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Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom: was meint ihr?
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davX
Team


Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 20.03.2007 16:28    Titel: Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom: was meint ihr? Antworten mit Zitat

Hallo zusammen,

das Thema wird zwar schon seit längerem im CI-Forum (*click*) ausgiebig diskutiert, doch ein Link, der dort nun kürzlich gepostet wurde hat mich hellhörig gemacht.
Es geht um folgenden Artikel (zitiert in einem Hundeforum):
http://www.help4dogs.de/board/wbb2/thread.php?threadid=335

Der zitierte Artikel fasst in den ersten Zeilen auch kurz und treffend den Sachverhalt zusammen:

Zitat:

Tierbesitzer, die ihren Lieblingen absichtlich Schmerzen
zufügen, sie quälen, um ihnen dann helfen zu können - eine im ersten
Augenblick absurd erscheinende Vorstellung.

Quelle: http://ticker-kleintiere.animal-health-online.de/20020908-00001/


Was ich mich hier frage, ist, wie verbreitet ist dieses Phänomen wohl tatsächlich? Betrifft es die Kleinsäugerszene genau so wie grössere Tiere? Oder sind die zu heikel, als dass man da gross noch was daran rumpäppeln könnte?

Was mir auch, wenn auch eher zufällig aufgefallen ist, als ich etwas nach Krankheiten in den Deguforen suchte, die teils langen Leidensgeschichten der Tiere. Das hat zwar nix mit absichtlichem Leid zufügen zu tun, aber ev. mit unnötiger Herauszögerung von Leid? Ich mein, wenn ein Tier stets abnimmt und man verfolgen kann wie es von 200 g so langsam über Monate gegen 100 oder noch weniger abnimmt... da würde ich mir doch schon Gedanken machen, ob all das Päppeln einen Sinn macht... und selbst wenn, dann ist das Tier bloss noch 120 g oder so und dann? Hat es eine ruinierte Darmflora und erholt sich nie mehr?
Ich habe mich bisher noch nicht so intensiv damit auseinander gesetzt und weiss nicht wie es um Erfolgsgeschichten und Erfolgsquoten steht, aber bei dem was ich bisher lesen konnte hatte ich doch eher den Eindruck von hoffnungslosen Fällen...
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ananda
Fellnase


Anmeldungsdatum: 10.07.2006
Beiträge: 12

BeitragVerfasst am: 21.03.2007 00:17    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,

ich denke diesen "Abwärtstrend" kannst du aus deiner neutralen Position und wo du die "ganze" Geschichte kennst wahrnehmen. Wenn ein Degus im Verlauf einer Krankheit 50 g abnimmt, kann man m.E. (vor allem als Halter) noch nicht sicher vorhersagen, dass er noch weitere 50 g abnehmen wird. Wie man so schön sagt: Hinterher weiß man immer mehr.

Ich hatte z.T. den Eindruck, dass einige Halter ihre Tiere recht schnell aufgeben und der "Euthanasiegedanke" schon ziemlich früh ins Spiel kommt. Das kann aber auch eine Verzerrte Wahrnehmung sein...

LG,
ananda
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davX
Team


Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 21.03.2007 01:08    Titel: Re: Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom: was meint ihr? Antworten mit Zitat

Hallo,

ja, ich weiss, als aussenstehende Person hat man einen anderen Blick auf die Sache. Was das schnell Aufgeben angeht, das ist mir z.B. nicht aufgefallen, aber dazu habe ich sicher auch zu oberflächlich mich damit beschäftigt. Ich wollte ja letztlich dazu anregen, was andere so dazu meinen, die vielleicht auch einen etwas besseren Überblick darüber haben.

Allerdings stelle ich mir noch eine andere Frage, die Tiere früh gehen zu lassen, muss das schlecht sein? Ich denke, es kommt auf die Erfolgschancen und die verbleibende Lebenserwartung an und was das Tier durchstehen muss. Wenn die Chancen klein sind, dann würde ich mir darüber also schon Gedanken machen. Ebenfalls, wenn es sehr leiden müsste über lange Zeit oder wenn damit das Leben ohnehin nicht viel verlängert werden könnte.
Auf der anderen Seite ist es natürlich kein leichter Entscheid, gerade bei Tieren, die man sehr lieb gewonnen hat. Daher denke ich auch, dass man so einen Entscheid stets mit schwerem Herzen trifft.

Eigentlich wollte ich vor allem das Münchhausen-Syndrom mal ansprechen, zumal mir das schon ziemlich absurd von der Logik vorkommt... irgendwie kommen mir da Parallelen zu Kindsmisshandlung in den Sinn, niemand will das beobachtet haben, aber die Dunkelziffer ist möglicherweise hoch. Im Gegensatz dazu dürfte der Bekanntheitsgrad dieses Phänomens ungleich kleiner sein und zudem habe ich keine Ahung wie verbreitet das tatsächlich ist... nur ein paar Einzelfälle oder sind es weit mehr, als wir uns vorstellen können?
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Tina01
Freak


Anmeldungsdatum: 07.03.2007
Beiträge: 329
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 23.04.2007 09:30    Titel: Re: Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom: was meint ihr? Antworten mit Zitat

davX hat Folgendes geschrieben:
Allerdings stelle ich mir noch eine andere Frage, die Tiere früh gehen zu lassen, muss das schlecht sein? Ich denke, es kommt auf die Erfolgschancen und die verbleibende Lebenserwartung an und was das Tier durchstehen muss.


Dieser Meinung bin ich mittlerweile auch.

Die Tiere leben im "Jetzt", deshalb scheint es mir wichtig abzuwägen, wie stark und wie lange ein Tier leiden muss, bis es wieder gesund ist. Und bei unklaren Heilungsaussichten scheint es mir noch fraglicher, ein Tier "durchzuseuchen" oder ob man es nicht besser erlösen sollte.

Mein altes Weibchen war mal dem Tod nahe, da es neben diversen Bissverletzungen (unter anderem auch am Mäulchen) auch eine ernste Wundinfektion hatte. Ich wusste jedoch, dass sie wieder ganz gesund werden kann und später nichts mehr davon merkt, also tat ich in der kritischen Zeit alles, was mir möglich war, damit sie durchkommt (ich pflegte und fütterte sie 3 Tage lang quasi Tag und Nacht).

Damit will ich andeuten, dass ich keineswegs zu den Tierhaltern gehöre, die ein Tier lieber einschläfern lassen als gesund zu pflegen.
_________________
Liebe Grüsse
Simone

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davX
Team


Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 24.04.2007 19:59    Titel: Re: Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom: was meint ihr? Antworten mit Zitat

Zitat:

Mein altes Weibchen war mal dem Tod nahe, da es neben diversen Bissverletzungen (unter anderem auch am Mäulchen) auch eine ernste Wundinfektion hatte. Ich wusste jedoch, dass sie wieder ganz gesund werden kann und später nichts mehr davon merkt, also tat ich in der kritischen Zeit alles, was mir möglich war, damit sie durchkommt (ich pflegte und fütterte sie 3 Tage lang quasi Tag und Nacht).

Genau das ist der springende Punkt. Wenn man weiss, dass das Tier wieder gesund werden kann, dann sollte man die Möglichkeiten auch nutzen, das ist klar.
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atropa belladonna
Freak


Anmeldungsdatum: 02.12.2008
Beiträge: 1252

BeitragVerfasst am: 20.08.2009 14:35    Titel: Antworten mit Zitat

Ich möchte das Thema nochmal aufgreifen, denn irgendwie habe auch ich den Eindruck, dass es bei manchen Hilferufen in Foren eher der Tierhalter ist, der Hilfe braucht.

Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob es wirklich ganz klassisch nach MSS geht (also erst Leid zufügen, dann behandeln lassen), oder ob manche Leute nicht einfach eine Story erfinden - oder zumindest einige Sachen hinzuerfinden, um einiges dramatischer zu machen als es ist, um das ihnen zuteil kommende Mitgefühl zu genießen.

Eigentlich kann man das auch recht gut auf die Forenwelt ansich verallgemeinern. Ich kenne mindestens drei Fälle, wo so etwas ohne Tiere passiert ist: es wurden Geschichten erfunden, die halbe Community fiel drauf rein. Teilweise wurde eine große Hilfsaktion mit Geld und Sachen ins Rollen gebracht. Erst durch einen dummen "Zufall" kam heraus, dass alles erstunken und erlogen war. So zum Beispiel verfrachtete sich eine Frau kurzfristig mal eben schnell ins Koma, um dann künftig als ihr eigener Mann zu posten und dramatische Erlebnisse wiederzugeben. Sie manövrierte sich selbst bis kurz vor die Flatline. Das finde ich echt pervers. Als es später alles rauskam, sagte sie auch, dass sie irgendwann nicht mehr aufhören konnte, weil sie es so toll fand, wie sich alle um sie sorgten.......

Tja, und wenn ich dann so durch die Tierforen stöbere, kommt mir nicht selten ein ähnlicher Verdacht.
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Murx Pickwick
Quoten-Kobold


Anmeldungsdatum: 23.07.2005
Beiträge: 4622
Wohnort: Runkel

BeitragVerfasst am: 20.08.2009 15:07    Titel: Re: Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom: was meint ihr? Antworten mit Zitat

Im Internet können viele ihre kleineren und größeren Macken voll ausleben, Fantasievorstellungen durchspielen, Alternative Lebensweisen virtuell ausprobieren und zur Diskussion stellen usw usf ... ist meiner Meinung nach auch nicht gerade verkehrt, ganz im Gegenteil! Auf die Art und Weise lernen viele Menschen, ich beispielsweise hab über Foren erst den Sinn von Ironie, Einsatz von Scherzle und Witzle usw usf gelernt (allerdings leider auch, daß es Menschen gibt, die so tun, als würden sie sachlich argumentieren und ernstgemeinte Fragen stellen, in Wirklichkeit jedoch nur provozieren und fertig machen wollen ... als ich das noch nicht erkannt hatte, hatte ich viel besser und ruhiger antworten können, inzwischen kommt mir bei einigen Posts schlichtweg die Galle hoch ... ).

Schlimm wird es eigentlich erst, wenn es dann auch RL-Konsequenzen hat, wenn derjenige nicht mehr zurück kann ... wenn das Spielchen möglichst lange am Leben gehalten wird, weil derjenige einfach nicht den Absprung packt!

Das Problem für diejenigen, welche auf solche Spielchen reinfallen, ist, daß über das Internet die Feinheiten von Gestik, Mimik etc fehlen - normalerweise ist ein Mensch in der Lage, relativ schnell abzuschecken, was er von seinem Gegenüber halten muß, ob das ein Betrüger ist, oder ob das ein ehrlicher Mensch ist - im Internet ist jeder in der Richtung blind. Man weiß es erst, wenn man vor Ort war und das Elend mit eigenen Augen gesehen hat.
Es werden also nur allzuoft die Falschen bestätigt, diejenigen, welche nur Schauspielern - jemand, der einmal auf so einen Schauspieler reingefallen ist und davon erfährt, wird sich vermutlich hüten, einem anderen in einer tatsächlich unglaublichen und schrecklichen Lebenslage zu helfen - einfach weil die Wahrscheinlichkeit recht hoch ist, daß das auch nur ein Schauspieler ist.
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Marx ist die Theorie
Murx ist die Praxis!

Ich habe es endlich amtlich (Mitgliedsausweis der Piratenpartei):
"Der Besitzer dieses Dokumentes ist berechtigt, sich seines Verstandes zu bedienen, Informationen zu produzieren, replizieren und konsumieren, sich frei und ohne Kontrolle zu entfalten in Privatsphäre und Öffentlichkeit.

Behinderung dieser Rechte wird geahndet durch die Piratenpartei Deutschland"
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atropa belladonna
Freak


Anmeldungsdatum: 02.12.2008
Beiträge: 1252

BeitragVerfasst am: 20.08.2009 15:24    Titel: Re: Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom: was meint ihr? Antworten mit Zitat

Murx Pickwick hat Folgendes geschrieben:

Es werden also nur allzuoft die Falschen bestätigt, diejenigen, welche nur Schauspielern - jemand, der einmal auf so einen Schauspieler reingefallen ist und davon erfährt, wird sich vermutlich hüten, einem anderen in einer tatsächlich unglaublichen und schrecklichen Lebenslage zu helfen - einfach weil die Wahrscheinlichkeit recht hoch ist, daß das auch nur ein Schauspieler ist.


Ja, da hast Du recht. Das ist die logische Konsequenz daraus. In dem Forum, in dem das von mir genannte Beispiel passierte, sind die Leute auch schlagartig mißtrauischer geworden. Einige sind von einem Extrem (totale Empathie) ins andere (übermäßíges Mißtrauen) gefallen. Das war schon heftig.

Eine Frage, die für mich daraus resultiert: wo fängt MS (S) an. Kleinere Spinnereien, ok. Aber wie gesagt, das Beispiel mit der Koma Frau und manch seltsamen Tier-Geschichten lassen mich überlegen, wo die Grenze ist (freilich hängts auch davon ab, wie die Menschen sich sonst so verhalten. Das meint: Hat es Auswirkungen aufs RL oder ist das "einfach nur" eine Macke, die sie übers immer noch sehr anonyme Internet ausleben).
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davX
Team


Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 24.08.2009 15:42    Titel: Re: Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom: was meint ihr? Antworten mit Zitat

Ich denke das ist auch eine schwierige Sache, überhaupt mit dem Internet werden wir wohl offener mit gewissen Problemen konfrontiert, die wohl nicht vermieden werden können. Wir haben daher Prävention und die Vorbereitung der potenziellen Opfer, wenn ich ins Internet gehe, dass ich Bescheid weiss über Betrügereien, Internet-Kriminalität, Identitäts-Klau usw. und auch mit einer gewissen Vorsicht an die Sache gehe, ja bei Verdacht skeptisch werde und nicht leichtgläubig mich zu Handlungen verleiten lasse. Erfahrungen muss wohl aber jeder selber machen und wie man letztlich mit so Leuten wie MS(S) umgehen soll, ist wohl auch schwierig.

Oft ist es nicht einfach sowas überhaupt zu erkennen, einerseits wenn es ein echter Notfall ist und die Leute plötzlich das Anzweifeln, statt zu helfen, kann das, wenn es sich extrem entwickelt, dazu führen, dass der Hilfesuchende sich möglicherweise verschaukelt vorkommt, andererseits ist ein gewisses Verdachtsmoment sicher angebracht. Noch schwieriger dürfte es wohl sein, solchen Leuten zu helfen, selbst schon Messies sind teilweise echt mühsam und vor allem wird die Hilfe in der Regel nicht als solche empfunden.
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Luder
Freak


Anmeldungsdatum: 29.06.2009
Beiträge: 365

BeitragVerfasst am: 24.08.2009 22:09    Titel: Antworten mit Zitat

Mir kommt es auch oft so vor, das die User in div. Foren sich brüsten wie toll sie sich doch kümmern.

Und teilweise wird sich gekümmert bis der Arzt kommt. Im wahrsten Sinne des Wortes. Tiere werden sofort zum Arzt geschleppt, weil einer von 10 Kötteln kleiner oder größer wie die anderen war, ein Bauch evtl. was härter oder weicher war, die Kaninchenohren zu warm/zu kalt waren, sich nicht sfort aufs Futter gestürzt wurde usw.

Es wird gepäppelt was das Zeug hält, am besten jeden Tag noch mit was anderem usw.

Irgendwo grenzt das schon an dieses MSS, denn meiner Meinung nach wird sich über diese Pflege identifiziert.
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atropa belladonna
Freak


Anmeldungsdatum: 02.12.2008
Beiträge: 1252

BeitragVerfasst am: 25.08.2009 00:14    Titel: Antworten mit Zitat

Hm, und genau dieses Beispiel mit dem Arzt ist sehr mit Vorsicht zu genießen, denn gerade unerfahreneren Tierhaltern wird nicht umsonst geraten, besser einmal mehr als einmal zu wenig zum TA zu gehen. Und das finde ich auch völlig richtig. Ferndiagnosen über Foren und ohne passables Hintergrundwissen sind absolut unmöglich.

Die Sache mit der Päppelei ist wieder eine andere, ich denke, ich weiß, worauf Du hinauswillst. Ich denke, das geht eher Richtung MSS als häufige Tierarztbesuche.
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davX
Team


Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 25.08.2009 00:54    Titel: Re: Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom: was meint ihr? Antworten mit Zitat

Ich glaube Luder hat das mit dem Arzt anders gemeint, dass die (gesunden, aber vermeintlich kranken) Tiere so lange "gepflegt" werden, bis sie tatsächlich krank sind. Das Problem ist also nicht der TA-Besuch, sondern eine krankhafte Fürsorge. So habe ich das jedenfalls verstanden.
Dazu kann dann schon ein etwas weicherr Köttel Anlass sein, dass das Tier als krank erklärt wird. Häufig werden dann erst mal die Foren nach Rat gebeten, denen ohnehin mehr vertraut wird als jedem TA und teilweise werden die Tiere auch von TA zu TA geschleppt, bis einer dann das sagt, was man hören will, wenn das Tier Zahnspitzen haben soll und die eben vom TA nicht gefunden werden können und nicht behandelt werden, dann ist der TA inkompetent und es wird solange gewechselt, bis einer sich dem Problem annimmt... Ich habe allerdings den Eindruck, dass solche Geschichten gerade auf gewisse Kreise beschränkt sind, meist ziemlich exklusive, die sich in solchen Dingen dann noch gegenseitig bestärken.

Bei den Deguhaltern habe ich bislang nie sowas angetroffen, wobei ich ehrlich gesagt mich dort auch nicht so um Gesundheitsthemen gekümmert habe, aber man bekam in den Jahren doch einiges mit über. Bei den Chinchillas dagegen ist es teilweise haarsträubend und bei den Kaninchen soll es in gewissen Kreisen ähnliche Phänomene geben, aber mir hatte dort schon gereicht, wie gewisse Leute über die Ernährung dachten. Da waren die Berichte von Verena Stiess (freilaufkaninchen) und später auch Andreas über Kaninchen die Wiese fressen dürfen eine richtige Wohltat.
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Murx Pickwick
Quoten-Kobold


Anmeldungsdatum: 23.07.2005
Beiträge: 4622
Wohnort: Runkel

BeitragVerfasst am: 25.08.2009 07:47    Titel: Re: Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom: was meint ihr? Antworten mit Zitat

Es geht auch darum, daß sich irgendwelche Exoten ins Kinderzimmer geholt werden, welche eigentlich eine genaue Beobachtungsgabe und gesunden Menschenverstand vorraussetzen - hat das jemand, der noch nie vorher Tiere gehalten hat und der Natur soweit entrückt ist, wie nur irgend möglich?

Wenn mit solchen Tieren täglich wegen jedem Pipischeiß zum TA gerannt wird werden diese Tiere irgendwann wegen Streß den Löffel abgeben ... der Spruch einmal mehr als einmal zuwenig zum TA zieht hier nicht, der zieht schon bei solch Tieren, wie den Chinchilla nicht. Einfach, weil diese Tiere sehr sensibel sind und nicht daran angepaßt sind, permanent durch die Gegend geschleppt zu werden.
Nun haben allerdings die ungeeigneten Leute sich ungeeignete Tiere angeschafft - klar, was in der Zoohandlung mit süßen schwarzen Knopfäuglein einen anschaut, weckt einfach Begehrlichkeiten, über die tatsächlichen Ansprüche dieser Tierart wird in den Zoofachhandlungen nur selten aufgeklärt, da dort einfach auch gar nicht das Wissen über die Tierarten da ist, die sie verkaufen.

Die Folge ist nun, daß wegen ganz normaler, physiologischer Besonderheiten der Tierart (Haarwechsel beispielsweise, oder Haarausfall als Schreckreaktion, Gewichtsschwankungen) als Krankheitsanzeichen gewertet werden und hochsensible Tierarten fast wöchentlich zum TA geschleppt werden - auch eine Art von Tierquälerei.
Im gleichen Atemzug werden jedoch tatsächliche Krankheitsanzeichen, wie einfallende Lenden, veränderte Atmung, langsamere Fluchtreaktionen etc schlichtweg übersehen, man weiß nicht, worauf zu achten ist.

Oder es werden solche Tierarten, wie Zwergspitzmäuse, zum TA verfrachtet ... was sollen die da eigentlich?
Was soll ein TA an dem Tier da noch erkennen?
Soll er das Vieh unters Mikroskop legen, oder wie?
Alles, woraus man schließen könnte, daß eine Zwergspitzmaus krank ist, läßt sich unter den Streßbedingungen einer Tierarztpraxis nicht beobachten, dafür jedoch sämtliche Anzeichen eines durch Streß verursachten überschnellen Stoffwechsels mit den verheerenden Folgen für ein solch lüttes Tier. (Und kommt mir nicht damit, daß solche Exoten doch gar nicht von Normalhaltern gehalten werden - ich hab hier ne Zwergspitzmaus oder Etruskerspitzmaus in den Händen eines kleinen Mädchens sterben sehen, welche beim TA war, das arme Tier ist schlichtweg in der Wartezeit verhungert!)

Was auch normal ist, viele Tiere werden zum TA geschleppt aufgrund von diesem wundervollen Spruch in den Tierforen ... sind jedoch krankgefüttert. Was soll denn da noch ein TA mit nem Kanickel, welches wegen kaputten Darms ständig weichen Kot hat?
Ein TA ist doch gar nicht für Ernährungsfragen zuständig! Und abstellen kann sich der kranke Darm einzig durch eine auf das Kaninchen abgestimmte Ernährung - also weg vom Kuntibunti, hin zu frischer Wiese ...
Kommt ein solches Tier dann noch in passende Hände, sitzt Madam Pflegewohl und Herr von und zu Päppelviel tag und nacht beim Kaninchen, um es mit künstlichem Päppelbrei vom TA gesundzufüttern - mehr oder weniger unter Aufsicht der TÄ, denn das Tier wird nun wirklich fast täglich in die Praxis geschleppt ... übertrieben? - Leider nein ... auch hier gibt es unschöne Beispiele, wo die Tierhalter letztendlich alles Privatleben streichen, um ihrem armen, immer kränker werdenden Hasen übern Jordan zu päppeln ... mit Unterstützung des TA, der sich diesen Dauermatschkot eben auch nicht erklären kann, denn dazu müßte er Ahnung von der Ernährung von Kaninchen haben - und das kann er als TA schlichtweg nicht, falsche Baustelle!

Ich denke, daß wir es hier mit einem ganz mächtigen Gesellschaftsproblem zu tun haben. Es sind also nicht mal irgendwelche Münchhausener dran Schuld, sondern eine Gesellschaft, welche den Kindern das Beobachten abgewöhnt ... nur dadurch sind überhaupt solche Fehlentwicklungen möglich ...
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Luder
Freak


Anmeldungsdatum: 29.06.2009
Beiträge: 365

BeitragVerfasst am: 25.08.2009 12:01    Titel: Re: Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom: was meint ihr? Antworten mit Zitat

davX hat Folgendes geschrieben:
Ich glaube Luder hat das mit dem Arzt anders gemeint, dass die (gesunden, aber vermeintlich kranken) Tiere so lange "gepflegt" werden, bis sie tatsächlich krank sind. Das Problem ist also nicht der TA-Besuch, sondern eine krankhafte Fürsorge. So habe ich das jedenfalls verstanden.
Dazu kann dann schon ein etwas weicherr Köttel Anlass sein, dass das Tier als krank erklärt wird. Häufig werden dann erst mal die Foren nach Rat gebeten, denen ohnehin mehr vertraut wird als jedem TA und teilweise werden die Tiere auch von TA zu TA geschleppt, bis einer dann das sagt, was man hören will, wenn das Tier Zahnspitzen haben soll und die eben vom TA nicht gefunden werden können und nicht behandelt werden, dann ist der TA inkompetent und es wird solange gewechselt, bis einer sich dem Problem annimmt...



Genau so war das gemeint!


Von Murx
Zitat:
Kommt ein solches Tier dann noch in passende Hände, sitzt Madam Pflegewohl und Herr von und zu Päppelviel tag und nacht beim Kaninchen, um es mit künstlichem Päppelbrei vom TA gesundzufüttern - mehr oder weniger unter Aufsicht der TÄ, denn das Tier wird nun wirklich fast täglich in die Praxis geschleppt ... übertrieben? - Leider nein ... auch hier gibt es unschöne Beispiele, wo die Tierhalter letztendlich alles Privatleben streichen, um ihrem armen, immer kränker werdenden Hasen übern Jordan zu päppeln ... mit Unterstützung des TA, der sich diesen Dauermatschkot eben auch nicht erklären kann, denn dazu müßte er Ahnung von der Ernährung von Kaninchen haben - und das kann er als TA schlichtweg nicht, falsche Baustelle!


Jep!

Ich habe z.B. noch nirgends soviele Magen-Darm-Sachen gelesen wie im KS-Forum. Erschreckend wieviele Tiere dort Bauchgluckern, Verstopfung, Durchfall usw. usf. haben. Alles was es an diesen Sachen gibt, ist dort vertreten. Und nicht gerade wenig.

Wiese und dann noch Ad Libitum bekommen dort die wenigsten Tiere. Heu/Gemüse ist Standard. Alles andere wird auch von vielen gar nicht gewollt da zu umständlich, man in der STadt wohnt oder oder oder ...

Also wird diesen Tieren Sab, Lefax, Paraffin, div. homöopathische Sachen und und und eingetrichtert.

Und da bekomme ich schon den Eindruck das man das gerne macht, sich selber auf die Schulter klopfen kann wie toll man ist und man von anderen anerkannt wird, weil man ja DIE Ahnung hat wie das behandelt wird was grad mal so anliegt.

Ist vielleicht nicht wirklich MSS aber es hat schon was damit zu tun sich darüber Anerkennung zu holen.
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Frische
Nager-Erforscher


Anmeldungsdatum: 07.01.2009
Beiträge: 29

BeitragVerfasst am: 25.08.2009 13:02    Titel: Re: Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom: was meint ihr? Antworten mit Zitat

Luder: Daß gerade im KS-Forum so viele Tiere Bauchgluckern und Aufgasung haben, hängt sicher auch damit zusammen, daß viele User dort vorgeschädigte Tiere aus schlechter Haltung übernommen haben und jetzt gegen die Folgen dieser schlechten Haltung ankämpfen.

Alle: TA-Besuche finde ich gar nicht so schlimm. Ich bin Laie und kann keine Diagnosen stellen, möchte aber meine Tiere, die mir sehr ans Herz gewachsen sind, nicht leiden lassen und verlieren. Ich bin als Halterin eben auch hellhörig geworden, beobachte mehr und gehe bei Merkwürdigkeiten dann zum TA.

Arztrennerei ist sowieso in unserer Wohlstandsgesellschaft weit verbreitet, auch bei Menschen. Wenn ich sehe, was meine Freundin diesbezüglich mit ihren Kindern macht! Bei jedem quersitzenden Furz wird zum Kinderarzt gelaufen. Notaufnahme im Krankenhaus! Mutter bekommt ein Bett danebengestellt! Dem Ältesten tut die Ferse manchmal weh. Früher hat es geheißen: "Hör auf zu jammern. Lauf ordentlich." Heutzutage wird ein Termin mit Hamburgs Top-Orthopäden vereinbart.

Das alles tut sie nicht, um sich wichtig zu machen, sondern weil sie ihre Kinder liebt und das Beste für sie will. Auch wenn ich als Kinderlose oft kopfschüttelnd daneben stehe!

Und dieses allgemeine Arzt-Renner-Klima, das sich eine Gesellschaft auch finanziell leisten können muß, wird nun von einigen auf ihre Haustiere übertragen. So schlimm finde ich das aber nicht. Man muß es eben bezahlen können. Und manches Tier ist schon gerettet worden. Ob ein Tier nun unnütz zum TA geschleppt wird, kann man von außen nicht wirklich beurteilen.

Es gibt außerdem immer noch genügend Tiere, die in ihren Käfigen so dahin dümpeln, denn die User in Haustierforen sind eine absolute Minderheit.

Was die Dauer-Kritik wegen des Päppelns angeht:

Man kann eben heute in der Kleintier-Medizin mehr machen.

Und ob ein Tier eingeschläfert wird oder nicht, entscheidet nicht der Halter, sondern der Tierarzt. Und Tierärzte schläfern - zumindest hier in Hamburg - nicht mehr so schnell ein. Das war früher einmal.

Versucht Ihr mal, hier in Hamburg ein Meerschwein mit Zahnbrückenbildung rechtzeitig einschläfern zu lassen. Das ist unmöglich. Die Tiere müssen sich über Monate fast richtig totquälen, sie müssen vollkommen dehydriert und abgemagert sein auf Haut und Knochen, bevor ein beherzter Tierarzt dem ein Ende setzt.

Da man diesen Verfall nicht mit ansehen kann - und das hat nichts mit Geltungssucht zu tun, sondern mit Mitleid - fängt man eben mit dem Päppeln an, mit Sab Simplex und CC.

Mein Zahnschwein fraß nicht mehr, gaste auf, saß elend in der Ecke. Als ich diverse TÄ auf Euthanasie ansprach, wurde diese immer abgelehnt. Stattdessen wurde das Schleifgerät hochgefahren. Gasnarkose, Schleifen, Klinikaufenthalte, Bekämpfung der Aufgasung, Schmerzmittel, Taxifahrten zum Notdienst.

Ich hätte das alles längst beendet, denn ich merkte schon nach ein paar Mal Schleifen, daß das nichts mehr wird, sondern nur die Qual verlängert. Aber immer wenn ich das Thema Einschläfern ansprach, wurde abgeblockt. "Der sieht noch zu gut aus, den würde ich noch nicht einschläfern. Wir können die Schleifintervalle aber auf einmal pro Woche senken." Am Ende ist das Schwein denn doch eingeschläfert worden, nachdem es sich viele Wochen hat elend quälen müssen.

Bitte also immer vorsichtig sein mit dem Verurteilen anderer.
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