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Vielzitzenmausarten

 
   Degupedia-Forum » Mäuseverwandte (Myomorpha) » Vielzitzenmausarten Alle Zeiten sind GMT + 2 Stunden
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Tiger
Lästermaul


Anmeldungsdatum: 09.12.2008
Beiträge: 129

BeitragVerfasst am: 22.03.2009 15:53    Titel: Vielzitzenmausarten Antworten mit Zitat

Hallo,

wenn man verschiedenen Quellen glauben schenken kann finden sich in Gefangenschaft sowohl Mastomys natalensis als auch Mastomys coucha.

Nun habe ich auch schon mehrfach von verschiedenen „Linien“ gelesen, wobei es eine aggressive und eine eher scheue Linie geben soll. Auch gibt es wohl Vermutungen bezüglich einem Zusammenhang von Körperbau und Verhalten.

Handelt es sich dabei um Zuchtlinien oder besteht ein Zusammenhang mit der Art? Konntet ihr bei euren Tieren einen Zusammenhang von Charakter und Aussehen beobachten?

Ich hatte bislang keine wirklich aggressiven Tiere, nur wer festgehalten werden musste hat von seinen Zähnen gebraucht gemacht. Von daher habe ich leider keinen Vergleich, würde mich aber sehr interessieren.
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Gruß
Tiger

„Sonderbar: Je mehr man herausfand, desto weniger wusste man.“
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Murx Pickwick
Quoten-Kobold


Anmeldungsdatum: 23.07.2005
Beiträge: 4622
Wohnort: Runkel

BeitragVerfasst am: 22.03.2009 17:17    Titel: Re: Vielzitzenmausarten Antworten mit Zitat

Vermutlich sind alle Vielzitzer, die bei uns gehalten werden, Mastomys coucha. Nachdem, was ich bis heute drüber gefunden hab, läßt sich jedoch nicht ausschließen, daß wir hier Mischpopulationen oder sogar Bastarde zwischen M. natalensis und M. coucha haben ... was sich dagegen als Schädling in Afrika vom Süden her bis zur Sahara ausbreitet, ist Mastomys natalensis. Problem an der Sache: Die beiden Arten unterscheiden sich kaum voneinander, haben jedoch unterschiedliche Biotopansprüche, was die Eine nur in Steppen vorkommen läßt und die andere wiederum zum erfolgreichen Kulturfolger werden läßt.

Was die Bissigkeit der Vielzitzer angeht, die ist sehr stark vom Handling der Eltern und von dem abhängig, wie man sich gegenüber seinen Vielzitzern verhält - selbst Vielzitzer aus bissigen Stämmen werden zahm, wenn man sich viel um sie kümmert und sie von Anfang an an die Hand und das Füttern aus der Hand gewöhnt uns sie vor allem nicht am Schwanz einfängt, ihnen die Schwänze dabei bricht und sie so durch die Gegend schleppt ... gerade bei den Vielzitzern brechen die Schwänze schneller wie bei Ratten und Farbis.

Bei gleicher Haltung kann man jedoch enorme Unterschiede im Charakter feststellen - die einen sind halt bissiger, die anderen weniger bissig, die einen hüpfen einem beim kleinsten Geräusch schon von der Hand und sind dann auf nimmerwidersehen verschwunden, die andern bleiben fast so zuverlässig auf der Hand, wie Farbmäuse - etwas überspitzt beschrieben. Nimmt man aus einem Wurf die bissigsten Vielzitzer, sind die Jungen davon fast alle bissig. Man kann nun per Geschwisterpaarung und Selektion zur Bissigkeit regelrechte Killervielzitzer schaffen, die so ziemlich alles erstmal tackern, bevor sie sich überlegen, ob es die fütternde Hand oder ein reeller Feind ist - ebenso läßt sich jedoch aus so einem Killervielzitzerstamm ohne Probleme über Selektion und über mehrere Generationen friedliche, zahme, ruhige Vielzitzer züchten ... ohne Fremdeinkreuzung.
Bissigkeit ist also auch eine genetische Sache, nicht nur eine Haltungssache.
Für Scheuheit gilt das Gleiche ...

Nun ist es so, daß die bissigen Exemplare oft auch die vitaleren Vielzitzer sind - und je vitaler eine Vielzitzer ist, desto mehr Muttermilch bekommt sie ab und desto eher ist sie tendenziell größer wie ihre Nestgeschwister ... das Gleiche gilt für Scheuheit.

Das ist jedoch nur die Hälfte der Miete, denn wird nur auf Größe hin gezüchtet, hat man sehr oft den Effekt, daß die Tiere insgesamt ruhiger und zahmer werden, wie ihre Artgenossen ... eine Zucht nur auf Größe mindert nämlich die Vitalität und damit hat man tendenziell eben mehr zahme Vielzitzer ... Fruchtbarkeit dagegen erhöht wiederum tendenziell die Vitalität - und damit eben auch die Bereitschaft zu Beißen oder sich rechtzeitig aus dem Staube zu machen.

Wird auf Krankheitsresistenz und Fruchtbarkeit wiederum selektiert, aber man läßt nur Inzucht zu, werden die Mäuse tendenziell kleiner und agiler - und damit nimmt auch die Bereitschaft zuzubeißen zu und sie werden scheuer, da die Vitalität sich erhöht. Hier haben wir also den gegenteiligen Effekt, die Kleineren sind die Bissigeren und Scheueren.

Der Zusammenhang zwischen Größe und Bissigkeit/Scheuheit stellt sich also durch die unterschiedliche Selektion der Züchter und Vermehrer ein ... gerade bei den Vielzitzern kannst du oftmals an den Charaktermerkmalen und Größe gleichgehaltener Vielzitzer aus unterschiedlicher Quelle zurückschließen, nach was unbewußt oder bewußt der Züchter/Vermehrer selektiert hat. Ähnlich wie bei der Ratte braucht es bei den Vielzitzern auch nur wenige Generationen, um aus einer Tackerlinie ne zahme Linie zu machen und aus einer zahmen Linie Tackermäuse zu schaffen ... passende Selektion vorrausgesetzt.
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Marx ist die Theorie
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Ich habe es endlich amtlich (Mitgliedsausweis der Piratenpartei):
"Der Besitzer dieses Dokumentes ist berechtigt, sich seines Verstandes zu bedienen, Informationen zu produzieren, replizieren und konsumieren, sich frei und ohne Kontrolle zu entfalten in Privatsphäre und Öffentlichkeit.

Behinderung dieser Rechte wird geahndet durch die Piratenpartei Deutschland"
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Tiger
Lästermaul


Anmeldungsdatum: 09.12.2008
Beiträge: 129

BeitragVerfasst am: 24.03.2009 16:33    Titel: Antworten mit Zitat

Danke für deine Antwort.

Bezüglich der Arten bin ich aber nun immer noch etwas verwirrt.

Auf Wikipedia steht (ist natürlich nicht so die ganz zuverlässige Quelle):
Zitat:
Die beiden Arten Mastomys natalensis und Mastomys coucha wurden bis in die 1980er als Mastomys coucha zu einer einzigen Art zusammengefasst. Die Unterscheidung erfolgt lediglich auf morphologischen Merkmalen des Schädels und des Phallus sowie aufgrund von Unterschieden bei den Ultraschall-Lautgebungen und den Pheromonen. Allein die Natal-Vielzitzenmaus (Mastomys natalensis) ist zu einem Kulturfolger des Menschen geworden.


Warum sind die VZM in Gefangenschaft vermutlich Mastomys coucha? War es nicht der Kulturfolger, der dann auch als "Haustier" im Wohnzimmer gelanget ist?
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Murx Pickwick
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Anmeldungsdatum: 23.07.2005
Beiträge: 4622
Wohnort: Runkel

BeitragVerfasst am: 24.03.2009 17:53    Titel: Re: Vielzitzenmausarten Antworten mit Zitat

Die Vielzitzenmäuse sind über Tierversuchslabore in Privathand gelangt, nur ein kleiner Teil ging über Wildfänge, welche direkt an die Zoofachgeschäfte verteilt wurden. In den Labors scheint jedoch hauptsächlich M. coucha vertreten zu sein. Daraus folgt auch, daß wir in Privathand hauptsächlich M. coucha haben und nicht M. natalensis. Die beiden Arten lassen sich aufgrund ihrer Chromosomen und Blutzusammensetzung gut unterscheiden - ist nur ein wenig aufwendig, bei jedem erworbenen Viech da so eine Untersuchung machen zu lassen ... Augenrollen

Literatur:
Kruppa TF, Iglauer F, Ihnen E, Miller K, Kunstyr I. (1990): Mastomys natalensis or Mastomys coucha. Correct species designation in animal experiments. Tropical Medicine and Parasitology: official organ of Deutsche Tropenmedizinische Gesellschaft and of Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ);41(2):219-20

(Dieser kuriose Deutsch-Englisch-Mix ist keinesfalls nen Schreibfehler von mir, dieses Journal heißt so ... )

Ach ja ... ich hab immer noch nix drüber gefunden, inwieweit die beiden Arten kreuzbar sind oder auch nicht ...
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Tiger
Lästermaul


Anmeldungsdatum: 09.12.2008
Beiträge: 129

BeitragVerfasst am: 27.03.2009 00:43    Titel: Antworten mit Zitat

Es würde mich ja schon sehr interessieren, was genau ich da habe. Nur so einer kleinen Maus Blutabnehmen zu lassen wäre ja auch nicht so nett, zumal meine TÄ mich lynchen würde... Very Happy

Wird denn irgendwo erwähnt, warum man sich für M. coucha entschieden hat?
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Murx Pickwick
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Anmeldungsdatum: 23.07.2005
Beiträge: 4622
Wohnort: Runkel

BeitragVerfasst am: 27.03.2009 08:32    Titel: Re: Vielzitzenmausarten Antworten mit Zitat

Man hat sich für M. natalensis entschieden, weil die grad günstig waren und es stellte sich später eben durch diese Bluttests Jahre später raus, daß es M. coucha war ... Very Happy

Kurzum, es müßte tatsächlich systematisch drauf untersucht werden, die beiden Arten sind so kaum voneinander zu unterscheiden. Wenn es dann auch noch möglich ist, die beiden Arten mit fruchtbaren Nachkommen miteinander zu verpaaren, kann man davon ausgehen, daß wir in Hobbykreisen nur Bastarde haben ...
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