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Beitrag: Dosis und Wirkung, LD50

 
   Degupedia-Forum » Bibliothek des Wissens » Beitrag: Dosis und Wirkung, LD50 Alle Zeiten sind GMT + 2 Stunden
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Noraja
Freak


Anmeldungsdatum: 25.04.2010
Beiträge: 663
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 11.05.2010 20:33    Titel: Beitrag: Dosis und Wirkung, LD50 Antworten mit Zitat

Hallo

ich vermisse hier bisher den Eintrag zur Dosis/Wirkung. Das war bei mir normaler Schulstoff am Gymnasium, aber da in der Beziehung auch hier immer wieder ungenaue Angaben liest und der Aspekt in der obligatorischen Schulzeit nicht behandelt wird, fasse ich das Thema hier nochmals kurz zusammen.
Ich hab die Unterlagen nicht hier und meine Schulzeit ist auch schon ein paar Jahre her, aber ich versuch's mal aus dem Kopf. Falls Formeln gewünscht sind, kann ich die in eineinhalb Wochen nachliefern, die liegen in einem Heft bei meinen Eltern.


Paintskizze

Man liest ja immer wieder von der Menge, die nötig ist, um sich tödlich zu vergiften. Wenn genau ist, gibt es diese Menge nicht. Wirkungen auf Dosen sind eine ganz individuelle Sache. Die Hälfte aller Individuen sterben schon bei kleinerer Dosis, die andere Hälfte müssen mehr vom Gift aufnehmen, bis sie sich tödlich vergiften. Das kann - je nach Wirkstoff/Gift auch mal die 100 fache Dosis sein. Nur für einen verschwindend kleinen Teil der Individuen, ist die als LD(50) angegebene Dosis wirklich die Dosis, die genau zum Tode führt.
Je nach dem, wie die Dosis-Wirkkurve aussieht, kann der Fehler klein (orange Kurve) oder aber eben nicht vernachlässigbar sein (blaue Kurve). Im zweiten Fall kann auch schon eine sehr viel kleinere Dosis für einige Individuen tödlich sein.

Das selbe gilt übrigens auch bei Medikamenten. Bei Medikamenten, bei denen die Wirkungskurve weit weg von der vergiftungskurve ist, nimmt man der Einfachheit halber eine Überdosis in Kauf, bei gefährlicheren Medikamenten muss jedoch bei einer niedrigen Dosis begonnen und diese soweit gesteigert werden, bis der gewünschte Effekt eintritt.

In der Schule haben wir die Kurven für unsere Berechnungen jeweils mit einer logarithmischen Normalverteilung approximiert (logarithmisch, da die meisten Sinneserfahrung logarithmisch sind - auch die Wirkung von Medikamenten und Giften). Hab das im Paint zur Veranschaulichung auch mal aufgemalt. Leider ist das ganze ziemlich verwackelt, Lognormaldichtefunktioen sehen eigentlich so aus: http://de.academic.ru/pictures/dewiki/76/Lognormal_distribution_CDF.png

Liebe Grüsse
Lina
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Murx Pickwick
Quoten-Kobold


Anmeldungsdatum: 23.07.2005
Beiträge: 4622
Wohnort: Runkel

BeitragVerfasst am: 12.05.2010 01:23    Titel: Re: die Sache mit der Dosis und der Wirkung Antworten mit Zitat

Danke dir Very Happy

Gibt noch ein paar Argumente gegen die LD50 ... beispielsweise kann ein Laborant das Ergebnis ziemlich verfälschen, in dem er die Tiere ordentlich stresst und damit die LD50 nach unten schraubt ... oder es werden Tiere eingesetzt, die sehr vital sind - und damit die LD50 nach oben geschraubt, je nachdem, was gerade so gebraucht wird ...
Noch ein Punkt ... viele Pflanzenwirkstoffe sind einzeln hochgiftig, in der Pflanze jedoch können sie in großen Mengen aufgenommen werden, ohne das was passiert, weil passenderweise gleich das Gegengift oder die Gegengifte in der vollständigen Pflanze stecken. Isoliert wirken die meisten Wirkstoffe krebserregend (Betacarotin zum Beispiel - wobei das auch nur in Raucherstudien gesichert ist), im Verbund in der Pflanze dagegen sind diese Wirkstoffe wiederum gesund.

Außerdem braucht man zur Ermittlung der LD50 riesige Mengen an Tieren ... und das für ein unsicheres Ergebnis ...
Zelltests sind da weitaus aussagekräftiger und lassen sich weniger fälschen.
_________________
Marx ist die Theorie
Murx ist die Praxis!

Ich habe es endlich amtlich (Mitgliedsausweis der Piratenpartei):
"Der Besitzer dieses Dokumentes ist berechtigt, sich seines Verstandes zu bedienen, Informationen zu produzieren, replizieren und konsumieren, sich frei und ohne Kontrolle zu entfalten in Privatsphäre und Öffentlichkeit.

Behinderung dieser Rechte wird geahndet durch die Piratenpartei Deutschland"
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Noraja
Freak


Anmeldungsdatum: 25.04.2010
Beiträge: 663
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 12.05.2010 16:51    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo

Danke auch dir Smile

Wenn wir schonmal dran sind, ergänzen wir auch gleich ein weiteres, wichtiges Argument:

Der Stoffwechsel von verschiedenen Säugetierarten ist sich zwar sehr ähnlich aber nicht identisch. Aufgrund tierartlicher Besonderheiten muss das, was man an einer Art herausfindet, nicht zwingend für eine andere Art gelten. Die Grössenordnung stimmt zwar meist schon, garantieren kann das jedoch niemand. Wenn eine Ratte eine bestimmte Dosis schadlos übersteht, heisst das nicht, dass ein Mensch oder ein Hund dieselbe Dosis einnehmen kann.

Liebe Grüsse
Lina
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Andreas
Kaninchen würden Wiese kaufen


Anmeldungsdatum: 27.02.2009
Beiträge: 1239

BeitragVerfasst am: 15.05.2010 22:00    Titel: Antworten mit Zitat

Es gibt noch einen weiteren Aspekt: bei Tieren, die ständig Zugang zu (Gift-)Pflanzen haben, steigt die Toleranz.

Ein relativ frei lebendes Tier verträgt wesentlich mehr an bestimmten, als giftig bezeichneten Stoffen, als ein Trockenfutter-/Gemüse-/Heu-Wohnungskaninchen.
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saloiv
Freak


Anmeldungsdatum: 14.03.2009
Beiträge: 400

BeitragVerfasst am: 24.05.2010 01:12    Titel: Antworten mit Zitat

Ich persönlich bin kein Freund von diesen Dosis-Wirkungskurven weil sie einfach nicht die Komplexität des Themas wiedergeben (können).
Gerade sehr wichtigen Themen wie dem Hormesis-Effekt wird auf solchen Grafiken nicht Rechnung getragen.

Wen der Hormesis-Effekt näher interessiert - als Einfügung ist dieser Text recht schön aufarbeitet:
Hormesis - Eine systemdynamische Darstellung

Mich faszinieren immernoch die Zitate zum Thema. Viele Leute können sehr komplexe Sachverhalte extrem gebündelt in einem Satz wieder geben.

Am bekanntesten ist wohl
"Dosis sola venenum facit", der Paracelsus nachgesagt wird.

Hugo Paul Friedrich Schulz und Rudolf Arndt geben mit der Arndt-Schulz-Regel auch ein geniales Zitat weiter...
"Schwache Reize fachen die Lebenstätigkeit an, mittelstarke Reize fördern sie, starke hemmen sie, stärkste heben sie auf."

Die Dosis-Wirkungskurve wird allgemein der Theorie von Paracelsus zugeschrieben, oftmals werden andere Theorien als "Gegentheorien" dargestellt weil sie mit dieser platten Darstellung nicht übereinstimmen. Meine Meinung nach sind es keine "Gegenkonzepte" sondern die Wahrheit ist zu komplex um sie mittels einer Theorie zu ergünden. Die Dosis-Wirkungskurve ist nur der Versuch ein komplexes Thema vereinfacht darzustellen, viele Nuancen oder genauen Differenzierungen werden dabei einfach außer Acht gelassen.

Eine Darstellung der unterschiedlichen Theorien gibt u.a. dieses Dokument: Nicht-monotone Dosis-Wirkungsbeziehungen: Ein Paradigmenwechsel in der Ökotoxikologie?
_________________
Der Weg zur Quelle führt immer gegen den Strom.

Kaninchenwiese - Ernährung für Kaninchen
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davX
Team


Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 24.05.2010 01:58    Titel: Re: die Sache mit der Dosis und der Wirkung Antworten mit Zitat

Ratten sind ein guter Beweis, die solche Tests unter Umständen ad absurdum führen können und zwar wie schon Andreas erwähnte mit der ganzen Gewöhnung. Einerseits verfügen Ratten offenbar über gewisse vererbbare Informationen zur Vermeidung gewisser Gifte und Gefahren sowie erlernte Strategien im Umgang mit solchen, andererseits gibt es wiederum wildlebende Populationen verstreut über den Erdball, die mit verschiedenen lokal vorkommenden Giftpflanzen gelernt haben zurechtzukommen. Ich vermute dass der Trick darin besteht, dass in gewissen Kombinationen sich Giftwirkungen wieder aufheben. Das führt dann beispielsweise auch wieder Tests an einzelnen giftigen Substanzen ad absurdum, wenn diese in der Praxis so nie auftauchen und womöglich in Zusammenhang mit Substanzen auftauchen, welche die Giftwirkung weitgehend aufheben.

Und was auch noch so ein Faktor ist, der Stresslevel, der die Wirkung von diversen Wirkstoffen stark verändern kann:
zum Beispiel Analgetika können ihre Wirkung einbüssen und man muss höher dosieren, was bei Anästesie die richtige Dosierung erschweren kann...
Oder auf der anderen Seite bei Schlangenbisse kann Stress die Wirkung verstärken, so das zum Beispiel nur schon beim Menschen ein Biss von einer Kreuzotter gefährlich werden kann, der sonst in der Regel harmloser ist, als sein Ruf.

Zitat:

Die Dosis-Wirkungskurve ist nur der Versuch ein komplexes Thema vereinfacht darzustellen, viele Nuancen oder genauen Differenzierungen werden dabei einfach außer Acht gelassen.

Nun, das gilt auch in vielen anderen Disziplinen, zum Beispiel in der Chemie mit den Modellen zur Beschreibung von Atome... oder in der Biologie die ganze Systematik der Lebewesen usw. Es wird letztlich versucht mit Modellen sich der Wirklichkeit anzunähern.
_________________
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Es preciso conocer el nombre de las plantas para que podamos salutarlas y ellas nos saluden a nosotros. GOETHE

Manche Menschen sind Steine und manche sind Otter.
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