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Altes Wissen zur Tierhaltung und Landschaftspflege

 
   Degupedia-Forum » Kultur: Mensch, Tier, Natur » Altes Wissen zur Tierhaltung und Landschaftspflege Alle Zeiten sind GMT + 2 Stunden
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davX
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Anmeldungsdatum: 08.06.2004
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BeitragVerfasst am: 18.11.2012 01:05    Titel: Altes Wissen zur Tierhaltung und Landschaftspflege Antworten mit Zitat

Huhu,

ich will mit diesem Thread ein bisschen eine Übersicht schaffen über einige aus meiner Sicht wichtige Themen.

Landschaftspflege
Der Mensch hat schon seit langer Zeit in Mitteleuropa einen sehr wichtigen Einfluss auf die Landschaft, die wahrscheinlich nur mit den Aktivitäten des Bibers ansatzweise vergleichbar ist, welcher durch das Überschwemmen grosser Gebiete und den Biberwiesen ebenfalls dem Wald grössere Flächen abzutrotzen weiss, die wiederum wertvollen Lebensraum für zahlreiche Arten schaffen. Ohne diese Einflüsse wäre die dominierende Landschaft der Buchenwald und an wärmeren, trockeneren Gebieten Eichenwald.

Zu den wichtigsten Motivationen der Landschaftspflege als Nebenprodukt der Nutzung der Kulturflächen gehören sicher der Ackerbau, der Obstanbau und die Weidetierhaltung. Indirekt damit verknüpft ist zudem die Laubwirtschaft auch bekannt als Schneiteln oder Schnaiteln. Leider wurde in kurzer Zeit viel von dem damaligen Wissen und der Organisation damals vergessen und ging verloren. So wissen vermutlich auch nur die wenigsten was eine Allmend ist und dass es früher Plätze gab, die der Allgemeinheit gehörten und genutzt werden durften, zum Beispiel zur Weide der Tiere. In einer von neoliberalen Gedanken und durch ständige Privatisierungen und von Profitmaximierungen getriebenen Welt haben solche Ansätze jedoch wenig Nutzen und sind heute leider vom Aussterben bedroht. Da sind selbst digitale Verwandte wie die Creative Commons ein schwacher Trost, denn beschränken sie sich auf digitale und virtuelle Güter, während sich die Besitzverhältnisse bei Land wiederum wandeln wie einst im Mittelalter, als sehr wenige Leute, sehr viel Land besassen. Doch diesen Wandel zu begreifen ist nicht die einzige Motivation, weshalb man sich mit diesem Thema auseinandersetzen soll, denn das Thema an sich ist sehr spannend, da sehr viel Gebrauchswissen, Erfahrung und praktische Überlegungen damit verknüft ist. Einen guten Einblick in dieses Thema bietet das Buch "Laubgeschichten", das hier im forum schon an mehreren Stellen vorgestellt und empfohlen wurde. Leider ist es schwer erhältlich, so dass man vermutlich am einfachsten an das Buch heran kommt, indem man es aus einer Bibliothek ausleiht, die es in ihrem Bestand hat (in der Schweiz zum Beispiel die ETH Bibliothek).

Anbaumethoden
Seit dem Verschwinden der Dreifelderwirtschaft und dem Aufkommen von Düngemittel hat sich der Anbau von Nutzpflanzen stark gewandelt. Auch kam es zu einer stärkeren Trennung verschiedener Anbauformen, die erst in jüngerer Zeit wieder beginnt zusammenzuwachsen. So wurde anfänglich zum Beispiel Tierdung wie zum Beispiel Guano (Vogelkot) als Dünger genutzt, später kamen Mineraldünger wie Salpeter oder Phosphor dazu, die zum Beispiel aus Chile massenweise importiert wurde. In Gartenbüchern wurde darauf hingewiesen mit Vergleichsfotos, welche den Unterschied im Wuchs deutlich machten. Auch auf dem Feld kam es vermehrt zur Trennung von dem was angebaut wurde und als dann Traktor und schwere Maschinen Esel, Ochse, Pflug und Pferd etc. ablösten, mussten weitere Traditionen der Moderne weichen. Monokulturen setzten sich durch, da sie sich einfacher maschinell ernten und pflegen liessen, die Vielfalt und die Synergie aus Mischwirtschaften und Etagenwirtschaft verschwand so mehr und mehr. Heute wird ein Teil davon wieder im kleinen Stil gepflegt, zum Beispiel die Bewirtschaftung von Felder durch Pferde und mit Pferde angetriebene leichte Maschinen. Auch Mischkulturen haben heute wieder eine grössere Bedeutung und wird gerade durch Bio und nachhaltigere Anbaukonzepte wiederum teilweise gefördert. Und auch der Hochstammanbau von Obst wird wieder gezielter gefördert. Andere Bereiche, wie zum Beispiel die Laubfutterwirtschaft scheint jedoch heute hierzulande in Vergessenheit geraten zu sein. In tropischen Ländern dagegen scheint die Laubnutzung von grösserer Bedeutung zu sein, da Kräuterfluren oftmals nicht so ergiebig sind wie hierzulande und oft auch nicht ganzjährig verfügbar sind. Dazu fallen dort oftmals ganz andere Nebenprodukte an (z.B. ganze Bananenstauden aus der Bananenproduktion, die an das Vieh verfüttert werden, nachdem sie abgeerntet wurden).

Die Weidekultur
Das Thema ist mindestens ebenso vielfältig wie der Anbau von Kulturpflanzen selbst.
Es fängt nur schon bei den Tieren an. Heute noch übliche Weidetiere sind Kühe, Rinder, Schafe und vielleicht Ziegen oder Hühner. Dazu kommen dann mehr und mehr auch exotischere Arten wie Lamas, Strausse, Emus, Hochlandrinder.
Viele Kleintiere wie Kaninchen, Meerschweinchen, Gänse, Wachteln usw. scheinen bei uns kaum noch als Nutztiere wahrgenommen zu werden und sind leider vielfach zu Ziertieren oder Spieltiere verkommen. Wobei so manches Kaninchen oder Meerschweinchen mittlerweile auch im heimischen Privatgarten wieder eine wertvolle Rolle als Wiesenpfleger und Düngerhersteller wahrnehmen darf. Das Bewusstsein scheint da in letzter Zeit gewachsen zu sein, dass wieder vermehrt auf eine natürlichere Haltung geachtet wird und vereinzelt besinnt man sich auch auf die Vorteile dieser Tiere und dass sie eben nicht nur reine Zierde sind, sondern auch einen Nutzen haben können als Verwerter von Küchenabfällen, Düngerproduzenten und Wiesenpfleger.
Ein weiteres wichtiges Thema bei der Weidekultur ist das Hüten der Tiere. Früher gab es dazu einen Schäfer, der je nach dem auch Hunde zur Verfügung hatte, die ihm bei dieser Aufgabe behilflich waren. Daraus hat sich eine erstaunliche Tradition entwickelt, deren Leistung teilweise in Shows gezeigt wird, in denen Hütehunde zeigen können, wie perfekt sie zusammen mit einem trainierten Schäfer, welchen ihnen die Kommandos gibt, eine Herde Schafe unter Kontrolle haben können. Das ist echt faszinierend.
Heute hat in vielen Fällen der Elektrozaun die Funktion von Schäfer und Hütehund übernommen, so dass nur noch regelmässige Kontrollen nötig sind, ob der Zaun noch in Ordnung ist und ob alle Tiere noch da sind. Diese Möglichkeit können sich auch Tierhalter zum Beispiel von Kaninchen zu Nutze machen, um ihren Tieren deutlich grössere Weideflächen anzubieten, was in Vergangenheit unter anderem von Verena Stiess (freilaufkaninchen.de) sehr deutlich empfohlen und erklärt wurde.

Die Weidehaltung hatte früher auch die Funktion wenig wertvolle Gelände zu nutzen, die für den Ackerbau ungeeignet waren, zum Beispiel steile Hänge und unzugängliche Stellen, schlechte Böden (zum Beispiel Moore oder karges Land), alpine Lebensräume, die für viele Kulturpflanzen zu hoch oben liegen usw. Diese Bedeutung wird heute gerne ausser Acht gelassen, wenn behauptet wird, dass die Nutztierhaltung wertvolle Ackerfläche wegnimmt - das stimmt nur für die industrielle Nutztierhaltung, bei der es üblich ist, die Tiere mit wertvollem Kulturgetreide und anderen Kulturpflanzen zu füttern, die auf bestem Boden angebaut wird und deren grossen Ställe oft auf flachem Land stehen, das sonst für den Anbau von Kulturpflanzen genutzt werden könnte.

In diesem Gebiet gibt es heute falsche Ansätze, die industrielle Haltung, welche wertvolle Futterpflanzen verschlingt, wird oft noch durch falsche Anreizsysteme belohnt, anstatt dass sie für die Missverwendung bzw. Verschwendung wertvoller Rohstoffen bezahlen müsste. Würde zudem die Pflege von Kulturlandschaften gezielter so gefördert, dass extensive Anbauformen davon profitieren und zugleich deren Pflege sichern könnten, da sie einen wertvollen Unterhalt an die Kulturlandschaften Europas leisten, könnten zwei Fliegen aufs Mal geschlagen werden, erstens würde eine artgerechtere und extensive Tierhaltung deutlich aufgewertet und die schädliche industrielle Haltung geschwächt, andererseits könnte Traditions- und Gebrauchswissen nicht bloss bewahrt, sondern weiter gepflegt werden durch einen sinnvollen Nutzen, der auch in Zukunft wichtig bleiben wird. Und damit wird zudem wertvolle Kulturlandschaft und Lebensraum für zahlreiche Tiere und Pflanzen erhalten.

Schutz und Pflege von alten Pflanzensorten und Tierrassen
In diesem Bereich ist in der Schweiz insbesondere die Organisation Pro Specie Rara sehr engagiert. Sie ist in der Öffentlichkeit recht präsent, informiert und ihre Produkte sind dank einer Partnerschaft mit Coop (vergleichbar etwa mit der deutschen Edeka oder Rewe) in vielen Supermärkten erhältlich. Während Saatgut meist ganzjährig erhältlich ist, werden Pro Specie Rara Gemüse oft nur für kurze Zeiten und sehr saisonal angeboten.
Die Pro Specie Rara hat auch Bücher herausgegeben, einige auch in Zusammenarbeit mit der österreichischen Arche Noah, welche ebenfalls sehr empfehlenswert ist und von denen ich selber eines besitze über Saatgutanbau und eines über Gemüseanbau.
In Deutschland ist wiederum Dreschflegel ein bekannter Anbieter von alten Sorten bzw. dessen Saatgut.
Dazu organisiert Pro Specie Rara auch immer wieder verschiedene Aktivitäten, so zum Beispiel Setzlingsmärkte, Herbstmärkte, Führungen durch ihre Schaugärten usw. So trägt sie hier in der Schweiz zu einem guten Teil dazu bei, dass das Interesse in der Bevölkerung geweckt wird und die Samen auch dank den Vertriebskanal von Coop unter die Leute kommen.
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Murx Pickwick
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Anmeldungsdatum: 23.07.2005
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BeitragVerfasst am: 19.11.2012 14:50    Titel: Re: Altes Wissen zur Tierhaltung und Landschaftspflege Antworten mit Zitat

Was dazu auch gesehen werden muß, wie ressourcenfressend die Haltung von Vieh in Ställen ist ... es muß wertvolles Trinkwasser zur Verfügung gestellt werden, das Futter muß mühsam abgeerntet und verarbeitet werden, die Tiere werden in den üblichen Massentierhaltungsställen krank und produzieren nur ungesunde Gülle, statt wertvollen Mist. Würde man die gleiche Fläche Land benutzen, um das Vieh auf die Weide zu stellen, könnte man genauso viel Fleisch, Milch etc produzieren, wie wenn man das Futter erst irgendwo sonstwo aberntet, zu Fertigfutter verarbeitet und dann dem Vieh zum Fraße vorwirft. Gleichzeitig könnte man diese Weiden auch noch doppelt und dreifach nutzen, denn das Vieh braucht auf der Weide Schutz vor Sonne und Regen, was man auch gut in Form von Büschen und Bäumen anbieten kann - hier bietet sich "Wild"obst an, welche dann auch noch einem Imker auf dem gleichen Land Futter bietet für seine Bienen.
Man bekommt also nicht nur ein einziges Produkt raus, sondern viele Produkte - auf dem gleichen Land und ohne Einsatz von teuren, ressourcenverschlingenden Dünge- und Spritzmitteln.

Daß die Massentierhaltung überhaupt so erfolgreich ist, liegt nur an der falschen Förderung, ohne Subventionen und ohne Verbilligung von Strom bei Massenabnahme würde so ein Massenhaltungsbetrieb unrentabel sein und relativ schnell aufgeben. Kleine Betriebe mit ganzjähriger Weidewirtschaft dagegen könnten nicht nur billiger Produzieren, da sie deutlich weniger Strom, Medikamente, zugekauftes Futter und Arbeitskraft brauchen, wie ein Massenhaltungsbetrieb samt angeschlossener Futtermittel- und Pharmaindustrie, sondern sie würden auch deutlich hochwertigere Nahrung bieten und sie würden für eine hohe Biodiversität auf Weide und Acker sorgen.
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Murx ist die Praxis!

Ich habe es endlich amtlich (Mitgliedsausweis der Piratenpartei):
"Der Besitzer dieses Dokumentes ist berechtigt, sich seines Verstandes zu bedienen, Informationen zu produzieren, replizieren und konsumieren, sich frei und ohne Kontrolle zu entfalten in Privatsphäre und Öffentlichkeit.

Behinderung dieser Rechte wird geahndet durch die Piratenpartei Deutschland"
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Andreas
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Anmeldungsdatum: 27.02.2009
Beiträge: 1239

BeitragVerfasst am: 19.11.2012 22:04    Titel: Antworten mit Zitat

Murx Pickwick hat Folgendes geschrieben:
Daß die Massentierhaltung überhaupt so erfolgreich ist, liegt nur an der falschen Förderung, ohne Subventionen und ohne Verbilligung von Strom bei Massenabnahme würde so ein Massenhaltungsbetrieb unrentabel sein und relativ schnell aufgeben.

Ich kenne mich mit Förderungen nicht gut aus, denke aber, dass Du damit Recht haben wirst.

Trotzdem sehe ich das grundsätzliche Übel an andereren Stellen.
1. Preis: Discounter fahren Riesen-Umsätze und Gewinne ein, weil sie Lebensmittel sehr billig anbieten
2. Effizienz: dieser Preis kann nur durch eine effiziente Ausnutzung von Ressourcen gehalten werden
3. Leistung: die Effizienz erreicht man nur durch geringsten Einsatz bei maximaler Aubeute: wenig Fläche, geringe Futterkosten, minimaler Aufwand in der Haltung bei maximaler Fleischausbeute
4. Werbung: Industrie und Lobby verstehen es geschickt, die Umstände der Effizienzsteigerung zu verschleiern.
5. Verbraucher: die Masse der Verbraucher möchte billiges, aber gutes Fleisch. Das beides zusammen nicht geht, ist den meisten nicht wirklich klar. Selbst wenn, sind immer noch zu wenig bereit, für Fleisch das Doppelte bis Vierfache des heutigen Preises auszugeben - dabei wäre es sogar gesund, weil der Verzehr zurück ginge.

Das letzte Glied in der Kette ist also der Verbraucher - solange der das billige Fleisch haben möchte, wird es auch "produziert". Ist dieser Punkt weg, macht es keinen Sinn mehr, Massen von Fleisch zu produzieren, völlig egal, wie es gefördert oder wie effizient es "produziert" wird.
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davX
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Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
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BeitragVerfasst am: 21.11.2012 20:30    Titel: Re: Altes Wissen zur Tierhaltung und Landschaftspflege Antworten mit Zitat

Zitat:

Das letzte Glied in der Kette ist also der Verbraucher - solange der das billige Fleisch haben möchte, wird es auch "produziert". Ist dieser Punkt weg, macht es keinen Sinn mehr, Massen von Fleisch zu produzieren, völlig egal, wie es gefördert oder wie effizient es "produziert" wird.

Da vergisst du eine wichtige Sache, viele Firmen geben viel Geld aus für Werbung und zur Erschliessung/Schaffung neuer Kundenbedürfnissen. Auch wenn der Kunde theoretisch etwas tun kann und das bis zu einem gewissen Grad funktioniert, besteht ein grosses Interesse von Seiten der Lebensmittelindustrie, dass dem nicht so ist und sie ihm diktieren können das zu essen, was sie produzieren. Dazu helfen auch allerlei Hilfsmittelchen wie Geschmacksverstärker, Hefeextrakte, Zucker und Süssstoffe, Fette, Aromastoffe, Lecithine usw., man bedient sich psychologischen Tricks und vor allem nutzt man auch den Umstand, dass der Konsument dem kaum ausweichen kann, wenn 99 Läden alles diesen billigen Schrott haben und nur einer gute Ware, die aber viel teurer, der Laden abgelegen usw. dann ist der Aufwand viel höher, dass man sich darum kümmert, anders gesagt schlechte Ernährung ist der einfachste und bequemste Weg.
Dazu kommt, dass dem Konsumenten vieles auch untergejubelt werden kann, z.B. in Fertigprodukten haben wir kaum die Wahl zu entscheiden was wir essen: Analogkäse und Kunstfleisch, diverse obskure Nebenerzeugnisse, Gammelprodukte usw.
Hier fehlt es oft schon beim ersten wichtigen Punkt, dass der Verbraucher richtig informiert ist, über das, was er kauft und isst und das ist in der Regel auch gar nicht erwünscht. Dazu kommt, dass ein guter Teil schon produziert und weggeschmissen wird, bevor es zum Verbraucher kommt und wenn der Kunde etwas nicht goutiert, dann gibts noch Zuschüsse, damit die Ware vernichtet werden kann, damit die Preise nicht durch ein Überangebot noch mehr zerfallen.
Oder auch sehr beliebt ist der Trick, dass die Ware dann ins Ausland exportiert wird, dank Subventionen in Afrika oder so spottbillig auf den Markt gebracht wird und dort die Existenz der lokalen Produzenten ruiniert.
Gerade beim Fleisch sehe ich das Problem nicht bei den Produktionsmengen an sich, sondern beim verschwenderischen Umgang und der geringen Wertschätzung. Diese geht natürlich weiter bis hin zur schlechten Haltung und oft artwidrigen Ernährung der Tiere.

Letztlich sind da die Zusammenhänge sehr ähnlich gelagert wie bei der ganzen Fertigfuttergeschichte. Ursprünglich hat diese auch niemand gebraucht, man kam Jahrunderte lang ohne aus und dann, der Werbung und Coca-Cola sei Dank, war es plötzlich möglich den Leuten die Floh ins Ohr zu setzen, dass Fertigfutter nicht nur sinnvoll seien, nein sogar ginge es ohne diese nicht Tiere richtig zu ernähren, sie würden krank und bekämen Mängel.

Apropos das mit dem Preis ist an sich gar nicht so ein einfaches Thema, denn zuviel bezahlen möchte eigentlich niemand für ein Produkt, gerade wenn es genauso schlecht ist wie ein billiges. Oftmals ist es mit den Markenprodukten so, dass man für die gleiche Qualität mehr bezahlt ohne einen Mehrwert zu bekommen, ok gut, man kauft eine Marke und das Gefühl, das durch die Werbung geweckt wird, dass man sich mit dieser verbunden fühlt. Dazu ist der Preis ein sehr wichtiges Argument, so dass es sehr gute Gründe geben muss, dass ein anderes Produkt, das deutlich teurer ist, durch entsprechende Vorteile die Mehrkosten wert ist. Hier müsste der Verbraucher alle Informationen haben, um sich aufgrund von diesen zu entscheiden, wobei selbst da bin ich mir nicht sicher, ob der Preis nicht oft mehr wiegt. Letztlich ist es eine Schande, dass so billige Ware, die auf Kosten der Umwelt usw. geht, diese Folgekosten, die sie verursacht, nicht übernehmen muss. Das eigentliche Problem sehe ich darin, dass man nicht den wahren Preis bezahlen muss, sondern bei der guten Ware man zusätzlich noch die schlechte mitsubventioniert und diese dadurch doppelt teurer wird. Es sind also schlicht und einfach die Anreize falsch, damit der Verbraucher manipuliert werden kann. Der freie Markt, von dem oft gesprochen gibt, der ist genauso eine Mär, wie das gesunde Fertigfutter. Ein paar wenige profitieren von dieser Illusion, während die Mehrheit unter der scheinbaren Vielfalt an gleichartig schlechter Ware und fehlender echter Auswahl leidet. So bietet ein Eishersteller, der 100 verschiedene Arten von Schokoladeneis herstellt, die sich in Form und Grösse unterscheiden letztlich weniger Vielfalt als ein kleiner Eishersteller, vielleicht nur drei Sorten hat, dafür aber vielleicht Vanille, Erdbeer und Kiwi. Und genauso verhält es sich heute leider bei vielen Dingen, die Auswahl ist gross, die Abwechslung oftmals dagegen recht klein.
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Anmeldungsdatum: 23.07.2005
Beiträge: 4622
Wohnort: Runkel

BeitragVerfasst am: 21.11.2012 21:22    Titel: Re: Altes Wissen zur Tierhaltung und Landschaftspflege Antworten mit Zitat

In den Niederlanden werden Massenhaltungsviehwirte mit finanziellen Anreizen dazu ermuntert, ihre Massenzuchten zu verkaufen bzw einzustellen - mit dem Geld gehen sie dann nach Deutschland und bekommen Fördergelder, damit sie ein Unternehmen gründen können, das Land, was sie für die Flächenprämien brauchen, kaufen zu können und Vieh kaufen können, um die Ställe zu besiedeln.
Da sie aufgrund der unsäglichen Zustände innerhalb der Massenhaltungsställe 30 - 50% des Viehs verlieren (in einigen Geflügelställen sind es sogar bis 80% Ausfall im Jahr!), bekommen sie Ausfallprämien. So ein Betrieb verbraucht zudem auch noch Strom en masse - muß es auch, weil der Betrieb ansonsten den teuren normalen Strom kaufen müßte, und nicht den um die Hälfte billigeren Strom für Großabnehmer nutzen könnte. Das Futter kommt zumeist aus den USA - subventioniertes Soja, subventionierter Mais und subventioniertes Weizen aus Überproduktion, nach der glorreichen Vernichtung von Soja und Weizen in Brennkammern und Biogasanlage ist das zwar teuer geworden, aber als Ersatz können wir auch Abfälle aus der Backwarenindustrie, Fleischindustrie etc anbieten ... so ne Tonne Futter kostet weniger wie ich für einen Monat an Geld für Fressi ausgebe! Und ich esse keine Tonne Futter!
Sollte das Futter dennoch zu teuer sein, gibts auch hier wieder Entlastungsgelder, die jedoch aus unerfindlichen Gründen nicht, wie man meinen könnte, auf die Tonne Futter umgerechnet wird, sondern über die Fläche bewirtschafteten Landes umgerechnet wird ...

Kurzum, insgesamt verdient so ein Massenhaltungslandwirt schon alleine an Subventionen alles, was der Betrieb kostet und was er selbst zum Essen braucht - der Verkauf des Fleisches ist dann nur noch ein Goodie obendrauf ... aufgrund der hoffnungslosen Überproduktion an Fleisch in Europa wird man das zwar leider, leider in Europa nicht mehr wirklich los, zumindest nicht in den produzierten Mengen, aber das ist ja kein Problem, der Steuerzahler zahlt nämlich auch liebend gerne freiwillig nebenher Entwicklungshilfe in Form von Spenden, von denen dann wiederum das Fleisch bezahlt werden kann - sollte das nicht genügend bringen, ist das auch kein Problem, denn der Transport quer durch die Welt wird schon in irgendeinem Staat finanziert, wenn das Fleisch dann endgültig in Deutschland nur noch als Gammelfleisch durchgeht, kann man es immer noch ins Tierfutter schmeißen und teuer an die Hunde- Katzen- und Frettchenhalter verkaufen ...

Klar, so kann man Fleisch für die großen Lebensmittelketten zu einem unschlagbaren Preis produzieren, denn der Preis kann nun so niedrig, wie man Lust und Laune ist, angesetzt werden! Es sind Dumpingpreise, nix weiter!
Wer das Futter auf eigenem Land produziert, hat Spritkosten, die nicht vom Steuerzahler bezahlt werden, wer seine Tiere auf die Weide stellt, wird niemals genügend Strom verbrauchen, um in den Genuß der Billigabgabe für Großabnehmer zu kommen (welcher wiederum nur so billig ist, weil die fehlenden Einnahmen kurzerhand auf den Normalstrom für Otto-Normalverbraucher umgeschlagen werden!), meist sind Biobetriebe zudem auch noch Betriebe, welche gerade mal so um die 4 - 20ha bewirtschaften, so ein Massenhaltungsfreak läßt sich da schon das Fünffache an Land subventionieren, weil sich ansonsten die Flächenprämie nicht lohnen würde. Verluste treten bei Weidehaltung nur unter 2% auf, das ist zuwenig, als daß da irgendein Ausfall vom Staat auch ersetzt wird. Futterkosten können nicht abgesetzt werden, weil sie beim Anbau des wirtschaftseigenen Futters nicht anfallen.
Kurzum, so ein artgerecht wirtschaftendes Unternehmen bekommt nur ein Bruchteil der Subventionen und muß irgendwelche halbwegs reellen Preise machen - wenn ausnahmslos alle landwirtschaftlichen Subventionen auf einmal gestrichen werden würden, würden sich die großen Discounter ganz schön umgucken, mit einem Schlage müßten sie nämlich das zehnfache löhnen für Fleisch, was sie momentan zahlen - und ihre Kundschaft wandert zu den Direktvermarktern ab oder läßt sich das Fleisch schicken, wenn sie plötzlich das zehnfache im Discounter für Fleisch hinlegen müßten! Heißt also, den Discountern wäre plötzlich gar nicht mehr möglich, die Erzeugerpreise zu drücken, weil es keinen Dumpingpreiserzeuger mehr geben würde!
Kurzum, die Gewinnmargen würden plötzlich für die Discounter recht eng werden - das Fleisch würde jedoch für den Endkunden nicht viel teurer werden und, da die Massentierhaltung sich unter solchen Bedingungen nicht mehr lohnen würde, hätte der Endkunde, egal ob er das will oder nicht, plötzlich wieder richtiges Fleisch und keinen Sondermüll mehr!

Einen Nachteil hätte allerdings ein solches Szenario ... es reicht dann nicht mehr aus, Fleisch zu essen, um sich ein paar Antibiotika einzupfeiffen oder Hormone zu schlucken, da müßte man plötzlich wieder zum Arzt und zur Apotheke wandern, wo sowohl die Antibiotika, als auch die Hormone deutlich teurer sind!

Sollte irgendwer hier Ironie entdecken, bitte ganz heimlich einstecken und mit nach Hause nehmen ... schließlich ist das hier ein ernstes Thema Very Happy
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Andreas
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Anmeldungsdatum: 27.02.2009
Beiträge: 1239

BeitragVerfasst am: 22.11.2012 22:08    Titel: Antworten mit Zitat

Ihr beschreibt jeweils Szenarien, die existieren, weil ein Bedarf besteht.

Aus diesem Bedarf resultiert eine Produktion, die den Bedarf befriedigt. Kein noch so schlimmer Produzent würde irgend etwas produzieren, was ihm am Ende keiner abkauft. Stirbt die Wurzel (Verbrauch/Bedarf), stirbt der Überbau (Produzent für diesen Bedarf).

Beispiel: wenn keiner mehr Vinyl-Schallplatten kauft, werden auch keine mehr hergestellt.

Wenn also z. B. auch noch dem letzten Käufer von Billigfleisch klar wird, dass er gar keine Medikamente mehr braucht, weil er die ja schon mit dem Billigfleisch quasi kostenlos und ad libitum mit allen Nebenwirkungen zu sich nimmt, wird er den Verbrauch drosseln oder eben Fleisch kaufen, was nicht verseucht ist. Auf Grund des Preises dieses hochwertigeren Fleisches wird er den Verbrauch reduzieren. Das würde den Markt regulieren. Aufklärung tut not...

Extrem simpel dargestellt, aber das nennt man halt Marktwirtschaft.
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Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 23.11.2012 01:05    Titel: Re: Altes Wissen zur Tierhaltung und Landschaftspflege Antworten mit Zitat

Zitat:

Ihr beschreibt jeweils Szenarien, die existieren, weil ein Bedarf besteht.

Besteht er wirklich oder wird er nicht eher geschaffen und ermöglicht?

Zitat:

Beispiel: wenn keiner mehr Vinyl-Schallplatten kauft, werden auch keine mehr hergestellt.

Das ist doch ein Irrtum, wenn keine Vinyl-Schallplatten mehr gekauft werden, dann ist es daher, weil es einen lukrativeren Absatzmarkt mit grösseren Margen für die Musikindustrie gibt (z.B. CDs, DVDs, usw.), ansonsten würde die Branche mit Zähnen, Hände und Füsse ihren Markt verteidigen und Anreize schaffen, dass die Vinyl-Platten wieder attraktiv werden oder in der Not sich einer anderen Tugend besinnen und den Markt wieder aufmischen... letztlich zieht doch immer wieder das Argument der Innovation und der neuen Produkte, davon lebt unsere Gesellschaft. Natürlich wird auch die Gunst des Verbrauchers genutzt und damit gearbeitet, aber letztlich hat die Industrie den Käufer in der Tasche und das sieht man wiederum sehr schön mit dem Energiewandel, nun setzen alle auf Grün, wieso? Weil das ökologischer ist? Sicher nicht, es ist ein riesen Geschäft, mit dem man viel verdienen kann. Das positive Image dient natürlich als grosse Hilfe beim Umstieg. Natürlich sehe ich das jetzt auch nicht unbedingt als schlecht, es wäre aber eine Illusion zu glauben, dass dieser Umbau stattfindet weil die Verbraucher diesen wollten, er findet statt, weil er gefördert wird von den Staaten und weil man hier wieder Geld verdienen kann. Das selbe im Grün mit "gesunder" Ernährung, sie ist schlicht und einfach teurer wegen sogenannt gesunden Zusätzen wie "Aloe Vera", sogenannt sagenumrankenden "Zerealien" (keine Ahnung, was sich hinter diesem exotisch klingenden Namen verbirgt), Probiotika usw.
Letztlich handelt es sich aber auch hier um alten Wein in neuen Schläuchen... das ist die Wahrheit hinter den Verbraucher, die bestimmen, was sie wollen, sie bekommen das Selbe in neuer Verpackung und mit neuem Namen.

Um aber nochmals auf die Musikindustrie und die Schallplatte zurückzukommen, diese ist nur ein Produkt der Musikindustrie, aber nehmen wir mal die Knebelverträge und die schlechten Bedingungen für viele Musiker, hat da der digitale Wandel etwas geändert? Er hätte es doch müssen, aber auch hier, die Industrie hat sich einfach an die neuen Bedingungen angepasst. Kannst du dich noch erinnern vor etwa 10 Jahren war mp3, Napster und Co. grosse Themen, das grosse Zittern vor illegaler Musik, heute ist Napster tot, illegale Downloads sind verdrängt worden durch Apple iTunes, diverse Appstores usw. die uns neben der kostenpflichtigen Musik (die im Vergleich zu den CDs, bei denen man zusätzlich noch Herstellungskosten für die Produktion hat teurer sind) auch sinnlose Apps bieten, die uns all das in neue Schläuche verpacken und Geld verlangen, was zuvor kostenlos für PC, Mac und Co. erhältlich war.
Was ist passiert? Der Markt hat die Kundenwünsche geschickt kanalisiert und macht jetzt wieder Kasse wie eh und je. An der Lage der Musiker hat sich dabei nichts geändert (sprich alter Wein in neuen Schläuchen).

Zitat:

Extrem simpel dargestellt, aber das nennt man halt Marktwirtschaft.

Die Marktwirtschaft tönt zwar schön im Lehrbuch, ist aber ein grosser Mythos, denn der freie Markt spielt heute sowenig, wie die Kühe von der unsere Supermarktmilch kommt auf saftigen, grünen Wiesen stehen und sich davon ernähren, wie uns deren Werbung weiss machen will. Unsere Wirtschaft wird heute dominiert von Kartelle (darüber hab ich erst kürzlich einen interessanten Artikel gelesen und den Schaden, der dadurch angerichtet wird), Patente/Patentkriege (man denke an die jüngsten Streits zwischen Apple und Samsung oder auch zwischen Google und Apple oder Microsoft usw.), moderne Sklavenarbeit (Zeitarbeit), Regulierungen, Subventionen, Insidergeschäfte, usw.
Was wir heute haben ist eine Machthegemonie, in der einige starke Player den Markt bestimmen und formen, wir sind ihre Werkzeuge. Natürlich gibt es gewisse Widerstände, aber diese lassen sich kanalisieren und lenken, so dass diese ungefährlich sind. Oder glaubst du ernsthaft, dass irgend ein grosser Tierfuttermulti vor deinen Appelle gegen Industriefutter zittert, weil er befürchtet, dass die Verbraucher/Kunden ihnen in grossen Mengen wegbrechen könnten?
Selbst Vitakraft, das einst sehr konsequent gegen Kritik vorging, hat gemerkt, dass das gar nicht nötig ist. Man muss es nur verstehen die Verbraucher geschickt zu lenken und zum Glück gibt es auch Dumme, die deutlich schlechter sind und eine erstarkende Konkurrenz, die sich selbst fortwährend qualitativ verschlechtert, so dass man mit wenig Aufwand wiederum viel gut machen kann. Man denke da an die Vitakraft Nature Produkte, die in der Tat ein beachtlicher Fortschritt sind und vom Aufwand her wahrscheinlich einfacher waren als der Aufwand so massiv gegen Kritik vorzugehen (und sich in der Öffentlichkeit unbeliebt zu machen). Vitakraft ist diesbezüglich durchaus als positives Beispiel aufzufassen.
Was ich sagen will, man kann ein System nicht ändern, indem man sich auf die Bekämpfung deren Symptome beschränkt oder anders gesagt mit der mächtigen Position der Grosskonzerne wird der Wandel durch die Gesellschaft, die aufsteht und deren Produkte boykottiert ein frommer Wunsch bleiben, und sei es nur, weil viele sich das nicht leisten können und in einem System aufgewachsen sind, in dem die billigen Produkte aus dem Supermarkt zu ihrem Selbstverständnis gehört so wie die Erdanziehungskraft oder der Schnee, der im Winter auftreten kann.
Schon eher glaube ich, dass sich zumindest im Kleinen etwas ändern lässt, indem man selbst lebt, wofür man sich einsetzt, das was Degupedia ausmacht: geht raus auf die Wiesen, pflückt, sammelt, lernt die Pflanzen kennen. Geht raus in eure Gärten, experimentiert, lasst euch nicht einschüchtern und terrorisieren von kleinbürgerlichen Zwangsvorstellungen eines aufgeräumten Garten, der so gar nicht der Natur entspricht und deren Vielfalt und Reichtum, sondern experimentiert rum, versucht so wichtige Themen wie das Kompostieren zu verstehen, praktiziert Mischkulturen, nutzt Hecken, Etagengärten, Luftgärten/Laubwirtschaft, schneitelt, mulcht, beobachtet, züchtet Regenwürmer, Waldschaben und Ringelnatter... kurz lasst euch ein die Natur voll und ganz zu entdecken wie ein kleines Kind es kann, unvoreingenommen und staunend selbst über Kleinigkeiten, welche die meisten als selbstverständlich ansehen... das alles führt letztlich zu Erfahrung, in Kombination zu guten Büchern oder im Austausch mit erfahrenen Leuten zusätzlich auch zu einem soliden Wissen und von da könnte es dann weiter gehen über soziales Engagement zum Beispiel in Richtung Urban Farming, usw.

Zitat:

Wenn also z. B. auch noch dem letzten Käufer von Billigfleisch klar wird, dass er gar keine Medikamente mehr braucht, weil er die ja schon mit dem Billigfleisch quasi kostenlos und ad libitum mit allen Nebenwirkungen zu sich nimmt, wird er den Verbrauch drosseln oder eben Fleisch kaufen, was nicht verseucht ist. Auf Grund des Preises dieses hochwertigeren Fleisches wird er den Verbrauch reduzieren. Das würde den Markt regulieren. Aufklärung tut not...

Das mangelt doch schon an fairen Grundbedingungen. Ein gesunder lokaler Markt wäre doch nötig, um bessere Bedingungen zu schaffen, in denen auch wieder die Jobs besser wären und die Leute mehr Geld hätten, sich anständige Nahrung zu leisten. Wenn Wohnkosten, Krankenkassen und Geld für Auto und Benzin fast die gesamten Einkünfte oder Sozialgelder aufzehren werden die meisten Leute doch mit Handkuss billiges Essen annehmen, weil sie sich gar nicht leisten können, hier gross wählerisch sein zu dürfen. Diese Schicht von Leuten mag für einige von uns vielleicht weit entfernt sein, sie ist aber seit Jahren stark am wachsen, die Lohnschere öffnet sich immer stärker und hat so nicht zuletzt sicher auch zum Erfolg der Harddiscounter beigetragen. Aufklärung ist da zwar gut, aber eine soziokulturelle Abhängigkeit ist durchaus beabsichtigt, dass die Leute sich mit der Discountmentalität identifizieren und dass Aldi, Lidl und Co. zu ihrer festen Grundkultur gehört und damit auch die dahinter stehenden Werte. Aufklärung wäre daher mit einem Paradigmenwechsel verbunden, der sehr einschneidend wäre und unter Umständen gravierender sein dürfte als mögliche Nachteile, die durch diese Lebensweise entstehen... ich betrachte dieses Thema als vielschichtig, während mir deine Überlegungen eher etwas zu einfach gestrickt tönen, theoretisch zwar sehr gut, aber in der Praxis spielt eben so etwas wie Kultur eine nicht zu unterschätzende Rolle und da geht es nicht nur um Wissen, wie man es besser machen sollte, sondern um Weltbilder, Emotionen, Erinnerungen, Prägung usw. das alles auch eine Rolle spielt.

@Murx
Danke, das ist wieder mal ein hochspannender Beitrag zum Thema... ich hab zwar einiges zu diesem Thema gelesen, doch so verständlich und umfassend war bislang nichts, was ich las.
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Andreas
Kaninchen würden Wiese kaufen


Anmeldungsdatum: 27.02.2009
Beiträge: 1239

BeitragVerfasst am: 23.11.2012 21:13    Titel: Re: Altes Wissen zur Tierhaltung und Landschaftspflege Antworten mit Zitat

@David
davX hat Folgendes geschrieben:
Zitat:

Ihr beschreibt jeweils Szenarien, die existieren, weil ein Bedarf besteht.

Besteht er wirklich oder wird er nicht eher geschaffen und ermöglicht?

Das ist nicht relevant. Fakt ist, dass nur etwas verkauft werden kann, wenn es jemand haben möchte und bereit ist, entspr. dafür zu bezahlen.

davX hat Folgendes geschrieben:
Zitat:

Beispiel: wenn keiner mehr Vinyl-Schallplatten kauft, werden auch keine mehr hergestellt.

Das ist doch ein Irrtum, wenn keine Vinyl-Schallplatten mehr gekauft werden, dann ist es daher, weil es einen lukrativeren Absatzmarkt mit grösseren Margen für die Musikindustrie gibt (z.B. CDs, DVDs, usw.), ansonsten würde die Branche mit Zähnen, Hände und Füsse ihren Markt verteidigen und Anreize schaffen, dass die Vinyl-Platten wieder attraktiv werden oder in der Not sich einer anderen Tugend besinnen und den Markt wieder aufmischen...

Die CD hatte zur Zeit ihrer Entstehung bzw. Nutzung für den Musikmarkt sehr große Vorteile gegenüber der Schallplatte. Beides existierte ja lange Zeit parallel. Wenn die Leute unbedingt die Schallplatte hätten behalten wollen, hätten sie diese auch weiter gekauft. Das war aber nicht der Fall. Schallplatten gibt es trotzdem immer noch und sie werden immer noch produziert - eben weil immer noch ein Bedarf besteht und die Dinger gekauft werden. Die Menge ist halt nur noch sehr gering.

davX hat Folgendes geschrieben:

letztlich zieht doch immer wieder das Argument der Innovation und der neuen Produkte, davon lebt unsere Gesellschaft.

Ja, natürlich. Große Unternehmen unterhalten ganze Abteilungen, die sich nur damit beschäftigen herauszubekommen, wie der Geist der Zeit ist und was die Leute wollen und manchmal auch brauchen. Wenn sie richtig liegen, verbessern sie ein Produkt oder schaffen sogar ein neues, welches die Leute gern kaufen. In dem Fall wurde Bedarf geweckt, der durch das Produkt befriedigt wird. Genauso gut kann es passieren, dass man völlig daneben lag und kein Mensch das haben möchte, was man sich ausgedacht hat. Der Flop beruht darauf, dass keinerlei Bedarf daran besteht. Manchmal verschiebt sich auch eine Neuigkeit, weil sie momentan nicht bezahlbar ist.

davX hat Folgendes geschrieben:

Natürlich wird auch die Gunst des Verbrauchers genutzt und damit gearbeitet, aber letztlich hat die Industrie den Käufer in der Tasche und das sieht man wiederum sehr schön mit dem Energiewandel, nun setzen alle auf Grün, wieso? Weil das ökologischer ist? Sicher nicht, es ist ein riesen Geschäft, mit dem man viel verdienen kann. Das positive Image dient natürlich als grosse Hilfe beim Umstieg. Natürlich sehe ich das jetzt auch nicht unbedingt als schlecht, es wäre aber eine Illusion zu glauben, dass dieser Umbau stattfindet weil die Verbraucher diesen wollten, er findet statt, weil er gefördert wird von den Staaten und weil man hier wieder Geld verdienen kann. Das selbe im Grün mit "gesunder" Ernährung, sie ist schlicht und einfach teurer wegen sogenannt gesunden Zusätzen wie "Aloe Vera", sogenannt sagenumrankenden "Zerealien" (keine Ahnung, was sich hinter diesem exotisch klingenden Namen verbirgt), Probiotika usw.
Letztlich handelt es sich aber auch hier um alten Wein in neuen Schläuchen... das ist die Wahrheit hinter den Verbraucher, die bestimmen, was sie wollen, sie bekommen das Selbe in neuer Verpackung und mit neuem Namen.

Das hat alles eher nichts mit dem zu tun, was ich meinte. Subventionen sind immer schlecht. Das jemand Begriffe für Werbung nutzt, ist legitim bzw. dafür gibt es Gesetze. Wenn jemand jeden Quatsch aus der Werbung glaubt und das Produkt dann haben will, ist ja auch nichts weiter als ein entstandener Bedarf, der durch das schöne Produkt gedeckt wird. Kommt der Kunde dahinter, dass es Müll ist, wird er es nicht mehr kaufen und das Zeug verschwindet vom Markt.

Was meinst Du, wie viel Neuentwicklungen am Markt scheitern, weil sie keiner haben will? Wink

davX hat Folgendes geschrieben:

Um aber nochmals auf die Musikindustrie und die Schallplatte zurückzukommen, diese ist nur ein Produkt der Musikindustrie, aber nehmen wir mal die Knebelverträge und die schlechten Bedingungen für viele Musiker, hat da der digitale Wandel etwas geändert? Er hätte es doch müssen, aber auch hier, die Industrie hat sich einfach an die neuen Bedingungen angepasst. Kannst du dich noch erinnern vor etwa 10 Jahren war mp3, Napster und Co. grosse Themen, das grosse Zittern vor illegaler Musik, heute ist Napster tot, illegale Downloads sind verdrängt worden durch Apple iTunes, diverse Appstores usw. die uns neben der kostenpflichtigen Musik (die im Vergleich zu den CDs, bei denen man zusätzlich noch Herstellungskosten für die Produktion hat teurer sind) auch sinnlose Apps bieten, die uns all das in neue Schläuche verpacken und Geld verlangen, was zuvor kostenlos für PC, Mac und Co. erhältlich war.

Diesen Absatz verstehe ich nicht so wirklich. Was haben digitaler Wandel und Knebelverträge miteinander zu tun? Wenn ein Künstler einen für sich unvorteilhaften Vertrag abschließt, ist er letztlich selbst schuld. Wenn ich einen Arbeitsvertrag abschließe, entscheide doch ich, ob ich das Angebot annehme oder ablehne. Das hat doch nichts mit einer bösen Musikindustrie zu tun.

Mit dem digitalen Wandel ist schlicht ein neuer Markt entstanden und die Musikindustrie hat alles voll verpennt. Napster war revolutionär und kam völlig überraschend. Vebrannt ist Napster nur wegen seiner Servertechnologie, die per Gesetz angreifbar war. Hier hat sich auch die totale Hilflosigkeit einer bräsigen Musikindustrie gezeigt, die nichts weiter als ein Verbot im Köcher hatte - aber keine vernünftige Antwort. Dabei war bereits mit Napster, Audiogalaxy oder Kazaa klar, wo der Hase lang läuft.

Es wird immer die Möglichkeit geben, geschützte Inhalte zu kopieren. Es ist halt die Frage, wie man mit dieser Möglichkeit umgeht. Ich werden z. B. die nächste Auflage auf jeden Fall auch als e-book herausgeben, trotzdem ich weiß, dass es damit leicht kopier- und weiterreichbar ist.

davX hat Folgendes geschrieben:

Oder glaubst du ernsthaft, dass irgend ein grosser Tierfuttermulti vor deinen Appelle gegen Industriefutter zittert, weil er befürchtet, dass die Verbraucher/Kunden ihnen in grossen Mengen wegbrechen könnten?

Nö. Die Futtermittelindustrie ist auch nicht mein Gegner. Die wäre der falsche Angriffspunkt. Womit wir wieder beim Thema wären Wink
Ich reibe mich an Lobbyisten oder Tierschutzorganisationen, die Unsinn verbreiten. Wenn der Unsinn nicht weiter verbreitet wird und mehr sinnvolle Informationen den Weg zu Tierhaltern finden, regelt sich der Rest von selbst Wink Deswegen wird kein Futtermittelhersteller pleite gehen, aber sie müssen sinnvollere Alternativen als das bieten, was heute teilweise ganze Tierbestände weg rafft. Mein Unternehmen hat z. B. früher auch was anderes hergestellt als heute - als der Absatz zurück ging, ist es auf Produkte umgestiegen, die mehr nachgefragt waren.

davX hat Folgendes geschrieben:

Schon eher glaube ich, dass sich zumindest im Kleinen etwas ändern lässt, indem man selbst lebt, wofür man sich einsetzt, das was Degupedia ausmacht: geht raus auf die Wiesen, pflückt, sammelt, lernt die Pflanzen kennen. Geht raus in eure Gärten, experimentiert, lasst euch nicht einschüchtern und terrorisieren von kleinbürgerlichen Zwangsvorstellungen eines aufgeräumten Garten, der so gar nicht der Natur entspricht und deren Vielfalt und Reichtum, sondern experimentiert rum, versucht so wichtige Themen wie das Kompostieren zu verstehen, praktiziert Mischkulturen, nutzt Hecken, Etagengärten, Luftgärten/Laubwirtschaft, schneitelt, mulcht, beobachtet, züchtet Regenwürmer, Waldschaben und Ringelnatter... kurz lasst euch ein die Natur voll und ganz zu entdecken wie ein kleines Kind es kann, unvoreingenommen und staunend selbst über Kleinigkeiten, welche die meisten als selbstverständlich ansehen... das alles führt letztlich zu Erfahrung, in Kombination zu guten Büchern oder im Austausch mit erfahrenen Leuten zusätzlich auch zu einem soliden Wissen und von da könnte es dann weiter gehen über soziales Engagement zum Beispiel in Richtung Urban Farming, usw.

Volle Zustimmung.
Auch die "Grünen" haben mal klein angefangen. Heute sitzen sie im Bundestag und sonnen sich in ihrer Bedeutung. Wink

davX hat Folgendes geschrieben:

Aufklärung wäre daher mit einem Paradigmenwechsel verbunden, der sehr einschneidend wäre und unter Umständen gravierender sein dürfte als mögliche Nachteile, die durch diese Lebensweise entstehen... ich betrachte dieses Thema als vielschichtig, während mir deine Überlegungen eher etwas zu einfach gestrickt tönen, theoretisch zwar sehr gut, aber in der Praxis spielt eben so etwas wie Kultur eine nicht zu unterschätzende Rolle und da geht es nicht nur um Wissen, wie man es besser machen sollte, sondern um Weltbilder, Emotionen, Erinnerungen, Prägung usw. das alles auch eine Rolle spielt.

Den Wechsel gibt es doch schon. Manches braucht halt etwas länger. Gute Bio-Marken sind schon am Markt fest etabliert und es werden immer mehr.

@Murx
Subventionen sind immer schädlich. Damit wird ein Markt beeinflusst. Das hat aber nichts mit den grundsätzlichen Regeln zu tun. Solange Menschen billiges Fleisch kiloweise kaufen, wird solches auch kiloweise billig produziert.

Der Rest ist Politik... Wink

freundliche Grüße,
Andreas
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BeitragVerfasst am: 22.01.2014 01:37    Titel: Re: Altes Wissen zur Tierhaltung und Landschaftspflege Antworten mit Zitat

Es passt zum Thema. Die taz titelt "Landraub vor der Haustür: In Ostdeutschland kassieren Großinvestoren millionenschwere EU-Subventionen.":
http://www.taz.de/Landwirtschaft-in-Ostdeutschland/!129019/

Um die ganze Sache etwas abzukürzen. In der DDR wurden viele Grundstücke zu grösseren Bewirtschaftungsgemeinschaften/betriebe zusammengelegt, wodurch eine weniger kleinstrukturierte Landwirtschaftsstruktur wie im Westen entstand. Durch den Fall der Mauer kamen diese in private Hand, verpachtet wurde zwar schon auch an kleinere Betriebe, welche diese Flächen weiter bewirtschafteten, es mehrten sich aber auch Bewirtschafter vom Typ Argrar-Investor, die sich viele solcher Flächen zusammensammelten und durch Angestellte bewirtschaften liessen. Dieser Trend wurde in jüngerer Zeit durch zwei Faktoren nochmals stark befeuert, erstens liefen einige langfristige Pachtverträge aus (ich glaube die waren um die 20 Jahre) und zweitens führten die Krisen in der letzten Zeit auf dem Finanzmarkt dazu, dass Investoren sich vermehrt anfingen umzuschauen nach alternativen Investitionsmärkten. Dabei wurde die Landwirtschaft als lukrativer Markt entdeckt: man kann auf den grossen Feldern Ostdeutschlands in grossem Stil Agrotreibstoffe herstellen, das ist lukrativ und treibt die Bodenpreise in schwindelerregende Höhen, auch die Pachtpreise sind davon in vergleichbarem Umfang betroffen. Viele der herkömmlichen Landwirte, welche nur kleine Flächen bewirtschaften können bei diesem Bietpoker nicht mehr mithalten, es kommt zu starken landschaftlichen Veränderungen, noch mehr zu riesigen Anbauflächen, welche den Verhältnissen in Amerika gleichen. Was das für die Natur, die Artenvielfalt etc. bedeutet, muss ich hier wohl nicht extra erwähnen.

Das Ganze hat aber noch eine perverse Note: Die ganze Entwicklung wird noch durch saftige Subventionen für die Grossbesitzer belohnt, während die Kleinen leer ausgehen - die ganz normale Lobbymauscheleien auf Kosten der Allgemeinheit, bei der ein paar wenige stark in die eigene Tasche arbeiten können.
Wieder einmal ein Beispiel, wie unsinnig viele der heutigen Subventionen sind. Es gäbe durchaus sinnvolle Leistungen, die man mit Subventionen belohnen dürfte, ich denke da an Ecosystem-Services, sprich die ganze Landschaftspflege in den abgelegenen Gebieten, die sonst schon wenig attraktiv sind (Bergregionen und Peripherie, die von Abwanderung betroffen sind). Auch eine Überlegung wert wäre zur Förderung eines nachhaltigeren Umgangs diejenigen belohnen, die möglichst ohne Gift und schädigende Substanzen auskommen und zur Landschaft und den Böden, die sie bewirtschaften Sorge tragen, während diejenigen, welche Raubbau betreiben und der Allgemeinheit zusätzliche Kosten verursachen durch giftige Substanzen, schlechte Bodenpflege usw. für ihre Produkte und Dienstleistungen, eine Art von zusätzlicher Steuer abgeben müssten. Somit wären wir dann auch näher bei der Kostenwahrheit und -transparenz. Aber so ein System wäre wahrscheinlich zum jetztigen Zeitpunkt zu modern, als dass es Chancen hätte.
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BeitragVerfasst am: 11.02.2016 00:48    Titel: Re: Altes Wissen zur Tierhaltung und Landschaftspflege Antworten mit Zitat

Ich setze hier mal einen Verweis zur römischen Landwirtschaftsliteratur:
http://www.degupedia.de/forum/viewtopic.php?t=3605

Sie ist in der Tat interessant, hat manches an Infos drin, das nicht veraltet ist. Hier und da liest man aber auch Sonderbares, manches ist veraltet, manches basiert auf Aberglauben oder falschen Vorstellungen. Es ist aber nicht so, dass zur Zeit der Römer die Landwirtschaftsliteratur voller Aberglaube und falschen Vorstellungen gewesen wäre. Man muss einerseits wissen, dass damals Bücher sehr teuer waren und sich diese Bücher an eine kleine Elite wandten, andererseits waren die Autoren gebildet und bedienten sich aus dem neuesten Wissen der Griechen, Katharger (Punier) usw., das sie neben ihrem eigenen Wissen, ihren Erfahrungen und dem Wissen ihrer Landsleute und früherer römischer Schriftsteller einfliessen liessen. Interessant ist auch, dass teilweise die Erklärungen z.B. zu Krankheiten zwar falsch sind, aber die Ratschläge, was man dagegen tun soll, sich als korrekt erwiesen. Und in manchen Fällen nahmen die Römer schon vorweg, was erst viele Jahrhunderte später bewiesen werden konnte, zum Beispiel die für das Auge unsichtbaren, mikroskopisch kleinen Keime und Bakterien, die Krankheiten verursachen können bei mangelnder Hygiene.
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BeitragVerfasst am: 10.03.2016 21:02    Titel: Re: Altes Wissen zur Tierhaltung und Landschaftspflege Antworten mit Zitat

Man darf dabei nicht vergessen, daß die Römer mit ihren riesigen Latifundien letztendlich eine ähnliche Landwirtschaftspolitik betrieben, wie wir heutzutage - mit den gleichen Irrwegen:
Riesige Rinder in Ställen, Monokulturen, soweit das Auge reicht, der Einsatz billiger Sklaven (heute sind es Maschinen) im großen Stil ... das römische Reich ging unter, weil ihre "Maschinen" sich unter diesen Bedingungen nicht wirklich vermehren wollten und zudem auch noch die Lieferung aus den nordafrikanischen Handelsstationen nicht aufrechtzuerhalten war ... es wurden nicht mehr genügend Sklaven nachgeliefert, die Latifundien konnten nicht mehr bewirtschaftet werden.

Andreas sprach übrigens noch ein Übel an ...
Wenn ein Unternehmer merkt, daß er mit seinem Produkt nix mehr verdient, stellt er um oder geht ein ... bei den Landwirten gibt es für über 90% der Landwirte dagegen nur eine Reaktion - sie verschulden sich bis über beide Ohren und wundern sich, warum sie bei immer mehr sinkenden Erzeugerpreisen immer noch nix bei verdienen, statt mal das Dingens unter den Haaren anzuschalten und mal zu überlegen, was der Kunde - und nicht der Knebelvertragsabnehmer Discounter - haben will ...
Wir haben nämlich gleichzeitig die Entwicklung, daß einige Ausnahmen unter den Landwirten tatsächlich mal ausprobieren und Dinge versuchen, die noch kein Landwirt seit den 80er Jahren mehr versucht hat - beispielsweise konsequente Weidehaltung mit Unterstand statt Stallhaltung mit vielleicht Weidegang. Die Erzeugerpreise dieser Produkte steigen ins unermeßliche - Durchschnittspreise von 40 - 60 Euro für das Kilo Weidefleisch werden in Deutschland mal kurz aus dem Handgelenk geschüttelt - und dennoch ist es schwer, rechtzeitig das Fleisch zu bestellen, um überhaupt noch was abzubekommen, wenn man Weidefleisch haben will. Die Erzeugerpreise in diesem Sektor liegen inzwischen bei 30 Euronen das Kilo Fleisch aufwärts ...

Alleine schon dieser Fakt sollte, bei halbwegs logischer Überlegung, dazu führen, daß nun die übergebliebenen kleinen Landwirte wie die Irren umsatteln und selbst solch hohe Qualitäten produzieren, wäre ja immerhin viel Geld für wenig Ausgaben, also Maximierung des Gewinnes, wenn ich in der Schule recht aufgepaßt hab - diese Landwirte bleiben jedoch konsequent, erzeugen weiterhin Sondermüll aus dem Stall für läppische knappe ein Euro das Kilo Fleisch für den Discounter und geben dafür, daß sie das produzieren können, so viel aus, wie sie brauchen, das liebe Vieh bis zum Schlachttermin zu füttern ... das ist ein Nullgeschäft - und oft genug wird es zum Minusgeschäft, bis der Landwirt aufgeben muß und die Arbeitsvermittlungsfirmen besiedelt.
Aber der Durchschnittslandwirt bleibt konsequent, wat der Buur nich kennt, dat tut er nich ... also wird weiterhin Sondermüll für lau produziert, was kein A*** braucht ...
Immerhin wird viermal so viel Milch produziert, wie Deutschland braucht, zweimal so viel Eier ... und die Fleischüberproduktion ist nur deshalb nicht so auffällig, weil da eben viel Vieh schon vorm Schlachthof in die Knie geht.
Der Staat sieht dabei nur das Landwirtschaftssterben ... seit den 90er Jahren gibt es in Deutschland nur noch ein Zehntel der Landwirte, die es damals gab, der Fleischkonsum sank von 120kg Fleisch/Kopf/Jahr auf unter 90kg/Kopf/Jahr, weiterhin sinkende Tendenz, die Erzeugerpreise sinken dementsprechend weiterhin ... also wird subventioniert - Gewinner sind die ganz Großen, Mastställe mit 300 Saueneinheiten und mehr, Betriebe mit mehr wie 200ha Land ... und die verkaufen nicht mehr in Deutschland, sondern dort, wo sie noch Geld bekommen - also beispielsweise an die Entwicklungshilfe ...
Der Deutsche subventioniert das Ganze, der Durchschnittslandwirt fördert das Ganze, einfach aufgrund seiner selbstzerstörerischen Konsequenz, am einmal Gelernten festzuhalten und Betriebe mit lohnendem Geschäftszweig haben das Problem, an Land zu kommen, weil da schon die vollsubventionierten Riesenbauern drauf sitzen und von ihrem durchaus lohnenden Geschäft nicht weg wollen ...

Der deutsche Verbraucher kann da nicht viel gegen unternehmen - denn er muß Steuern zahlen, ob er will oder nicht.
Auch wenn er konventionelles Billigfleisch aus der Region holt - es ist nicht das Fleisch dieser Großmastställe und Riesenmonokulturen ... denn das kommt schon gar nicht mehr in unsere Discounter, weil Entwicklungshilfe lukrativer ist - und das wird wiederum aus Spenden und durch Steuergelder finanziert.
Wer was unternehmen könnte, wäre der fleißige Spender, der was gegen den Hunger in Schwarzafrika und Co tun will ... er könnte die Spenden einstellen.
Aber woher soll er wissen, was er da wirklich mit seinen Spenden finanziert?

Ein ähnliches Betrugsgeschäft läuft momentan mit Altkleidern ...

Der Markt vom Weidefleisch stagniert in Deutschland - nicht weil die Kunden das Fleisch nicht wollen, wie gesagt, die Preise steigen mom in schwindelerregende Höhen, weil der Bedarf um ein Vielfaches höher liegt, wie produziert werden kann - sondern schlichtweg, weil das Land für die mutigen Landwirte, die auf eine sinnvollere Bewirtschaftung umsteigen, gar nicht mehr da ist ... und weil die konservativen Landwirte irgendwann aufgeben und ihr Land an den nächstbesten Kunden abtreten, den sie finden - und das sind fatalerweise oft genug die Riesenbetriebe oder aber Banken, die dann wieder das Land an diese Riesenbetriebe abgeben, die gar nicht mehr für Deutschland, sondern für Subventionen und den Export, produzieren!

Wir haben nachweislich ein Bauernsterben ...
In den 90er Jahren gab es noch fast zehnmal so viele Landwirte, wie heute.
Wir haben seit den 90er Jahren deutlich sinkende Verbraucherzahlen - aber die Produktion wird noch immer gesteigert. Inzwischen steht viermal so viel Vieh in Deutschlands Ställen, wie in den 90er Jahren!
Der Kunde zeigt mit schwindelerregenden Summen für Qualitätsessen, was er wirklich will - aber es produzieren viel zu wenig Landwirte diese Qualität, die Produktion kommt vorne und hinten nicht mehr hinterher ... und die Preise steigen logischerweise weiter, weil der Kunde es zahlt! - Das heißt, wenn er es zahlen kann! Ansonsten muß er eben auf konventionelle Ware aus der Region zurückgreifen, die über die Discounter und Schlachter zu Dumpingpreisen verteilt wird.
Was von hiesigen Bauern an Qualität nicht mehr geliefert werden kann, wird im Ausland als Exotenfleisch importiert ... Zebra, Bison, Krokodilfleisch, Känguruhfleisch ... und auch hier, der Bedarf ist bei Weitem nicht gedeckt, trotz inzwischen zunehmenden Großimporteuren, die sich auf den Import von Exotenfleisch spezialisieren.
Kurzum - in Deutschland hergestelltes minderwertiges Fleisch wird in genau die Länder verschachert, aus denen hochqualitatives Fleisch nach Deutschland gekarrt wird - klingt logisch, oder?
Für mich nicht wirklich ...

Und noch etwas läuft verdammt schief!
Die meisten deutschen Jäger werden ihr hochqualitatives, selbstgeschossenes Wildfleisch nicht los ... aber für deutlich mehr Geld wird Wildfleisch übers Internet vertickert und wie bescheuert gekauft - und es gibt dort zunehmend Engpässe, trotzdem auch hier Wildfleisch aus aller Herrgottsländer importiert wird! Die Preise steigen dadurch auch hier, wenn auch nicht so exponentiell, wie im Weidefleischsektor.
Ich hab bislang noch nicht herausgefunden, wie das zustandekommt ... wäre es freie Marktwirtschaft, sollte es solche Phänomene gar nicht geben.

Ach ja ... und statt Aufklärung zu betreiben, wie die Geldflüsse wirklich laufen und wo was wie und weshalb hergestellt werden kann, gibt es da noch die Veggieszene und den Tierschutz, die am liebsten den Fleischkonsum auf Null reduzieren wollen - was allerdings nix, aber auch wirklich gar nix, an der jetzigen Situation verändern würde. Denn es würde weiterhin Getreide in die Biogasanlagen gesteckt, die kein Mensch braucht, es würde dennoch minderwertiges Fleisch und europäisches Molkenpulver als Exportschlager in die Entwicklungsländer verschachert werden und es würden zunehmend Urwälder abgeholzt werden, um Soja für Veggieburger und Palmöl für die umweltbewußte Pfanne zu produzieren ...

... wobei - doch ... einiges würde sich ändern ...
Die Produktion von Qualitätsweidefleisch würde eingestellt werden - und damit der Beweis geschaffen werden, daß wir das Land ja gar nicht für die Weidefleischproduktion brauchen, sondern für die Großindustriellen, die unser Land sehr effektiv verwüsten ...
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"Der Besitzer dieses Dokumentes ist berechtigt, sich seines Verstandes zu bedienen, Informationen zu produzieren, replizieren und konsumieren, sich frei und ohne Kontrolle zu entfalten in Privatsphäre und Öffentlichkeit.

Behinderung dieser Rechte wird geahndet durch die Piratenpartei Deutschland"
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BeitragVerfasst am: 10.03.2016 22:20    Titel: Re: Altes Wissen zur Tierhaltung und Landschaftspflege Antworten mit Zitat

Zitat:

Man darf dabei nicht vergessen, daß die Römer mit ihren riesigen Latifundien letztendlich eine ähnliche Landwirtschaftspolitik betrieben, wie wir heutzutage - mit den gleichen Irrwegen:

Absolut! Das habe ich hier jetzt nicht erwähnt, aber ist ein wichtiger Punkt. Ich dachte ja anfänglich auch, dass die römische Landwirtschaft was ursprüngliches gehabt hätte, aber das war früher Kapitalismus, Spezialisierung auf sich lohnende Landwirtschaftszweige wie der Weinanbau, die Olivenölgewinnung usw. und vorallem auch mithilfe des technischen Fortschritts die Leistung zu steigern und insofern waren die Sklaven von damals das, was heutzutage die Drittweltländer für uns tun, oder was die Maschinen für uns tun, sprich der damit einhergehende Raubbau, dass wir einen Rohstoff auf dreckige Art und Weise gewinnen, der sonst nachhaltig gewonnen viel teurer wäre.

Zitat:

Andreas sprach übrigens noch ein Übel an ...
Wenn ein Unternehmer merkt, daß er mit seinem Produkt nix mehr verdient, stellt er um oder geht ein ... bei den Landwirten gibt es für über 90% der Landwirte dagegen nur eine Reaktion - sie verschulden sich bis über beide Ohren und wundern sich, warum sie bei immer mehr sinkenden Erzeugerpreisen immer noch nix bei verdienen, statt mal das Dingens unter den Haaren anzuschalten und mal zu überlegen, was der Kunde - und nicht der Knebelvertragsabnehmer Discounter - haben will ...

Ja diesen Effekt gab es auch im römischen Reich. Das führte dazu, dass die kleineren Betriebe mit der Zeit zurückgingen und die grossen Betriebe zunahmen, was aber letztlich auch eine logische Konsequenz davon ist, dass man sich der Ertragssteigerung und der Effizienz verschrieb. Die Tugenden des tüchtigen römischen Landwirts, welche Cato, Columella, Varro und Co. so hochhielten waren da im Prinzip für die Mittelschicht mehr schädlich denn förderlich. Andererseits mit ihrer Forderung bescheiden zu leben, stellten sie ihren Reichtung micht so zur Schau und vermieden Angriffsflächen für soziale Spannungen. Die Kriege taten ein Übriges, waren übrigesn wohl auch einst die Triebfeder für die Konzentration von Reichtum, Wohlstand und Macht in wenige Hände und den zunehmenden Umbau von den vielen Kleinbetrieben zu immer weniger grossen Ländereien und Grossbetrieben.
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