davX Team
Anmeldungsdatum: 08.06.2004 Beiträge: 8494 Wohnort: Schweiz
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Verfasst am: 07.06.2014 16:35 Titel: Herbstzeitlose (Colchicum autumnale) |
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Soweit ich sehe, haben wir bisher der Herbstzeitlose hier noch keinen eigenen Thread spendiert.
Kurze Pflanzeninfo:
Die Herbstzeitlose ist eine mehrjährige Knollenpflanze (Geophyt), die vor allem im Herbst durch ihre lila-rosa farbenen Blüten in Wiesen zu finden ist. Im Aussehen sind sie den Krokussen und Safran ähnlich, sind aber nicht näher verwandt: Die Herbstzeitlose gehört zur Familie der Zeitlosengewächse (Colchicaceae), die Krokusse dagegen gehören zu den Schwertliliengewächsen (Iridaceae). Die Blätter sind unscheinbar, lang und dünn, dunkelgrün-glänzend und erscheinen zusammen mit der Fruchtkapsel im Frühling.
Siehe auch: http://www.degupedia.de/wiki/index.php/Herbstzeitlose
Giftigkeit:
In der Giftpflanzenliteratur wird die Herbstzeitlose normalerweise als stark oder sehr stark giftig eingestuft (vgl. Lauber & Wagner 2006). Allerdings ist auch bei der Herbstzeitlose die Giftigkeit umstritten, da es Tiere geben soll, die mit dem Gift besser zurechtkommen sollen als wir Menschen...
Bei den Chinchillas war die Herbstzeitlose auch öfters ein Thema. Allerdings habe ich im Chinforum jetzt nichts gefunden, ausser ein paar neuere Beiträge von Murx, z.B.
http://degupedia.de/board/viewtopic.php?f=12&t=1348&p=19189&hilit=herbstzeitlose#p19189
http://degupedia.de/board/viewtopic.php?f=12&t=808&p=16036&hilit=herbstzeitlose#p16036
http://degupedia.de/board/viewtopic.php?f=57&t=19&p=11960&hilit=herbstzeitlose#p11960
Die älteren Beiträge, die ich im Kopf hatte, drehten sich teilweise auch um Beiträge, die in der Chinchilla Post noch erschienen. In Kurzfassung wurde meines Wissens davor gewarnt, dass im Heu die Pflanze mitgeerntet werden kann und durch die Trocknung ihre Giftigkeit nicht verliere und daher sehr gefährlich wäre.
Zur Giftdiskussion gibt es unter anderem von Nutztieren, in diesem Falle von Ziegen Erfahrungen, dass sie offenbar nicht so giftig sind (wirklich giftig sind bekanntlich Wurzel/Knolle und Früchte, welche dagegen von den Ziegen nicht gefressen würden):
http://www.ziegen-treff.de/forum/rund-um-ziege/haltung-pflege/246-ziegen-fressen-herbstzeitlose-giftausscheidung-ueber-m/
Interessant ist ferner auch der Beitrag von Gottfried Briemle (2000) zur Herbstzeitlose (vergleiche auch Briemle o.J.):
Zitat: |
Wirkung auf Tiere: Vergiftungen erfolgen vorwiegend in spät geworbenem Heu durch Samen, weniger im Herbst durch Blütenaufnahme. Pferd und Schwein gelten als empfindlicher denn das Rind. Nach etwa 3 Krankheitstagen verstirbt die Hälfte der betroffenen Tiere infolge Atemlähmung. Tiere ohne eigene Vergiftungserscheinungen können das Colchicin jedoch mit der Milch ausscheiden, die dann auch dem Menschen gefährlich wird. Erwachsene Rinder und Pferde meiden sie nicht nur auf der Weide, sondern auch im Futtertrog. Deshalb gehen meist nur junge und unerfahrene Tiere daran zugrunde. Schafe und Ziegen sind nach HEGI und BUFF & DUNK gegenüber der Zeitlose weniger empfindlich; sie können sogar ohne Schaden größere Mengen vertragen. Dafür enthält dann die Milch dieser Tiere das Gift. Die Herbst-Zeitlose ist das giftigste und damit gefährlichste Unkraut im Extensiv-Grünland! Auf frischen bis feuchten, zu stark extensivierten Wiesen mit oft nur noch einer Mahd oder einem Mulchgang im Sommer tritt es oft in großen Mengen auf. Die Vergiftungssymptome beim Vieh sind: Geifern, Durst, Erbrechen, Durchfall, Blutharnen, Atemlähmung und Tod. Die meisten Vergiftungen kommen bei Häckselfütterung, bei unerfahrenen Jungtieren, beim ersten Frühjahrsauftrieb oder durch Futterimport bei Vieh aus Gegenden ohne Herbst-Zeitlose vor.
Quelle: Briemle 2000, S. 11. (PDF)
| (Hervorhebungen von mir)
Die Herbstzeitlose als Problempflanze
Wie bereits in Briemle (o.J., 2000) und in Winter et al. (2010a, b) erwähnt tritt die Herbstzeitlose besonders häufig auf den artenreichen, extensiv bewirtschafteten Wiesen auf. Sie war schon anfangs des 20. Jahrhundert ein Problem mit welchem sich mehrere Arbeiten beschäftigten, doch wurde mit der Intensivierung des Grünlandbaus ihre Bedeutung zurückgedrängt und erst in neuerer Zeit durch vermehrte Förderung von Extensivwiesen und ihrer starken Vermehrung und Verbreitung wurde sie wieder vermehrt zum Thema (Winter et al. 2010a, b). Problematisch ist ihre Zunahme weil dadurch die Heunutzung auf Extensivwiesen einschränkt und die Wirtschaftlichkeit dieser Flächen beeinträchtigt wird (Winter et al. 2010b).
Interessant ist wie sehr die Herbstzeitlose auf die Extensivbewirtschaftung abgestimmt ist. Der erste Schnitt erfolgt erst nach dem Absamen (Mai-Juni) nach dem 15. Juni und der zweite Schnitt erfolgt vor dem Erscheinen der Blüten im Herbst (Briemle 2000). Interessant ist auch, dass die Pflanze erst im vierten Jahr blüht (Briemle 2000) und somit eine relativ lange Entwicklungszeit hat, dafür aber sich jährlich verjüngen kann, indem sie ihre Knolle durch eine junge Knolle ersetzt und bei günstigen Bedingungen sich sogar so vegetativ vermehren kann (Winter et al. 2010b). Auch die Samen sind bemerkenswert. Ihr schweres Gewicht ermöglicht eine gute Verbreitung bei der Heuernte: Die Samen werden beim Wenden des Heus auf der Wiese verteilt und fallen durch das relativ schwere Gewicht auf den Boden. Zudem besitzen sie ein klebriges Anhängsel, mit dem sie an den Hufen des Viehs sich anheften können und so über die Wiese verteilt werden (Briemle 2000).
Bekämpft werden kann die Pflanze also durch häufigeren Schnitt (bei Massenvorkommen hilft am besten 2-3 jähriger Frühschnitt), auch Tritt verträgt die Pflanze schlecht. Die sicherste Bekämpfung gemäss alter Literatur ist jedoch das Ausstechen oder Ausziehen der Einzelpflanzen Anfang Mai (Briemle 2000). Dann hat sich die alte Knolle am stärksten verausgabt und man reisst den Jungtrieb oberhalb der Jungknolle ab, wodurch diese und die alte Knolle meist zugrunde gehen, da sich die Knolle nicht mehr regenerieren kann. Wird das 2-3 Jahre nacheinander wiederholt, ist man die Pflanze normalerweise für lange Zeit los, ausser es werden neue Samen mit Hochwasser oder von Vieh erneut verschleppt. Da die Knollen sehr tief (15-20 cm tief) sitzen, kann man diese kaum mit ausgraben und Umbruch des Bodens bekämpfen. Ebenfalls wirksam sind Entwässerung und die Stickstoffdüngung (am wirksamsten mit Gülle oder Jauche), welche nach Beweidung (bzw. Frühschnitt oder Ausstechen) das Absterben der Knollen beschleunigt (Briemle 2000).
Literatur
Briemle, G. (o.J.): Problem-Unkraut Herbstzeitlose und ihre Bekämpfung. LAZ BW (online).
Briemle, G. (2000): Giftpflanzen des Grünlandes – Wirkung auf Nutztier und Mensch, sowie Bekämpfungsmaßnahmen. Bildungs- und Wissenszentrum Aulendorf (LVVG), 24 S. (PDF)
Lauber, K. Wagner, G. (2006): Flora des Kantons Bern. Vom Jura zum Jungfraumassiv - 2000 Blüten- und Farnpflanzen. 4. Auflage. Haupt Verlag, Bern, Stuttgart, Wien.
Winter, S. Penker, M. Kriechbaum, M. (2010a): Die Herbstzeitlose - Eine Problempflanze für Landwirtschaft und Naturschutz? Tagungsband 2010 zur 20. Jahrestagung der österreichischen Gesellschaft für Agrarökonomie, S. 47-48.(PDF)
Winter, S. Penker, M. Kriechbaum, M. (2010b): Die Herbstzeitlose - Eine Problempflanze für Landwirtschaft und Naturschutz? Jahrbuch der österreichischen Gesellschaft für Agrarökonomie 20(2): 221-230. (PDF)
PS: Briemle hatte ich hier schon einmal erwähnt: Blah - grenzenloser Nonsens: Diskussion über Futterwert, Gift und Giftpflanzen
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