Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen |
Autor |
Nachricht |
davX Team
Anmeldungsdatum: 08.06.2004 Beiträge: 8494 Wohnort: Schweiz
|
Verfasst am: 07.06.2012 23:13 Titel: Verdauliche Rohfaser statt Stärke |
|
|
Huhu,
ich habe eine interessante Studie entdeckt. Und zwar geht es darum, dass in der Kaninchen-Ernährungsforschung seit längerer Zeit die Rohfasern genauer unterteilt werden in verdauliche und unverdauliche Teile, indem man sie mit den Analysen von van Soest weiter aufschlüsselt. Die Franzosen sind in diesem Bereich sehr fortschrittlich, namentlich Gidenne und Lebas wären da zu nennen.
Gidenne et al. (2004): Impact of replacing starch by digestible fibre, at two levels of lignocellulose, on digestion, growth and digestive health of the rabbit. Animal Science 78: 389-398. (PDF)
Abstract:
Zitat: |
Four diets were arranged using a 2 ✕ 2 factorial design with two levels of lignocellulose, a high ‘HF’ or a low level
‘LF’ (acid-detergent fibre (ADF) = 191 v. 155 g/kg), combined with two levels of starch replacing 50 g/kg of
digestible fibre (DF = hemicelluloses + pectins), a high starch (low DF) ‘HS’ or a low starch (high DF) level
‘LS’ (starch = 193 v. 123 g/kg). Two trials were conducted to measure digestive efficiency and rate of passage,
respectively. A third trial was performed in a network of six French experimental breeding units to measure growth
and digestive health on 507 rabbits per diet. Foods were offered ad libitum from weaning to slaughter.
No significant interactions were detected between the effect of the level of lignocellulose and the effect of starch
replacement by DF, on rabbit digestion, performance or digestive health. A proportional increase of overall food
digestibility (organic matter (OM) or energy) was observed with the decrease of ADF level. When 50 g/kg of DF
was replaced by starch we observed a significant improvement of OM and energy digestibility ( + 0·03 units). The
whole-tract mean retention time of particles was 21 h. It was significantly longer with a lower ADF level ( + 5·4 h
for LF v. HF diets), and it tended to increase when DF was substituted by starch ( + 2·2 h for HS v. LS diets).
Between weaning and slaughter, food intake was mainly affected by the ADF level (139 v. 130 g/day respectively for
HF and LF diets) and to a lesser extent by the replacement of DF by starch (136·2 v. 133·4 g/day, respectively for LS
and HS diets). The weight gain was only slightly higher for high starch (low DF) diets ( + 1 g/day) without an effect
of the ADF level.
Between weaning and slaughter, morbidity and mortality rates (from acute diarrhoea) were significantly reduced
with high-fibre diets (-6 and -4 units respectively), while the replacement of DF by starch had no significant effect.
|
Interessant dabei ist, dass die Rohfaser unterschieden wird nach ihrer Verdaulichkeit:
* Digestible Fibre oder verdauliche Fasern sind die Faserteile, welche gut verdaulich sind, konkret Pektine und Hemicellulosen
* Die wenig verdaulichen Faserteile, sprich Lignin und Cellulosen, bzw. lignifizierte Cellulosen _________________ Degu-Fütterungstagebuch | Degupedia bei Youtube | Meine Degu-Aussenhaltung (Video)
Es preciso conocer el nombre de las plantas para que podamos salutarlas y ellas nos saluden a nosotros. GOETHE
Manche Menschen sind Steine und manche sind Otter. |
|
Nach oben |
|
|
Andreas Kaninchen würden Wiese kaufen
Anmeldungsdatum: 27.02.2009 Beiträge: 1239
|
Verfasst am: 17.06.2012 22:00 Titel: |
|
|
Die Franzosen hatten einen guten Grund, sich eingehender mit den Faserbestandteilen zu beschäftigen: 1997 nahm in Frankreich die so genannte "Mukoide Enteropathie" (ME) ihren Lauf. Das Problem ist, das in Trockenfuttern der Faseranteil relativ gering ist (bezogen auf die Trockenmasse). Außerdem spielt die Herkunft eine wichtige Rolle und die Größe der Faserbestandteile - auch als Struktur (bzw. fehlende Struktur in Pellets) bekannt. In Deutschland hat man seine ganz eigene Art, mit diesem Problem fertig werden zu wollen, denn so weit ich weiß, ist man immer noch auf der Suche nach einem Impfstoff. Dr. Rossi hat sich lange Zeit mit dem Thema beschäftigt. Damit wird natürlich nicht die Ursache beseitigt, sondern nur versucht, die ansteckende Krankheit in den Beständen einzudämmen.
Witzig ist eine Erklärung im Zusammenhang mit der Faser in Pellets ind er Kaninchenzeitung:
"Die Anforderung an Rohnährstoffgehalt, Partikelgröße, Lignin- und Zelluloseanteil sowie die physikalische Darbietungsform machen es problematisch, in der täglichen Praxis der beschriebenen Fütterungsmethoden bedarfsgerecht zu füttern. Eine Möglichkeit, Mindestanforderungen an Rohfasergehalt zu gewährleisten, sind Einzelfuttermittel mit einem definierten Lignin- und Zellulosegehalt. Die Verabreichung derartiger Komponenten in Futtermischungen oder als Einzelfutter ist nahezu unmöglich. Daher hat sich für derartige Wahlmöglichkeiten die Pelletierung als Methode der Wahl gezeigt." (Krieg 2011)
Aaaalsoooo: Heute kommt man auf die Idee, die über 60 Jahre alte Verarbeitungsform "Pellet" als Methode der Wahl anzupreisen, weil sich zeigt, dass das richtige Faserverhältnis nicht eingestellt werden kann. Klasse, oder? Jetzt fragt man sich aber, warum dann unter der Regie von Dr. Hoy neue Briketts entwickelt werden, weil die Verluste bei der Fütterung mit Pellets zum Teil sehr hoch sind. Sprechen sich die zwei Vertreter der WRSA nicht ab, oder was?
Nähere Informationen zur Faser:
http://www.kaninchen-wuerden-wiese-kaufen.de/rohfaser.htm
Krieg (2011): Futterzusatzstoffe und Futterergänzungsmittel. In der Kaninchenfütterung kommt es auf den Energiegehalt an. Kaninchenzeitung 3. 8 - 10. |
|
Nach oben |
|
|
davX Team
Anmeldungsdatum: 08.06.2004 Beiträge: 8494 Wohnort: Schweiz
|
Verfasst am: 19.06.2012 21:42 Titel: Re: Verdauliche Rohfaser statt Stärke |
|
|
Danke Andreas für deine interessanten Ergänzungen und für das amüsante Zitat. Es ist bemerkenswert, wenn es um Fertigfutter geht, dann kommen die Leute auf die seltsamsten Erklärungen, um ihre Standpunkte zu rechtfertigen, die mit etwas Abstand zum Thema fast schon lächerlich klingen.
Mit der Forschung in Deutschland habe ich mich ehrlich gesagt nie grösser auseinander gesetzt, auch weil die Art, wie du sie nun auch beschrieben hast, mich nicht unbedingt sehr anspricht. Die Franzosen scheinen mir da einen pragmatischeren Ansatz zu verfolgen.
Apropos hast du die Kaninchenzeitung eigentlich abonniert?
Um aber nochmals zurück zum eigentlichen Thema zu kommen, zur verdaulichen Rohfaser (digestible fibre), ich habe in der letzten Zeit festgestellt, dass sie auch in der Kleinsäugerernährung allgemein hilfreich sein könnte, die Ernährung einiger Arten besser zu verstehen. Degus sind ein Beispiel, da hiess es ja Jahrelang, Degus hätten eine karge Ernährung und man hatte schon fast den Eindruck, man müsse jegliche Art von Energie verzichten, weil es zu reichhaltig sei. Andererseits bevorzugen sie energiereiche und rohfaserarme Pflanzenteile und sie fressen beachtliche Mengen an Samen und Nüssen (weit mehr als Kaninchen). Mit der verdaulichen Rohfaser haben wir endlich ein Konzept, das verständlich macht, wieso zum Beispiel frische Gräser und Kräuter energiereicher sein können als zum Beispiel Gemüse (sagen wir Wurzelgemüse, da das ja den Ruf hat energiereich zu sein).
Bei Chinchillas ist es offenbar ähnlich, auch bei ihnen dürften verdauliche Rohfaser eine wichtige Rolle spielen und ich könnte mir vorstellen, dass mehr verdauliche Rohfaser und weniger Stärke unter Umständen auch bei diesen Kleinsäuger ein sinnvoller Denkansatz wäre. _________________ Degu-Fütterungstagebuch | Degupedia bei Youtube | Meine Degu-Aussenhaltung (Video)
Es preciso conocer el nombre de las plantas para que podamos salutarlas y ellas nos saluden a nosotros. GOETHE
Manche Menschen sind Steine und manche sind Otter. |
|
Nach oben |
|
|
Murx Pickwick Quoten-Kobold
Anmeldungsdatum: 23.07.2005 Beiträge: 4622 Wohnort: Runkel
|
Verfasst am: 02.09.2012 21:24 Titel: Re: Verdauliche Rohfaser statt Stärke |
|
|
Es ist nicht nur ein sinnvoller Denkansatz, sondern ist letztendlich doch schon längst umgesetzt ... wenn auch teilweise aus dem Bauch heraus. Es wird bei den Pelletfrei- und Pelletwenigverfechtern als Hauptfutter Kräuter, Blüten und Blätter propagiert - also Nahrung, die reich an verdaulicher Rohfaser ist. Dann dürfte sich langsam rumgesprochen haben, daß ein einfacher Apfel mit seinem exorbitant hohen Pektingehalt ein besseres Blinddarmgesellschaftsaufbaufutter ist, wie Bird Bene Bac und Co ... einfach, weil die verdauliche Rohfasern in Form von Pektinen ein prima Päppelfutter für die Blinddarmgesellschaft darstellt. Und auch das deckt sich nahtlos mit diversen Beobachtungen, die selbst von den Pelletverfechtern teilweise preisgegeben werden - eine Apfelspalte, sogar in frisch(!), gilt als ein prima Mittel bei Darmerkrankungen!
Eine wirklich stärkereiche Kost dagegen mit viel Wurzelgemüse und/oder Samen wird eher abgelehnt und zumindest bei den Chinchillaleuten nicht praktiziert. Es wird einfach aus Erfahrungswerten heraus eher zu Ölsaaten geraten - und eben Blattgemüse als frische Zukost propagiert, weniger das Wurzelgemüse bzw inzwischen ist ja sogar der Trend zu diversen Zimmer"kräutern" zu beobachten, Kallisien und Tradescantien gelten bei den Chinhaltern als das absolute Nonplusultra der Frischefütterung - auch aus Erfahrungswerten heraus. _________________ Marx ist die Theorie
Murx ist die Praxis!
Ich habe es endlich amtlich (Mitgliedsausweis der Piratenpartei):
"Der Besitzer dieses Dokumentes ist berechtigt, sich seines Verstandes zu bedienen, Informationen zu produzieren, replizieren und konsumieren, sich frei und ohne Kontrolle zu entfalten in Privatsphäre und Öffentlichkeit.
Behinderung dieser Rechte wird geahndet durch die Piratenpartei Deutschland" |
|
Nach oben |
|
|
davX Team
Anmeldungsdatum: 08.06.2004 Beiträge: 8494 Wohnort: Schweiz
|
Verfasst am: 02.09.2012 22:50 Titel: Re: Verdauliche Rohfaser statt Stärke |
|
|
Danke Murx für deinen Kommentar... gerade bei diesem Thema bin ich besonders froh, dass du dich wieder einmal geäussert hast.
Zitat: |
Es ist nicht nur ein sinnvoller Denkansatz, sondern ist letztendlich doch schon längst umgesetzt ... wenn auch teilweise aus dem Bauch heraus.
|
Genau das habe ich auch das Gefühl. Nur ist halt auch das Verständnis für die Materie, wenn die Leute meinen, sie müssen dann am Futter rumschrauben, da was weglassen, dort zum Beispiel Cobs oder irgend ein Substitutfutter usw.).
Zitat: |
Dann dürfte sich langsam rumgesprochen haben, daß ein einfacher Apfel mit seinem exorbitant hohen Pektingehalt ein besseres Blinddarmgesellschaftsaufbaufutter ist, wie Bird Bene Bac und Co ... einfach, weil die verdauliche Rohfasern in Form von Pektinen ein prima Päppelfutter für die Blinddarmgesellschaft darstellt.
|
Leider nein, gerade in den Foren, in denen es wichtig wäre, fehlt es leider immer noch daran dass in solchen Themen auch Aufklärung geleistet wird. Ich habs mittlerweile aufgegeben, auch weil ich eigentlich nie so intensiv damit zu tun hatte mit den Gesundheitsthemen, abgesehen von ein paar Bereichen. Aber schau dir nur mal die Deguforen an, dann weisst du, was es noch zu tun gäbe... die Gesundheitsecken, ich denk lieber nicht daran. Mit Deguforum International erreicht dann das Problem internationale Dimmensionen, sprich auch dort fehlt es uns an Unterstützung und man beschäftigt sich halt oft mit mehr grundlegenderen Dingen, aber auf der anderen Seite, konnte auch schon viel verbessert werden... was ich sagen will, es gäbe noch wichtige Flecken, bei denen solche Infos helfen könnten. Mein Problem ist bloss, es ist nicht mein Hauptthema, folglich sind Motivation und Überzeugung das rüberzubringen eher beschränkt...
Zitat: |
Und auch das deckt sich nahtlos mit diversen Beobachtungen, die selbst von den Pelletverfechtern teilweise preisgegeben werden - eine Apfelspalte, sogar in frisch(!), gilt als ein prima Mittel bei Darmerkrankungen!
|
Wobei der Zusammenhang wird nicht gesehen.
Zitat: |
inzwischen ist ja sogar der Trend zu diversen Zimmer"kräutern" zu beobachten, Kallisien und Tradescantien gelten bei den Chinhaltern als das absolute Nonplusultra der Frischefütterung - auch aus Erfahrungswerten heraus.
|
Stimmt, da finde ich, haben gerade so Leute wie Angelika sich recht engagiert. Auch Bananen haben sich zu einer beliebten Zimmerpflanze gemausert, zuvor hatte wohl kaum jemand gedacht, dass man sie füttern könne. Meine Erfahrung mit Kalisien und Tradeskantien ist, dass das kriechende Schönpolster oder die gewöhnliche Kalisie (Callisia repens) deutlich weniger robust ist als so manche Tradeskantie. Der absolute Champ bezüglich Wachstum und Robustheit ist definitiv das Rotblatt. Die Meerschweine mögen ihn allerdings nicht so besonders gerne. Sprich er wird schon gefressen, es werden aber oft viel Stängelmaterial liegen gelassen. Mein Favorit dagegen ist die Tradescantia 'green hill', ein doofer Name für die Pflanze, aber sie sieht aus wie eine grossblättrige Kalisie, ist deutlich robuster, wuchsfreudiger und wird offenbar von Meerschweine und Degus (konnte ich gestern testen!) gerne gefressen.
Was ich an Tradeskantien und Kalisien bisher nicht getestet habe sind die Schiffchentradeskantie, die wär übrigens auch eine prima Pfanze, braucht bloss den Sommer über Freigang draussen, sprich viel Sonnenlicht und die Callisia elegans (wird inzwischen einer anderen Art zugerechnet, aber der alte Name ist bekannter und für mich zumindest merkfähiger) steht bei mir auch noch auf dem Todozettel. Auch sie ist recht sonnenhungrig und wächst in schlecht beleuchteten Räumen (Büroräume/Kunstlicht) nur sehr mickrig.
Was die Beliebtheit angeht, so ist zum Beispiel das Zebra-Ampelkraut bei den Meerschweinchen sehr unbeliebt und wird ignoriert:
http://www.degupedia.de/wiki/index.php/Zebra-Ampelkraut
Es scheint also zumindest ausserhalb der Chinchillas gewisse Unterschiede geben bei der Akzeptanz von Kalisien und Tradeskantien. Ich muss an dieser Stelle aber auch noch anmerken, dass es noch verfrüht ist ein umfänglicheres Fazit zu ziehen und ich werde weitere Tests mit den Pflanzen machen. _________________ Degu-Fütterungstagebuch | Degupedia bei Youtube | Meine Degu-Aussenhaltung (Video)
Es preciso conocer el nombre de las plantas para que podamos salutarlas y ellas nos saluden a nosotros. GOETHE
Manche Menschen sind Steine und manche sind Otter. |
|
Nach oben |
|
|
|