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davX Team
Anmeldungsdatum: 08.06.2004 Beiträge: 8494 Wohnort: Schweiz
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Verfasst am: 03.02.2013 18:40 Titel: Heu ist reich an Zucker |
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Huhu,
aus reiner Neugier hatte ich heute ein paar Recherchen angestellt zum Zuckergehalt von Heu. In einem neuen Merkblatt zur Chinchillahaltung der TVT wird dort tatsächlich erwähnt, dass Chinchillas zuckerfrei (wegen Diabetesgefahr) ernährt werden müssen und einen Satz später wird die Bedeutung des Heus herausgestrichen.
Interessant dabei ist, dass Heu relativ viel Zucker enthält und die meisten frischen Pflanzen im Gehalt übertrifft, junge Raygräser enthalten sogar mehr Zucker als Äpfel. Hier ein kleiner Überblick:
Bei meinen Recherchen habe ich auf die Futtermitteldatenbank der Forschungsanstalt ALP http://www.feed-alp.admin.ch zurückgegriffen.
Als Beispiel habe ich ein Heu "Gräserreicher Mischbestand, andere als Raigräser" genauer unter die Lupe genommen. Dieses enthält in allen 7 Stadien zwischen 7,1 und 8,8% Zucker, NDF variiert zwischen 44,1% (Junggras) und 68,6% (altes Gras, Stadium 7), ADF 26,6%-42,0% und ADL wurde nicht erfasst. Andere Misch-Heusorten enthalten sogar bis zu 12,0% Zucker (Raygräser lastige Mischungen), Raygras selbst enthält gar bis zu 16,8% Zucker. Die anderen Heumischungen liegen irgendwo dazwischen, eine kräuterreiche Mischung, grobblättrig zum Beispiel hat einen Zuckergehalt von 10,0 und 11,5%, ADF zwischen 28,3% (jung) und 51,9% (alt) bzw. NDF 21,4-37,3% und auch hier wurde ADL wiederum nicht ermittelt... diese wären jedoch interessant für den Ligningehalt zu errechnen bzw. um verdauliche und unverdauliche Faseranteile zu unterscheiden.
Weitere Gräser, die nennenswert sind, wären Wiesenfuchsschwanz (jung) mit 7,7% Zucker und Knaulgras (jung) 8,8% Zucker. Ferner die geringsten Zuckeranteile enthalten junge Luzerne (5,1% ) und Weissklee (6,9% ).
Alle Werte sind von getrockneten Pflanzen.
Zusammenfassung und Fazit:
Heu enthält je nach Sorte zwischen 7 und 12% Zucker, im Extremfalle sogar bis zu knapp 17% (Raygräser). Wer also seine Tiere zuckerarm ernähren möchte und das wörtlich nehmen will, müsste das Heu ziemlich hoch oben auf seine Streichliste setzen. Die meisten frischen Pflanzen schneiden deutlich besser ab beim Zuckergehalt, sogar einige frische Früchte können durchaus mit dem Heu konkurrieren. Das Beispiel zeigt uns also, dass wir, statt blind nach irgendwelchen Zahlen etwas zu verbieten, uns besser Gedanken machen über die gesamte Ernährung und was von dem Futter, das wir füttern der Ernährung der Tiere in der Wildnis nahe kommt und was dagegen unnatürlich ist. Das würde letztlich auch helfen, dass wir uns von alten Klischees lösen könnten, die jeglichen Tatsachen trotzen, dazu gehört auch die oft in den Raum gestellte Behauptung, dass Heu das Brot zahlreicher Kleinsäuger sei, sprich das Grund- und Hauptfutter, das sie bräuchten.
Nur schon beim Menschen hinkt dieser Vergleich (man denke an andere Kulturen, die gut ohne Brot auskommen), aber das wäre dann wieder ein anderes Thema. _________________ Degu-Fütterungstagebuch | Degupedia bei Youtube | Meine Degu-Aussenhaltung (Video)
Es preciso conocer el nombre de las plantas para que podamos salutarlas y ellas nos saluden a nosotros. GOETHE
Manche Menschen sind Steine und manche sind Otter. |
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Andreas Kaninchen würden Wiese kaufen
Anmeldungsdatum: 27.02.2009 Beiträge: 1239
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Verfasst am: 04.02.2013 21:53 Titel: |
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davX hat Folgendes geschrieben: | Die meisten frischen Pflanzen schneiden deutlich besser ab beim Zuckergehalt, sogar einige frische Früchte können durchaus mit dem Heu konkurrieren. Das Beispiel zeigt uns also, dass wir, statt blind nach irgendwelchen Zahlen etwas zu verbieten, uns besser Gedanken machen über die gesamte Ernährung und was von dem Futter, das wir füttern der Ernährung der Tiere in der Wildnis nahe kommt und was dagegen unnatürlich ist. Das würde letztlich auch helfen, dass wir uns von alten Klischees lösen könnten, die jeglichen Tatsachen trotzen, dazu gehört auch die oft in den Raum gestellte Behauptung, dass Heu das Brot zahlreicher Kleinsäuger sei, sprich das Grund- und Hauptfutter, das sie bräuchten. |
Ja, aber das erzähle ich doch die ganze Zeit
Das Problem ist schlicht die Trocknung. Ein weiteres Problem ist das Starren auf die Futtermittel-Deklarationen - dort werden aber Kohlenhydrate gar nicht mit aufgeführt (bzw. nur ein kleiner Teil aus der Rohfaser). Das muss man sich mal geben: die Futtermittelindustrie gibt immer ganz doll damit an, dass sie ja die Inhaltsstoffe offenlegen würden, aber a) gilt das nur für Nährstoffgruppen und b) fehlt die wichtigste, nämlich die der Kohlenhydrate. Die verschwinden in der Rohfaser und in den Stickstofffreien Extraktstoffen, die aber eben nicht deklariert werden. Das liegt schlicht daran, das auch heute noch Werte aus einer Analysemethode benutzt werden, die älter als das Bürgerliche Gesetzbuch ist.
Deshalb habe ich ja auch immer gesagt, dass die Leute das dumme Gerede von der Melasse lassen sollen, weil das "Brot" wesentlich mehr zur Zuckerversorgung beiträgt als 0,5 - 1% Melasse.
Ich hätte da einen Vorschlag: nehmt mal das Futter (auch Heu oder frisches Gras), welches Ihr Euren Tieren gebt und kaut es gründlich (ist ja alles pflanzlich). So mancher wird dabei eine Überraschung erleben - und die steht nicht auf der Packung...
Die Sinnlosigkeit der Deklaration von Nährstoffgruppen betrifft überigens nicht nur die Kohlenhydrate, sondern gilt auch für Proteine (eigentlich wären die Aminosäuren interessant), für Fette (Gehalt an essentiellen Fettsäuren), die Kohlenhydrate (HC, C, Pektine, Stärke, Zucker) etc.
Aber damit würde die Futtermittelindustrie auch offenlegen, welchen Schund sie teilweise verkauft
freundliche Grüße,
Andreas
Apropos: hat eigentlich jemand eine Ahnung, woher die "Süßgräser" ihre Bezeichnung haben |
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maica Süchtig
Anmeldungsdatum: 23.08.2010 Beiträge: 65
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Verfasst am: 06.02.2013 19:04 Titel: |
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Das Heu einen relativ hohen Zuckergehalt aufweist hat vielleicht seinen Sinn darin, das auf der Naturwiese die absterbende Grässer in den Wintermonaten trotzdem von den Kaninchen aufgenommen werden.
Die Grässer dadurch länger haltbar bleiben, auch bei Frost und unter dem Schnee, Zucker ja bekanntlich konserviert (Marmelade u.ä.), schmackhaft bleibt auch wenn es durch die Witterungsunbilden nicht mehr allzuviele Nährwerte hat und Zucker ein Energielieferant ist, was auch in der kalten Jahreszeit sich als nützlich erweist.
Wenn man genügend davon frisst als Kaninchen und/oder Wildtier, sich die leichte Speckschicht erhält die man sich im Herbst mit zuckerreichen Früchten u. a. angefuttert hat.
Im Gemüsegarten soll der Rosenkohl, Wirsing und andere Wintergemüse auch nach dem ersten Frost geerntet werden, weil sich dann in diesen Gemüsesorten Zucker bebildet hat und dadurch das Wintergemüse bekömmlicher wird, sagt man. Das selbe gilt für die Hagebutte und vielleicht noch andere Beeren. _________________ lG Maica |
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davX Team
Anmeldungsdatum: 08.06.2004 Beiträge: 8494 Wohnort: Schweiz
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Verfasst am: 07.02.2013 12:14 Titel: Re: Heu ist reich an Zucker |
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@Andreas
Ja ich weiss, ich war nur selbst überrascht wie hoch der Gehalt tatsächlich ist. Bisher ging ich vor allem davon aus, dass das insbesondere auf den Fructangehalt bei Festuca- und Lolium-Gräser zutrifft.
Zitat: |
Deshalb habe ich ja auch immer gesagt, dass die Leute das dumme Gerede von der Melasse lassen sollen, weil das "Brot" wesentlich mehr zur Zuckerversorgung beiträgt als 0,5 - 1% Melasse.
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Absolut, sehe ich genauso .
Zitat: |
Die Sinnlosigkeit der Deklaration von Nährstoffgruppen betrifft überigens nicht nur die Kohlenhydrate, sondern gilt auch für Proteine (eigentlich wären die Aminosäuren interessant), für Fette (Gehalt an essentiellen Fettsäuren), die Kohlenhydrate (HC, C, Pektine, Stärke, Zucker) etc.
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Das stimmt, nur es gibt kaum Literatur, die sich tiefer damit beschäftigt als die Literatur zur Futtermittelanalyse selbst. Letztere hatte ich auch vor einigen Jahren mal intensiver gewälzt, weshalb mir das Ganze vertraut ist .
Die Weender-Analyse ist übrigens auch nicht eine einzige, stimmige Nährstoffanalyse-Methode sondern ein Paket von verschiedenen Analysen, welche sich über die Jahre von unterschiedlichen Autoren entwickelt haben und offenbar in Weende dann verbessert und zu einem Päckchen geschnürt wurden.
Zitat: |
Das Heu einen relativ hohen Zuckergehalt aufweist hat vielleicht seinen Sinn darin, das auf der Naturwiese die absterbende Grässer in den Wintermonaten trotzdem von den Kaninchen aufgenommen werden.
Die Grässer dadurch länger haltbar bleiben, auch bei Frost und unter dem Schnee, Zucker ja bekanntlich konserviert (Marmelade u.ä.), schmackhaft bleibt auch wenn es durch die Witterungsunbilden nicht mehr allzuviele Nährwerte hat und Zucker ein Energielieferant ist, was auch in der kalten Jahreszeit sich als nützlich erweist.
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Das ist eine gute Erklärung, wobei müsste dann der Zuckergehalt im Winter nicht höher sein als von Frühling bis Herbst?
Andererseits wird der Gehalt im Winter vermutlich gar nicht gemessen, da das Gras nur von Frühling bis Herbst geerntet wird. Insofern könnten die Gehalte im Winter nochmals höher sein? _________________ Degu-Fütterungstagebuch | Degupedia bei Youtube | Meine Degu-Aussenhaltung (Video)
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Andreas Kaninchen würden Wiese kaufen
Anmeldungsdatum: 27.02.2009 Beiträge: 1239
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Verfasst am: 07.02.2013 22:51 Titel: |
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maica hat Folgendes geschrieben: | Die Grässer dadurch länger haltbar bleiben, auch bei Frost und unter dem Schnee, Zucker ja bekanntlich konserviert (Marmelade u.ä.), schmackhaft bleibt auch wenn es durch die Witterungsunbilden nicht mehr allzuviele Nährwerte hat und Zucker ein Energielieferant ist, was auch in der kalten Jahreszeit sich als nützlich erweist. |
Die Bildung der "Nährstoffe" in Pflanzen hängt von verschiedenen Faktoren ab, dieser Link ist vielleicht hilfreich:
http://www.natural-horse-care.com/pferdekrankheiten/Hufrehe-Risiko-Fruktan/
davX hat Folgendes geschrieben: | Die Weender-Analyse ist übrigens auch nicht eine einzige, stimmige Nährstoffanalyse-Methode sondern ein Paket von verschiedenen Analysen, welche sich über die Jahre von unterschiedlichen Autoren entwickelt haben und offenbar in Weende dann verbessert und zu einem Päckchen geschnürt wurden. |
Ich weiß nicht genau, wie Du das meinst, aber in der Grafik habe ich mal am Beispiel einer Heuprobe die Analysemethoden dargestellt. Von links nach rechts ist quasi die Weiterentwicklung der Methodik von "Weende" bis hin zu "van Soest/Detergenzienmethode" + zusätzliche Analysen zu sehen.
Die erweiterte Weende Anlayse kann man als Schrecken der deutschen Futtermittelindustrie verstehen, denn sie zeigt den Inhalt verschiedener Nährstoffgruppen. Im Kaninchenbereich führte das dazu, das 1997 nach den ME-Epidemien (Mukoide Enteropathie) die Franzosen z. B. die Rohfaserfraktionen stärker ins Auge fassten und dafür Empfehlungen aussprachen (Lebas, Maertens etc.) Die Deutschen haben kapituliert und machen weiter wie bisher - bleiben also bei der alten "Rohfaser"-Deklaration, obwohl die nachweislich so gut wie keine Aussage über Nährwert, Verdaulichkeit etc. liefert.
Krieg hat das in selten offener Weise folgendermaßen formuliert:"Eine Möglichkeit, Mindestanforderungen an Rohfaser zu gewährleisten, sind Einzelfuttermittel mit einem definiertem Lignin- und Zellulosegehalt. Die Verabreichung derartiger Komponenten in Futtermischungen oder als Einzelfutter ist nahezu unmöglich. Daher hat sich für derartige Wahlmöglichkeiten die Pelletierung als Methode der Wahl gezeigt". (Krieg, 2011)
Ich übersetze das mal: Man weiß zwar, was man machen sollte, aber es geht halt nicht. Es ist schlicht zu teuer. Also wird alles klein gemahlen und dann passt das schon. Was der zerkleinerte Kram mit einem definierten Lignin- und Zellulosegehalt zu tun haben soll, erschließt sich wohl nur dem Autor. Offenbar ist man durch einen mechanischen Prozess in der Lage, die chemische Zusammensetzung der Rohfaser zu verändern. Das ist nobelpreisverdächtig...
Wo genau der Zucker oder die Stärke in der Weender Anlasyse zu finden ist, sieht jeder selbst: nirgends. Leichter verdauliche Bestandteile der Rohfaser wie Pektine? Fehlanzeige. Das ist auch der Grund, warum die früheren Empfehlungen zum Rohfasergehalt für Tiere wie Kaninchen so stark voneinander abweichen.
freundliche Grüße,
Andreas |
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davX Team
Anmeldungsdatum: 08.06.2004 Beiträge: 8494 Wohnort: Schweiz
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Verfasst am: 12.02.2013 23:51 Titel: Re: Heu ist reich an Zucker |
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Danke Andreas für die Ergänzungen.
Zitat: |
Ich weiß nicht genau, wie Du das meinst, aber in der Grafik habe ich mal am Beispiel einer Heuprobe die Analysemethoden dargestellt. Von links nach rechts ist quasi die Weiterentwicklung der Methodik von "Weende" bis hin zu "van Soest/Detergenzienmethode" + zusätzliche Analysen zu sehen.
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Nee, so habe ich das nicht gemeint. Du beschreibst erst die Entwicklung der Weender Analyse nachdem sie "erfunden" wurde, ich bezog mich jedoch auf die Zeit davor. Die war nicht einfach ein Vakuum, in der man gar keine Analysen hatte, es war lediglich so, dass es verschiedene Methoden gab von verschiedenen Autoren und offensichtlich wurden die dann bei Weende zu einem Gesamtpaket zusammengeschnürt, basierend auf bisher bestehenden Methoden und eigenen Verbesserungen.
Nachtrag:
Offenbar ist das Thema nicht ganz einfach verständlich. Ich greife es daher auch hier mal kurz auf und zitiere hier mal aus einem anderen Thread:
Meine Antwort und Erklärung zu den Kohlenhydrate:
Zitat: |
Es sind tatsächlich Zucker, welche im Heu nachgewiesen wurden, nicht Kohlenhydrate. Zucker daher, weil das einer der Tests ist neben Stärke, welche bei einer erweiterten Futtermittelanalyse untersucht werden.
Der Kohlenhydratgehalt indes ist deutlich höher, da hierbei auch die Fasern zählen, sowohl verdauliche als auch schlecht verdauliche (z.B. Lignocellulose).
Beispiel, junges Raigras:
Stärke: 0%
Zucker: 16,8%
NDF: 42,3%
ADF: 24,8%
ADL: n/a
Zum Vergleich (klassische Weender Analyse):
NfE (stickstoffreie Extraktstoffe): 47,9%
Rohfaser: 23,2%
Alle Angaben bezogen auf die Trockensubstanz (TS). Man beachte, die als Kohlenhydrate aufgefassten stickstoffreien Extraktstoffe machen beim Gras fast 50% aus.
ADL sind übrigens unverdauliche Fasern bzw. Lignin.
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Andreas Kaninchen würden Wiese kaufen
Anmeldungsdatum: 27.02.2009 Beiträge: 1239
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Verfasst am: 13.02.2013 20:55 Titel: |
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davX hat Folgendes geschrieben: | ...es war lediglich so, dass es verschiedene Methoden gab von verschiedenen Autoren und offensichtlich wurden die dann bei Weende zu einem Gesamtpaket zusammengeschnürt, basierend auf bisher bestehenden Methoden und eigenen Verbesserungen |
Verstanden.
Wenn man alles mit einer Methode erschlagen könnte, wäre es ja einfach...
Die Weender Analyse besteht im Prinzip aus 5 Analysen sowie Berechnungen:
- Trockensubstanz (TS): Rückstand nach Trocknung der Probe bei ca. 103°C, Getreide bei 130°C
- Rohasche = anorganische Substanz = Veraschungsrückstand (im Muffelofen bei 550°C)
- Roheiweiß = Bestimmung des Stickstoffgehaltes der Probe (nach Kjehldal - Aufschluss mit Schwefelsäure sowie Destillation und Titration des freigesetzten Ammoniaks), der mit 6,25 multipliziert wird (weil pflanzl. Eiweiß ca. 16% Stickstoff enthält), der Rest sind NPN-Verbindungen (Nicht-Protein-Stickstoffe wie freie Aminosäuren, N-haltige Basen und Säuren, Harnstoff, u.s.w.) - alles zusammen ist aber Rohprotein
- Rofett = alles, was sich aus der Probe mit Ether extrahieren läßt (nach Soxhlet)
- Organische Substanz = Trockensubstanz - Rohasche
- Rohkohlenhydrate = Organische Substanz - (Rohprotein + Rohfett)
- Rohfaser = Rückstand, der nach dem Kochen der Probe mit verdünnter Säure und verdünnter Lauge übrigbleibt (enthält den größten Teil der Cellulose sowie Anteile von Hemicellulose und Lignin)
- Stickstofffreie Extraktstoffe = Rohkohlenhydrate - Rohfaser
Kritik an der Weender Analyse:
- bei der der Trocknung entweichen neben dem Wasser auch andere, leicht flüchtige Bestandteile wie Fettsäuren, Ammoniak und ätherische Öle
- die Rohasche enthält auch Elemente, die aus organischen Verbindungen stammen, außerdem Verunreinigungen wie Erdrückstände, Staub etc.
- bei der Ermittlung des Rohproteins wird ein Wert für Stickstoff von 16% angenommen, obwohl dieser abweichen kann - Weizen enthält z. B. 17,5% Stickstoff, der Faktor wäre dann eigentlich 5,71 und nicht 6,25
- der Etherextrakt (Rohfett) enthält die verschiedensten Lipide. Dazu gehören u. a. auch Wachse, Cholesterin, fettlösliche Vitamine, Carotinoide, Terpene etc.. Viele dieser Stoffe können nicht der Energiegewinnung dienen und so muss damit gerechnet werden, dass in fettarmen und farbstoffreichen Futtermittel wie Gras und Heu 20 - 40% des Rohfetts nicht aus eigentlichem Fett (Triglyceriden) bestehen. Bei Samen ist dieser Anteil wesentlich höher - aber man sieht es nicht.
- bei der Bestimmung der Rohfaser geht ein Teil in Lösung und wird somit den stickstofffreien Extraktstoffen zugeschlagen. Damit liegt der "Wert" der Rohfaser für die Verdauung völlig im Dunkeln.
- es werden Nährstoffgruppen erfasst, wobei bestimmte Elemente bzw. Verbindungen enthalten sein können, die per Definition dort nicht hingehören (oder woanders fehlen)
Die Beschreibungen sind etwas abweichend zu denen in Wikipedia ( Futtermittelanalytik ), aber ich halte mich lieber an die Klassiker wie Jeroch, Kirchgeßner usw. ...
Wenn man ein Tier richtig und gut ernähren will, braucht man die Werte aus der Weender-Analyse eigentlich nicht, weil sie nur über wenig Aussagekraft verfügen. Den meisten, die in Foren über irgendwelche Werte debattieren, ist sowieso völlig unklar, von was sie da reden, weil sie die Hintergründe nicht kennen oder nicht verstehen.
Seit Ewigkeiten wird herum analysiert und interpretiert, wieso einmal ein Rohfasergehalt von 9%, einmal von 15% und einmal von 20% optimal für eine Testreihe war. Wenn man sich aber ansieht, was da eigentlich analysiert wird, muss man sich über abweichende Untersuchungsergenbisse nicht mehr wundern. Es wird immer wieder betont, wie wichtig der Zusammenhang von unverdaulicher und verdaulicher Faser zum Stärkegehalt im Futter ist - aber nicht einen dieser Parameter kann der Halter in der Deklaration erkennen. Was nutzt ihm dann diese Deklaration?
Der reine Eiweißgehalt eines Futters ist mehr ein grober Schätz- als ein Analysewert - was soll man damit anfangen? Was nutzt das Gefasele von limitierenden Aminosäuren, wenn man sowieso nicht weiß, wieviel davon in einem Futter jeweils enthalten sind?
Rund 50% eines Futters sind undefinierte "stickstofffreie Extraktstoffe", die sowohl Struktur- als auch Nichtstruktur-Kohlenhydrate enthalten. Die sind unheimlich wichtig für die Ernährung, aber in einem kommerziellen Futtermittel gänzlich unbekannt.
Wenn man ein Tier nicht nur 100 Tage mästen will, sondern möglichst lange gesund erhalten möchte, sollte man sich an arttypisches, frisches Futter halten. Wer nicht glaubt, dass die wilden Artgenossen bestens damit klar kommen, kann in diversen Datenbanken nachsehen, was frische Grünpflanzen an Nähr- und Wirkstoffen enthalten. Der Verweis der Futtermittelindustrie auf ihre Deklarationen und wissenschaftlich kontrollierte Produktionen und somit Nährstoffgehalte können die sich an den Hut stecken. Toleranzen wie Scheunentore, undefinierte Nährstoffgruppen und diverse Futtermittelskandale sollten eigentlich jeden eines Besseren belehren
Zu Deinem Zitat u. Zucker:
Zucker ist ein Kohlenhydrat - ein so genanntes Nicht-Struktur-Kohlenhydrat. Struktur-Kohlenhydrate sind dagegen jene, die in pflanzlichen Zellwand zu finden sind (Cellulose, Hemicellulose, Pektine etc.). Im mittleren Diagramm (oben) ist an der linken Seite der Anteil der Gesamt-Kohlenhydrate dargestellt. Errechnen lässt sich der Zucker- und Stärkegehalt auch nach der van-Soest-Analyse nicht. Der muss schon extra bestimmt werden.
freundliche Grüße,
Andreas
Weiterführende Literatur bzw. Quellen:
Jeroch, H.; Flachowsky, G.; Weißbach, F. (1993): Futtermittelkunde. Jena, Stuttgart: G. Fischer. ISBN 3-334-00384-1
Kirchgeßner, M.; Roth, F. X.; Schwarz, F. J.; Stangl, G. I. (2008): Tierernährung. Leitfaden für Studium, Beratung und Praxis. Frankfurt/M.: DLG-Verlag. ISBN 978-3-7690-0703-9 |
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