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Vergesellschaftung und verhaltensauffällige Tiere

 
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davX
Team


Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 07.08.2011 18:21    Titel: Vergesellschaftung und verhaltensauffällige Tiere Antworten mit Zitat

Hallo zusammen,

ich möchte ein m.E. wichtiges Thema hier mal öffentlich ansprechen, das wahrscheinlich viele von euch auch interessieren dürfte.

Die Vergesellschaftung an sich ist im Prinzip schon kein einfaches Thema, kommen dann noch verhaltensauffällige Tiere dazu, bzw. eigenwillige Tiere, die sich nach herkömmlichen VG-Methoden nicht einfach handhaben lassen, dann stösst mancher schnell an das Ende seines Lateins und die Kreativität ist gefragt. Andererseits habe ich zumindest gemerkt, die Tiere können einem so zwingen, dass man die Vergesellschaftung hinterfrägt, da man das Tier in die VG miteinbeziehen muss und nicht einfach mit einer Methode, die gerade empfohlen wird, verfahren kann. Sie führen uns also wiederum auf die Grundsätze der Vergesellschaftung zurück.

Mich würde interessieren, was ihr für Erfahrungen gemacht habt mit Vergesellschaftungen allgemein und im Speziellen in Bezug auf verhaltensauffälligen Tieren. Gibt es Augenöffner, die ihr erlebt habt? Was sind eurer Meinung nach wichtige Punkte und Überlegungen?

Ich würde mich freuen, wenn Halter von unterschiedlichen Tierarten (Degus, Kaninchen, aber schön wäre auch Meerschweine, Mäuse/Ratten etc.) sich beteiligen würden, dass wir vielleicht auch etwas zu den Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den einzelnen Arten zu sprechen kämen.

Für diejenigen, die es mehr mit Literatur und Quellen haben, dürfen gerne auch theoretische Ansätze, Literaturzitate und interessante Quellen beisteuern - ich hoffe dass wir hier einen breiten Blick auf dieses vielschichtige Thema schaffen können.
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Murx Pickwick
Quoten-Kobold


Anmeldungsdatum: 23.07.2005
Beiträge: 4622
Wohnort: Runkel

BeitragVerfasst am: 07.08.2011 20:33    Titel: Re: Vergesellschaftung und verhaltensauffällige Tiere Antworten mit Zitat

Augenöffner, was VGs angeht, gabs bei mir viele ... allerdings waren es meist die verhaltensmäßig unauffälligen, "normalen", Tiere, die bei mir als Augenöffner wirkten ...

Besonders einschneidend war die Erfahrung mit Goldfleck und Mirage ... diese beiden Häsinnen wurden mit Geschlechtsreife zunehmend aggressiv, insbesondere Goldfleck hatte nachher alles, was sich in Reichweite befand und auch nur halbwegs aussah und roch wie Kanin, zerlegt. Selbst ihre eigenen Jungen hatte sie gerade mal bis zur sechsten, siebten Woche geduldet, danach hatte sie ihre Jungen versucht zu vertreiben ... nunja, die Kaninchen waren allesamt in Buchten untergebracht, meist allein, denn das Aggressivitätsproblem gabs eigentlich bei jedem meiner Kaninchen.
Ich hatte dann irgendwann nen kleines Häuschen für die Kaninchen mit Auslauf drumrum, das Häuschen hatte vielleicht, wenn es hochkommt, 2qm, was da an "Auslauf" drumrumwar, kam vielleicht auf 3qm, mehr war das bestimmt nicht ... ich hatte versucht, dort Goldfleck mit ihrer Mutter zusammenzubringen, nunja, ging schief - Goldfleck fing sofort wie gewohnt an, Mama zu zerlegen, ich mußte trennen ...

Wir zogen um in ein Haus mit Wiese ... viel Wiese ... und einem äußerst löchrigem Zaun und Stützmäuerchen drumrum.
Nach und nach zogen auch die Kanin um, und wie es nunmal so ist, beim Umzug geht viel schief - unter anderem entkamen Goldfleck und ihre Schwester Mirage ... und waren erstmal verschwunden. Zwei Tage später kamen sie glücklich und absolut gut vergesellschaftet wieder ... ausgerechnet Mirage und Goldfleck, die schon anfingen zu beißen und zu kämpfen, wenn sie sich auch nur auf Entfernung gesehen hatten!
Ich hatte gelernt - Kaninchen brauchen Platz, Kaninchen sind Gruppentiere - und das können sie nur dann ausleben, wenn eben der Platz für die Kanin da ist!
Später hatte ich von Goldfleck lernen dürfen, was Platzeinschränkung heißt - ich konnte sie keine vier Stunden in beengten Verhältnissen mit anderen Kaninchen zusammenlassen, dann rastete sie aus. Die kritische Grenze lag bei ihr bei etwa pi mal Daumen über den großen Zeh gepeilt bei vier Quadratmetern, unter dem ging gar nix ... auf der Weide dagegen war sie eine souveräne und äußerst friedliche Häsin, die von sich aus Streitereien der Häsinnen auf der Weide schlichtete. Sie behauptete sich ihr gesamtes übrige Leben als ranghöchste Häsin.
Nix von Verhaltensmacke oder Überaggression - nur zuwenig Platz!
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Wieselchen
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Anmeldungsdatum: 24.09.2008
Beiträge: 254

BeitragVerfasst am: 12.08.2011 17:03    Titel: Antworten mit Zitat

Ich habe bisher nur einmal wirklich vergesellschaftet. Eine sechsergruppe (mk + w) Degus mit vier sechs Wochen alten Babys (w).
Zuerst habe ich die Kleinen eine Weile in dem Gitterteil eines alten Vogelkäfigs in den Käfig gesetzt. Nach der langen Fahrt wollte ich den Kleinen die Möglichkeit geben, sich zumindest ein bisschen zu erholen. Zuerst herschte Aufregung auf beiden Seiten, nach einer Weile beruhigten sich alle und die Kleinen zogen sich in das Heunest zurück um sich auszuruhen. Nach einigen Stunden nahm ich dem Käfig einfach heraus. Der Chef (Tjill) beäugte das Heunest interessiert. Schliesslich ging er hinein. Absolute Ruhe. Ich hatte schon Panik, dass er stillschweigend alle umgebracht hat. Aber nix, er hat sich einfach oben drauf gesetzt und gut war es. Hiernach haben drei der anderen Degus die Kleinen einfach akzeptiert. Eine hat sich sogar sofort als Mutter gefühlt und die Kleinen die ganze Zeit betüdelt. Allerdings gab es zwei Degus, die überhaupt nicht einverstanden waren. Zum einem Lexi, die zweite Chefin, und zum anderen Inki, die in den Wochen vorher öfters mal aufmüpfing gegenüber der Chefin war. Und es waren ihnen auch nicht alle der Babys unwilkommen, sondern nur zwei. Die anderen zwei hatten sich mit ihrer Ersatzmutter in eine Ecke zurückgezigen und gut war es.
Lexi griff die anderen zwei Kleinen aber immer wieder an, wenn sie ihr über den Weg liefen. Und Inki ging teilweise regelrecht auf die Jagt nach den Kleinen (die ihrerseits nicht kleinbeigaben sondern zurückstänkerten). Innerhalb von einer Woche, die ich fast Tag und Nacht neben dem Käfig verbrachte, beruhigte sich die Situation und alle einigten sich irgendwie. Inki und die Kleinen gerieten danach nicht wieder aneinander.
Was mich bei der Vergesellschaftung immer hat hoffen lassen, das alles gut wird, war Tjill. Immer wenn es sehr wild wurde, kamm er an und beobachtete alles sehr aufmerksam. Und wenn er der Meinung war, dass es zu viel wurde, dann griff er ein, und die Situation beruhigte sich.

Ich habe daraus gelernt, wie sehr es auf die Tiere selber ankommt. Auf ihren Charakter. Auf die momentane Situation in der Gruppe. Und auch auf den Chef, der nicht nur einfach Chef ist um zu befehlen, sondern auch um in seiner Gruppe für Ordnung zu sorgen. Bei späteren Streitigkeiten habe ich auch Chefs erlebt, die sich einfach um nichts gekümmert haben, so dass alles eskaliert ist.
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Wieselchen
Freak


Anmeldungsdatum: 24.09.2008
Beiträge: 254

BeitragVerfasst am: 12.08.2011 17:18    Titel: Antworten mit Zitat

Später habe ich zwei mal Wiedervergesellschaftet. Das erste mal war meine Zahnpatientin Momo sehr geschwächt und es gab Streit mit ihrer Schwester, die ihr wohl den Rang streitig machen wollte. Ich habe Momo schliesslich einen Teil des Käfigs abgeteilt, damit sie wieder zu Kräften kommen kann. Dort war sie ca. drei bis vier Wochen, bis das Verhalten am Gitter neutral war.
Danach lebte sie einen halben Tage im Freilauf vor dem Käfig. Ich wollte erreichen, dass die den Freilauf gut kennt und sich sicher fühlt. Um ehrlich zu sein, hatte ich ziemlich Sorge um sie, weil sie alleine gegenüber den neun anderen Degus war. Deswegen habe ich erstmal nur Tjill dazugesetzt. Es gab ein bisschen Streit, dann war es ruhig. Danach habe ich es mit der Schwester probiert. Wie zu erwarten gab es ziemlich viel Zoff und ich hatte schon ernsthaft Angst, bevor es letztendlich einigermassen friedlich war. Nach einer längeren Erholungspause kamen die Schwestern Inki und Feva. Ein bisschen Streitereien und dann Ruhe. Schliesslich kam Lexi. Wieder gab es heftigere Streistereien. Nachdem es bis zum späten Abend ruhig war, öfnete ich die Käfigtür, so dass alle aus dem Freilauf wenn sie wollten in den Käfig konnten. Es gab noch einige kleinere Kabbeleien mit den vier "Babys".
Die Gruppe verschwand nach und nach im Käfig, Momo bleib draussen. So bleib es etwas über eine Woche. Hin und wieder gab es Streitereien, aber nicht mehr so schlimm, dass ich ernsthaft besorgt war. Ich liess den Freilauf stehen, bis Momo schliesslich von selber wieder zu den anderen in den Käfig zog.

Fazit: Durch mein anfängliches Verhalten habe ich glaube ich nur erreicht, dass Momo sich fünf mal in den Kampf stürzen musste. Ich glaube, dadurch habe ich es nur anstrengender für sie gemacht. Es wäre besser gewesen, sie gleich mit allen Degus zu konfrontieren.
Das Verhalten danach fand ich jedoch ziemlich interessant. Es zeigte mir, dass die Degus das mit der Zeit schon regeln, wenn sie den Platz haben und die Möglichkeit, sich aus dem Weg zu gehen. Und sich auch mal so weit zu entfernen, dass sie sich nicht mehr sehen. Und trotzdem nicht eingeengt sind und sich sofort wieder über den Weg laufen.



Später hatte ich dann noch mal eine ähnliche Situation. Wieder musste ich Momo aus der Gruppe nehmen. Diesmal gab es Probleme mit einer der Kleine, die mitlerweile in der Pubertät waren und einige Unruhe verursachten. Dieses mal ging es Momo wirklich sehr, sehr schlecht und ich hatte schon gelaubt, dass sie es nicht mehr schafft. Dieses mal schien es mir auch kein Rangkampf zu sein, sondern ein Vertreibungskampf. Ich glaube, die Kleine wollte nicht, dass die halb tote Momo sich in der Nähe der Gruppe aufhielt. Momo zog also aus und kurz darauf auch Feva, die ebenfalls Zahnprobleme hatte und zwei mal täglich ein starkes Antibiotika bekam. Da es jedes mal riesen Probleme mit dem Einfangen gab, musste ich Feva rausnehmen und in einen kleineren Käfig setzten. Die beiden lebten ca. einen Monat lang in einem neu gebauten Käfigteil im anderen Zimmer (nicht aus taktischen Gründen, es gab nur Zeit und Raumprobleme). Danach lebten sie nochmal ca. einen Monat im unterteilten Käfig mit den anderen. Sandbad und Einrichtung wurde hin und wieder getauscht.
Dann ging es wieder in den Freilauf. Leider konnte ich den Käfigteil von Momo und Feva nicht direkt mit dem Freilauf verbinden. Die beiden lebten dort ca. zwei Tage. Dann öffnete ich einfach den Käfig der Gruppe, so dass diese den Freilauf betreten konnte. Es kam immer mal wieder zu Streitereien. Momo und/ oder Feva mit verschiedenen Gruppenmitgliedern. Die Beiden versuchten immer mal wieder den Käfig zu betreten, wurden aber von ein oder zwei speziellen Gruppenmitgliedern daran gehindert. Ca. zwei Wochen lebten die beiden im Freilauf. Ich began schon zu zweifeln, ob dies tatsächlich die richtige Methode sein. Aber es wurde zunehmend ruhiger und schliesslich zogen Momo und Feva wieder in den Käfig zu den anderen.

Fazit: Ich denke, dass ist eine relativ stressfrei Methode, um Degus zu vergesellschaften. Die Degus haben die Möglichkeit, selber zu entscheiden, wie weit sie gehen wollen. Bei einem nächsten Mal werde ich versuchen, beiden Parteien Zugang zu einem Freilauf zu verschaffen. So dass alle ein wirkliches Rückzugsgebiet haben. Ich denke dies bedeutet weniger Stress, als ständig die Seiten zu tauschen und dann alle in einen Käfig zu sperren, wie es häufig empfohlen wird.

PS: Hier gibt es noch ein paar gesammelte Erfahrungen zu Vergesellschaftungen von Degus:
http://www.degus-online.de/phpbb/viewtopic.php?f=2&t=35424
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schweinsnase77
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Anmeldungsdatum: 18.07.2010
Beiträge: 251

BeitragVerfasst am: 12.08.2011 18:50    Titel: Antworten mit Zitat

@davx: Wie definierst du denn bei meerschweinchen verhatensauffällige Tiere?

Bis auf eine Ausnahme (da hat es nen bischen gedauert) sind in meiner gemischten Großgruppe alle Böcke die sich vorher am liebsten zerfleischt hätten problemslos integriert worden. Abe rich möchte zwei Böcke die sich auf relati wenig Platz nicht verstehen nun nicht unbedingt verhaltensauffällig nennen Cool
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davX
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Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 12.08.2011 19:40    Titel: Re: Vergesellschaftung und verhaltensauffällige Tiere Antworten mit Zitat

Zitat:

@davx: Wie definierst du denn bei meerschweinchen verhatensauffällige Tiere?

Tiere die Probleme haben mit dem Sozialverhalten in der Gruppe.
Hier konnten wir diesbezüglich zweierlei beobachten:
1. Es gab Stress, da das meerschweinchentypische Verhalten fehlte, was andere Mitglieder in der Gruppe irritierte.
2. Es funktionierte prima mit einem ebenso nicht so sonderlich gut sozialisierten Bock, der gerne die anderen Weibchen terrorisierte (bromseln, durch den Käfig jagen usw.). Durch das Ignorieren statt fliehen verlor der Bock jeweils relativ schnell das Interesse und das ging dann.

Im Allgemeinen scheint jedoch die VG bei Meerschweinchen, wenn die Tiere gut sozialisiert, relativ unkompliziert zu verlaufen. Die ganzen VG-Rituale sind denn auch in der Meerschweinchenwelt mehr oder weniger unbekannt.

Zum Rest antworte ich später noch, bzw. führe noch eigene Aspekte zum Thema an. Dazu brauche ich dann doch ein klein bisschen mehr Zeit.
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Saboe
Süchtig


Anmeldungsdatum: 06.01.2006
Beiträge: 68

BeitragVerfasst am: 25.08.2011 18:18    Titel: Antworten mit Zitat

Ein bisschen kann ich auch zum Thema beitragen. Ich habe vor einem Jahr ein Degu-Bock aufgenommen, der mit Männchen absolut unvergesellschaftbar war. Im Alter von ca. einem halben Jahr hat er sich mit seinem Partner (ich glaube sein Vater oder Bruder) zerstritten, es wurde getrennt, wohl hin und wieder nochmal was versucht, aber letztendlich verbrachte er sein zweites halbes Lebensjahr in Einzelhaft. Ich hab mich dann bereit erklärt ihn aufzunehmen, habe ihn kastriert und meinen beiden Weibchen vorgestellt, zunächst mit Trenngitter. Da zeigte sich schon, dass der Knabe mit anderen Degus extrem unsicher war, und zu einem gewissen Grad auch verhaltensgestört. Das übliche, freundliche oder feindliche, Verhalten am Gitter gab es nicht, sondern "Diego" war einfach extrem aufgeregt, sprang pfeifend hin und her, ohne dass das Pfeifen in Richtung der Weibchen ging, sondern einfach für sich führte er einen wirklich seltsamen Tanz auf. Mit den Wochen beruhigte er sich etwas, aber richtig normal war sein Verhalten am Gitter nicht.
Nach der Kastrations-Quarantäne wählte ich dann zuerst meine sehr ruhige und friedfertige Maya aus und setzte sie zu ihm. Maya ist glaube ich auch ein sehr besonderer Charakter, aber im allerbesten Sinne. Sie ignoriert ihr Gegenüber so lange, bis dieses schließlich gar nicht mehr anders kann als mit ihr kuscheln zu wollen. Nur böse gemeinte Atacken wehrt sie ab, wobei sie durch ihre kräftige Statur selten Probleme hat. Sie geht dann aber auch nie auf Angriff, sondern wehrt ab und lässt den (stets unterlegenen) Gegner danach wieder in Ruhe. Reiner Selbstschutz also. Diego jedenfalls fiel in helle Aufregung und sprang - man stelle es sich wirklich bildlich vor! - pfeifend im Viereck. So etwas habe ich wirklich noch nie gesehen. Er pirschte sich geduckt an Maya an, sprang dann urplötzlich auf sie, drehte auf dem Absatz um und sprang wieder pfeifend im Viereck um sie herum. Sicher hätte das ziemlich eskalieren können, aber Maya suchte sich etwas zu fressen und lies den Spinner einfach machen. Diego schien wirklich absolut keine Ahnung von normalem Sozialverhalten zu haben, und ich denke mit den meisten anderen Partnern oder Partnerinnen wäre das sehr schwierig geworden. Mir scheint, er war in einer sehr entscheidenden und viel zu langen Phase seines Lebens allein, was ihm einfach ein Defizit beschert hat. Irgendwann schien er zu begreifen, dass ihm von Maya keine Gefahr drohte, und als sie dann als er ruhiger wurde anfing, ihn am Nacken zu kraulen, schien er mir einfach nur erleichtert zu sein. Ich lies es noch mindestens über Nacht so, wie lange genau weiß ich nicht mehr. Dann kam die wildere und durchaus kampflustigere Inka dazu. Aber zum Glück fing Diego nicht von vorne an, sondern verhielt sich nun normal genug, so dass auch das funktionierte.
Leider ist Diego vor einigen Wochen kurz nach einer weiteren VG an einer Virusinfektion gestorben. Auch bei dieser VG hatte er mit am meisten Stress, vertrug sich aber bereits sehr gut mit den neuen Mädchen, wenngleich auch wieder am Anfang abnormales Verhalten bei ihm zu beobachten war, nämlich das plötzliche Stürzen auf die Neuen (ohne Beißen, einfach nur ein Sprung auf den Rücken, meist von vorne oder von der Seite) und anschließend sofortige Flucht. Aber es ging gut, vielleicht weil die neuen noch recht jung waren. Wie gesagt wärte das Glück leider nicht lange.
Summasumarum würde ich sagen: Auch eine VG mit verhaltensauffälligen Tieren kann klappen, hängt aber dann auch sehr vom Gegenüber ab. Ruhige, friedliche, souveräne und kräftige Tiere wie Maya können wohl am Besten "therapieren". Klappen kann es wohl auch mit körperlich unterlegenen, zurückhaltenden Tieren, wenn sich die Verhaltensstörung nicht darin äußert, dass das Tier "bissig" und agressiv ist. Kritisch dürften aktiv dominante Tiere sein, die ihr Gegenüber unterwerfen wollen, weil je nachdem worin die "Verhaltensauffälligkeit" besteht, das Tier vielleicht nicht in der Lage ist, Demut und Unterwürfigkeit zu signalisieren, oder es schlicht nicht versteht, was von ihm erwartet wird.
Wie so oft kommt es eben immer drauf an.
Lg
Sabine
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davX
Team


Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 28.08.2011 19:42    Titel: Re: Vergesellschaftung und verhaltensauffällige Tiere Antworten mit Zitat

Hallo Sabine,

danke für deinen Beitrag.

Zitat:

Summasumarum würde ich sagen: Auch eine VG mit verhaltensauffälligen Tieren kann klappen, hängt aber dann auch sehr vom Gegenüber ab. Ruhige, friedliche, souveräne und kräftige Tiere wie Maya können wohl am Besten "therapieren". Klappen kann es wohl auch mit körperlich unterlegenen, zurückhaltenden Tieren, wenn sich die Verhaltensstörung nicht darin äußert, dass das Tier "bissig" und agressiv ist. Kritisch dürften aktiv dominante Tiere sein, die ihr Gegenüber unterwerfen wollen, weil je nachdem worin die "Verhaltensauffälligkeit" besteht, das Tier vielleicht nicht in der Lage ist, Demut und Unterwürfigkeit zu signalisieren, oder es schlicht nicht versteht, was von ihm erwartet wird.
Wie so oft kommt es eben immer drauf an.

Das mit dem Therapieren habe ich auch schon von anderen Leuten gehört. Wobei das ja im Prinzip nicht nur auf Tiere beschränkt ist, das Wesen hat einen wichtigen Einfluss auf das Verhalten des Gegenüber: Aktion und Reaktion.
Du sprichst aber noch eine andere wichtige Sache an, die Frage, wann ein Tier nicht mehr vergesellschaftbar ist. Ich glaube das hatten wir auch schon als Thema. Gewisse Tiere sollen sich nicht mehr oder kaum noch vergesellschaften lassen. Das stösst allerdings nicht nur auf Zustimmung, da es auch Leute gibt, die behaupten, man könne alle Tiere vergesellschaften, man müsse nur den richtigen Partner finden. Die Krux dabei ist natürlich, wie will man das beweisen, solange man behaupten kann, dann wars halt nicht der rechte Partner? Gar nicht meine ich, aber man könnte vielleicht Fälle untersuchen, bei denen ein Tier dabei war, das sich selbst nach mehreren Versuchen nicht mehr vergesellschaften liess. Das wäre m.E. sicher auch interessant, wenn es die Möglichkeit gäbe, das in diese Diskussion miteinzubeziehen.

@Wieselchen
Danke für deine VG-Beschreibung. Ich finde sie sehr schön geschildert Smile.
Eigentlich wollte ich ja schon früher schreiben... wie das halt so ist Wink
Das mit deinem Chef zeigt m.E. klar auch welche Rolle die Hierarchie hat. Diese ist wichtig für die Stabilität in einer Gruppe, da ja Streitereien immer dann ein Problem sind, wenn die Rangfolge unklar/instabil ist oder angefochten wird. Wenn der Chef Neulinge in seiner Gruppe akzeptiert, so erleichtert er ihnen die Integration in die Gruppe.

Zitat:

Was mich bei der Vergesellschaftung immer hat hoffen lassen, das alles gut wird, war Tjill. Immer wenn es sehr wild wurde, kamm er an und beobachtete alles sehr aufmerksam. Und wenn er der Meinung war, dass es zu viel wurde, dann griff er ein, und die Situation beruhigte sich.

Das ist übrigens ein natürliches Verhalten. Je weiter die Unterschiede der Rangordnung sind, desto besser die gegenseitige Akzeptanz, denn der Chef muss seine Rangordnung nicht fürchten und kann sich für die Schwachen einsetzen. Dagegen fürchten sich die Rangniedrigen eher um ihren Rang wenn Neulinge kommen, die sich ebenfalls unten einordnen müssen. Logischerweise führt sowas zu Spannungen, aber ein gutes Rangoberhaupt ist um die Harmonie der Gruppe bemüht, gerade wenn er die Neulinge selber akzeptiert. Er wird daher auch sorgen, dass es nicht ausartet und wenn nötig auch einschreiten oder nur schon durch seine Präsenz für Ruhe sorgen.

Der Rest kommt später...
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