davX Team
Anmeldungsdatum: 08.06.2004 Beiträge: 8494 Wohnort: Schweiz
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Verfasst am: 17.12.2018 09:58 Titel: Pflanzen fuer Heimtiere |
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Huhu,
ich bin kürzlich beim Aufräumen auf alte Notizen gestossen, die ich mir damals machte zum Buch von Marlies Busch "Taschenatlas Pflanzen für Heimtiere: gut oder giftig?", erschienen beim Eugen Ulmer Verlag. Die erste Buchkritik, die ich damals im Rahmen des Herbivora Chilena Reports veröffentlichte, stammte aus dem Jahre 2010... das Buch ist also alles andere als taufrisch (zumindest die Notizen zu der Auflage, auf die sich diese Notizen beziehen).
Nun sind die Notizen alt und es kann sein, dass vieles nicht mehr stimmt, sprich in neueren Auflagen überarbeitet wurde. Ich lasse es aber mal hier als Zeitdokument und für Anregungen und zur Dokumentation von der Eignung einiger Pflanzen als Futter.
Mein damaliges Urteil war, dass viele Informationen falsch oder ungenau seien und das Buch nicht sehr hilfreich sei. Ich weiss jetzt nicht, ob die Notizen vollständig sind, aber ich denke, sie geben einen guten Einblick, wie ich damals auf diese Einschätzung kam. Auffällig fand ich damals auch, dass vieles, was damals so empfohlen wurde dann für Chinchillas als nicht geeignet eingestuft wurde, was auch aus langjähriger Moderation von Chinchillaforen und Erfahrungsaustausch mit Grünfutter oft auch einfach nur unzutreffend war.
Das Buch hatten wir bereits schon hier kurz diskutiert:
Gras sammeln
Meerschweinchenernährung
Hier kommt das gute Stück (die Quellen habe ich nachträglich noch ergänzt, z.B. zum Weissklee und zu den Ampfern). Zur Erklärung dann noch meine verwendeten Symbole:
(?) bedeutet fraglich oder unklar
(!) bedeutet bemerkenswert fragwürdige Aussage
(!!) bedeutet sehr fragwürdige oder falsche Aussage
Punkte in Klammern bedeutet, dass man sich darüber streiten kann, ob man das als falsch betrachtet und/oder dass es nur von geringfügiger Bedeutung ist
Aussagen ohne sonstige Kennzeichnung müssen nicht zwingend falsch sein, ich habe teilweise auch Punkte aufgenommen, wo ich Praxiserfahrungen gemacht habe, die im Buch nicht erwähnt werden oder eine interessante Ergänzung wären.
Zitat: |
Buchkritik:
Pflanzen für Heimtiere / Ulmer
- Bärenklau: stark giftig (gemeint sei Riesenbärenklau). Anm. fragwürdige Einschätzung, zudem kein Hinweis auf den gewöhnlichen Bärenklau (essbar!)
- Bärlauch: stark giftig. Anm. Zwiebelgewächse werden in kleinen Mengen vertragen (Schnittlauch, Lauch usw.)
(- Kanadisches Berufkraut: als Futter geeignet. Anm. je nach Tierart unterschiedliche Akzeptanz
- (!) Boretsch: als Futter gut (Anm. OK), für Chinchillas aber ungeeignet (Anm. Wieso??)
- (!) Brennessel: als futter sehr gut (Anm. OK), starke Heilwirkung der Blätter... eher Heilkraut denn Futter (Anm. fragwürdige Aussage, es ist gutes Futter, Winterfutter, Punkt!)
(- (?) Dill: Heilmittel, geringe Mengen)
- (??) Persischer Ehrenpreis: schwach giftig, Blüten halluzinogene Wirkung... nur ganz geringe Mengen füttern (Anm. Quellen? Es gibt meines Wissens keine seriöse Giftpflanzenliteratur, welche den Ehrenpreis listen würde)
(- Kanadische Goldrute: Erfahrungen fehlen. Anm. was wissen wir dazu?)
(- Holunder: giftig, als Futter geeignet. Anm. Erfahrung: wird nicht gefressen)
- Hundsrose: weder giftig noch nutzbar (Anm. Praxisbezug? Hagebutten/Rosen werden in der Regel recht gerne gefressen)
- (?) Johannisbeere: Früchte stark glucosehaltig (Anm. Witzbolde, Glucose=Traubenzucker, ist somit neben Fruchtzucker ein wichtiger Bestandteil von süssen Früchten. Mir wäre nicht bekannt, dass die Früchte der Johannisbeere da in irgendeiner Weise stark von anderen Früchten sich unterscheiden würden) @TODO wie ist die Empfehlung im Buch?
- (!) Kirsche: Warnung Steinobst enthalte Blausäure. Anm. Nur Samen enthalten Blausäurevorstufe in Form von Cyanogene Glykoside. Degus knacken sogar die Kerne, kleine Mengen sind unbedenklich.
- (?) Weissklee: junge Pflanzen enthalten cyanogene Glykoside. Anm. Die Aussage ist zwar nicht falsch, zumal bei Weissklee die Aktivierung der Blausäureglykoside abhängig ist von Allelen zweier unabhängiger Loci, dem Ac Locus und dem Li Locus. Der Li Locus ist dabei zuständig für das Enzym Linamarase, welches cyanogene Glykoside wie Linamarin oder Lotaustralin erst aktiviert. Sowohl die Glykoside wie auch die Linamarase kommen bei Weissklee erst beim Wachstum junger Triebe in nennenswerter Menge vor (vgl. Huges 1991: 106; Poulton 1990: 403). In gängiger Giftpflanzenliteratur findet man kaum etwas zu diesem Thema, es könnte dennoch eine Erklärung sein, wieso sehr junges Klee am Anfang der Grünfuttersaison so problematisch sein kann, gerade wenn sich die Tiere noch nicht an das frische Grün gewöhnt haben.
- (?) Gartenkresse: Kreuzblütler lagern oft Nitrat in grossen Mengen ein, Vergiftung, nur geringe Mengen. Anm. Die Nitrateinlagerung ist abhängig von starker Düngung des Bodens und ist in der Regel ein Problem zu intensiver Bewirtschaftung.
(- Mahonie Anm. Beeren sind bei Degus offenbar nicht beliebt)
- (!) Wilde Malve: schwach giftig. Nagetiere vertragen Malve nicht sehr gut. Anm. wird aber sehr gerne gefressen. Die Aussage ist ziemlich praxisfern.
- Klatschmohn enthält Opiumalkaloid, stark giftig. Giftwirkung bleibt im Heu, insbesondere Blütezeit und Samenbildung seien problematisch. Anm. das stark giftig kann zwar auf die Opiumalkaloide gemünzt werden, doch Klatschmohn, der in grösseren Mengen doch eher schwierig zu sammeln ist, stellt daher weder eine besonders wichtige Futterpflanze dar, noch ist bekannt, dass er tatsächlich zu grossen Problemen führt, zumindest bei Nagern, die in der Regel für solche Pflanzengiften teilweise recht wirksame Entgiftungsmechanismen entwickelt haben.
- (!!) Pflaume: stark giftig, strittig sei, ob Zweige Amygdalin enthalten. Anm. die Zweige sind praxiserprobt und es soll in den Zweigen keine nennenswerte Mengen an Amygdalin geben, was in der Regel auch nicht sehr sinnvoll wäre. Dieses kommt hautsächlich im Samen vor und dient davor, dass dieser auch zerbissen (=zerstört) wird und damit die Vermehrung der Pflaumen beeinträchtigt wird (es sollen ja nur die Früchte gefressen werden und die intakten Samen mit dem Kot der Tiere weiterverbreitet werden -> Zoochorie)
- Rainfarn: stark giftig (Thujon), Giftigkeit jedoch standortabhängig. Anm. wird in der Regel nicht gefressen (Geschmack)
- Rosmarin: giftig, als Futter geeignet (Anm. wieso der Hinweis dann, dass es giftig wäre und weshalb soll er giftig sein? Fehlender Kontext)
- (!!) Wiesensalbei: stark giftig, ebenso Gartensalbei. Anm. in der Praxis wird er teilweise gerne gefressen, der Geschmack reguliert da offenbar die Futteraufnahme. Die Einschätzung, dass er stark giftig wäre, entbehrt jeglicher Grundlage, sowohl was die Fütterungspraxis angeht, als auch was gängige Giftpflanzenliteratur über Salbei zu berichten weiss.
- Sanddorn: als Futter gut. Anm. Beeren sind sehr sauer und zumindest bei Degus wenig beliebt. Das Laub wird teilweise gefressen
- (!) Sauerampfer: schwach giftig, nur kleine Mengen. Anm. in der Praxis wird sie gerne gefressen, der Geschmack reguliert dabei die Akzeptanz. Ältere Pflanzen sind oft weniger schmackhaft, auch kommt es noch auf die Art der Ampfern an. Zudem gibt es verschiedene Ampfern, die vom Menschen seit Langem als Nahrung (Salat, Spinat/Gemüse) genutzt werden, zum Beispiel Blutampfer oder in den Alpen auch insbesondere die Alpenampfer neben anderen Ampfernarten (vgl. Machatschek 2007).
- (!) Ackerschachtelhalm: giftig. Anm. in der Praxis ist es ein beliebtes Futter. Zudem wäre es fahrlässig diese gesunde Nahrung gerade bei Nagetieren wegzulassen, da seine positiven Eigenschaften für die Zahnpflege ein wichtiger Faktor sind für die Gesundherhaltung der Zahngesundheit der Nagetiere, welche bei vielen Arten eine der häufigsten Krankheiten darstellt (in der Regel verursacht durch falsche Ernährung)
Literatur:
- Huges, M.A. (1991): The cyanogenic polymorphism in Trifolium repens L. (white clover). Heredity 66: 105-115.
- Machatschek, M. (2007): Nahrhafte Landschaft. Ampfer, Kümmel, Wildspargel, Rapunzelgemüse, Speiselaub und andere wiederentdeckte Nutz- und Heilpflanzen. 3. Auflage. Böhlau Verlag, Wien.
- Poulton, J.E. (1990): Cyanogenesis in Plants. Plant Physiol. 94: 401-405. http://www.plantphysiol.org/content/plantphysiol/94/2/401.full.pdf
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Manche Menschen sind Steine und manche sind Otter. |
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