davX Team
Anmeldungsdatum: 08.06.2004 Beiträge: 8494 Wohnort: Schweiz
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Verfasst am: 12.08.2009 22:16 Titel: Re: Die zeitgemäße Kaninchenfütterung |
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Gut dann übernehme ich das Zitieren, zumindest das Wichtigste:
Die Angaben zum Buch, Titel, Jahr usw.
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Die zeitgemäße Kaninchenfütterung, eine zeitgemäße Betrachtung zur Frage der Kaninchenfütterung unter besonderer Berücksichtigung der wirtschaftlichen und volkswirtschaftlichen Forderungen mit dem Ziele der Leistungssteigerung, Walter Gadsch, Berlin 1942²
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Darum gehts: ein Buch aus der Zeit des 2. WK, auch von Aussehen, Inhalt usw. davon geprägt. Jedoch was alt ist, hat uns auch immer was zu erzählen, verrät uns was über die jeweilige Zeit und ist so gesehen ein interessantes historisches Dokument... beim Thema Fütterung sowieso, weil die Futtermittelindustrie lag damals defakto am Boden, nachdem sie zuvor nach dem 1. WK wieder neu aufgebaut werden musste und sie sich erst gerade wieder erholt hatte.... wer sich für dieses Thema jedoch interessiert, dem sei Karigers Buch über die Geschichte der Mischfutterindustrie eine Empfehlung wert, ich glaube das Erscheinungsjahr war irgendwann Mitte der 1960er.
Insofern erstaunt (mich zumindest) dann eine folgende Aussage nicht (aber gut, ich habe selber mich mit der Geschichte beschäftigt, Kaninchenhalter befragt, die vor 50 Jahren Tiere hielten...):
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Aber das Buch enthält auch sehr interessante Denkansätze zur Kaninchenernährung, weshalb ich es hier eigentlich vorstelle...
Wenn man die Idiologie aus dem Buch entfernen würde, und man es neu drucken würde, dann wäre es wohl eines der modernsten Kaninchenbücher überhaupt. Interessant, dass die heutigen Denkansätze schon damals vorhanden waren...
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Und weiter zum Inhalt vielleicht eine kleine Kostprobe (die mir gerade sympatisch erschien und ich daher herausgreifen möchte):
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Und zum Thema Giftstoffe...
"Gerade beim Kaninchen wurden in den letzten Jahren, besonders durch die Versuche von Dr. Fangauf, Feststellungen getroffen, die erkennen lassen, daß das Kaninchen eine gewisse Immunität gegen verschiedene Giftstoffe besitzt, das heißt diese beim Kaninchen nicht schädlich wirken. [...] Diesen Versuchen ist große Bedeutung beizumessen, weil durch sie die ansich schon große Futtergrundlage noch mehr erweitert werden kann und weil durch die insbesondere ängstlichere Züchter von ihren Vorurteilen gegen Wildpflanzen allgemein befreit werden können. Es ist nicht auszuschließen, daß viele Wildpflanzen, die heute noch ängstlich gemieden werden, ein gutes Futter darstellen, ein gutes Futter für Kaninchen darstellen. In der Praxis besteht Anlass zu Befürchtungen wohl kaum. Das Grünfutter wird wohl stehts gemischt gereicht werden, besonders dann, wenn es sich um gesammelte Wildpflanzen handelt. Jedes Tier das gesund ist, besitzt eine "Witterung" dafür, ob ihm diese oder jene Pflanze bekommt oder nicht. Es lässt Pflanzen, die ihm unbekömmlich sind liegen und wählt die ihm zusagenden aus. Es gibt in der Kaninchenzucht noch sehr viele unberechtigte Vorurteile, die soweit gehen, dass selbst Gemüseabfälle verschiedener Art als ungeeignet abgelehnt werden. Es sei hier nur an die verschiedenen Kohlblätter, Möhrenkraut, Kohlrabiblätter usw. erinnert, die auch heute noch von verschiedenen Züchtern als schädlich abgelehnt werden. Mit diesen Vorurteilen muss gebrochen werden, denn sie sind es, die die Nützlichkeit des Kaninchens schmälern. Man wird in der Praxis sowieso nicht eine Abfallart oder eine Willdpflanze ausschließlich füttern, sondern wird dem Anfall entsprechend immer mehrere dieser Futterarten zugleich verabreichen, so daß also irgendwelche Nachteile nicht auftreten werden. Wollte man den verschiedenen Ratschlägen aus den einzelnen Gegenden Deutschlands folgen, so bliebe von dem wertvollsten Futtermittel, dem Grün, bald nichts übrig. Ich füttere seit Jahren alles, was an pflanzlichen, unverdorbenen Abfällen in Küche und Garten anfällt, und habe noch nie Nachteile feststellen können. Je nach der Jahreszeit wandern also Rhabarberblätter Unkräuter, alle Gemüseabfälle, auch Salatblätter, Tomatenschnitte, Erdbeerranken, Kraut von Frühkartoffeln, Dalienlaub usw. in den Kaninchenstall und werden mit sichtbaren Behagen verzehrt."
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Also auch hier wieder, das was wir eigentlich erst für modern und neu gehalten haben, die Tiere entscheiden quasi selber, was sie fressen. Möglichst viel Vielfalt und wir bekommen robuste Tiere. Aber es ist ja eigentlich nichts neues, nur die FM-Industrie hat uns mit ihren Kampagnen dazu gebracht, dass wir quasi wieder bei Null anfangen: Vertauen in unsere Tiere und naturnahe Fütterung aufbauen, Pflanzen kennen lernen, Tiere beobachten, was wird gefressen, Neues wagen, Fertigfutter ganz schnell vergessen und ihm keine Träne nachweinen... das ist nicht einfach. _________________ Degu-Fütterungstagebuch | Degupedia bei Youtube | Meine Degu-Aussenhaltung (Video)
Es preciso conocer el nombre de las plantas para que podamos salutarlas y ellas nos saluden a nosotros. GOETHE
Manche Menschen sind Steine und manche sind Otter. |
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Andreas Kaninchen würden Wiese kaufen
Anmeldungsdatum: 27.02.2009 Beiträge: 1239
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Verfasst am: 14.08.2009 08:43 Titel: |
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Hallo,
die Bemerkung mit der Fütterung von Getreide in früherer Zeit konnte ich dort einfach nicht so stehen lassen, weil ich das etwas anders in Erinnerung habe :
Der in dem Buch erwähnte Dr. Fangauf hat mit Prof. Dr. Dr. Mangold gemeinsam einige Jahre später das Handbuch der Kaninchenfütterung herausgebracht.
Mangold, E.; Fangauf, R.; Handbuch der Kaninchenfütterung; Neumann Verlag GmbH; Radebeul; 1950
Zitat:
"Getreide gehört zu den hochwertigsten Kraftfuttermitteln, und die heimischen Getreidearten sind den Kaninchen sämtlich zuträglich. So können Weizen, Gerste, Mais und Hafer ohne Einschränkung verfüttert werden, und zwar erstere am besten als Schrot unter die Kartoffelschalen gemischt, der Hafer in ganzer Form trocken. Allein beim Roggen, der nicht sehr gern gefressen wird, muß empfohlen werden, ihn, wenn nicht als Schrot, so in gequollenem Zustand zu verabreichen. Alle Getreidearten werden nach kurzer Gewöhnung gut aufgenommen. Die Brotgetreidearten einschließlich Gerste sind zu wertvoll und auch zu teuer, um sie als Kaninchenfutter empfehlen zu können. Praktisch kommen somit eigentlich nur Mais und Hafer in Frage, sofern es der Preis gestattet. Man lasse sich jedoch durch ein niedriges Angebot nicht verleiten, Getreide mit starkem Schimmelbesatz zu kaufen, denn dieser kann sich nachteilig auf die Gesundheit auswirken. Hafer bildet sowohl hinsichtlich seiner Nährstoffe und seiner diätetischen Eigenschaften als auch seines Preises das ideale Kraftfutter für Kaninchen, so daß die übrigen Getreidearten in der Kaninchenfütterung praktisch ausscheiden. In größeren Zuchtbetrieben, wo nicht ausreichend Küchenabfälle zur Verfügung stehen, muß zur Verabreichung von Kraftfutter auf Handelsfuttermittel zurückgegriffen werden." (S. 80)
Zitat zum Thema Mischfutter:
"Kraftfutter. Dieses ist dadurch gekennzeichnet, daß es besonders nährstoffreich ist und nur einen geringen Raum im Magen und Darm einnimmt. Zu den Kraftfuttermitteln gehören: Das Futtergetreide, die Hülsenfrüchte und Olkuchen, die Abfälle aus der Müllerei, wie Kleien und Futtermehle, die Erzeugnisse der Zuckerfabriken, wie Zuckerschnitzel und Futterzucker, die Nebenprodukte der Brauereien, wie Treber, Malzkeime und Trockenhefe usw. Auch die Brotrinden und ähnliche Küchenabfälle sind als jenen gleichwertig zu betrachten. Ihr Nährstoffgehalt - ob hoch eiweiß- oder kohlenhydrathaltig - richtet sich nach ihrer Herkunft. Das Kraftfutter bildet die Grundlage des Leistungsfutters, d. h. wir geben es an wachsende Tiere, an trächtige und säugende Häsinnen sowie in der Mast." (S. 131)
Vielleicht konnten es sich einige nicht leisten, öfters Getreide zu füttern - für die gibt es aber in dem Buch Anleitungen zum Anbau von Getreide. Ich empfehle dieses Buch oft, eben weil es sehr alt ist - aber merkwürdigerweise werden oft ältere Quellen abgelehnt..."
freundliche Grüße,
Andreas |
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