davX Team
Anmeldungsdatum: 08.06.2004 Beiträge: 8494 Wohnort: Schweiz
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Verfasst am: 27.09.2019 03:22 Titel: Tiefe Einstreu mit IMO (KNF) |
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Huhu,
ich bin soeben auf ein interessantes Thema gestossen, das mich gleich zweifach interessiert... aber erst mal zu den komischen Abkürzungen, die ich da verwendet habe im Titel:
IMO = Indigene Mikroorganismen, das heisst, Bodenlebewesen wie Bakterien und Pilze usw. aus den heimischen Böden, welches mit ähnlichen Techniken wie bei den Effektiven Mikroorganismen gezielt kultiviert und gefördert wird. Der Einsatz ist ähnlich wie bei EM, aber man muss sich das Zeug nicht kaufen. Die Sache stammt aus dem Korean Natural Farming, bzw. düfte es wahrscheinlich auch sehr ähnlich sein mit der traditionellen Weise, wie in Japan Bokashi hergestellt wurde, und nein, Bokashi ist nicht dieses EM-Bokashi-Flakes Zeug, das man kauft und dann in so einen Plastik-Container tut, in dem dann das Ganze fermentiert wird, das ist letztlich nur noch die kommerzialisierte Vermarktung. Früher gab es wahrscheinlich bei fast jedem Hof in Japan einen luftdichten Behälter, indem Speisereste, Gartenabfälle (inklusive kleinere Mengen an Erde) etc. alles reingekippt wurde und dank dem richtigen Millieu an Mikroorganismen, fermentierte das dann zu Bokashi.
KNF = Wie man dem vorhergehenden Text unschwer entnehmen konnte, steht das für Korean Natural Farming (Koreanische Natürliche Landwirtschaft). Diese geht zurück auf den Koreaner Han Kyu Cho, welcher sie entwickelte aus traditionellen Methoden der Fermentierung in Korea (u.a. Kimchi) und was er gelernt hat u.a. bei Bauern in Japan.
Hier ist der Thread mit Fotos und Beschreibungen, man sieht wie der Boden aussieht, wie sie es aufbauen und umsetzen... ich finde es äusserst interessant:
https://permies.com/t/69798/Deep-litter-system-KNF-progress
Wieso mich das Thema beschäftigt? Einerseits natürlich weil das Thema Garten, Bodengesundheit, Fermentation usw. bei mir momentan ein sehr grosses Thema ist und ich gerade dabei bin seit einiger Zeit, mich etwas intensiver mit Fermentation zu beschäftigen mit dem Hintergedanken da auch mehr praktische Erfahrungen zu sammeln (erste Versuche mit EM habe ich bereits gemacht, aber ich bin leider nicht sehr weit damit gekommen bisher).
Der zweite Grund, wieso mich das Thema so beschäftigt und wieso ich es jetzt hier einstelle ist natürlich, dass es direkt mit Tieren zu tun hat und dass sich bei mir wieder seit einer Weile die Tiere wie ein rotes Band durch meine Recherchen ziehen:
Was Murx schon seit Langem predigt und was man auch z.B. in der Regenerativen Landwirtschaft immer wieder liest, die Wichtigkeit der Tiere fürs System und insbesondere auch für die Bodenverbesserung... nunja ist ja eigentlich nicht so erstaunlich, wenn man bedenkt, dass auch im Tierdarm Mikroorganismen am Werk sind, Nahrung fermentieren und verdauen und wenn man das dann noch weiter denkt, diesen Tieren ggf. auch fermentierte Produkte anbietet (ich weiss allerdings nicht inwiefern das bei Kleinsäugern/Nagern so sinnvoll ist, selbst bei Kühen ist ja z.B. die Silage umstritten, wobei das ist vielleicht auch nicht gerade die beste Qualität der Fermentierung??) oder was z.B. Gerald Dunst (Ökoregion Kaindorf, AT) anregte, dass man den Tieren gleich Biokohle füttert (welche wiederum durch die Verdauung aufgeladen wird und den Dung qualitativ verbessert, Stichwort: Schwarzerde bzw. Terra Preta)... man sollte bei solchen Ideen aber auch bedenken, sind die Tiere gesund, ist das wahrscheinlich überflüssig, gerade wenn man mal einen guten, gesunden Boden mit einem aktiven, gesunden Bodenleben aufgebaut hat, mit gesunden Nahrungspflanzen, welche die Tiere fressen usw. Aber auf dem Weg dahin, kann man sich natürlich fragen, welche Möglichkeiten da sinnvoll sind. Da gilt es abzuwiegen, man kann Dinge tun um die Prozesse zu beschleunigen und den angestrebten Zustand der Selbstregulierung schneller zu erreichen (wobei es wohl auch Erfahrung und daher Zeit braucht, dass man selbst weiss, was man tun muss und wo man sich Arbeit sparen kann und wie das System funktioniert, bzw. dass man überhaupt auch Vertrauen hat, dass es selbst tut, was es soll und dass man fähig ist die Bedingungen aufrechtzuerhalten, dass es weiterhin funktioniert). Und auf der anderen Seite sollte man sich natürlich überlegen, ganz im Sinne von Fukuoka und der Philosophie der natürlichen Landwirtschaft, wie kann man den Arbeitsaufwand reduzieren, indem man mehr und mehr Arbeit und Aufwand weglässt, der unnötig ist und dass man anfängt dem System zu vertrauen, dass es selbst funktionieren kann, ohne dass man eingreift und dadurch auch wieder stört bei der Regulierung.
Fazit: wozu jetzt also tiefe Einstreu? Was soll das bringen?
Erstmal möchte ich nochmals deutlich betonen, es handelt sich hier nicht einfach um normale tiefe Einstreu, wie wir das von früheren Diskussionen kennen, sondern um tiefe Einstreu mit lebenden Mikroorganismen geimpft, die dann wie ein natürlicher Waldboden, wie ein Kompost fortwährend Humus aufbauen und die für einen gesünderen Boden und eine bessere Haltung bei den Tieren sorgen.
Daraus werden jetzt natürlich zwei Dinge klar, erstens sowas ist sehr wahrscheinlich für Innenhaltung denkbar wenig geeignet oder zumindest recht anfällig, da man schnell ein zu feuchtes oder dann wieder ein zu trockenes Klima hat. Es geht also um Aussenhaltung, dass man da die Hygiene verbessern kann und zugleich noch ein nützliches Nebenprodukt, nämlich guten Kompost, gute Erde gewinnen kann, die sich wiederum im Garten und/oder für den Futterpflanzenanbau nutzen lässt und zu gesünderen, nährstoffreicheren Pflanzen führt und damit zu gesünder und besser ernährten Tieren. Von Vorteil ist daher bei den Tieren auch, dass sie ordentlich Mist produzieren, Kaninchen und Meerschweinchen wären da sicher die primäre Zielgruppe. Denkbar wäre natürlich auch, dass man mit Degus und Chinchillas Versuche machen könnte, wobei da vielleicht dann eine schützende, trockene Mulchschicht genutzt werden müsste, damit die oberste Schicht trocken bleibt und unten dran genug Feuchtigkeit bleibt, damit die Mikroorganismen ihre Arbeit tun können und nicht absterben, weil sie zu trocken haben. Mit Vorteil wird man dann in der Einstreu sehen können, dass sich weisse Pilze bilden, das was man sonst früher jeweils bei der Tierhaltung möglichst vermeiden wollte, wenn es zu feucht wurde und die Einstreu mal zu lange an einem Ort liegen blieb... wobei bei uns der Unterschied ist, dass gezielt eine gewünschte Mikroorganismenflora gefördert würde, während beim Experiment "verwilderter Käfig" da irgendwas wachsen kann und im ungünstigen Falle halt auch die Pathogenen Keime Überhand nehmen.
Und da wären wir dann auch wieder bei einem Thema, das Murx ja schon vor Jahren behandelte: die ganze Hygienegeschichte. Es geht eben nicht bloss darum, dass man möglichst viel und gründlich reinigt, eher im Gegenteil, das ist eher problematisch. Insbesondere wenn man gute Mikroorganismen abtötet und pathogene Keime dann die Möglichkeit haben, sich breit zu machen. Dabei ist es gut zu wissen - ich denke mal es ist eher sowas wie eine Faustregel oder ein Modell, um sich die Dynamik der Mikroorganismen besser vorstellen zu können. Man sagt (keine Garantie für die jetzt genannten Zahlen), dass etwa 10% positive, aufbauende Mikroorganismen sind und 10% pathogen oder abbauende Mikroorganismen und der Rest verhält sich opportunistisch, das heisst, wenn die aufbauenden überwiegen, kippen sie ins Positive, wenn die abbauenden überwiegen, kippen sie ins Negative.
Auswirkungen auf den Boden
Zu guter Letzt möchte ich noch ein bisschen auf den Boden eingehen. Wieso macht man diesen ganzen Aufwand überhaupt? Man will die Mikroorganismen im Boden fördern, was einerseits bedeutet, dass sie ein günstiges Klima (Feuchtigkeit, Wärme, Schutz vor UV-Licht usw.) haben und andererseits dass sie genügend Nahrung haben und dass sie möglichst keine Störungen haben, die ihr Wachstum hemmen oder zerstören (z.B. Pestizide und alles was Pflanzen, Tiere und anderes Bodenlebewesen negativ beeinflusst, sprich was man so alles an Chemikalien gegen "Schädlinge" sprüht, aber auch Bodenbearbeitung, insbesondere das Pflügen ist schädlich, da es die empfindlichen Pilzfäden zerstört und auch Bakterien töten kann). Diese Rahmenbedingungen versucht man also zu fördern, was insbesondere in der Regenerativen Landwirtschaft und in der Permakultur ein grosses Thema ist, was aber auch schon zu Zeiten des biodynamischen Anbaus ein Thema war und heute wohl immer noch ist (wenn auch die Methoden sich seit da etwas geändert und weiterentwickelt haben). Die industriellen Böden von der konventionellen Landwirtschaft, aber oftmals auch von Biohöfen (insbesondere wenn sie nicht besonders bodenschonend nach Demeterstandards bewirtschaftet werden), die sind meist recht tot, Regenwürmer findet man nur wenige und auch sonst ist der Anteil an Bakterien und erst recht auch an Pilzen gering. Man versucht dann also die Mikroorganismen im Wachstum anzuregen. Zuerst wachsen insbesondere die Bakterien und in einem Boden, bei dem die Bakterien stark überwiegen, dort wachsen insbesondere die Pionierpflanzen, welche man dann als Unkraut gerne bezeichnet... die fühlen sich da wohl. Der Boden ist dann auch nicht wirklich besonders geeignet für gute Erträge... ausser man ernährt sich von Wildpflanzen, dann könnte vielleicht weisser Gänsefuss, Portulak usw. sich gut kultivieren lassen. Will man aber Gemüse anbauen, dann ist wichtig, dass das Verhältnis zwischen Bakterien und Pilze in etwa ausgeglichen ist. Bei Beerensträuchern und Heckenlandschaften verschiebt sich dann das Verhältnis dann leicht zu Gunsten der Pilze und je stärker es Richtung Wald geht, desto mehr dominieren die Pilze. Im Laubwald und Mischwald sind sie schon recht dominant und noch stärker verbreitet sind sie dann im Nadelwald, während dort dann der relative Bakterienanteil sehr niedrig ist. Das heisst jetzt aber auch, wer gesündere Obst- und Beerensträucher haben möchte, der wird jetzt wahrscheinlich erkennen, dass eine Wiese wahrscheinlich nicht unbedingt die beste Voraussetzung dafür ist und dass beispielsweise Rindenmulch und ein Kompost mit höheren Anteilen an Holzanteilen von Vorteil sein könnte. Es muss nicht so extrem wie im Wald sein, mögen die Obstbäume und Beerensträucher doch Waldrandzonen und Heckenzonen, wo sich der Boden im Übergang zum Wald befindet, aber sie brauchen idealerweise schon mehr Pilze als der Gemüseanbau. Und mit der Tiefen Einstreu mit Mikroorganismen versetzt können wir, je nach Zusammensetzung der Einstreu und wie wir die dann im Endprodukt z.B. mit anderem Kompost noch mischen, ein eher ausgewogeneres Substrat gewinnen, das sich für den Gemüseanbau eignet oder ein eher pilzlastigeres Substrat (insbesondere wenn wir es dann noch mit Holzkompost mischen) gewinnen, das sich für Sträucher- und Baumkulturen eignet.
Man darf sich von dieser Methode sicher keine Wunder erwarten, aber es ist aus meiner Sicht ein kleines und gewiss nicht unbedeutendes Puzzleteilchen, das für einen besseren und gesünderen Boden sorgt und je mehr man auch dafür achtet, dass der Boden auch sonst gesund ist und für die Mikroorganismen (Stichwort: keine Pestizide, keine Kunstdünger, kein Pflügen), desto stärker dürfte die Wirkung sein und nicht zuletzt auch andere Massnahmen zur Bodenverbesserung gehen letztlich wieder in die selbe Richtung... es geht nicht um eine Wundermethode, sondern um ein ganzes System der Bodenbewirtschaftung, die als Gesamtes ihre Wirkung umso besser entfalten kann.
Und aus Tierhaltersicht dürfte natürlich der Gesundheits- und Hygieneaspekt überwiegen und dass man einen Mehrfachnutzen hat (gesunde Umgebung, Geruchminimierung, Kompost/Futterresterecycling, gesunde Futterpflanzen und Garten).
Ach ja, sollte es unter euch Leute geben, die sowieso in Richtung (Teil-)Selbstversorgung unterwegs sind und Hühner, Wachteln, Gänse usw. haben, da ist das Thema natürlich auch interessant. _________________ Degu-Fütterungstagebuch | Degupedia bei Youtube | Meine Degu-Aussenhaltung (Video)
Es preciso conocer el nombre de las plantas para que podamos salutarlas y ellas nos saluden a nosotros. GOETHE
Manche Menschen sind Steine und manche sind Otter. |
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