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Einfluss von Anpassung auf Lebensweise von Neozoen

 
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davX
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Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
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BeitragVerfasst am: 31.12.2012 13:24    Titel: Einfluss von Anpassung auf Lebensweise von Neozoen Antworten mit Zitat

edit davX: Ich habe den Thread von hier abgetrennt: Weihnachtskakteen (Schlumbergera)

Ich möchte hier jetzt aber dennoch eine - zugegeben theoretische - Klammer öffnen und Tierschutz, Tierplanete, Violas und Co. einfach mal Beiseite lassen. Sag mir bitte, wenn du denkst, dass man diese Themen intern besser diskutieren könnte ohne Rücksicht zu nehmen auf irgendwelche Eventualitäten, dass das Thema jetzt Leute beflügeln könnte, die folgenden Zeilen als Ausrede zu nehmen, ihre Tiere falsch zu ernähren. Ich werde es gerne in diesem Falle verschieben, da ich das als zwei getrennte Themen beobachte, das eine mit klar praktischem Bezug und bei dem ich dir absolut zustimme, das andere theoretischer Natur, das nicht als Ausrede verwendet werden soll, seine Tiere falsch ernähren zu dürfen.

Nun gut.

1. Arttypische Ernährung von Neozoen:
Das Kaninchen ist ein Weltenbürger, das denke ich, ist unbestritten und demzufolge kann es sich auch an andere Ernährung anpassen. Das Kaninchen kommt in Lebensräumen vor, in denen Kakteen eine wichtige Futterpflanze darstellen, seien es zum Beispiel die kanarischen Inseln (gerade im Herbst habe ich wieder zwei Wildkaninchen gesehen, eines auf El Hierro, eines auf La Palma), oder Argentinien (Mendoza) oder Chile (Mittelchile, kleiner Norden).
So wie sich Degus und Chinchillas an Neophyten angepasst haben und sich in gewissen Regionen offenbar zu guten Teilen von dem europäischen Reiherschnabel ernähren können, so ist es zumindest denkbar, dass Pflanzen wie Kakteen bei eingeschleppten Kaninchen ebenso eine wichtige Rolle in ihrer Ernährung spielen könnte, zugegeben, das ist eine rein hypothetische Überlegung, die alles andere als belegt ist. Ich habe nicht einmal einen Hinweis darauf, dass Kaninchen beispielsweise Opuntien fressen, eine neophytische Kakteenart, die in ariden Gebieten weit verbreitet ist und somit sicher auch in vielen Teilen der Erde zusammen mit Chinchillas vorkommen dürfte. Gerade Opuntien sind aber dafür bekannt, dass sie von einer Vielzahl von Pflanzenfressern als Nahrung genutzt werden, so abwegig wäre der Gedanke also nicht.
Ich möchte hier aber nochmals betonen, das alles ist rein theoretisch und soll aufzeigen, dass es schwierig ist, dieses Thema genau einzuschätzen, da so klar die Grenzen nicht sind zwischen einheimischer Flora und exotischer Flora und deren Eignung als Futter. Es gibt aber auf den Bezug zu solchen Diskussionen die Möglichkeit, dass etwas zwar theoretisch gut möglich sein kann, es praktisch keine Notwendigkeit gibt, das auszuprobieren. Ich denke gerade die Weihnachtskakteen und andere exotische Gewächse stellen einen solchen Fall dar. Dennoch ist mir das Thema ein Anliegen, da ich gerne auch theoretische Überlegungen erörtere, eine Sache für die Degupedia bekannt ist und die uns auch bei praktischen Themen helfen kann, zum Beispiel in ganz speziellen Situationen eine Sache pragmatischer und näher an den Fakten zu beurteilen.

2. Inwieweit kann man von der Ernährung der Degus und Chinchillas in der Wildnis auf die Ernährung schliessen, die wir hier in Europa anbieten können?
Im Prinzip haben wir hier ein sehr ähnliches Thema wie bei den eingeschleppten Kaninchen, auch sie haben nicht die Ernährung zur Verfügung, die ihnen in ihrem natürlichen/ursprünglichen Lebensraum zur Verfügung steht.
Ich ging davon aus, dass Degus, wie auch Kaninchen, Gräser und Kräuterfresser sind, bzw. auch Strauchblätter eine gewisse Rolle spielen. Zumal Kräuter in Chile und Europa nicht so verschieden sind, gibt es durchaus Ähnlichkeiten. Was die Kakteen angeht, ist es leider so, ähnlich wie uns die Honigpalmen zeigen, bedeuten fehlende Hinweise in Ernährungsstudien nicht zwingend, dass sie nicht gefressen werden, im Gegenteil, man weiss das Degus Feigenkakteen fressen und auch dort wo die Honigpalmen noch häufig sind, gibt es eine starke Abhängigkeit von deren Nüssen. Die zunehmende Ausrottung der Palmen führte also zu Anpassungen des Speiseplans wildlebender Degus. Dazu zählt auch der Umstand, dass der aus Europa eingeschleppte Reiherschnabel zu grossen Anteilen gefressen wird.
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Zuletzt bearbeitet von davX am 01.01.2013 22:35, insgesamt einmal bearbeitet
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Andreas
Kaninchen würden Wiese kaufen


Anmeldungsdatum: 27.02.2009
Beiträge: 1239

BeitragVerfasst am: 01.01.2013 22:29    Titel: Antworten mit Zitat

davX hat Folgendes geschrieben:
Das Kaninchen ist ein Weltenbürger, das denke ich, ist unbestritten und demzufolge kann es sich auch an andere Ernährung anpassen.

Das ist völlig unbestritten. Ich habe eine Diskussion darüber auch schon im RKZ-Forum geführt. Dazu folgende Gedanken:

Diskussionen über Abweichungen in Bezug auf die Fütterung von Kaninchen werden merkwürdigerweise immer mit Wildkaninchen begründet, die vom Menschen irgendwo angesiedelt wurden, ob nun in Argentinien, auf den Kerguelen, in Australien, auf Porto Santo oder wo auch immer. Das Überleben in diesen Gegenden der Welt ist sicher der hohen Anpassungsfähigkeit des Kaninchens geschuldet, aber – dafür zahlt es oft einen hohen Preis und die Anpassung erfolgt über Generationen. Zahlen über den Werdegang eines Neozoon habe ich bisher noch nicht finden können. Auf den Kerguelen überleben aber z. B. nur 10% der Kaninchenpopulationen strenge Winter, während in Europa die Tiere nicht einmal abnehmen bzw. Nahrungsmangel als Todesursache ausgeschlossen werden kann (von Holst, 2004). Die Vegetation in den verschiedenen Winkeln der Erde, wo Kaninchen heute leben, ist übrigens gar nicht so extrem für Kaninchen: auf den Kerguelen wächst z. B. das Magellan-Stachelnüsschen (eine Staude), Galium antarcticum (Labkraut), Doldengewächse, Dickblattgewächse, Korbblütler, Hahnenfußgewächse, Binsen, versch. Gräser, Kerguelenkohl sowie Farne und als eingeführte Spezies Hornkraut, Mastkraut, Gewöhnliches Greiskraut, Löwenzahn und Rispengras. Klingt doch gut, oder?

Die Diskussionen über exotische Pflanzen und Früchte werden immer dann geführt, wenn es gilt, Alternativen zur arttypischen Nahrung (in Europa als eigentliche Heimat) zu finden und durchzusetzen. Das wiederum ist (bei Kaninchen) dann der Fall, wenn Halter zu faul sind oder halt „schwerwiegende“ Gründe gegen die Beschaffung arttypischer Nahrung sprechen. Wie auch immer: das ist der einzige Grund, warum überhaupt über irgendwelche exotischen Früchte oder halt Pflanzen diskutiert wird. Damit meine ich nicht die Pflanzen, die schon seit Jahrhunderten in Europa eingeführt sind und die ein Kaninchen in einer Kulturlandschaft finden kann (Sonnenblumen, Topinambur, Mais, Kartoffeln etc.). Um herauszufinden, was ein Kaninchen selbst als arttypische Nahrung bezeichnen würde, kann man einen einfachen Versuch starten: man setzt ein Kaninchen auf eine Wiese mit Gräsern und verschiedenen Kräutern und legt Papaya, Avocado, Feige und einheimische Gemüse wie Zucchini, Gurke und selbst Möhren dazu. Selbst wenn die Tiere an diese Früchte gewöhnt waren, werden sie innerhalb kürzester Zeit davon ablassen und sich den normalen Nahrungspflanzen widmen. Unsere Tiere würden maximal über das Zeug stolpern, weil es im Weg liegt. Kaninchen gelten als Folivore (foli=Blatt) und der überwiegende Teil ihrer Nahrung besteht genau daraus: aus den Blättern grüner Landpflanzen wie Gräser und Kräuter. In einem weiteren Versuch könnte man sich davon überzeugen, wie abartig Pellets sind, denn auch die werden nicht mehr angerührt bzw. nur marginal gefressen, wenn die Kaninchen auf einer Wiese sitzen. Wir haben diese Erfahrung mit fremden Tieren immer wieder sammeln können.

Ich mache mir schon seit Jahren keine Gedanken mehr darüber, dass unsere Kaninchen auch im Winter kein Gemüse fressen. Selbst von einer Möhre werden max. nur 10-15g abgeknabbert, aber wohl mehr wegen des Geschmacks und des Nagens.

Wenn jemand sein Tier unbedingt an neue, exotische Pflanzen oder Früchte gewöhnen möchte, sollte ein Minimum an Sachverstand vorhanden sein. Enthalten diese Pflanzen Substanzen, auf die der Organismus des Kaninchens nicht vorbereitet ist, kann das schnell oder auch langsam schiefgehen, weil sich manche Stoffe erst nach Anreicherung im Körper oder weil sie gar nicht abgebaut werden, als Gift erweisen können. Dann bräuchte man also eine neue Generation von Kaninchen, mit der man „forschen“ kann.

Für das Kaninchen sehe ich überhaupt keinen Grund für Experimente – die Tierart ist heimisch, die Pflanzenarten, die es natürlicherweise frisst, auch. Warum soll ich mich mit theoretischen LD50-Werten irgendwelcher exotischer Früchte oder Pflanzen beschäftigen? Das Spektrum europäischer Pflanzen ist so reichhaltig und voller interessanter Inhaltsstoffe, das es für jedes Kaninchen ein Leben lang reicht. Jene, die Dir die LD50-Werte exotischer Früchte auswendig herbeten, können das auch für die Dosierungen der Medikamente, die sie immer wieder für ihre Tiere brauchen.

Anders sieht dagegen die Sache aus, wenn ich ein Tier halten möchte, dass aus einem Lebensraum stammt, der mit europäischen Verhältnissen nicht vergleichbar ist. Dabei gilt aber zu bedenken, wie lange die Tiere domestiziert sind und unter europäischen Verhältnissen gezüchtet wurden. Die Verdauungsvorgänge an sich werden wohl weitgehend unbeeinflusst geblieben sein, aber die Verträglichkeit bestimmter Substanzen muss nicht unbedingt im selben Maß wie bei wildlebenden Artgenossen gegeben sein. Deshalb gilt wahrscheinlich das gleiche wie für Kaninchen: langsame Gewöhnung an neue Futter unter Beibehaltung der bekannten Futtermittel, so dass das Tier die Umstellung selbst vornehmen kann. Kaninchen von einer suboptimalen Nahrung auf eine arttypische umzustellen geht recht einfach und schnell, wenn man dem Tier die Entscheidungen überlässt. Bei Degus fehlt mir aber das Hintergrundwissen. Ähnlich wie bei Kaninchen werden wohl aber jeweils Enzyme vorhanden sein, die mit speziellen Inhaltsstoffen ihrer heimischen Fraßpflanzen fertig werden - sie müssen nur entsprechend aktiviert werden.

Entscheidend sind ja zwei Fakten für das Futter: es muss arttypisch sein, um arttypische Verhaltensformen wie nagen, kauen, einspeicheln der Nahrung etc. zu gewährleisten und es muss die Nährstoffe in der Form enthalten, wie sie benötigt werden bzw. das Tier sie am besten verstoffwechseln kann. Ideal wären natürlich Studien über wildlebende Degus (oder Chinchillas). Dazu gehört aber unbedingt immer die Mitbetrachtung des jeweiligen Habitats, um keine voreiligen Schlüsse zu ziehen. Im Fall der Degus würde ich wahrscheinlich deutsche (Fach-)Literatur meiden und schauen, ob es von chilenischen oder argentinischen Verfassern was Gutes gibt. Aber das muss ich ganz sicher Dir nicht sagen, fällt mir gerade ein…Wink

Im Fall des Degu sprechen wir ja aber von „heimischen“ Fraßpflanzen, wenn wir über exotische Pflanzen aus unserer Sicht wie Kakteen o. ä. diskutieren – denn für die Exoten "Degus" sind Kakteen eher heimische Fraßpflanzen…

Äääh: für den Exoten "Degu" ist der Exot "Kaktus" eine heimische Fraßpflanze... Wink

freundliche Grüße,
Andreas
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davX
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Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
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BeitragVerfasst am: 01.01.2013 23:46    Titel: Re: Einfluss von Anpassung auf Lebensweise von Neozoen Antworten mit Zitat

Ich habe das Thema jetzt erst mal abgetrennt, da ich doch denke, es wird so übersichtlicher einerseits, andererseits würde ich gerne das Thema nicht nur knapp anreissen, sondern bei den Kaninchenstudien gerne auch einen genaueren Blick darauf werfen. Gut ich kann es mir auch leisten, denn ich habe mich selbst mit den Kaninchen in Südamerika beschäftigt (auch wenn ich ehrlich gesagt von den Kaninchen in Europa keine grosse Ahnung habe, das Thema Südamerika hatte mich von Anfang an interessiert). Jedenfalls bezüglich Überleben sind nicht nur die Pflanzen ein Thema, auch die Prädation ist zum Beispiel eine interessante Sache. So konnten sich die Kaninchen in Mittelchile anfänglich stark ausbreiten, auch wenn dieses Phänomen dort offenbar noch relativ jung ist. Es folgte aber wenige Jahrzehnte später eine Reaktion von Seiten der Beutegreifer, sie lernten mit der neuen Futterquelle Kaninchen mehr und mehr umzugehen, der Prozentsatz der Kaninchen stieg in ihrer Nahrung nach und nach.
Was die Pflanzen angeht, leider sind mir keine Ernährungsstudien bekannt über Kaninchen in Chile (wobei es nicht undenklich wäre, dass solche existieren... ich könnte es mir sehr gut vorstellen), aber gerade bei den Kräutern gibt es recht viele europäische Arten, darunter Reiherschnabel (werden von Degus und Chinchillas gefressen), Ackerwinde (werden von Cururos gefressen), Klettenlabkraut (wird als nicht gefressenes Kraut in Ernährungsstudien eräwhnt), Kamille (wird in Verhaltensstudien über Degus erwähnt), Mäusegerste (wird in einer Ernährungsstudie von Chinchillas erwähnt) und noch einige mehr.

Zitat:

Magellan-Stachelnüsschen (eine Staude)

Das ist mir ein Begriff... leider hat es noch nicht den Eingang in die Wiki gefunden, Fotos habe ich jedoch einige davon.
Ich hielt die anfangs immer für Fingerkraut, weil das Zeug auch so am Boden kriecht und ähnliche Blätter hat. Im Botanischen Garten in München hat es viele von denen.

Zitat:

Die Diskussionen über exotische Pflanzen und Früchte werden immer dann geführt, wenn es gilt, Alternativen zur arttypischen Nahrung (in Europa als eigentliche Heimat) zu finden und durchzusetzen. Das wiederum ist (bei Kaninchen) dann der Fall, wenn Halter zu faul sind oder halt „schwerwiegende“ Gründe gegen die Beschaffung arttypischer Nahrung sprechen. Wie auch immer: das ist der einzige Grund, warum überhaupt über irgendwelche exotischen Früchte oder halt Pflanzen diskutiert wird.

Damit hast du leider recht. Wobei ich bin etwas gespalten bei diesem Thema, einerseits finde ich es gut und wichtig zu wissen bei einem breiten Angebot an Pflanzen, wie diese vertragen werden, auch wenn sie in der Praxis kaum eine Rolle spielen werden, andererseits denke ich ist es gerade auch wichtig, dass man sich im Bewusstsein behält, ja das vielleicht möglichst noch schärft, dass die arttypische Nahrung im Vordergrund stehen sollte. Ich denke hier jetzt auch an die Wiki, da habe ich auch so manche Pflanze drin, da könnte vielleicht da oder dort ein genauerer Hinweis rein, dass die eine oder andere Pflanze, Frucht etc. nun eben nicht zur arttypischen Nahrung gehört.

Zitat:

Damit meine ich nicht die Pflanzen, die schon seit Jahrhunderten in Europa eingeführt sind und die ein Kaninchen in einer Kulturlandschaft finden kann (Sonnenblumen, Topinambur, Mais, Kartoffeln etc.).

Das hat mich jetzt spontan auf eine andere Idee gebracht, die hier vielleicht auch nicht ganz so gut geregelt ist. Viele Fragen, die ich in der letzten Zeit aufgeworfen habe, kamen auch im Zusammenhang mit anderen Vorbedingungen, die man zum Beispiel im amerikanischen Raum hat. Auch wenn wir viele Nutzpflanzen teilen, so wachsen, um nur mal ein Beispiel zu nennen, auf den Kanaren viele Pflanzen mit einer Selbstverständlichkeit draussen in den Gärten und der "Natur", was wir hierzulande nur als Zimmerpflanze kennen. Ähnliches dürfte für so manche Region in den USA gelten, man denke an Florida, Kalifornien oder andere warme Regionen. Mir fielen die Unterschiede auch auf, als es um die Aussenhaltung ginge. Wenn da die Temperaturen auf 40 Grad und mehr steigen, dann wird es mit der Aussenhaltung so mancher Art schwierig, die sich in Europa gut halten lässt. Andererseits spielt auch die Technik eine grosse Rolle, sowohl Degus als auch Kaninchen bewohnen letztlich Regionen, die ihnen eigentlich viel zu heiss wären, aber durch kühlende Erdbaue können sie sich der Mittagshitze entziehen und verschieben ihre Aktivitäten auf die kühleren Randstunden, die Kaninchen eher nachtaktiv, die Degus eher tagaktiv, aber überwiegend die Dämmerungszeiten nutzend.

Zitat:

Wenn jemand sein Tier unbedingt an neue, exotische Pflanzen oder Früchte gewöhnen möchte, sollte ein Minimum an Sachverstand vorhanden sein. Enthalten diese Pflanzen Substanzen, auf die der Organismus des Kaninchens nicht vorbereitet ist, kann das schnell oder auch langsam schiefgehen, weil sich manche Stoffe erst nach Anreicherung im Körper oder weil sie gar nicht abgebaut werden, als Gift erweisen können. Dann bräuchte man also eine neue Generation von Kaninchen, mit der man „forschen“ kann.

Mir gingen da noch ein paar ganz andere Gedanken durch den Kopf wieso man sich Gedanken machen sollte. Exotische Früchte und Gemüse, die bei uns nicht wachsen (so ziemlich das Meiste zur Zeit im Winter... das traditionelle Wintergemüse wird kaum noch in Supermärkten angeboten und auch sonst herrscht mehr oder weniger das ganze Jahr über Vollsortiment dank Auslandexporten), sind stark abhängig von Erdöl, aber selbst was bei uns wächst, nur dank viel Energie, die da erst reingesteckt wird. Nachhaltig ist das nicht und der Dünger ist oftmals auch nicht das was man sich wünscht, denn alles andere als organisch und natürlich. Meist werden die Felder mit synthetischen Düngemitteln behandelt, so manches wächst auch in Gewächshäusern oder Hors-sol und ist entsprechend abhängig von künstlichem Dünger. Da müsste man sich letztlich fragen, wie natürlich ist das schliesslich?
Was unsere Tiere angeht, müssten wir eigentlich uns zurückbesinnen darauf, wie früher die Winterfütterung umgesetzt wurde, und da gehörte halt auch viel Laubfutter dazu neben dem was man an Kräutern, Gras und Co noch findet. Ein Denkanstoss in diese Richtung könnte sicher nicht schaden.
Und da käme mir noch ein Gedanke, wir hatten es schon einmal, das Efeu, das gerade im Winter schön seine Blätter behält. Wäre das vielleicht auch eine interessante Fütterungsergänzung für ein arttypisch und robust ernährtes Tier? Der Wortursprung kommt doch glaubs von Eb-Heu, sprich das Wort Heu ist da drin enthalten...

Zitat:

Für das Kaninchen sehe ich überhaupt keinen Grund für Experimente – die Tierart ist heimisch, die Pflanzenarten, die es natürlicherweise frisst, auch. Warum soll ich mich mit theoretischen LD50-Werten irgendwelcher exotischer Früchte oder Pflanzen beschäftigen? Das Spektrum europäischer Pflanzen ist so reichhaltig und voller interessanter Inhaltsstoffe, das es für jedes Kaninchen ein Leben lang reicht. Jene, die Dir die LD50-Werte exotischer Früchte auswendig herbeten, können das auch für die Dosierungen der Medikamente, die sie immer wieder für ihre Tiere brauchen.

Wenn ich ehrlich bin, haben LD50-Werte kaum einen praktischen Wert für mich. Wenn ich skeptisch bin, dann hilft auch ein LD50-Wert nicht viel, ich vertraue lieber auf Fütterungserfahrung und den Menschenverstand. Einen gewissen argumentativen Nutzen kann ich jedoch nicht absprechen, wenn es um theoretische Überlegungen geht oder ganz grob etwas abzuschätzen, da kann ein solcher Wert ein möglicher Anhaltspunkt sein, wobei wenn etwas giftig ist, dann findet man meist noch bessere Anhaltspunkte z.B. praktische Vergiftungsfälle mit Hintergründe, die deren Plausibilität und wahren Ursachen besser einschätzen lassen oder man findet eben nichts und alles deutet darauf hin, dass da was wäre, wenn es wirklich giftig wäre...

Zitat:

Dabei gilt aber zu bedenken, wie lange die Tiere domestiziert sind und unter europäischen Verhältnissen gezüchtet wurden. Die Verdauungsvorgänge an sich werden wohl weitgehend unbeeinflusst geblieben sein, aber die Verträglichkeit bestimmter Substanzen muss nicht unbedingt im selben Maß wie bei wildlebenden Artgenossen gegeben sein.

Gut, die Domestikation spielt für kaum ein Kleinsäuger eine wesentliche Rolle, abgesehen von ein paar wenigen Ausnahmen, die sich wohl an einer Hand abzählen lassen. Die meisten Kleinsäuger, die wir halten, werden seit weniger als 100 Jahre bei uns gehalten. Was Anpassungen angeht, denke ich, sind wahrscheinlich selbst da viele Hundert Jahre nötig. Gewisse Anpassungen haben wir zum Beispiel beim Meerschweinchen, das zumindest gewisse Gemüseabfälle besser verträgt. Ich nehme an, dass Kartoffel und Kürbis die wichtigsten Gemüse waren, an welche sie sich im Laufe der Zeit anpassen konnten... dies fand aber wohl hauptsächlich in Südamerika vor mehr als Tausend Jahre statt.

Zitat:

Bei Degus fehlt mir aber das Hintergrundwissen. Ähnlich wie bei Kaninchen werden wohl aber jeweils Enzyme vorhanden sein, die mit speziellen Inhaltsstoffen ihrer heimischen Fraßpflanzen fertig werden - sie müssen nur entsprechend aktiviert werden.

Ja davon ist auszugehen, auch wenn die Ähnlichkeiten weniger gross sind als zum Beispiel zwischen Nordamerika und Europa, so gibt es dennoch einige Pflanzenfamilien, die auf beiden Kontinenten vorkommen, zum Beispiel die Korbblütler sind auch in Südamerika ziemlich dominant oder die Leguminosen (in Südamerika dominieren allerdings eher Sträucher wie Akazien usw.).

Zitat:

Ideal wären natürlich Studien über wildlebende Degus (oder Chinchillas). Dazu gehört aber unbedingt immer die Mitbetrachtung des jeweiligen Habitats, um keine voreiligen Schlüsse zu ziehen.

Ja das ist ein wichtiger Punkt. Die Schwierigkeit besteht darin, dass grosse Teile der Landschaft Chiles durch den Menschen verändert wurden. Waldgebiete sind selten geworden, da viel abgeholzt wurde und andere Lebensräume wiederum leiden an Überweidung und an eingeschleppten Pflanzen, die teilweise alles überwuchern können, teilweise aber auch bloss die Zusammensetzung der Kräuterfluren verändern. Grundsätzlich gibt es bei den Sträuchern viel weniger eingeschleppte Arten, wobei auch hier die Sache etwas umstritten ist, da vermutet wird, dass der Espino (Acacia caven), eine der häufigsten Sträucher Mittelchiles bereits zu Zeiten vor der Entdeckung Amerikas eingeschleppt wurde (möglicherweise durch die Inka) und zwar von Argentinien. An Wälder gab es früher deutlich häufiger und mehr Cryptocarya alba Wälder und Honigpalmwälder. Heute wird gerne mit Pinus radiata aufgeforstet in den etwas regenreicheren Gebieten. In trockeneren Regionen wird unter anderem auch Schinus molle, der peruanische Pfefferbaum verwendet. Dieser trifft man übrigens auch in anderen mediterranen Gebieten der Welt häufig an, z.B. auf den Kanaren sah ich welchen oder teils sieht man ihn in Filmen, die in Kalifornien gedreht wurden... was man dabei aber nicht vergessen darf, früher war längst nicht alles Wald, was heute Steppe oder niedriger Dornstrauchbusch ist. Es gibt einige Kriterien, die es braucht, damit ein Wald wachsen kann, wichtig ist unter anderem die Niederschlagsmenge. Ist diese zu niedrig, können keine Bäume wachsen. Walter hatte sich einst mit diesem Steppen-Problem auseinandergesetzt in der Türkei und unter anderem auch in Argentinien.

Zitat:

Äääh: für den Exoten "Degu" ist der Exot "Kaktus" eine heimische Fraßpflanze... Wink

Unter Umständen ja, wobei man auch da genau hinschauen muss, was sie tatsächlich fressen...
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