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Huflattich (Tussilago farfara L.) doch giftig?

 
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davX
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Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 16.05.2006 22:54    Titel: Huflattich (Tussilago farfara L.) doch giftig? Antworten mit Zitat

Hallo,

gerade ist mir in der Wiki aufgefallen, dass Huflattich als geeignet eingestuft wird (vgl. http://www.degupedia.de/wiki/index.php/Huflattich ). Heute bin ich allerdings in meinem dicken Giftpflanzenbuch auf einen Artikel über Huflattich gestolpert. Der ist diesbezüglich etwas anderer Ansicht:

Zitat:


Droge: ... Risiken: Huflattich enthält in allen Pflanzenteile stark wechselnde Mengen toxischer Pyrrolizidinalkaloide (PA), von denen organtoxische, insbesondere hepatoxische Wirkungen bekannt sind. Tierexperimentell wurde für PA kanzerogene Wirkungen mit einem genotoxischen Wirkmechanismus nachgewiesen.

Wirkstoffhaltige Pflanzenteile: Alle Pflanzenteile.

...

Vergiftungserscheinungen: Wegen des Vorhandenseins des Senkirkins führte eine japanische Arbeitsgruppe eine toxikologische Langzeituntersuchung an Ratten durch. Danach traten bei hochdosierter Einnahme von gepulverter Blütenknospendroge, die aus China stammte, nach ca. 2 Jahren an den Tieren hohe Lebersarkombildungsraten auf.

...

Gefährlichkeitsgrad: Giftig + (bei hochdosierter Einnahme), bei normaler Anwendung keine Gefahr.

Quelle: Roth, L. (Hrsg.) Daunder, M. Kormann, K. Giftpflanzen - Pflanzengifte. Hamburg, Nikol Verlag, 1994.


Wenn ich das richtig verstanden/interpretiert habe, dann wäre Huflattich in normalen Mengen unbedenklich... zumindest bei Menschen. Aber wie steht es mit der Wirkung auf Tiere? Müsste man da vielleicht vorsichtiger sein? Mit anderen Worten, wäre eine Zurückstufung der Futterempfehlung auf "Selten füttern" sinnvoll oder doch eher übertrieben?
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Murx Pickwick
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Anmeldungsdatum: 23.07.2005
Beiträge: 4622
Wohnort: Runkel

BeitragVerfasst am: 14.03.2007 17:53    Titel: Re: Huflattich (Tussilago farfara L.) doch giftig? Antworten mit Zitat

Ich setze inzwischen den Huflattich mit Erfolg bei Kaninchenschnupfen ein - einfach frisch verfüttern ...

Bisher konnte ich keine negativen Wirkungen feststellen, egal welchem Tier ich Huflattich verfüttert hab (Kaninchen, Meerschweinchen, Ratte, Farbmaus) - allerdings kommt hier der Huflattich auch nicht häufig vor, damit komm ich erst gar nicht in Versuchung, den Huflattich in großen Mengen zu verfüttern.
In den Giftzentralen wird zwar ab und an gemeldet, daß Huflattich gefressen wurde, bisher sind dort aber keine Vergiftungen gemeldet worden. Der Frohne & Pfänder, der ja diese Infos von den Giftzentralen mit ausgewertet hat, erwähnt den Huflattich nicht mal. Auch das deutet eher auf nicht giftig ...

Huflattich halte ich für problematisch, da die getrocknete Pflanze eine weitaus stärkere Wirkung zeigt wie zu erwarten wäre. Ich halte es für möglich, daß mit getrockneten Pflanzen tatsächlich leicht eine Überdosierung möglich wird und damit zu Lebersarkomen führt. Der Rattenversuch, der von Roth, Pflanzengifte erwähnt wird, haut ja in die gleiche Kerbe - die Blüten sind der wirkungsstoffreichste Teil der Pflanze, diese auch noch getrocknet und gemahlen über lange Zeit an Ratten verfüttert, führte zu Lebersarkomen.

Nach meinem Wissensstand ist Huflattich frisch für Pflanzenfresser sehr gesund, auch in größeren Mengen, getrocknet würde ich persönlich abraten oder ihn gezielt nur als Heilkraut einsetzen. Huflattich an Menschen zu verfüttern, auf die Idee bin ich bis jetzt noch nicht gekommen ...
Bleibt also meiner Meinung nach bei problematisch, man sollte wissen, was man da füttert und wie man diese Pflanze zu behandeln hat.
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Anmeldungsdatum: 23.07.2005
Beiträge: 4622
Wohnort: Runkel

BeitragVerfasst am: 27.04.2008 09:57    Titel: Re: Huflattich (Tussilago farfara L.) doch giftig? Antworten mit Zitat

Es ist manchmal erstaunlich, was man so alles erfährt, wenn man sich mit Neuzugezogenen, alten Besoffenen und noch älteren Obdachlosen unterhält ...

Dadurch, daß sich hier irgendwie irgendwo jeder kennt, war es auch ein leichtes, die grundsätzlichen Aussagen durch einfaches Nachfragen bei den Leuten, die in der Kirche arbeiten, zu verifizieren, hier hat mir also mit Sicherheit keiner nen Bären aufgebunden ...

Huflattich galt noch um 1900 - 1960 als eine sehr gute Futterpflanze. Pferdebesitzer hatten für Weiden mit Huflattich drauf weitaus mehr Pacht bezahlt wie für Weiden ohne Huflattich. Milchvieh wurde bevorzugt mit Huflattichheu gefüttert. Ein ehemaliger Kaninchenhalter hier aus dem Ort erzählte, daß er im Umkreis von 20km die Gegend nach Wiesen abgesucht hätte, wo viel Löwenzahn und eben auch Huflattich wuchs, um seine Kaninchen zu ernähren. Er hatte nach seiner Aussage immerhin über 100 Stück (Murxsche Analyse: Er wird zwischen drei und fünf Häsinnen mit Nachzucht gehabt haben, dann kommt das in etwa mit 100 Schlachttieren im Jahr hin ... 100 Zuchtkaninchen klingt unglaubwürdig, selbst mit Buchten wäre es ihm nicht möglich gewesen so viel auf sein Grundstück zu stapeln, ich kenne sein Grundstück Very Happy)

Weiterhin hab ich jemanden gefunden, der schon in den 20er Jahren Exoten hielt. Er hatte sich mehrere Nagerarten aus Afrika mitgebracht. Um diese wieder gesund zu bekommen, hatte er von Anfang an Huflattich, hier diesmal hauptsächlich die Blätter, die Blütezeit des Huflattichs war wohl vorbei, gesammelt, weil das seiner Meinung nach selbst das kränkeste Tier wieder auf die Beine brachte. Ansonsten experimentierte er, wie in seiner Zeit üblich in der Exotenhaltung, mit Obst, Gemüse, Brot, Ästen und Wiese samt Kräutern ... immerhin lebten die Nager seiner Aussage nach mehrere Jahre und einige Arten vermehrten sich sogar.
Um was es sich für Arten handelte, war leider nicht herauszubekommen ... ich hatte den Eindruck, er wußte es selbst nicht. Da er von berichtete, er hätte in der Serengeti einige größere Mäuse von den Bäumen gefangen, könnte es sich hier um Akazienratten handeln ... aber das ist mehr wie ungewiß.

Sehr aufschlußreich war auch ein Bericht eines Nachfahren eines Pferdezüchters: Sein Großvater hätte edle Pferde gezüchtet - Rasse war nicht rauszufinden, er bestand auf sein edle Pferde, kann also sein, daß es eine hier eher unübliche Warmblutzucht war, also Kutschpferde.
Sein Großvater hatte die trächtigen Stuten wohl auf die Huflattichwiesen gestellt. Sein Sohn hatte die Zucht nicht weitergeführt und die Wiesen an Pferdebesitzer verpachtet - darunter auch einem Pferdezüchter oder Rittmeister, war nicht so ganz rauszubekommen, auf jeden Fall jemanden mit vielen Pferden. Dieser hatte nun systematisch den Huflattich bekämpft, da dieser schlecht für die Pferde sei!
Nach längerem Streit zwischen dem Wiesenbesitzer und dem Pferdehalter wurden die Wiesen verkauft ...
Von jemanden anderen hab ich erfahren, daß tatsächlich viele Wiesen von einer ehemaligen Pferdezüchterfamilie verkauft wurden - in den 70er Jahren. Der Streit hatte also vermutlich in den 50er und 60er Jahren angefangen ... in einer Zeit, wo in der Sportpferdezucht zunehmend Fertigfutter und Supplemente verfüttert wurde.
Hinweis auf Kreuzreaktion mit den damaligen Fertigfuttern?

Wie gut sich nun regelmäßige und größere Gaben an Huflattich tatsächlich auf Tiere auswirken, kann ich nach wie vor leider nicht sagen ... hier wächst einfach viel zu wenig Huflattich. Ich bin schon froh, daß ich es geschafft hab, durch Niederhalten von Brennessel und Co, dort wo eben ein wenig mehr Huflattich wächst, ihn zur Ausbreitung zu verhelfen, aber auch dies Jahr konnte ich nur eine Handvoll ernten, ohne dieses Vorkommen zu gefährden ... ich warte nun auf die Blätter, davon sollte sich mehr ernten lassen, ohne die Pflanzen zu schädigen, wie von den Blüten.

Es scheint allerdings so zu sein, das Huflattich noch bis in die 50er, 60er Jahre hinein eine gute Futterpflanze war. Auffällig ist jegliches Fehlen in der Fachliteratur dieser Zeit, Huflattich wird, wenn überhaupt, nur am Rande erwähnt!

Auch für die Heilkräfte des Huflattichs hab ich nun mehrere Leute gefunden. Er wurde hier in der Gegend hauptsächlich gegen Husten, Schnupfen und bei Erkältungserkrankungen eingesetzt, häufigste Zubereitungsmethode war wohl ein Sirup oder Gelee aus den Blüten. Nach der Untersuchung, in der sich raussstellte, wie hochgiftig doch Huflattich sei, hatte das schlagartig ein Ende, man stieg um auf Löwenzahnblüte, Kamillentee, Ringelblume etc.
Für die Alten hier im Ort galt der Huflattich als echter Tausendsassa, der von der Milchleistung über Unwohlsein bis hin zu Husten, Schnupfen und Frühjahrsmüdigkeit alles zu heilen vermochte, selbst gegen Schwermut wurden die Blüten eingesetzt! Dies sind Anwendungsgebiete, die mir persönlich gänzlich unbekannt für Huflattich sind, ich kenne bisher nur den Einsatz bei Erkältungen und Husten.

Der Huflattich scheint damit neben Ringelblume und Brennessel einer der wichtigesten Heilpflanzen gewesen zu sein - und er scheint hier in rauhen Massen vorgekommen zu sein, im Gegensatz zu jetzt, wo ich nur zwei Stellen für Huflattich gefunden hab - beides eher untypische Vorkommensgebiete für Huflattich, er scheint hier die Giftfeldzüge auf den Weiden und Wiesen gegen Zweikeimblättrige nicht überlebt zu haben ...
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BeitragVerfasst am: 27.04.2008 12:18    Titel: Re: Huflattich (Tussilago farfara L.) doch giftig? Antworten mit Zitat

Wow, das ist ja äusserst interessant, was du da an Infos gefunden hast.
Schade eigentlich dass so vieles an solchem Wissen einfach in Vergessenheit gerät.
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BeitragVerfasst am: 27.04.2008 12:41    Titel: Re: Huflattich (Tussilago farfara L.) doch giftig? Antworten mit Zitat

Das Schlimmste ist die Verifizierung ... das ist jetzt die Zusammenfassung der Aussagen von Leuten, die zum Teil das 90igste Lebensjahr weit überschritten haben - die leben nicht mehr lange. Danach läßt sich ein solches Wissen nicht mehr verifizieren.
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