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Diese deutschen Parteien sind Kleinsägerfeindlich

 
   Degupedia-Forum » Kultur: Mensch, Tier, Natur » Diese deutschen Parteien sind Kleinsägerfeindlich Alle Zeiten sind GMT + 2 Stunden
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Anmeldungsdatum: 08.06.2004
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BeitragVerfasst am: 29.06.2013 11:40    Titel: Diese deutschen Parteien sind Kleinsägerfeindlich Antworten mit Zitat

Huhu,

ich nehme einen aktuellen Artikel aus der Rodentia zum Anlass, das Thema hier anzusprechen. Anlass das Parteiprogramm der deutschen Parteien etwas genauer zu betrachten ist das aktuelle Wahljahr und der populär gewordene Aktivismus vieler Parteien zusammen mit radikalen Tier"schutz"organisationen die Haltung von sogenannten "Exoten" oder "Wildtiere" massiv einzuschränken oder gar zu verbieten. Dass davon auch beliebte Tierarten wie Degus betroffen sein können, zeigt die aktuelle Novelle in den Niederlanden: Ab 2014 stehen dort Degus auf der Verbotsliste.

Die schlechte Nachricht vorab, die meisten Parteien stehen Kleinsäugern, "Exoten", "Wildtieren" usw. wenig wohlgesonnen gegenüber, die Qual der Wahl ist daher nicht einfach.

Ich werde hier jetzt nicht gross ins Detail gehen und beschränke mich auf das Wichtigste.

SPD
Das Wahlprogramm ist unmissverständlich und erwähnt den Wille, den Handel und die Haltung von Wildtieren und exotischen Tieren zu regulieren, der Import von Wildtieren soll gar verboten werden und ebenso gewerbliche Tierbörsen. Der Wortlaut erinnert stark an Forderungen populistischer Akteure wie Peta oder Deutscher Tierschutzbund.

Grüne
Zum Parteiprogramm gehören die Forderung von einem Fachkundennachweis und diffuse Äusserungen zu einem besseren Schutz von Wildtieren, welcher die Haltung solcher Tiere im Zirkus verbiete und die Zootierhaltung restriktiver regle, dazu sollen der Import von Tieren und die private Haltung durch eine Positiv-Liste gedeckelt werden (sprich man will ein Verbot wie in den Niederlanden) und Wildtierbörsen verbieten.
Die Forderungen sind also ähnlich radikal wie bei der SPD.

CDU
Die CDU gibt sich pragmatisch und erklärt, dass die Halter über die erforderlichen Kenntnisse verfügen müssten und diese gegebenenfalls nachweisen können müsse. Dies sei in der Regel ausreichend um Tiere gut und sachgerecht zu halten.

FDP
Sistermann erwähnt hier den Bereichsleiter Dialog Thomas Diener mit den Worten, dass sich die FDP für eine tiergerechte und die Tiergesundheit und -ernährung fördernde Haltung einsetze. Sie dies gewährleistet, so sei für die Partei alles in Ordnung.

Die Linke
Gemäss Wahlprogramm will die Linke einen konsequenten Schutz wild lebender Tiere und will dafür deren Haltung in Haushalten untersagen. Was hier in einem Satz zusammengepackt daher kommt, nimmt Sistermann zum Anlass, das Ende der Tierhaltung daraus abzuleiten. Dem gegenüber steht allerdings die knappe Erwähnung in einem Satz, was aber nicht heisst, dass die Sache damit nichtig wäre. Es gibt durchaus Berührungspunkte zwischen linken Strömungen und extremer Tierrechts- und Tierberfreiungsströmungen, die hier vermutlich auch durschimmern dürften. Man sollte das also durchaus ernst nehmen.

Piratenpartei
Auf diese Partei geht Sistermann nicht ein, wohl weil sie gemeinhin immer noch mehr belächelt, denn wirklich ernstgenommen wird, vielleicht auch weil sie noch kein gefestigtes Profil hat und in Politlandschaft eher als Sammelbecken für Unzufriedene aufmischt, statt dass sie sich an politischen Entscheiden schon beteiligen kann, was sicher aber eine Frage der Zeit sein dürfte. Die Tierhaltung ist kein Kernthema der Partei und wird nicht explizit erwähnt. Aber das Programm lässt unmissverständlich verstehen, dass die Politik der Piraten auf Freiheit und Verantwortung setzt, welche sinnvolle Regulierungen bevorzugt statt Repression und Verbote. Insofern passen da Verbote in der Tierhaltung sicher nicht dazu.

Politischer Kontext
Klassisch wird die Politik unterteilt in Gesellschaft und Staat/Wirtschaft, die Parteien haben in diesen Bereichen in der Regel eher eine liberale oder konservative Haltung. Linke Parteien gelten tendenziell eher als gesellschaftlich liberal und wirtschaftlich konsevativ, bürgerliche Parteien gelten eher als wirtschaftlich liberal und gesellschaftlich konservativ. Die Tierhaltung wäre insofern in dem gesellschaftlichen Bereich angesiedelt bei den Freizeitsaktivitäten. Artenschutzthemen wiederum sind sowohl gesellschaftlich als auch wirtschaftliche Themen, wobei der gesellschaftliche Teil wohl überwiegen dürfte, denn das Thema steht und fällt mit der Einstellung der Bevölkerung, der Aspekt des Nutzen und der Ausbeutung braucht letztlich auch einen gesellschaftlich geschaffenen Bedarf. Insofern müsste eine linke Politik, welche diesen Namen verdient, der Tierhaltung eher offen gegenüberstehen oder zumindest lösungsorientiert.

Das Interessante daran ist, dass linke Parteien und die Grünen, welche eher als gesellschaftlich liberal gelten, in Deutschland nun nach Regulierung und Repression rufen, während bürgerlich-konservative Parteien wie die CDU sich überraschend liberal geben. Einzig liberale Parteien wie eine FDP oder Piratenpartei scheinen sich treu zu bleiben.

Woran liegt das? Ich will hier nur ein paar Aspekte anfügen, um hier nicht noch weiter auszuschweifen. Nicht zu übersehen ist sicher die Lobbyarbeit von bereits erwähnten fragwürdigen Tier"schutz"organisationen und natürlich auch der Wille, dass gerade im links-grünen Spektrum offenbar auch eine gewisse Erwartungshaltung vorhanden zu sein scheint von Seiten der anvisierten Zielgruppen. Tierschutz verkommt zu einer kruden Ideologie, die wenig zu einer besseren Haltung von Tieren beiträgt, aber geschickt mit lauten populistischen Forderungen über deren gravierenden Mängel hinwegtäuscht. Was in der Drogenpolitik und in der Sicherheitspolitik nicht funktioniert, soll es nun richten: Mängel werden mit Repression angegangen und wenn das nicht hilft, dann braucht es eben noch mehr Repression.

Was lässt sich tun?
In erster Linie ist es wichtig, dass das Thema eine breitere Öffentlichkeit erreicht und dass bereits vorhandene Negativbesipiele ebenfalls stärker publik gemacht werden, um auf die latente Gefahr hinzuweisen. Jeder politisch engagierte Bürger hat zudem die Möglichkeit bei der von ihm favorisierten Partei seinem Unmut Gehör zu verschaffen. Wir Kleinsäugerhalter sollten es nicht soweit kommen lassen wie bei der Drogenpolitik, wo erst Jahrzehnte nach grossen politischen Taten langsam erkannt wird, wie falsch der eingeschlagene Weg war und wie man damit kriminellen Organisationen in die Hände spielte - eine Gefahr, die zweifelsohne auch in der Tierhaltung droht.

Wer ist wählbar? Gemäss Sistermann wären das CDU und insbesondere FDP, ich halte diese Sichtweise jedoch für verkürzt. Es braucht eine breiter abgestützte Akzeptanz einer liberalen, aber verantwortungsbewussten Tierhaltung, welche die Arbeit von serilösen und engagierten Tierhaltern nicht unnötig einschränkt, aber sich doch den zweifellos vorhandenen Missständen annimmt und mit pragmatischen, aber funktionierenden Lösungen deren annimmt. Der Zoohandel, welcher schwarze Schafe deckt und keine griffigen Massnahmen gegen Missstände kennt, ist klar ein Teil des Problems, kommerzielle Anbieter, welche Profit über das Tierwohl stellen, ebenso. Die Antworten auf die heutigen Schwachstellen dürfen aber die Arbeit seriöser Tierhalter und Aktivisten nicht gefährden. Auch kann es nicht sein, dass Zoos und wissenschaftliche Artenschutzprogramme dadurch beeinträchtigt werden, welche zwangsläufig auch von dem Wissen und der Erfahrung privater, engagierter Halter profitieren und deren Arbeit für ein besseres Image dieser Tiere sicher auch hilfreich sein dürfte, z.B. bei Spenden oder in Zoos, dass die Haltung dieser Tierarten und die Sensibilisierung für deren natürliche Lebensräume und deren Schutz erst möglich wird.
Es braucht also auch den Druck auf die scheinbar tierfeindlichen Parteien aus dem links-grünen Spektrum und was die Piratenpartei angeht, ist da sicher auch Platz, dass das Thema auch dort Gehör und Beachtung findet. Tierhaltung ist schliesslich auch ein Beitrag zur Gesellschaftserziehung - eine artgerechte und verantwortungsvolle Tierpflege lernen uns wichtige gesellschaftliche Werte - der Sensibilisierung für Umweltthemen (Die Tiere fungieren als Botschafter für ihre bedrohte Lebensräume) und nicht zuletzt trägt die Tierhaltung zu einer kulturellen Bereicherung bei. Der tierische Kontakt ist gut für die Gesundheit, bringt uns wieder etwas näher zur Natur und es gibt letztlich für Mensch und Tier auch einen gewissen gegenseitigen Nutzen. Solange aber diese Diskussion weiterhin so einseitig und praxisfern geführt wird, droht uns, dass wir damit wichtige positive kulturelle Werte verloren gehen. Für diese lohnt es sich einzustehen.

Literatur

Sistermann, R. (2013): Das Ende der Exotenhaltung. Bundestagswahl hat weitreichende Folgen für unser Hobby. Rodentia, Exoten 74: 46-49.
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Anmeldungsdatum: 08.06.2004
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BeitragVerfasst am: 02.07.2013 03:25    Titel: Re: Diese deutschen Parteien sind Kleinsägerfeindlich Antworten mit Zitat

Schon etwas älter, aber doch auch passend zum Thema: in der aktuellen Bugs (Nr. 2) beschäftigt sich Kriton Kunz (2013) in einem Kommentar mit geplanten Einschnitte in die Tierhaltung, welche verschiedene Parteien hegen.

Entwicklung: Verschärfungen und Salamitaktik
In seiner Einleitung erwähnt Kunz die Entwicklung der letzten Jahre, welche geprägt ist von immer stärkeren Einschränkungen in der Tierhaltung. So ist beispielsweise seit 1. Juli 2007 ein dauerhaftes Verbot von Wildvogelimporten in Kraft, ausserdem kam es in den vergangenen Jahren in den Ländern zu teilweise absurden "Gefahrentierregelungen", der jüngste Streich, ein Verbot der Weitergabe von Apfelschnecken. Angestrebt wird klar eine Salamitaktik, welche die Tierhaltung scheibchenweise aber kontinuierlich mehr und mehr einschränkt bis hin zum Verbot. SPD, die Grünen und die Linke arbeiten an dieser Sache.. die dazu gehörigen Wahlprogramme, hat auch schon Sistermann vorgestellt (ich habe sie in diesem Zusammenhang schon erwähnt), bzw. die Passagen sind mehr oder weniger die selben, welche nun bei Sistermann angegeben wurden.

Stellungsnahme der DGHT
Interessant hier ist vielleicht noch die Stellungsnahme der DGHT (Deutschen Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde) zu der "Gefahrentierhaltung" der Grünen und SPD in Bremen:

"Die SPD schränkt auf diese Weise das Grundrecht auf freie Selbstbestimmung nachhaltig ein und setzt sich über bestehendes Artenschutz- und Tierschutzrecht hinweg."

Wirtschaftliche Bedeutung
Interessant ist auch der wirtschaftliche Faktor der Tierbranche, der mit radikalen Verbote, wie sie von den SPD, Grünen und Die Linke angestrebt werden, empfindliche Einschnitte auf dem Arbeitsmarkt nach sich ziehen würde.

2011 gab es in deutschen Haushalten 1,9 Mio. Aquarien, 2,2 Mio. Gartenteiche mit Zierfischen und 440 000 Terrarien. Alleine der Markt für Zierfisch-Bedarfsartikel erziehlte einen Jahresgesamtumsatz von 194 Mio. Euro.

Ein weiterer Aspekt betrifft den Import von Wildtieren, auch hier gibt es eine Kehrseite: Einheimische leben von dem Fang der Tieren und haben daher ein Interesse auf möglichst intakte Lebensräume, in denen sie die Tiere fangen können. Werden diese in den Ruin getrieben, steigt der Druck, dass sie anfangen werden, diese Flächen zu roden und abzubrennen (und die Tiere mitsamt ihrem Lebensraum ganz zu vernichten), um darauf Weideland, Ölpalm- und Sojaplantagen anzulegen.

Gesinnung der SPD - Beispiele
Kunz ist sich zudem nicht zu schade, auch einige griffige Beispiele zu bringen, welche die Entwicklung in der Politik, aber auch in Umweltverbänden zeigt:

*Pressemitteilung der SPD vom 17.04.2013 beschreibe, dass der Antrag der Franktion Nr. 17/12386 mit dem Titel "Wildtierhandel und -haltung in Deutschland einschränken und so den Artenschutz stärken" (der Titel offensichtlich inspiriert durch Pamphlete von Pro Wildlife & Co.) dazu geführt habe, dass nun ein fraktionsübergreifender Antrag vorbereitet werde. In dem Antrag gehe es darum, dass u.a. Wildtierimporte "gefährlicher Arten" und solcher Tiere einschränke, welche "gefährliche Krankheitserreger wie Salmonellen in sich tragen", beschränke.

Kunz ahnt jedoch andere Fernziele, was durch eine weitere Pressemitteilung ersichtlich werde:

* Mitteilung wieder von der SPD vom 22.02.2013 mit dem Titel "Deutschland ohne Königspythons - SPD setzt sich für internationale Stärkung des Artenschutzes ein" - die bittere Ironie dieser Schlagzeile, die Königspython hat Symbolcharakter für die Terraristik, sie ist ein Beispiel schlechthinf für die zigtausendfache Vermehrung in Menschenobhut einer Tierart, aber zugleich Symbol für das Hobby und dessen Bestand, sprich der Titel als Kampfansage an das Hobby selbst.

WWF, NABU und Co. unter Einfluss von Pro Wildlife
Die Entwicklung ist nicht auf die Politik beschränkt, extreme Organisationen wie Peta und Pro Wildlife haben es erfolgreich geschafft durch starke Lobbyarbeit und Verdrehen von Tatsachen, dass deren Ideologien in weite Bereiche auch seriöserer Organisationen getragen wurden:

* Der Deutsche Tierschutzbund behaupte zum Beispiel "Wildtiere, die der Natur entnommen wurden, sind für die Haltung in Gefangenschaft völlig ungeeignet" und fordere daher ein grundsätzliches Haltungsverbot für Exoten (ausdrücklich auch für Spinnentiere und Insekten).

* WWF bezeichne in einer Pressemitteilung mit dem Titel "Exotische Haustiere: Verschleppt und gefangen" die Terrarianer als "Pseudo-Tierliebhaber und Sammler"

* Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) arbeite ganz offen mit Pro Wildlife zusammen.

Tatsachen verdrehen
Pro Wildlife und Co nutzen sich den Umstand, dass der Grossteil der Deutschen tierlieb ist und nur geringes Wissen besitzt über die Tierhaltung im Allgemeinen und die moderne Terraristik im Speziellen. So ist es ein Leichtes mit ständig wiederholten Negativbehauptungen Eindruck zu schinden. Dazu werden gerne Verhältnismässigkeiten ausser Acht gelassen, Tatsachen völlig verdreht oder es wird gar dreist gelügt.
Beispiele:

* Die "Gefahrtierverordnung" in Hessen kam unter massivem Eindruck einer frei erfundenen Statistik über Gifttierunfälle zustande.

* Die SPD behaupte: "Zu oft werden gefährliche Arten und tiere mit Krankheitserregern nach Deutschland eingeführt", kann dazu jedoch keine Beispiele aus der Praxis nennen. Die Reptilia 98 widmete sich ausführlich dem Thema. Kunz erwähnt noch das Deutsche Ärzteblatt und zitiert es mit den Worten: "Katzenbisse sind wegen der spitzen Zähne der Katze und der Punktationsgefahr von Knochen besonders infektionsgefährdet, mit Infektionsraten bis über 50 Prozent" - in den USA alleine seien es jährlich rund 400 000 Bisse.

* Die SPD behaupte im Zusammenhang mit Terrarientiere: "Oftmals sind die Tierbesitzer mit der Haltung überfordert und geben die Tiere in Tierheimen und Auffangstationen ab. Diese kommen an den Rand ihrer Aufnahmekapazitäten und ihrer finanziellen Möglichkeiten." Ausgerechnet der Deutsche Tierschutzbund schreibt in einer Mitteilung vom 02.08.2011, dass bis zu diesem Zeitpunkt im Jahre 2011 lediglich 40 Fälle ausgesetzter und abgegebener Exoten bekannt wurden - dem stehen 70 000 Tiere (vor allem Hunde und Katzen) pro Jahr entgegen, wie einer anderen Pressemeldung zu entnehmen sind (0,06%)

* Als Beispiel für die "unmittelbare Gefahr durch Exoten" zitierte "nzonline" Sandra Giltner vom Deutschen Tierschutzbund, dass eine vermutlich ausgesetzte Schnappschildkröte 2005 einen Jungen gebissen habe - der Bericht erschien jedoch erst 2011, sprich erfuhr der Deutsche Tierschutzbund seit 2005 keinen weiteren nennenswerten "Zwischenfall" in so einer langen Zeitpsanne, zum Vergleich Versicherungen registrieren in Deutschland jährlich 30 000 Hundebisse, Reitunfälle gibt es gar 20 000 bis 40 000 pro Jahr, davon waren im Zeitraum 1999-2009 etwa 20 pro Jahr tödlich.

Man könnte nun also zusammenfassen, dass die Argumentation mit der Gefährlichkeit sowohl quantiativ wie auch qualitativ ein schwaches Argument ist. Dennoch bleibt die Frage, wieso baut die Lobby so stark darauf auf und ist sie ihres Fehlers etwa nicht bewusst? Kunz bringt dieses Thema in einer Bildunterschrift auf den Punkt, auf dem ein kleiner Junge mit Hund zu sehen ist:

Zitat:

Sowohl was Tierschutz als auch was Gefahrenabwehr angeht, sind Hunde um ein Vielfaches relevanter als Exoten. Die Tierheime sind übervoll mit diesen Tieren, und Studien zeigen, dass der Grossteil der Bissunfälle im familiären Umfeld der Hunde passiert, wobei Kinder besonders häufig betroffen sind. Von Haltern "gewöhnlicher" Haustiere beziehen die "Tierrechtler" und "Tierschützer" jedoch ihre Spenden - daher suchen sie sich lieber leichtere Opfer: die Exotenhalter.


Literatur:

Kunz, K. (2013): Das Hobby vor dem Aus? Bugs 2: 6-7.
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Beiträge: 41

BeitragVerfasst am: 03.07.2013 09:49    Titel: Antworten mit Zitat

Das Peta und Co die armen seriösen Organisationen instrumentalisieren halte ich für ein Gerücht.

Der Deutsche Tierschutzbund und NABU sind große und "relativ" (bei Wirtschaft und "Masse" hakt es natürlich aus) Interessenvertreter. Sie sind aber tunlichst nicht mit Tierrechtlern zu verwechseln (die einen ganz anderen Background haben und andere Ziele). Im Kern sind sie höchst (spieß-)bürgerliche konservative Organisationen. Der Nabu kommt aus dem Deutschen Vogelschutz, historisch eine der ältesten Tierschutzbewegungen, der aus einem finanziel gutgestelltem Bürgertum kam (und deren Tierschutz übrigens regelmäßig dort endet, wo Vögel im entferntesten gefährdet sind, da kann alles andere ruhig getötet und vernichtet werden).
Der Deutsch Tierschutzbund ist geistig noch verkrusteter. Vor 10 Jahren hat er Flyer herausgegeben, dass artgerechte Heimtierrattenhaltung nicht möglich sei. Es wäre ja wenigstens schön gewesen, wenn das aus einem Tierschutzaspekt heraus gekommen wäre - in Wahrheit war diesen Konservativen ewig Gestrigen ein Ekeltier im Hause zu suspekt.
In diese Kerbe schlagen sie immer noch. Was sie nicht kennen, lehnen sie ab.

Und die "Exoten"halter? Sie diffamieren Tierrecht und Tierschutz, halten sich fern und meiden diese großen etablierten Interessenverbände. Aber von nichts kommt eben nichts. Interessenvertretung braucht Interessenvertreter. Jetzt schauen sie sich um und weinen, weil niemand in den Verbänden das nötige Know-How hat.
Ohne Interessenvertreter ist es für die Verbände wie für Politik ein leichtes, tolle Tierschutzaktionen zu fahren, die wenig betrifft, aber eine gute Aussenwirkung hat (genauso wie der Sodomieparagraph im Tierschutzgesetz). Das ist Politik, das saugt, ist aber nicht erst seit heute so.

Anstatt Parteien und Verbände zu meiden, sich weiter einzuigeln und zu lamentieren, sollten die betroffenene "Exoten"halter in die Verbände und Parteien gehen und dort das notwendige Know-How einbringen. Aber dann müssten sie sich ja mit den doofen Tierschützern einlassen. Über anstrengende Dinge wie Tier- und Artenschutz reden - dabei wollen sie einfach nur Tiere halten. Wie und wo sie wollen.

Mich ärgern beide Seiten. Die eine, weil sie sich nicht einbringt, die andere, weil sie nicht differenziert genug argumentiert. Letzteres resultiert aber leider aus ersterem.
Vielleicht gibt es tatsächlich zuwenig "Exoten"halter, die sich "organisieren" wollen. Dann müssen diese sich aber Fragen lassen, aus welchen Gründen genau der Steuerzahler komplizierte und differenzierte Vorschriften und Gesetze in Entwicklung (legislativ) und Durchführung (exekutiv/judikativ) finanzieren soll, wenn es nur so wenige betrifft und ein "klares Verbot" viel billiger wäre?
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Beiträge: 8494
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BeitragVerfasst am: 04.07.2013 00:49    Titel: Re: Diese deutschen Parteien sind Kleinsägerfeindlich Antworten mit Zitat

Damit es keine Missverständnisse gibt, ich habe hier jetzt mit den beiden Stellungsnahmen die Themen etwas vermischt.
Die erste Stellungsnahme ist von Sistermann aus Sicht der Kleinsäugerhalter, wobei dazu später noch ein paar ausführlichere Worte, denn in diesem Bereich wird das ganze Thema nach wie vor eher belächelt...

Die zweite Stellungsnahme ist aus Sicht von der Terraristik, auch wenn es um eine Zeitschrift über Wirbellose und Insekten geht, so ist Kriton Kunz ein wichtiger Aktivist in der Terraristik und spricht hier in erster Linie also auch für diese Szene. Die Grenze zwischen Reptilien/Amphibien und Wirbellose scheint mir jedoch weniger stark zu sein, als zu den Kleinsäugern.

Zitat:

Das Peta und Co die armen seriösen Organisationen instrumentalisieren halte ich für ein Gerücht.

So wie du die grossen Organisationen skizzierst passt es jedoch sehr gut ins Bild. Ich habe ehrlich gesagt mich bisher nie vertieft damit beschäftigt, mit Ausnahme des WWFs, wobei auch dieser da gut hinein passt. Zudem lese ich aus obigen Aussagen nicht heraus, dass diese Organisation arm und seriös wären, im Gegenteil, sie lassen sich beeinflussen (wohl eben, weil ihnen die Argumente - wenn auch aus möglicherweise anderen Motiven - gelegen kommen), bzw. greifen "Modeströmungen" auf.

Zitat:

Der Deutsch Tierschutzbund ist geistig noch verkrusteter. Vor 10 Jahren hat er Flyer herausgegeben, dass artgerechte Heimtierrattenhaltung nicht möglich sei. Es wäre ja wenigstens schön gewesen, wenn das aus einem Tierschutzaspekt heraus gekommen wäre - in Wahrheit war diesen Konservativen ewig Gestrigen ein Ekeltier im Hause zu suspekt.
In diese Kerbe schlagen sie immer noch. Was sie nicht kennen, lehnen sie ab.

Das überrascht mich ehrlich gesagt überhaupt nicht. Eher überrascht mich, dass sich sowas in Zeiten des Internets nicht mehr herumsprechen konnte. Vielleicht hängt das aber auch damit zusammen, dass viele "Internetbürger" in ihrer eigenen kleinen Parallelwelt leben.

Zitat:

Und die "Exoten"halter? Sie diffamieren Tierrecht und Tierschutz, halten sich fern und meiden diese großen etablierten Interessenverbände. Aber von nichts kommt eben nichts. Interessenvertretung braucht Interessenvertreter. Jetzt schauen sie sich um und weinen, weil niemand in den Verbänden das nötige Know-How hat.
Ohne Interessenvertreter ist es für die Verbände wie für Politik ein leichtes, tolle Tierschutzaktionen zu fahren, die wenig betrifft, aber eine gute Aussenwirkung hat (genauso wie der Sodomieparagraph im Tierschutzgesetz). Das ist Politik, das saugt, ist aber nicht erst seit heute so.

Das greift jedoch definitiv zu kurz! Erstens mal bin ich für eine klare Unterscheidung der Begriffe, ich habe hier sowohl Halter von Kleinsäugern als auch von Terrarientiere (Reptilien, Amphibien ggf. auch Insekten/Wirbellose) erwähnt. Auch wenn es schön wäre, wenn man die zusammenmischen könnte, so gibt es leider doch grössere Unterschiede.

Zu den Exotenhalter, das Hauptproblem fängt bereits dort an, dass die meisten Halter sich gar nicht bewusst sind, dass sie Exotenhalter wären und sich dafür engagieren sollten. Viele halten Exoten als Beigemüse oder stammen ursprünglich aus einem anderen Bereich, z.B. Rennmäuse, Farbmäuse, Hörnchen oder Goldhamster sind oftmals beliebte "Einsteigertiere" und dementsprechend definieren sie sich dann auch gerne über die Arten, denen sie sich verschrieben haben. Erschwerend kommt auch noch dazu, dass langjährige Exotenhalter, die nach meinen Einschätzungen nicht allzu häufig sind, oft andere Ansichten haben, z.B. von Tierschutz, Tierheime usw. als junge Exotenhalter. Als Beispiele dazu möchte ich hinweisen auf die Verniedlichungen und Abkürzungen von Exotennamen, z.B. "Farbis", "Hamsti", "Zwergi", "Goldi" usw., das Thema wilde Rennmäuse und Verhalten/Zucht in Familiengruppen, Gruppenhaltung von Zwerghamstern usw.
Bei den langjährigen Haltern habe ich tendenziell eine Verdrossenheit feststellen müssen, sich mit der Öffentlichkeit auszutauschen, sprich mit neuen Haltern aber auch was die Öffnung angeht, sei es in Foren oder Politik noch schlimmer... das ist sicher keine gute Voraussetzung, aber hat durchaus seine Gründe und insofern auch seine Berechtigung. Auf der anderen Seiten sind die Neuhalter oftmals diejenigen, welche keine Berührungsängste haben, zugleich auch offen ihre Sympathie für Peta und Co. kundtun und auf der anderen Seite findet man hier auch diejenigen, welche ihrem Hobby sicher keinen Gefallen tun mit ihrer Haltung und wie sie sich in der Öffentlichkeit verhalten. Das Problem dabei, dass solche Beispiele wiederum auf der anderen Seite den Effekt verstärken, dass gerade erfahrene Halter sich noch mehr zurückziehen und sich überwiegend unter ihresgleichen austauschen. Diese Probleme nur ansatzweise auszubügeln und hier wieder eine offenere und auf Fachwissen und Erfahrung basierte Gemeinschaft aufzubauen ist ein schwieriger Prozess. Von einem Apell an die echten Exotenhalter erwarte ich daher ehrlich gesagt auch nicht zu viel. Es wird sehr wahrscheinlich aber auch die als geläufig wahrgenommenen Tiere treffen, wie das Beispiel in den Niederlanden zeigt, sprich Degus, ggf. auch Chinchillas, Rennmäuse, Hörnchen, exotische Mäuse (z.B. Stachelmäuse) etc. treffen und deren Halter sind oftmals über gut verankerte Gemeinschaften organisiert. Dass diese früher oder später auch aufgescheucht werden, damit ist zu rechnen, viele wähnen sich aber nach wie vor in falscher Sicherheit, so nach dem Motto, die wollen doch eh nur Kampfhunde, ein paar Echsen, Schlangen und Frösche verbieten. Genau diese Halter werden jedoch weinen, wenn es dann mal soweit kommt und ich glaube die niederländischen Deguhalter hat es ziemlich kalt erwischt. Insofern finde ich es gut, dass überhaupt auf das Thema so stark aufmerksam gemacht wird, auch wenn ich die Art der Wahlempfehlungen jetzt nicht unbedingt unterschreiben würde.

Wenn wir jetzt aber zu den Terraristik-Vertreter kommen, dann zeigt sich uns ein ziemlich anderes Bild. Hier sind Verschärfungen der Gesetze schon Gang und Gäbe und haben beispielsweise den Druck auf Reptilienauffangstationen erhöht, was paradoxerweise den Tier"schützern" in die Hände spielt, da sie auf diese Reptilienschwemme aufmerksam machen können (die aber eigentlich durch ihre Verbote gefördert wurde).
Was die Unterstützung von Interessensverbände angeht, ist das letztlich ein Abwiegen von Kosten und Nutzen. Es ist nicht sinnvoll überall mitzumachen und eine gewisse Übereinstimmung ist sicher von Vorteil. Gerade was den deutschen Tierschutzbund angeht, kann ich mir gut vorstellen, dass auch von dieser Seite eine Partizipation nicht unbedingt erwünscht ist, gerade wenn auch Themen der Terraristik damit in den Verband eingebracht würden, was aber zwangsläufig der Fall sein müsste, sollten diese Interessen auch Gehör finden. Oder anders gesagt, bei der Haltung gegen Rattenhaltung, hätten Vertreter aus den Rattenvereine wohl eine ähnlich schlechte Position. Da wäre noch der WWF, eine sehr weitläufige Organisation, bei dem vielleicht eine Zusammenarbeit mit Artenschutzprojekten und Schutzprojekten von Lebensräumen sinnvoll sein könnte, welche aber wahrscheinlich eher im Ausland angesiedelt sein dürften und sofern ist der Nutzen hier für die deutsche Politik auch eher fragwürdig. Beim Nabu wiederum wäre wahrscheinlich eine Zusammenarbeit bei den einheimischen Lurche und Kriechtiere noch am sinnvollsten, aber auch hier stellt sich die Frage, wenn die Einstellungen ähnlich verkrustet sind, ob ein Engagement hier etwas bringt, denn sobald die Meinungen nicht neutral und offen oder positiv sind, sondern eher voreingenommen, ist es schwierig und sehr aufwendig. Angesichts der vielen Arbeit, die in der Herpetologie erforderlich ist, werden schon so viele Ressourcen gebunden und wollen daher gut geplant werden, denn das Artensterben ist gerade bei Reptilien und Amphibien sehr stark ausgeprägt und es ist eine jener Wirbeltiergruppen, die nach wie vor am schlechtesten Erforscht sind und die den grössten Zuwuchs an neu entdeckten Arten erfährt.
Wenn ich mit den Kleinsäugerhalter vergleiche, so scheinen mir die Terrarianer gut vernetzt zu sein und deutlich weniger gespalten. Zudem haben sie mit der DGHT einen starken Verband für ihre Interessen. Was ihr Fehler in der Vergangenheit war, dass sie die Entwicklung in der Politik zu wenig ernst nahmen. Die Probleme sind nämlich alt, schon in den 1980er und 1990er Jahre standen die Aquarianer im Fokus extremer Tier"schützer", während Kleinsäugerhalter und Terraristik im Schatten der Aquaristik standen. Seit den 1990er Jahre hat sich das Blatt jedoch gewendet, zuerst mit einem langanhaltenden Boom der Terraristik, der nach wie vor anhält (bzw. erst in den letzten Jahren im Zoohandel sich durchgesetzt hat) und einem eher kurzen, kräftigen Boom in der Kleinsäugerhaltung etwa zwischen 2000 und 2005, der mittlerweile wieder verflacht ist.
Was man hier sicher vorwerfen kann, dass die Terraristik die ganze Trendwende mehr oder weniger verschlafen hat. Zwar profitierte auch die Wissenschaft von dem zunehmenden Boom und der besseren Verfügbarkeit von professionellem Zubehör und besseren Informationen zu verschiedensten Arten, auf der anderen Seite wurden die Gefahren von Pro Wildlife und Co. lange viel zu wenig ernst genommen und so blieb die Terraristik und Herpetologie zu sehr in ihrem Elfenbeinturm... doch da findet seit einiger Zeit ein starker Wandel statt. Auch ist es nicht ganz richtig, dass die DGHT und Vertreter nicht in der Politik aktiv gewesen wären. Gerade bei der Beschlagnahmung von Terrarientiere ist oft ein Zusammenarbeiten von Behörden mit Terraristikexperten keine ungewöhnliche Sache, deren Fachwissen wird auch an manchen Stellen geschätzt. Bei der Gesetzgebung zumindest in einigen Bundesländern war aber wohl der Kontakt und die Lobbyarbeit in die Legislative und Exekutive wohl zu wenig gut.

Zitat:

Vielleicht gibt es tatsächlich zuwenig "Exoten"halter, die sich "organisieren" wollen. Dann müssen diese sich aber Fragen lassen, aus welchen Gründen genau der Steuerzahler komplizierte und differenzierte Vorschriften und Gesetze in Entwicklung (legislativ) und Durchführung (exekutiv/judikativ) finanzieren soll, wenn es nur so wenige betrifft und ein "klares Verbot" viel billiger wäre?

Das ist doch gar nicht nötig und bringt auch gar nichts. Komplizierte Vorschriften führen lediglich zu mehr Komplexität und von der Materie her wäre eh die Durchsetzung (durch Polizei usw.) schwierig. Dazu bin ich mir sicher, könnte sich der Handel aus der Verantwortung stehlen und wenn, dann würden dessen Missstände eher noch legalisiert denn wirksam unterbunden oder zumindest eingedämmt. Gesetze brauchen stets die Akzeptanz der Bevölkerung, ansonsten ist Papier sehr geduldig. Und was Verbote angeht, glaubst du, dass das billiger käme? Oder anders gefragt, denkst du dass Symptombekämpfung langfristig billiger wäre, als die Behebung von Ursachen?
Auch hilfreichd dabei ist zum Beispiel die Begründungen sich durchzulesen, wieso man Exoten verbieten müsse. Der Artenschutz wird aufgeführt (ist aber bei den meisten Nagetieren kein Thema), die Übertragung von Seuchen (haben wir aber bei zahlreichen erlaubten Tierarten genauso oder schlimmer), auch die Gefährlichkeit wird erwähnt (wobei da eher die subjektive Gefährlichkeit gemeint ist, denn Pferde, Hunde egal welcher Rasse usw. scheinen deutlich gefährlicher zu sein, als so manches Reptil) und was man immer wieder lesen kann, dass die Tiere nicht artgerecht gehalten werden könne oder die Halter mit der Haltung überfordert seien. Jetzt mal Hand aufs Herz, ohne Voreinnahme, was wäre für die einzelnen Argumente eine sinnvolle Lösung, wenn man KEINE Ekelgefühle oder dergleichen vor diesen Tieren hegen würde?
Beim Artenschutz zum Beispiel sind Ex-Situ Programme keine Seltenheit. Bei den Seuchen gehen zwar die Meinungen auseinander, aber bei den Nutztieren gibt es kaum Stimmen, die deswegen ein Verbot verlangen.
Ich kann es zwar nicht mit Sicherheit sagen, aber die Argumentation von Peta, Pro Wildlife und Co. riecht nach meiner Meinung ebenfalls stark nach Abneigung/Ekel gegenüber diesen Tieren. Vielleicht müsste man sich aber auch noch mit den Ursprüngen der Hetze gegen die Aquaristik in den 1980er Jahre beschäftigen, da diese Entwicklung sicher auch mit eine wichtige Rolle spielen dürfte und man später auf die Terraristik überschwenkte. Ein kleinerer Teil haben sicher auch die Zoohandlungen sich zuschulde kommen lassen, mit ihren schwarzen Schafen, wobei hier zeigt die Methode Peta auch nur, wie erfolglos sie ist, jene, die etwas tun könnten, lehnen es ab, weil ihre Aktivität ihnen zu extrem ist, bis hin zum lächerlichen und so dient es in erster Linie zur Mobilisation der eigenen Klientel, eigentlich schade, weil das Aufdecken von Missständen sehr wichtig wäre, es aber auch konstruktive Lösungen braucht.
Hier täte die Peta gut daran, sich an der Schweiz ein Beispiel zu nehmen. Wir hatten vor etwa 15 Jahren teils ähnliche Zustände, die schlechten Zoohandlungen sind heute aber fast alle ausgestorben. Qualipet, der führende Zoohändler hier in der Schweiz, arbeitet mit dem Schweizer Tierschutz STS zusammen, die Haltungen sind dementsprechend recht gut, sogar Degus werden anständig gehalten. Andererseits liegt es vielleicht auch nicht im Interesse solcher Organisationen ernsthaft am Zustand etwas ändern zu wollen, wenn dadurch ihnen ein wichtiges Thema abhanden käme, das sich als Missstand anprangern liesse (wobei im Bereich Versuchstiere denke ich, gäbe es wohl auch in Zukunft genug zu tun... aber irgendwie ist die Mobilisierung gegen Tierversuche in letzter Zeit arg abgeebt, sogar das Pelztragen ist wieder in, kein Wunder, dass man sich da nach leichterer Beute umsieht). Ich finde es einfach nur schade, dass auch jetzt wieder das Thema so einseitig angepackt wird. Der Ruf nach Verbote ist immer laut, schrill und kommt sehr schnell, aber die Frage nach Ursachen und n a c h h a l t i g e n Lösungen, scheint meist irgendwie niemanden zu interessieren. Und in diesem Punkte bin ich überzeugt, zumindest bei der Kleinsäugerhaltung wäre das Problem einfach in den Griff zu bekommen, mit en paar wenigen, aber griffigen Massnahmen und welch Wunder, die Schweiz zeigt sogar vor, wie es geht:
* www.tiererichtighalten.ch
* Das neue Tierschutzgesetz und die Informationsoffensive "Meerschweinchen nicht einzeln halten", welche sogar über die Landesgrenzen hinaus Beachtung fand
* Die Arbeit des STS: Merkblätter und wie schon erwähnt, die Zusammenarbeit mit dem Zoohandel, welche im Gegensatz zur britischen RSPCA keine faulen Kompromisse eingeht

Natürlich glänzt auch in der Schweiz nicht alles, so zum Beispiel das Verbot von einigen Rassen (SoKa) in einigen Kantonen, da sind wir auch nicht besser als so manches deutsches Bundesland, aber gerade das Engagement des Bundesamtes für Veterinärwesen und die Zusammenarbeit von Tierschutz mit Zoofachhandel finde ich sehr wichtige und bemerkenswerte Merkmale eines konstruktiven Lösungsansatzes. Bei den deutschen Parteien ist ja nicht mal die Rede davon, dass sich die Regierung darum kümmern könnte, dass durch bessere Information die Tiere besser gehalten werden, in der Schweiz ist es dagegen Realität, zumindest bei den Spieltieren.
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Mus Decumanus
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Beiträge: 41

BeitragVerfasst am: 04.07.2013 20:08    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Das greift jedoch definitiv zu kurz! Erstens mal bin ich für eine klare Unterscheidung der Begriffe, ich habe hier sowohl Halter von Kleinsäugern als auch von Terrarientiere (Reptilien, Amphibien ggf. auch Insekten/Wirbellose) erwähnt. Auch wenn es schön wäre, wenn man die zusammenmischen könnte, so gibt es leider doch größere Unterschiede.

Jepp, ich habe das Wort "Exot" extra in Gänsefüßchen gesetzt, weil niemand den Begriff überhaupt definieren kann. Jede mögliche Liste wird also sehr willkürlich sein - vor allem im Bereich Kleinsäuger. Und auch wenn die betroffenen Halter natürlich sehr unterschiedlichen "Szenen" zugehören, bleibt das Problem das gleiche.

Die Begründungen für ein Exoten- oder Wildtierverbot zeugen für mich ausschließlich von Unkenntnis. Auch hier fehlt es wieder an Know-How-Transfer.
Natürlich habe ich die vierte Gewalt im Staat vergessen. Die Medien - und hier sind Ekel und schlampige Recherchen (auch bei den "großen") ganz sicher eine bedeutende Triebfeder für unsinnige Artikel und entsprechende Meinungsmache. Die Medien sind weit bedeutender in der Sache, weil die großen Verbände - weil sie kein Know-How in ihren Verbänden haben - ihr Meinung nur aus diesen schlechten Artikeln ziehen.

Im Vergleich zu dem Unsinn, den die Journalie verzapft, ist Peta-Polemik wirklich bedeutungslos. Peta wird sich übrigens nicht an irgendwelchen "best-practice"-Beispielen anderer Länder orientieren, Peta ist gegen jegliche Tierhaltung. Kategorisch und ohne Ausnahme. Sie sagen das nur nicht so deutlich, weil sie an das Geld der Tierhalter ran will.
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Beiträge: 8494
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BeitragVerfasst am: 05.07.2013 18:04    Titel: Re: Diese deutschen Parteien sind Kleinsägerfeindlich Antworten mit Zitat

Ja das ist eines der grossen Probleme bei diesem Begriff, er zieht aber gut und was du erwähnst mit den Medien ist auch so eine Sache. Wobei die Medien sind allgemein in den letzten Jahren immer schlechter und schlimmer geworden. Gerade hier in der Schweiz haben Gratiszeitungen und die Konkurrenz aus dem Internet zu einer regelrechten Qualitätsinflation geführt. Die Zeitungen überbieten sich mit stets noch dümmeren Fotos, strotzen nur so vor Sexismus, Niedermache von Dicken und anderen Medien"opfern", generell habe ich den Eindruck, dass Minderheiten mehr und mehr zum Freiwild werden. Und was dann oft als grosses Wissen verkauft wird, das ist bei genauerem Hinschauen eine lauwarme Brühe aus Halbwissen, schön bunt aufbereitet von einer trendigen PR-Agentur. Diese ganze Entwicklung hat letztlich auch zur Folge, dass traditionelle Medienhäuser die gezielt auf Qualität setzen, heute wieder steigende Auflagen haben.

Zitat:

Peta wird sich übrigens nicht an irgendwelchen "best-practice"-Beispielen anderer Länder orientieren, Peta ist gegen jegliche Tierhaltung. Kategorisch und ohne Ausnahme. Sie sagen das nur nicht so deutlich, weil sie an das Geld der Tierhalter ran will.

Stimmt, aber trotzdem arrangieren sie sich irgendwie mit dem Umstand, dass ihre Vorstellungen wohl nicht so realistisch sind und es auch gewisse Anpassungen braucht. Anders lässt sich kaum erklären, dass zum Beispiel vegane Ernährung von Hund und Katze ernsthaft von ihnen propagiert werden.
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Anmeldungsdatum: 05.05.2012
Beiträge: 41

BeitragVerfasst am: 07.07.2013 12:01    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Stimmt, aber trotzdem arrangieren sie sich irgendwie mit dem Umstand, dass ihre Vorstellungen wohl nicht so realistisch sind und es auch gewisse Anpassungen braucht.

Nein, der Eindruck täuscht. Sie halten Notfalltiere, weil sie nunmal da sind - durch den Menschen verursacht - und so domestiziert sind, dass sie in keine Wildbahn ausgesetzt werden können.
Dennoch wird sich Peta nie mit Handel, Produktion oder Besitz von Tieren arrangieren. Nur um Geld von Tierfreunden zu bekommen, werden sie das eine oder das andere etwas verstecken. So stellt es für sie zum Beispiel kein Problem dar, vor Zoohandlungen gegen den Verkauf von Hunden und Katzen zu demonstrieren, Mäuse und Hamster aber mit keinem Wort zu benennen. Das würde die potenziellen Spender, die in dem Laden einkaufen, einfach zu sehr verstören.

Es sind Tierrechtler, keine Tierschützer, das ist ganz wichtig. Für sie ist der Handel mit Tieren das gleiche wie Sklaverei, Massentierhaltung steht auf einer Stufe mit Konzentrationslagern.
Während Tierschützer das Halten und Nutzen von Tieren im Kern gut finden, sich aber für die Bedingungen einsetzen, lehnen Tierrechtler das ab, weil Tiere das unveräußerliche Recht haben, nicht in Sklaverei zu leben, nicht getötet oder sonstwie ausgenutzt zu werden.

Wer Tierschützer meint, meint nicht Peta und wer vom Tierschutzbund redet, meint nicht die Tierrechtler.

Nun ist Peta ein dämlicher Ausbund an Geisteskrankheit und deshalb für mich nicht relevant. Es gibt gottseidankt Strömungen, die Tierrecht und Tierschutz sinnvoll miteinander kombinieren. Denn eins ist klar - Tiere werden immer mehr Rechte bekommen und auch bekommen müssen. Tierrecht liefert also wichtige Diskussionsgrundlagen...aber nicht von Peta, die ja eigentlich nur eine geldsammelnde Sekte ist Augenrollen
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