... ist also zumindest für viele Primaten leicht giftig. Auch auf Pferde, Zebras und Esel dürfte dieses Kraut zumindest leicht giftig wirken. Stark giftig wird dieses Kraut auf Pferde jedoch nicht wirken, da überall im Vorkommensgebiet außer Deutschland keine Vergiftungsfälle bei Pferden beschrieben worden sind. Tödlich giftige Pflanzen sind auch in den Nachbarstaaten tödlich giftig und fallen durch schwer kranke oder tote Tiere auf! (Da es nur diese beiden oben angeführten Arbeiten zu Glechoma hederacea gibt, muß die Clinitox das schreiben, was da drin steht - ich wäre nur glücklicher, wenn sie auch unter die Pflanzenbewertungen eine Literaturliste ranhängen würden, dann bräuchte man nicht so furchtbar recherchieren!)

Bei Kaninchen, Meerschweinchen, Ratten und Degus hab ich bisher keine Giftwirkung beobachten können - aber alle vier Arten mögen das Kraut nicht! Warum nicht?
Meine Vermutung: Ungenießbar bis leicht giftig - wer es probiert, bekommt Bauchgrimmen und rührt es demzufolge nicht mehr an.
Wenn das Kraut auf der Weide, im Wiesenschnitt oder Heu drin ist, braucht man es jedoch nicht rauszusortieren - auch nicht für Pferde. Merkwürdige Vergiftungsfälle sind hier im Limburger Raum nicht gemeldet worden, trotzdem Gundermann erstaunlich häufig und auch in großen Mengen auf Pferdeweiden und Schnittwiesen wächst.
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Tina01
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BeitragVerfasst am: 27.08.2007 09:47    Titel: Antworten mit Zitat

Mal eine Vermutung:

Für Pferde sei Gundermann stark giftig, trotzdem scheint es kaum Vergiftungsfälle zu geben.

Auch Pferde fressen selektiv, die einen mehr, die anderen weniger. Es ist erstaunlich, wie präzise ein Pferd mit seinem scheinbar grossen Maul und nur mit Hilfe der Nase auf einer Wiese einzelne Halme heraussuchen kann. Und wenn doch mal was unangenehm schmeckt, wird es flugs wieder ausgespuckt.

Lässt man hingegen Pferde auf abgeweideten Flächen quasi hungern, fressen sie wohl auch Ungeniessbares, einfach um überhaupt was in den Bauch zu bekommen.

Ich denke, dass normal ernährte Pferde Gundermann von sich aus meiden.
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Anmeldungsdatum: 23.07.2005
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BeitragVerfasst am: 28.08.2007 13:38    Titel: Re: Welche Pflanze ist das? Antworten mit Zitat

Das denke ich auch ... zumindest wäre es unlogisch, daß Nager und Kaninchen mit genügend Futter das Zeug meiden, aber Pferde es mit besonderer Vorliebe futtern ...

Trotzdem gibts auch in Frankreich das Thema, schweres Arbeitspferd auf abgeweideter Gundermannwiese und ohne Heu - spätestens da sollten doch theoretisch ab und an tote Pferde auf der Weide rumliegen - zumindest ist das auf Colchicuswiesen der Fall bzw auf Wiesen, die mit Eibe und ähnlich giftigen Pflanzen umrahmt sind. Sobald die Pferde hungern, fressen sie auch das, trotzdem diese Pflanzen normalerweise gemieden werden.
Ich bin mir deshalb sicher, stark und tödlich giftige Pflanzen sind in Europa bestens ausgetestet und europaweit bekannt, wenn da Gundermann nur in zwei deutschen Arbeiten auftaucht, mag es giftig sein, aber eben weder stark noch tödlich ...
Das sind allerdings alles nur Vermutungen - zum Gundermann weiß ich nur eines mit Sicherheit - wie ungenießbar oder giftig das Zeug tatsächlich auf welchen Organismus wirkt und unter welchen Umständen, ist wissenschaftlich nicht untersucht! Dazu kommt noch der Namenswirrwarr, jeder der Namen von diesem Kraut wird auch für andere Kräuter benutzt. Selbst nach Linne ging der Wirrwarr weiter, manch einer hat nur in der Linneischen Systematik nachgeschaut, wie das Kraut in lateinisch heißt, ohne nachzuprüfen, ob es auch wirklich das unter diesem Namen beschriebene Kraut ist ... so tauchen manchmal Fotos mit absolut falschen lateinischen Zuordnungen in wissenschaftlichen Abhandlungen auf ... beim Gundermann ist das bis in die Jetztzeit wahrscheinlich! Erst, wenn in einer wissenschaftlichen Arbeit tatsächlich ein Bild der Pflanze auftaucht, oder eine genaue Beschreibung, kann man sicher gehen, daß es sich tatsächlich drum handelt. Vom Aussehen her ist Glechoma hederacea nicht zu verwechseln.

Gundermann ist also extrem problematisch in der Bewertung, wie giftig diese Pflanze wirklich ist ...
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