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Who's Afraid of Peer Review?

 
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davX
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Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
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BeitragVerfasst am: 19.04.2014 17:58    Titel: Who's Afraid of Peer Review? Antworten mit Zitat

In letzter Zeit mehren sich Beiträge, welche Lücken und Schwächen im wissenschaftlichen Publikationsprozess entblössen.

Ein besonders schönes Beispiel, das gerade bei den Open Access Zeitschriften besonders ein Problem ist, zeigte ein Beitrag von John Bohannon in Sciene, welcher 2013 publiziert wurde:
http://www.sciencemag.org/content/342/6154/60.full

Sogar die englische Wikipedia hat ihm einen Beitrag gewidmet:
http://en.wikipedia.org/wiki/Who%27s_Afraid_of_Peer_Review%3F

Worum geht es? Open Access hat zu einem Wechsel in der Finanzierung der Veröffentlichung von Publikationen geführt. Früher bezahlten die Abonnenten für gute Qualität und Artikel, heute finanzieren bei vielen Open Access Zeitschriften für die Publikation selbst. Das Problem dabei ist, dass es offenbar einige Verlage gibt, die mittlerweile mit minderwertigen Zeitschriften vor allem auf das Geld der Forscher aus sind, welche diese für das Publizieren bezahlen müssen. Der Review-Prozess ist dabei meist schlecht bis gar nicht ausgeprägt. Allerdings zeigte die Arbeit von Bohannon auch, dass auch Titel der grossen Verlagshäuser (Elsevier, Sage usw.) betroffen waren und sogar renomierte Zeitschriften wie das japanische "Kobe Journal of Medical Sciences". Allerdings erwies sich bei den Zeitschriften, die überwiegend aus der dritten Welt stammten, eine weitaus grössere Akzeptanz. Es gab aber auch hier positive Ausnahmen, z.B. das ägyptische Verlagshaus Hindawi, welches recht stark im Open Access Bereich aufgestellt ist, wies die fehlerhaften Studien nach einer Überprüfung ab.

Der Beitrag zeigt aber unter anderem, dass in diesem Bereich eine gewisse Wild-West-Mentalität herrscht und viele Verlage versuchen mit einem seriös klingenden Zeitschriftentitel um die Gunst der Wissenschaftler zu buhlen, in dem oft ein "American" oder "European" Zusatz den Eindruck einer seriösen Zeitschrift erwecken soll.

Diskussion um "Wild-West" Open Access
Doch die Diskussion geht noch weiter. Auch an Science wird Kritik laut, es habe das wahre Problem verkannt und viele meinen auch, dass es Science nur darum gehe, Probleme bei Open Access blosszustellen und die gäbe es eben nicht nur bei Open Access.

Dabei störte offenbar vor allem die Bezeichnung als Wild-West der Situation bei Open Access. Allerdings geht es hier um Oberflächlichkeiten, wie die Diskussion (Video/G+ Hangout-Interview) selbst zeigt:
http://news.sciencemag.org/scientific-community/2013/10/live-chat-exploring-wild-west-open-access

Zitat:

Science magazine has published a blistering critique of the most sacred cow of scientific research, namely the peer review quality system. Unfortunately, Science doesn't seem to have understood its own findings. It proclaims to have run a sting operation, written by 'gonzo scientist' John Bohannon, revealing the weaknesses of the relatively new publishing model we call open access. In fact, the Science article shows exactly the opposite of what it intended, namely that we need an even wider use of open access than the one we currently have.

Quelle: http://www.theguardian.com/higher-education-network/blog/2013/oct/04/science-hoax-peer-review-open-access


Weitere interessante Links und Artikel gibt es unter anderem hier:
http://neurodojo.blogspot.ch/2013/10/open-access-or-vanity-press-science.html

Die Publikation von Bohannon warf nicht nur Fragen auf, sie führte auch zu weiteren Untersuchungen, z.B. ob der Impact Factor einen Einfluss haben könnte:
http://humanecologyblog.wordpress.com/2013/10/05/sting-operation-demonstrates-the-value-of-journal-impact-factors/
...was offenbar bei den erhobenen Daten der Fall ist.

Andererseits gibt es aber auch wiederum Kritik am Impact-Factor und anderen Rating-Systemen zum Messen der Qualität von Zeitschriften. Der Zusammenhang ist interessant:

"Journal rank is most commonly assessed using Thomson Reuters' Impact Factor (IF) (...) One particular case (Munafò et al., 2007) illustrates the decline effect (Figure 1B), and shows that early publications both report a larger effect than subsequent studies, and are also published in journals with a higher IF. These observations raise the more general question of whether research published in high-ranking journals is inherently less reliable than research in lower-ranking journals." (Brembs et al. 2013)

Mit anderen Worten, der Journal Rank führt dazu, dass interessante Studien zuerst in Zeitschriften mit hohem Rank veröffentlicht werden und Folgestudien dann in spezielleren Zeitschriften mit weniger hohem Rank. Interessanterweise haben die Erststudien oftmals signifikantere Resultate (was jedoch nachvollziehbar klingt, weil es für die Erstpublikation wichtig ist). Die Folgestudien sind natürlich weniger interessant und für die Autoren ist es auch weniger wichtig, dass möglichst gute Resultate veröffentlicht werden können, sondern es geht nun mehr um genaue Resultate und auch, dass Fehler, die anfänglich vielleicht aufgetreten sind oder falsche Interpretationen durch bessere Daten usw. korrigiert werden. Die Begründung klingt also sehr schlüssig. Allerdings könnte man auch argumentieren, dass minderwertige Studien von Zeitschriften mit geringem Journal Rank eher akzeptiert werden könnten, was ja die gängige Lesart ist, wenn es um die Qualität von Journal Ranks geht. Ein solcher Einfluss ist sicher auch nicht von der Hand zu weisen, doch geht es hier wohl auch darum, dass man die einzelnen Faktoren und Einflüsse in Relation zu ihrer Bedeutung setzt.

Kosten für Publikation
Ein Argument, das immer wieder erwähnt wird, dass viele Open Access Verlage hohe Gebühren von den Autoren für die Publikationen verlangen, während das bei Zeitschriften, die abonniert werden (substription based journals) nicht der Fall sei. Tatsächlich ist eine Gebühr bei den abonnierten Zeitschriften eher unüblich, es gibt aber auch kombinierte Modelle. So zum Beispiel das Journal of Neuroscience, obwohl finanziert durch Abonnenten, verlangen sie eine Veröffentlichungsgebühr:
http://www.jneurosci.org/site/misc/ifa_fee.xhtml
Allerdings verlangen Open Access basierte Zeitschriften oftmals um die 1000-1500 Euro oder Dollar, während 125 Dollar beim Journal of Neuroscience vergleichsweise wenig ist.

Alles in allem ist das Thema alles andere als trivial und mit vorschnellen Schlüssen ist es wohl auch nicht getan. Die Arbeit von Bohannon zeigt ganz klar Probleme und Lücken auf und dass es einen Anreiz gibt für sogenannte Predator Publishers, was nicht zuletzt auch am Anreiz bei der Finanzierung liegt, die auch von den grossen Verlagshäusern gelebt wird. Andererseits braucht es auch die Aufmerksamkeit der Wissenschaft und der Öffentlichkeit, welche sich mit wissenschaftlichen Studien beschäftigt, dass sie über solch fragwürdige Praktiken Bescheid weiss und auch eine Ahnung hat, wie sie die Qualität überprüfen kann. Nicht zuletzt greift eine Anschwärzung von Open Access zu kurz, wie sie Bohannon von verschiedenen Leuten vorgeworfen wurde, dazu ist dieses Modell zu wichtig und es wird wahrscheinlich in Zukunft noch eine grössere Bedeutung haben. Das Problem sind jedoch viel mehr falsche Anreize, die in der Vergangenheit durch das Aufkommen neuer Finanzierungsmodelle entstanden sind.

Literatur

* Brembs et al. (2013): Deep impact: unintended consequences of journal rank Front. Hum. Neurosci. 24. doi: 10.3389/fnhum.2013.00291
http://journal.frontiersin.org/Journal/10.3389/fnhum.2013.00291/full
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