Murx Pickwick Quoten-Kobold
Anmeldungsdatum: 23.07.2005 Beiträge: 4622 Wohnort: Runkel
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Verfasst am: 30.11.2008 14:03 Titel: Futterkombination bei Kaninchen |
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Was ich hier schreibe, dürfte bisher noch nirgendwo berücksichtigt sein, zumindest hab ich das bisher noch nie nicht nirgendwo gelesen ... es geht hier also nur um meine eigenen Beobachtungen an meinen Kaninchen.
Leider ist es nun so, daß die Verifizierung fehlt ... es müßte also nun ergänzt und berichtigt werden von anderen Kaninchenhaltern, die ähnliches beobachten oder bei denen bestimmte Kombinationen selbst bei entsprechendem Futterangebot nicht auftreten.
Ich vermute sehr stark, daß die Fähigkeit zum Kombinationsverhalten bei Kaninchen zwar angeboren ist, jedoch die einzelnen Kombinationen erst gelernt werden müssen - und innerhalb einer Kaninchengruppe gegenseitig abgeschaut wird. Es ist also möglich, daß meine beiden Gruppen Kombinationen gefunden haben, die für Kaninchen generell ungewöhnlich sind.
Solche Kombinationen sind nur bei einer ad lib Fütterung von Frischfutter mit genügender täglicher Pflanzenvielfalt zu beobachten. Werden Kaninchen mit Frischfutter zu kurz gehalten, fangen sie relativ schnell an, wie die Staubsauger alle wasserhaltige Kost in sich hineinzustaubsaugern, nach wenigen Wochen schon versuchen sie entstandene latente Mängel durch den Verzehr für sie ungeeigneter Nahrung auszugleichen. Beobachtet werden in der Heufraktion solche nahrhaften Futterergänzungen wie Lippenstifte, Schokolade, Staniolpapier, giftige Zimmerpflanzen usw usf ...
Es ist möglich, daß auch andere Tiere solche speziellen Kombinationen zeigen, es jedoch bisher nie so aufgefallen ist. Daß über geschickte Kombination Giftstoffe verdünnt und Nährstoffe kombiniert werden, ist dagegen schon seit Jahrzehnten in diversen Publikationen für Wildtiere bekannt.
Gut, fang ich mal an ...
Rotbuche - Luzerne
Rotbuche wird an sich nur wenig gefuttert, ebenso Luzerne.
Werden beide Pflanzen gemeinsam angeboten, wird zuerst die Rotbuche gefressen, dann Luzerne, dann wieder Rotbuche, dann wieder Luzerne - also immer im Wechsel. Dabei werden von der Rotbuche erst die Blätter gefressen, im weiteren Verlauf der Nacht dann allerdings auch die Rinde geschält, auch wenn noch genügend frische Blätter an der Rotbuche vorhanden sind.
Wechselt man die Rotbuche gegen frisch geschnittene Rotbuche aus, sobald angefangen wird, die Rinde zu schälen, werden die Blätter weiterhin nur noch wenig gefuttert und weiterhin die Rinde geschält.
Selbst bei genügendem Angebot anderer eiweißhaltiger Pflanzen und weiterer Kräuter, die sonst viel gefressen werden, wird bedeutend mehr Luzerne gefuttert wie normal. Einige meiner Kaninchen kamen auf die achtfache Menge Luzerne in einer einzigen Nacht!
Dieses Freßverhalten hielt solange an, wie Rotbuche und Luzerne gemeinsam angeboten wurden ...
Mögliche Erklärung:
Rotbuche enthält einen hohen Anteil an Gerbstoffen, sowohl in den Blättern als auch in der Rinde. Weiterhin scheint der hohe Ligningehalt der Rinde eine Rolle zu spielen.
Die Gerbstoffe hemmen sowohl das Zerlegen von Eiweißen in Aminosäuren als auch die Aufnahme von Aminosäuren über die Dünndarmwand. Sie behindern also die Eiweißaufnahme (eigentlich die Aminosäurenaufnahme, denn nur wenige Eiweiße sind so klein, daß sie über spezielle Transporter der Dünndarmschleimhaut doch durch die Dünndarmwand geschleust werden könnten).
Luzerne enthält einen hohen Gehalt an einem Trypsinhemmer. Wie alle Enzyme, ist auch dieses ein Eiweiß. Es scheint so klein zu sein, daß es durch die Dünndarmschleimhaut im intakten Zustand eingeschleust werden kann - hier wird durch die Aktivität des Trypsinhemmers unter anderem die Synthese von etlichen Blutbestandteilen behindert. Das Blutbild verändert sich stark.
Luzerne ist dadurch leicht giftig ...
Offenbar wird mit dem Aufnehmen erhöhter Mengen Gerbsäuren über die Rotbuche der Verdauunstrakt auf die Luzerne vorbereitet. Der Trypsinhemmer ist recht stabil, er kann nicht zerlegt werden, dafür jedoch die anderen Eiweiße der Luzerne - und Luzerne ist sehr eiweißreich. Gerbsäure funktioniert nicht so gut in stark saurem Milleu, wie es der Magen darstellt - die Eiweiße der Luzerne werden also vermutlich im Magen schon fast vollständig in Aminosäuren zerlegt - die Aufnahme des Trypsinhemmers über die Dünndarmwand dagegen wird von der Gerbsäure zuverlässig behindert, so daß Gerbsäure und Trypsinhemmer über den Kot ausgeschieden wird.
Da Luzerne noch andere giftige Substanzen enthält, die bei übermäßiger Aufnahme zu einer Darmreizung und damit zu Durchfall führen können, wird offenbar mit dem Lignin der Rotbuche versucht, diese Darmreizung auszuschließen - so kann noch mehr von dem guten Eiweiß der Luzerne genutzt werden - ungestraft von irgendwelchen Fraßschutzstoffen, wie Trypsinhemmer und darmschleimhautreizenden Substanzen.
Mehlsaaten - Eicheln - Baumrinde
Je mehr Mehlsaaten gefressen werden, desto mehr Baumrinde wird gefressen. Sind zusätzlich Eicheln im Angebot, wird weitaus weniger Baumrinde geschält, wie zu erwarten wäre und es werden mind. ebenso viele Eicheln gefressen, wie Mehlsaaten.
Sind nur Eicheln vorhanden, wird keine Baumrinde geschält.
mögliche Erklärung:
Mehlsaaten und Eicheln enthalten viel leicht verdauliche Stärke. Eicheln enthalten zusätzlich viel Gerbsäuren. Weiterhin besteht die Schale der Eicheln aus Lignin, die Spelzen und Schalen der Mehlsaaten dagegen größtenteils aus Cellulosen und Hemicellulosen.
Auch könnte der Gehalt von bakteriziden und fungiziden Stoffen in Eicheln und Baumrinde eine Rolle spielen.
Rinde enthält viel Lignin und Gerbstoffe.
Ausgewachsene Kaninchen können zwar gut leicht verdauliche Kohlenhydrate verdauen, ihre Darmgesellschaft kann das jedoch auch ... gerade, wenn große Mengen an leicht verdaulichen Kohlenhydraten gefressen werden, besteht somit die Gefahr, daß speziell Bakterien und Hefen im Dünndarm einwandern und sich an dem für sie förmlich zugeschnittenen Nahrungsbrei mit vielen Zuckern laben - und für die Kaninchen letztendlich kaum mehr etwas übrigbleibt von der vielen Energie, weil diese, bevor sie überhaupt nen Zuckertransporter in der Darmwand erreicht, schon von den Bakterien aufgemampft wurde.
Viele Hefen und Bakterien produzieren als Dank für eine derartig nahrhafte Speise große Mengen an Gasen (Methan, Ethan, Kohlenmonoxid, Kohlendioxid), Säuren (hier hauptsächlich Milchsäure) und Alkohole (Methanol und Ethanol). Während speziell Methanol giftig ist und zudem auch noch gut von der Darmschleimhaut aufgenommen werden kann, sorgen die Gase wiederum für einen schlechteren Transport des Nahrungsbreies - gut für die Bakterien, schlecht für die Kaninchen, die nun Blähungen bekommen.
Lignin wiederum ist für Kaninchen ein Ballaststoff, er erhöht die Geschwindigkeit des Nahrungsbreies wiederum. Vermutlich halten verschiedene Bakterizide und fungizide Stoffe in der Rinde und der Eichel zudem die Bakterien und Hefen im Dünndarm in Schach, diese werden einfach in ihrem Wachstum, ihrer Vermehrung gehemmt und durch das Lignin aus dem Dünndarm geschoben.
mach später weiter ... hab hier noch ne Menge zu tun, wozu ich Licht brauche ... _________________ Marx ist die Theorie
Murx ist die Praxis!
Ich habe es endlich amtlich (Mitgliedsausweis der Piratenpartei):
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