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Der Unsinn mit der Präventivkastration bei Zibben

 
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davX
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Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
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BeitragVerfasst am: 05.04.2015 20:32    Titel: Der Unsinn mit der Präventivkastration bei Zibben Antworten mit Zitat

Huhu,

das Thema ist m.E. wichtig und ich will es hier aus aktuellem Anlass hier ansprechen. Stein des Anstosses ist dieser Thread und die Ausführungen von Andreas zum Thema:
http://www.degupedia.de/forum/viewtopic.php?t=3483

Ich zitiere hier die m.E. wichtigsten Quellen, welche Andreas in oben genanntem Thread erwähnte - Wann sollte kastriert werden?

Andreas hat Folgendes geschrieben:

Eine Amputation/Kastration sollte durchgeführt werden:


Kaninchen würden Wiese kaufen hat Folgendes geschrieben:

• wenn ein Tierarzt die medizinische Notwendigkeit wie z. B. eine Krebserkrankung feststellt (Indikation),
• zum Schutz des Tieres oder anderer
• sowie zur Verhinderung einer unkontrollierten Fortpflanzung.

Amputation bedeutet nach (Lorz & Metzger 2008) die beabsichtigte Entfernung eines Teiles des Körpers. Der Begriff beschränkt sich dabei nicht nur auf Gliedmaßen, wie umgangssprachlich oft angenommen wird, sondern auch auf Organe. Diese wiederum bestehen aus Zellen und Gewebe, deren Einheit mit bestimmten Funktionen verbunden ist. Als Gewebe werden Zellverbände bezeichnet, die den Körper aufbauen. Dazu zählt auch Knochengewebe. Eine tierärztliche Indikation definiert sich als Rechtfertigungsgrund bzw. Umstand tierärztlich diagnostischer, therapeutischer und prophylaktischer Maßnahmen bei einer vorliegenden Erkrankung oder nach Abschätzung eines mögliche Nutzens und der Risiken für den Patienten, um Schaden, Leiden und Schmerzen von ihm abzuwenden (Hartung, 2002), (Lorz & Metzger 2008), (Wiesner & Ribbeck 2000). Zwingt der Grund zu der Maßnahme, liegt eine absolute, bei Vorliegen von sinnvollen Alternativen eine relative Indikation vor. Die tierärztliche Indikation ist also nicht ausschließlich auf das Vorliegen einer Erkrankung beschränkt. Da das Gesetz das Wohlergehen und die Unversehrtheit des Tieres im Sinn hat, ist sie auch bei einer Verletzungsgefahr für das Individuum als auch anderer Tiere möglich. Ausdrücklich keine Indikation löst jedoch der Wunsch aus, denkbaren, künftigen Erkrankungen vorzubeugen (Lorz & Metzger 2008).

Literatur:

* Hartung, J. (2002): Eingriffe an Tieren. In: Tierschutzgesetz: Kommentar. Hrsg: Hans-Georg Kluge. Stuttgart: Kohlhammer, 2002. ISBN 3-17-015201-7
* Lorz, A.; Metzger, E. (2008): Tierschutzgesetz mit Allgemeiner Verwaltungsvorschrift, Rechtsverordnungen und Europäischen Übereinkommen sowie Erläuterungen des Art. 20 a GG. Kommentar. begründet von Lorz, A.; bearbeitet von Metzger, E. 6., neubearbeitete Aufl. München: C. H. Beck. ISBN 9783406554360
* Wiesner, E.; Ribbeck, R. (Hrsg) (2000): Lexikon der Veterinärmedizin. 4., neubearb. Aufl. Stuttgart: Enke im Hippokrates Verlag GmbH. ISBN 3-7773-1459-5.

Quelle: http://www.kaninchen-wuerden-wiese-kaufen.de/kastration.htm
(Zitat ergänzt um Quellen und Quellen angepasst von mir)

Problematisch ist, dass eine reflektierte Abklärung, ob ein chirurgischer Eingriff medizinisch gerechtfertigt wird in letzter Zeit immer öfters ausser Acht gelassen wird. Ich fasse hier mal frei die wichtigsten von Andreas erwähnten Punkte (in oben verlinktem Thread) zusammen:

* In gewissen Foren wird bei Unwohlsein von Häsinnen gründsätzlich erwogen, sie entweder auf EC untersuchenzulassen und/oder sie kastrieren zu lassen.

* In gewissen Foren wird eine pauschale Frühkastration von Häsinnen empfohlen. Hinsichtlich der Berücksichtigung des Tierschutzgesetzes darf man ein solcher Aufruf zur Verstümmelung gesunder Tiere zweifellos als Aufruf zur Begehung einer Straftat (durch den Tierarzt) betrachtet werden.

* Es ist offenbar heutzutage keine Ausnahme, wenn man Tierärzte anruft und anfragt, ob man seine Häsin kastrieren lassen kann, dass man als Antwort den Preis für den Eingriff genannt bekommt mit Terminvereinbarung, wann der Eingriff vorgenommen werden könne. Von Abklärung der medizinischen Notwendigkeit eines solchen Eingriffs keine Spur!

* Sogar in der Literatur gibt es einen sehr unkritischen Umgang mit dem Thema Kastration. Andreas erwähnt in dem oben verlinkten Thread einen besonders problematischen Fall:

Andreas hat Folgendes geschrieben:

Zitat:

"In Deutschland ist im Gegensatz zu den USA die Kastration der Häsin noch nicht an der Tagesordnung, wird sich aber in Zukunft wohl ähnlich wie die Kastration der weiblichen Katze auch bei uns zur Selbstverständlichkeit entwickeln. In der Vorbeuge der oben genannten Erkrankungen wird diese Operation unverzichtbar. Zudem lassen sich damit auch das unerwünschte Urinspritzen mancher Häsinnen und aggressives Verhalten unterbinden."
Quelle: Lazarz, B. 2006. Scheinträchtigkeit und andere hormonbedingte Erkrankungen beim Kaninchen. Rodentia. Ausg 29. Jahrg. 6(1). 58-59

Das muss man sich mal geben: ein Dr. med. vet. bezeichnet die Scheinträchtigkeit des Kaninchens als hormonbedingte Erkrankung und das Land der durchgeschnittenen Hundestimmbänder und gezogenen Katzenkrallen wird als Vorbild für Deutschland empfohlen. Da wird einem nur noch übel.


edit: Quelle Hartung 2002 auf Hinweis von Andreas ergänzt.
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Zuletzt bearbeitet von davX am 12.04.2015 11:54, insgesamt einmal bearbeitet
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Chinchilla-Scientia
Nager-Erforscher


Anmeldungsdatum: 24.09.2014
Beiträge: 24
Wohnort: MA

BeitragVerfasst am: 06.04.2015 20:20    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo

ich wollte an der Stelle meine Erfahrung kundtun.

Mein Weibchen legte ein sehr aggressives und sehr auffälliges Verhalten an den Tag. Meine Vermutung war, dass sie Veränderungen an den Geschlechtsteilen hat, die dies auslösen (hormonell). ich war bei 2 Tierärzten, die meine Vermutung nicht ernst nahmen und sagten, Nö sie hat (wahrscheinlich) nichts, sie sei vom Wesen eben halt so.

Ich rief daher iwann bei einem dritten Tierarzt an und machte einen kastrationstermin für sie, was zu meiner Verwunderung problemlos klappte. Nach der OP war das Tier wie ausgewechselt, viel ausgeglichener, verträglicher und fröhlicher. Bei der Op wurden massive Wucherungen und Veränderungen an den Eierstöcken festgestellt... man bedenke, dass das tier erst 1 jahr jung war, die Verhaltensänderungen jedoch bereits lange zeit zeigte.
Problem: ich erfuhr nach wenigen jahren, dass der Ta nicht alles entfernt hatte, sondern nur die Eierstöcke, die gebärmutter bleib drin. Im Nachhinein erklärte man mir, dass dieses Vorgehen üblich sei und viel schonender fürs Tier, was ich persönlich nicht nachvollziehen kann, da die gefahr, dass auch der Rest befallen wird, sehr groß ist, wenn in so frühem Alter bereits die Eierstöcke völlig K.O. waren.

Die neue Besitzerin musste das arme Tier nach wenigen jahren also erneut operieren lassen, die Gebärmutter war massiv verändert. Leider verstarb das Weibchen kurze zeit später, warum weiß ich nicht...

Eines meiner Notfallweibchen (Chinchilla) habe ich auch auf verdacht kastrieren lassen - Gott sei dank kann man nur sagen, sie hatte einen über 7cm großen Tumor an der gebärmutter, den man so wohl dennoch nicht sicher diagnostizieren konnte. man sah nur, da könnte was sein, man war sich aber unsicher, was es sei und wollte mir Hormonspritzen andrehen. ich bestand aber af eine sofortige OP. Nach der OP hieß es nur, hätte man noch ein paar tage gewartet, wäre das Chin mit größter Sicherheit gestorben, es befand sich bereits Flüssigkeit überall im Körper...

Mein Fazit: Die Tierärzte sollten das problem ernst nehmen und jedes kaninchenweibchen auf Veränderungen an gebärmutter und Co. untersuchen, wenn auch nur ein indzit vorliegt, dass da was sein könnte. Das tun aber immernoch wenige, wenn man zB wegen Verhaltensauffälligkeiten zum TA geht. Viele Halter kommen zum anderen auch gar nicht auf die Idee, dass Verhalten und tumoröse Veränderungen miteinander in Verbindung stehen können. Hier ist also Aufklärung auf beiden Seiten notwendig, dass man rechtzeitig handeln kann. Und wenn eine Vermutung vorliegt (man kann nicht immer eine klare Diagnose via Ultraschall oder Röntgen stellen wie ich es auch von Chins kenne, die Veränderungen an Gebärmutter und co. haben) oder eben eine Diagnose, dann sollte auch sofort operiert werden und man sollte ALLES ausräumen.


Was für mich auch ein guter Grund zur Kastration ohne medizinische Indikation ist, ist das Vermeiden von Vermehrung. Da macht es aber eher sinn alle Männchen kastrieren zu lassen wie es auch die Tierheime tun bevor man sie vermittelt bzw abgibt. Da sehe ich auch Züchter in der pflicht...
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LG Aleks
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Andreas
Kaninchen würden Wiese kaufen


Anmeldungsdatum: 27.02.2009
Beiträge: 1239

BeitragVerfasst am: 06.04.2015 21:03    Titel: Antworten mit Zitat

Danke, David

Ich wollte eigentlich nichts mehr dazu schreiben, weil mir das "Hätte, Hätte, Fahradkette..." einfach zu viel wird.

Es gab eine Frage, eine Antwort und einen Kommentar zur Empfehlung der Kastration einer siebenjährigen Häsin, die sich noch nicht einmal wirklich auffällig benimmt. Meine Kommentare sind immer etwas harsch, wenn es um dubiose Aktionen geht, bei denen Kinder oder Tiere in menschlicher Obhut betroffen sind. Das hatten wir auch schon bei dem Thema einer aufkommenden Mode der menschlichen Ernährung.

David hat freundlicherweise alles sehr schön zusammengefasst, ich habe noch die fehlende Quelle ergänzt: Hartung, J. (2002): Eingriffe an Tieren. In: Tierschutzgesetz: Kommentar. Hrsg. Hans-Georg Kluge. Stuttgart: Kohlhammer, 2002. ISBN 3-17-015201-7

Die zitierten Ausführungen machen deutlich, das wir im Falle der Kastration von Häsinnen als Vorbeugung später Erkrankungen oder bei Verhaltensauffälligkeiten nicht nur von einem moralischen Aspekt, sondern auch von einem rechtlich relevanten Fall reden. Da geht es nicht um Pille Palle. Besonders krass ist in diesem Fall die Frühkastration von Häsinnen zu sehen. Der Tierschutz wird auch von mir mittlerweile teilweise in Schutz genommen, weil da viel geleistet wurde und wird. Aber im Fall der Kastration von Häsinnen ohne medizinische Indikation begibt sich der Tierschutz außerhalb des Gesetzes und vertritt nicht mehr die Interessen der Tiere. Da hört dann bei mir die Toleranz auf.

Schon länger her und nicht Kaninchen betreffend: interessant in diesem Zusammenhang war das Gerichtsurteil des Amtsgerichtes Alzey, wonach eine Vertragsklausel eines Tierheims in einem so genannten „Übergabevertrag“, die den Übernehmer eines Tieres nach der Übergabe zu dessen Kastration verpflichtete, gegen § 1 des Tierschutzgesetzes verstößt und somit unwirksam ist. In der Begründung hieß es, dass die Durchführung einer Kastration dem Tierschutzgesetz widerspreche, da ohne vernünftigen Grund dem Tier keine Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden dürfen. Bestände für das Tier zusätzlich noch ein Narkose- oder Eingriffsrisiko, würde sich ein solcher Eingriff ohnehin verbieten. Der Tierschutzverein hatte eine Halterin verklagt, weil sie ihre Schäferhündin nicht kastrieren lassen wollte. Die Tierärztin hatte bei dem Tier Herznebengeräusche festgestellt, was von ihr als ein „erhöhtes Narkoserisiko“ eingeschätzt wurde. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass „durch die hormonelle Umstellung nach einer Kastration mit einer Neigung zum Übergewicht nach Dürchführung der Operation zu rechnen wäre. Diese Faktoren stellen für das Tier sowohl akut, was die Narkosegefahr als auch zukünftig durch die Neigung zum Übergewicht ein erhebliches Gesundheitsrisiko dar.“ (Amtsgericht Alzey, 1996)
Das Ganze ist deshalb so abscheulich, weil sich zeigt, wie weit im Namen des Tierschutzes Leute gehen, um ihre Interessen durchsetzen wollen. Weil man als Tierschützer die Kastration per se befürwortet, wird keine Rücksicht mehr auf das Tier genommen. Hauptsache, es wurde kastriert.
(Quelle: Amtsgericht Alzey; Aktenzeichen 22 C 903/95)

Ich habe im Rahmen der Recherchen seinerzeit alle größeren Foren abgeklappert, die sich dem Tierschutz verpflichtet fühlen, zitieren werde ich hier keines. Interessant war aber, dass ausgerechnet mein "Lieblings"-Forum die vernünftigste Darstellung zur Kastration liefert(e). Hut ab dafür. Ansonsten geht der Trend klar da hin, Häsinnen zur Vorbeugung lieber kastrieren zu lassen. Von einigen werden auch die unsäglichen Ausführungen des Dr. L. als Argumentationshilfe benutzt. Bei den allermeisten Darstellungen wird ganz klar deutlich, dass man über die Verhaltensbiologie von Kaninchen Nullkommanullnichts weiß und demzufolge auch haarsträubende Erklärungen abliefert.

Als weitere Argumentationshilfen werden oft "Fälle" geschildert, dass man froh sei, die Häsin kastratieren zu lassen, weil sich herausgestellt hatte, dass die Gebärmutter verändert war. Toll. Ganz ehrlich, ich möchte lieber keinen Blick auf meine eigenen, inneren Organe werfen. Wahrscheinlich müsste alles 'raus... Was ich damit meine ist: selbstverständlich verändern sich Organe im Laufe der Lebensjahre. Das heißt doch aber noch lange nicht, dass das lebensbedrohlich wäre. Der Tod tritt häufig wegen anderer Krankheiten ein. Deshalb gibt es ja statistisch auch so wenig (dokumentierte) Sterbefälle auf Grund von Gebärmuttererkrankungen. Außerdem bezweifle ich ganz stark, dass jeder Tierarzt in der Lage ist, optisch einen bösartigen Tumor zu erkennen. Das gibt erst die Pathalogie her. Im Fall der erwähnten Hydrometra zeigt dieser Fall, wie lange vorher man schon reagieren könnte:
http://vetline.de/hydrometra-bei-einem-zwergkaninchen/150/3252/68154/

Interessant auch hier: "Die Ovariohysterektomie gilt als Standardoperation zur Prophylaxe von Uterustumoren bei Kaninchen." Schlicht gegen das Gesetz, aber Standard...
Quelle: Rapsch C, Mallig C, Steinbrunn C, Riecken A, Hungerbühler S, Fehr M (2008): Hydrometra bei einem Zwergkaninchen. Tierärztl Prax 36: 363–367.

Umfangsvermehrungen von Organen lassen sich ertasten oder per Ultraschall ermitteln. Tatsächlich stellte aber eine "Tierschutzbeauftragte" z. B. in einem Forum empört fest, dass sie doch nicht alle halbe Jahre ihre Häsinnen schallen lässt. Das lässt tief blicken: Tierschutz ja, aber doch bitte zu den eigenen Bedingungen... Die einfachste Lösung ist doch immer noch die Beste: alles 'raus und keine Sorgen mehr und vor allem ist die Haltung dann so schön einfach.

Als eine Hauptursache von Uteruserkrankungen sehe ich die Haltung. Normalerweise leben Kaninchen nicht in der Weise, wie sie es in menschlicher Obhut tun (müssen). Dazu zählt auch das Verhalten des Menschen den Tieren gegenüber, Gruppengrößen und -zusammensetzungen, Veränderungen der Gruppen, Umwelt (Wohnung, Reviergröße), Stress etc.. Und diese Einflüsse sind im Tierschutz mit am gravierendsten. Klingt provokativ, ist aber so. Um das zu ändern, müsste man sich mit der Tierart beschäftigen - aber wer hat bei all der Rettung schon die Zeit dafür?

freundliche Grüße,
Andreas
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davX
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Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 07.04.2015 13:49    Titel: Re: Der Unsinn mit der Präventivkastration bei Zibben Antworten mit Zitat

Danke Andreas für die Ergänzung der Literaturquelle. Ich habe schon vermutet, dass es sich um diese Quelle handelt, zumal das Jahr stimmte und der Buchtitel zur Passage passt und wenn man nach Jahr und Autor sucht, man eben auf dieses Werk stösst.


Zitat:

Als weitere Argumentationshilfen werden oft "Fälle" geschildert, dass man froh sei, die Häsin kastratieren zu lassen, weil sich herausgestellt hatte, dass die Gebärmutter verändert war. Toll. Ganz ehrlich, ich möchte lieber keinen Blick auf meine eigenen, inneren Organe werfen. Wahrscheinlich müsste alles 'raus... Was ich damit meine ist: selbstverständlich verändern sich Organe im Laufe der Lebensjahre. Das heißt doch aber noch lange nicht, dass das lebensbedrohlich wäre. Der Tod tritt häufig wegen anderer Krankheiten ein. Deshalb gibt es ja statistisch auch so wenig (dokumentierte) Sterbefälle auf Grund von Gebärmuttererkrankungen. Außerdem bezweifle ich ganz stark, dass jeder Tierarzt in der Lage ist, optisch einen bösartigen Tumor zu erkennen. Das gibt erst die Pathalogie her. Im Fall der erwähnten Hydrometra zeigt dieser Fall, wie lange vorher man schon reagieren könnte:
http://vetline.de/hydrometra-bei-einem-zwergkaninchen/150/3252/68154/

Das ist ein guter Punkt, auf den wollte ich eigentlich schon im Eingangsposting eingehen, hatte es aber dann unterlassen, weil es nicht ganz vergleichbar ist, aber es gibt doch Parallelen:
In der Humanmedizin geriet erst jüngt die ganze Voruntersuchungshysterie (gerade auch bei Frauen wegen Brustkrebs und Co.) unter starke Kritik, da in wissenschaftlichen Studien nachgewiesen wurde, dass es an der Mortalitätsrate nichts besserte, im Gegenteil, es wurden in vielen Fällen unnötige (und psychisch belastende) Untersuchungen, in einigen Fällen auch unnötige Eingriffe vorgenommen und letztlich die Mortalität trotz Vorsorgeuntersuchungen höher waren. Und bei den Fällen, die wirklich letztlich betroffen waren, die kamen doch zur Untersuchung, wenn sie Veränderungen/Probleme feststellten. Der Unterschied ist natürlich das Tier kann nicht selbst zum TA gehen wie der Mensch es kann und der Halter muss da ein Auge drauf haben ob das Tier gesund ist, aber ansonsten gibt es auch beim Tier Fehldiagnosen, unnötige Behandlungen und auch für den Halter und das Tier kann Ungewissheit durch Vorsorgeuntersuchungen belastend sein, obwohl ich zumindest letzteres bei Tieren als deutlich weniger bedeutend einschätzen würde. Das Thema ist aber letztlich hochaktuell.

Zitat:

mfangsvermehrungen von Organen lassen sich ertasten oder per Ultraschall ermitteln. Tatsächlich stellte aber eine "Tierschutzbeauftragte" z. B. in einem Forum empört fest, dass sie doch nicht alle halbe Jahre ihre Häsinnen schallen lässt. Das lässt tief blicken: Tierschutz ja, aber doch bitte zu den eigenen Bedingungen... Die einfachste Lösung ist doch immer noch die Beste: alles 'raus und keine Sorgen mehr und vor allem ist die Haltung dann so schön einfach.

Ja diese Tendenz ist mir auch schon aufgefallen. Es gibt aber auch noch einen anderen Aspekt, über den nicht gerne geredet wird. Die ganzen medizinischen Untersuchungen und Behandlungen sind letztlich auch einfach ein Geschäft. Vorsorgeuntersuchungen oder "prophylaktische" Eingriffe sind für die Vetmed Kliniken und Praxen eine sichere Einnahme- und Umsatzquelle. Wer hingegen gezielt nur bei Verdacht seine Tiere untersuchen lässt und nur dann, wenn es medizinisch sinnvoll ist und/oder ein ernster Verdacht besteht auch die Tiere behandeln lässt, der hilft mit, dass die Kosten (und damit auch der Umsatz) in der Veterinärmedizin gering bleiben.

Was das Gesetz angeht, da bin ich ehrlich gesagt nicht so optimistisch. Nur weil etwas auch schwarz auf weiss im Gesetz steht, heisst das noch lange nicht, dass ein Gericht sich dann auch strikt danach hält. Zwar wurde ein Musterfall (Präzedenzfall) nun geliefert, was durchaus zu begrüssen ist, dass dieser Wildwestmentalität Einhalt geboten werden kann zugunsten des Tierwohls, die Vergangenheit zeigt aber leider doch oft auch, dass bei Tieren längst nicht immer das Tierwohl im Zentrum stand und dass auch heute noch oft wirtschaftliche Interessen höher gewichtet werden.

Zitat:

Mein Fazit: Die Tierärzte sollten das problem ernst nehmen und jedes kaninchenweibchen auf Veränderungen an gebärmutter und Co. untersuchen, wenn auch nur ein indzit vorliegt, dass da was sein könnte.

Aus meiner Sicht geht es doch gerade darum: Du hattest einen klaren Verdacht und der war offenbar auch begründet.
Folglich: Verdacht -> Untersuchung und wenn das Risiko gross ist, dass da wirklich was ist, das behandelt werden muss oder wenn was gefunden wird -> medizinischer Eingriff

Auf der anderen Seite wenn ein Tier Verhaltensauffälligkeiten zeigt, versucht man erst mal diese abzuklären und schleppt das Tier nicht gleich zur Kastration, nur weil es so in Foren empfohlen wird oder noch extremer, man tut es schon präventiv, dass ja nichts passieren kann, sprich wenn man dann doch zum Tierarzt geht, dann hat man versucht andere Ursachen möglichst auszuschliessen und hat einen begründeten Verdacht, dass es eben nicht bloss ein Tier ist, dem es langweilig ist oder das verhaltensgestört ist und die Ursache eben nicht medizinischer Natur ist.

Zitat:

Eines meiner Notfallweibchen (Chinchilla) habe ich auch auf verdacht kastrieren lassen - Gott sei dank kann man nur sagen, sie hatte einen über 7cm großen Tumor an der gebärmutter, den man so wohl dennoch nicht sicher diagnostizieren konnte.

Das ist letztlich das Risiko, das bleibt. Oft gibt es eben einen dringenden Verdacht, dass da was sein könnte und nicht immer kann der auch bestätigt werden durch eine eindeutige Diagnose. In einem solchen Falle unterzieht man aber nicht einem gesunden Tier einen unnötigen Eingriff, den man sich hätte sparen können, sondern es geht darum, dass das Risiko eines unnötigen Eingriffs den vermutlich höheren Risiken gegenübersteht, die vorhanden sind, wenn das Tier wirklich ernsthaft krank ist und das Leben von einem schnellen Eingriff abhängt.
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Lilith-Louhi
Lästermaul


Anmeldungsdatum: 15.01.2014
Beiträge: 225

BeitragVerfasst am: 07.04.2015 17:45    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Als eine Hauptursache von Uteruserkrankungen sehe ich die Haltung. Normalerweise leben Kaninchen nicht in der Weise, wie sie es in menschlicher Obhut tun (müssen). Dazu zählt auch das Verhalten des Menschen den Tieren gegenüber, Gruppengrößen und -zusammensetzungen, Veränderungen der Gruppen, Umwelt (Wohnung, Reviergröße), Stress etc.. Und diese Einflüsse sind im Tierschutz mit am gravierendsten. Klingt provokativ, ist aber so. Um das zu ändern, müsste man sich mit der Tierart beschäftigen - aber wer hat bei all der Rettung schon die Zeit dafür?


Das ist ein serh wichtiger Punkt aber für mich ist dann eben auch die Frage. Wenn die Besitzer die Tiere nicht artgerecht halten wollen (was ja auf einem ganz anderen Blatt steht) und die Tiere darum unter hormonell bedingten Störungen leiden. Und ich spreche nicht von einem grabenden Kaninchen sondern wirllich von Leid. Wenn die Häsinnen sich alle paar Wochen blutig rupfen, Milch einschießt, sich das Gesäuge entzündet, sie schmerzhafte Veränderungen an den Fortpflanzungsorganen haben usw.
Ist es dann nicht als eine Verbesserung wenn sie dieses Leid zumindest nicht mehr ertragen müssen. Wenn die Besitzer bereit sind diese Folgen schlechter Haltung zu behandeln?
Ich kenne auch Tierärzte die haben dem scheinschwangeren Tier die Gesäugeleisten entfernt damit keine Milch mehr einschießt...aber keine Kastration vorgenommen. So verstecken wir Symptome für etwas das nicht da sein darf.
Echte Hormonelle Erkrankungen sind sicher in fast allen Fällen auf die Haltung zurückzuführen aber dann muss da angesetzt werden.

Ich finde den Trend durchaus auch bedenklich wenn sich dieser tatsächlich so extrem durch die Foren zieht aber wie schon erwähnt deckt sich meine Erfahrung aus der Praxis nicht damit das ohne Untersuchung und Indikation wild herum-kastriert wird. Zumindest nicht in meinem tiermedizinischen Umfeld.
Ganz im Gegenteil viele Tierärzte distanzieren sich mittlerweile von Frühkastrationen bei durchweg allen Tierarten.
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Murx Pickwick
Quoten-Kobold


Anmeldungsdatum: 23.07.2005
Beiträge: 4622
Wohnort: Runkel

BeitragVerfasst am: 08.04.2015 17:34    Titel: Re: Der Unsinn mit der Präventivkastration bei Zibben Antworten mit Zitat

Ich hab den Kastrationswahn bei den Hunden live miterlebt, von den zaghaften Anfängen, wo Hunde kastriert wurden, um die Haltung einfacher zu machen (wurde in den 90er Jahren vor allem von Züchtern praktiziert, damit sie die Hunde, die nicht mehr für die Zucht standen, "mit im Rudel laufen" lassen konnten) bis hin zum Tierschutzwahn, wo alles, was Hund war und nicht bei drei auf den Bäumen war, pro forma kastriert wurde - einschließlich Hunde, die entlaufen waren und im Tierheim landeten.

Was mich schließlich aufregte, war die unreflektierte monotone Aussage, es sei nötig, die Hunde zu kastrieren, damit kein unerwünschter Nachwuchs entstehen würde, weil die Hundehalter alle so bescheuert sind, ihre läufigen Hündinnen mit Rüden zusammenzulassen und zuzuschauen - sry, ich hatte einen unkastrieren Rüden und eine unkastrierte Hündin zusammengehalten, das war kein Problem, sondern bestenfalls Logistik und gesunder Menschenverstand, die Beiden die paar Tage der Läufigkeit der Hündin strikt getrennt zu halten.
Wenn ein Hundebesitzer selbst dazu nicht in der Lage ist bzw ihm der gesunde Menschenverstand nicht sagt, daß läufige Hündin + Rüde = viele Hunde wird und dementsprechend auf die läufige Hündin aufgepaßt werden muß, ist er meiner Meinung nach auch nicht in der Lage, seinen Hund/seine Hunde verantwortungsvoll zu führen ... heißt also, erhöhte Gefahr für Leib und Leben von Mensch und Umwelt, was vielleicht auch nicht so das Gelbe vom Ei ist.
Merkwürdigerweise stand ich nach der Jahrtausendwende mit dieser Meinung allein da, es fand sich lange Zeit so gut wie niemand, der sich dieser Meinung anschließen wollte.
Was auffällig war, sowohl von Tierärzten, welche die vorsorgliche Kastra propagierten, als auch von den Tierschützern wurde regelrecht unterschlagen und ignoriert, daß gerade die Kastra beim Hund diverse häufige Nebenwirkungen hat, wie beispielsweise Inkontinenz bei vornehmlich kleinen Rüden, Adipositas oder eine erhöhte Infektanfälligkeit der Blase und des Harnleiters. Sprach man diese Probleme an, wurden sie extrem herabgespielt oder sogar abgestritten ... und das oft im gleichen Forum, wo einige Halter genau mit diesen Problemen nach der Kastra zu kämpfen hatten!
Überhaupt waren in den Foren deutlich weniger Hundehalter, die Probleme mit ihren unkastrierten Hunden hatten, wie Hundehalter, die mit ihren kastrierten Hunden Probleme hatten ... das ging von Problemen gesundheitlicher Art über Probleme mangelnder Akzeptanz anderer Hunde gegenüber dem Kastraten bis hin zu massiven Verhaltensänderungen, teilweise sogar in Richtung Aggressionsverhalten, was ja nach Aussage gewisser TÄ unmöglich sei.

Inzwischen kann man in Hundeforen, auch in Tierschutzforen, wenigstens wieder ansprechen, daß es vielleicht nicht das Beste ist, alles zu kastrieren, was vier Beine hat und Wuff macht ... aber gerade Tierschützer verteidigen die generelle Kastration von Hunden noch immer vehement und werden von ein paar hochkarätigen Tierärzten darin auch noch bestärkt.
Das ist irgendwie wie mit der Impfung und der regelmäßigen halbjährlichen (oder ists inzwischen schon monatliche?) Wurmkur ...

Andererseits gibts da oft noch das haltungsbedingte Vermehrungsproblem. Wenn ich Häsinnen auf der Weide halten will und dennoch keine Kleinstausgaben produzieren will, was bleibt mir dann über, wie die Häsinnen zu kastrieren?
Eine Weide ist sehr teuer genau so zu schützen, daß keine wildlebenden Rammler mal kurz hoffnungsvoll vorbeischneien und die Damen beglücken ... je größer und unübersichtlicher die Weide, desto schwieriger wirds, die Wildlebenden draußen zu halten.
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Ich habe es endlich amtlich (Mitgliedsausweis der Piratenpartei):
"Der Besitzer dieses Dokumentes ist berechtigt, sich seines Verstandes zu bedienen, Informationen zu produzieren, replizieren und konsumieren, sich frei und ohne Kontrolle zu entfalten in Privatsphäre und Öffentlichkeit.

Behinderung dieser Rechte wird geahndet durch die Piratenpartei Deutschland"
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