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Grzimek: Hasen und tierisches Protein

 
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davX
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Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 16.07.2010 20:56    Titel: Grzimek: Hasen und tierisches Protein Antworten mit Zitat

Huhu,

ich staunte letzthin nicht schlecht, was ich von Bernhard Grzimek über Hasen und dessen Ernährung eher beiläufig erfahren konnte. Zwar handelt es sich um keine natürliche Ernährungsweise, dennoch ist es interessant:

Zitat:

Ich hatte einmal so einen Hasen namens Theodor, der bei uns in der Wohnung herumlief und alles andere als schüchtern war. [...] Theodor ass auch gern Wurst und Hackfleisch, wie überhaupt viele gefangen gehaltenen Hasen. Im Magen freilebender Hasen hat man noch nie Reste von Tieren nachweisen können. Vermutlich decken sie ihren Eiweissbedarf, indem sie ganz junge, sehr eiweisshaltige Pflanzenteile abweiden. Von denen bekommen sie bei uns Menschen wohl nicht genug.

Quelle: Grzimek, B. (1967): Wildes Tier - weisser Mann. Von Tieren im Lebensraum der europäischen Menschen in Europa, Nordamerika, in der Sowjetunion. Büchergilde Gutenberg, Frankfurt.


Bemerkenswert ist, dass die Hasen proteinreiche Pflanzen fressen, welche logischerweise in Gefangenschaft nur schwer, wenn überhaupt, zu beschaffen sind.
Dass tierisches Protein als Ersatz genommen wird, erstaunt schon ein bisschen, andererseits liegt es offenbar auch an der Struktur, ob Fleisch angerührt wird oder nicht. Ein Filet, Steak oder sonst schönes Muskelfleisch, was klassischerweise unter dem Begriff Fleisch verstanden wird, das wird in der Regel von keinem Pflanzenfresser genommen. Dagegen fressen beispielsweise Chinchillas gerne Spinnen und Weberknechte oder Meerschweinchen Schnecken und auch Degus sollen offenbar teilweise Lebendfutter wie Mehlwürmer mögen. Meine fragen lebender tierischer Nahrung nichts nach, abgesehen vielleicht von Läusen, die unabsichtlich mitverspeist werden.
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pantoffeltierchen
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Anmeldungsdatum: 01.10.2010
Beiträge: 128
Wohnort: Konstanz

BeitragVerfasst am: 07.10.2010 01:04    Titel: Re: Grzimek: Hasen und tierisches Protein Antworten mit Zitat

Hm, mein Hase hat mal nach meinem Schinkenbrötchen geschnappt (er hätte es zumindest gekostet, wenn ich es ihm nicht verboten hätte). Ich bin aber davon ausgegangen, dass das daran gelegen hat, dass er so gut wie alles frisst. Normalerweise darf ich ihm mit "meinem" Essen nicht zu nah kommen, sonst hat er schnell was davon im Schnabel. Da musste auch schon meine Eiswaffel dran glauben. Ich hab immer versucht darauf zu achten, dass er möglichst wenig von für Hasen unnatürlichen Nahrungsmitteln erwischt (meine Unwissenheit bezüglich Trockenfutter sei hier die Ausnahme). Die Beobachtung selbst erstaunt mich also nicht wirklich. Frag mich aber, ob das so gesund ist. Ich meine, sind Hasen oder Kaninchen überhaupt in der Lage tierisches Protein zu verdauen? Ich dachte immer, das sei den Alles- und Fleischfressern vorbehalten.
Wenn ja wie funktioniert das genau?
Und wäre es dann sinnvoll Fleisch in kleinen Mengen zu verfüttern?
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Murx Pickwick
Quoten-Kobold


Anmeldungsdatum: 23.07.2005
Beiträge: 4622
Wohnort: Runkel

BeitragVerfasst am: 07.10.2010 12:03    Titel: Re: Grzimek: Hasen und tierisches Protein Antworten mit Zitat

Tierisches Protein ist deutlich leichter verdaulich wie pflanzliches Protein.
Das Problem mit dem tierischen Protein entsteht erst dann, wenn Pflanzenfresser dazu gezwungen werden, ihren vollständigen oder hauptsächlichen Bedarf an Eiweiß über tierisches Eiweiß zu decken.
Kleine Beikost dagegen ist offenbar bei allen Säugern, selbst den eigentlich veganen Säugern, stets willkommen.

Egal, welches Eiweiß, Eiweiße werden im Säurebad im Magen dazu veranlaßt, sich zu entfalten. Dadurch werden die Bindungen der Eiweiße frei und können von den Peptidasen im Magen in ihre Bestandteile zerlegt werden, den Aminosäuren. Gerade Kaninchen sind darin sehr effektiv, dadurch, daß der Nahrungsbrei vergleichsweise lange im Magen verbleibt. Trotzdem bleiben immer ein paar Eiweißbruchstücke über, die nicht vollständig zerlegt werden konnten.
Wird der Nahrungsbrei durch den Pförtner in den Zwölffingerdarm entlassen, wird er neutralisiert auf einen leicht basischen pH-Wert. Die übriggebliebenen Eiweißbruchtstücke werden dadurch wieder anders gefaltet und geben nun andere Verbindungen frei, die durch Peptidasen gespalten werden können. So werden noch mehr Aminosäuren frei. Die freiwerdenden Aminosäuren werden vollständig über die Dünndarmwand aufgenommen.
Tierisches Eiweiß ist sehr einfach gefaltet und sehr einfach aufgebaut, es kann vollständig in Aminosäuren zerlegt werden und aufgenommen werden, pflanzliches Eiweiß dagegen hat da so seine Tücken, weil es an ungewöhnlichen Stellen Verzweigungen aufweist oder einfach sehr stabil gefaltet ist. Oft hängen pflanzliche Eiweiße zu allem Überdruß an riesigen, nicht verdaulichen Strukturmolekülen, beispielsweise an Cellulose, so kommt selbst das Kaninchen mit diesen Eiweißen nicht mehr klar ... aber das ist noch nicht alles, während tierisches Eiweiß sehr hochwertig ist, also einen hohen Anteil an seltenen Eiweißen enthält und nur wenig Glutaminsäure, ist das bei Pflanzen genau umgedreht, da sind einzelne Aminosäuren sehr, sehr selten und Glutaminsäure häufig ... Glutaminsäure kann nur dann verwertet werden, wenn genügend der seltenenen Aminosäuren enthalten sind, sind zuwenig der seltenen Aminosäuren im Eiweiß, muß die Glutaminsäure über die Niere ausgeschieden werden, was eine starke Belastung für die Niere darstellt.

Die Probleme mit tierischem Eiweiß entstehen auch nicht dadurch, daß das tierische Eiweiß nicht verdaut wird, sondern wenn tierisches Eiweiß zur Haupteiweißquelle wird, daß dann verschiedene an Pflanzennahrung stark angepaßte Bildungen im Verdauungstrakt nicht mehr benutzt werden ... beim Kaninchen ist hier hauptsächlich der Blinddarm mit seiner Füllung, welche echte Probleme macht.
Kaninchen sind daran angepaßt, daß kleine, normalerweise unverdauliche Kohlenhydrate, nicht zerlegbare Eiweißreste und unterschiedliche weitere komplexe, aber kleine Moleküle in diesen Blinddarm geleitet werden. Wenn ein Kaninchen von hauptsächlich Fleisch leben müßte, würde es jedoch das Fleisch schon im Magen und Dünndarm vollständig zerlegen und über die Dünndarmschleimhaut aufnehmen - die Blinddarmgesellschaft würde innerhalb von Tagen absterben und das Kaninchen mit den Giften, die dabei entstehen, vergiften.
Wenn jedoch mal eine Scheibe Schinken gefressen wird, ist das nicht tragisch ... solange genügend Pflanzen gefressen werden halt.

Inwieweit es Sinn macht, Kaninchen regelmäßig kleine Mengen Fleisch zu verfüttern kann dir vermutlich noch kein Mensch sagen ... es gibt Kaninchen, welche auch in der Natur an Aas gehen, es gibt Kaninchen, die Insekten fressen, es gibt jedoch auch die Kaninchen, die alles daransetzen auch die letzte Blattlaus von ihrer Nahrung abzustreifen, bevor sie endlich das Kraut fressen, was sie fressen wollen ... das Einzige, was man sicher sagen kann, Kaninchen bleiben auch gesund ohne die Zufütterung kleiner Mengen Fleisch. Fleisch ist definitiv für Kaninchen nicht lebenswichtig.

Ach ja ... noch was zu Theodor von Bernhard Grzimek ... das war kein Kaninchen, das war ein Feldhase. Feldhasen brauchen noch deutlich mehr hochwertiges Eiweiß wie Kaninchen und werden deshalb bei normaler Gemüsekost eher wie Kaninchen an Fleisch gehen.

Was das Fleisch und Chinchillas angeht ... Lino mochte gerne Hackfleisch, Beezle frißt gern rohe Leber und stellt sonstwas an, damit er welche abbekommt, Unice frißt Wurst, Schinken, hat mir nen leichtsinnigerweise unbeobachtet rumliegendes Stück rohes Rumpsteak angeknabbert, bevor ich sie in flagranti erwischte und Carla hatte einen versuchsweise hingehaltenen rohen Kaninchenknochen mit Fleisch dran mit wachsender Begeisterung abgenagt ... sie wollte den gar nicht mehr hergeben!
Gekochtes Fleisch wird fast nur in Form von Wurst oder Schinken, wenn überhaupt, gemocht, aber rohes Fleisch wird offenbar gern gegessen ... außer von Medo, aber Medo mag nicht mal Insekten.
Die Chins haben nur selten Gelegenheit, bei mir an Fleisch ranzukommen, aber bis auf Medo wird das von jedem der Chins durchaus genutzt, wenn sie mal an Fleisch rankommen ...
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pantoffeltierchen
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Anmeldungsdatum: 01.10.2010
Beiträge: 128
Wohnort: Konstanz

BeitragVerfasst am: 15.10.2010 03:11    Titel: Re: Grzimek: Hasen und tierisches Protein Antworten mit Zitat

Woher weiß ich denn genau, ob jetzt genug von den seltenen AS im Futter vorhanden sind? Ich denk auch mal, da Kaninchen ziemlich viel fressen wird sich dieses Problem eigentlich gar nicht stellen, solange sie alles bekommen, was sie mögen. Mit "ziemlich viel" meine ich den irgendwann mal im Hirn abgespeicherten Begriff der "postgastrischen Verdauung". Im Vergleich mit Rindern, die wenig futtern, vorverdauen und dann runterschlucken: Viel futtern, und das speziell verdaute nochmal fressen.
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Brauner Bär & Familie
Süchtig


Anmeldungsdatum: 26.07.2010
Beiträge: 63

BeitragVerfasst am: 17.10.2010 17:11    Titel: Kaninchen sind Veganer Antworten mit Zitat

KANINCHEN sind Vegetarier, wahrscheinlich sogar grundsätzlich Veganer, denn - ohne Notlage - würde wohl kein Kaninchen Fleisch verspeisen.

Zuletzt bearbeitet von Brauner Bär & Familie am 08.12.2010 16:11, insgesamt einmal bearbeitet
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Wildkaninchen
Freak


Anmeldungsdatum: 29.09.2009
Beiträge: 371

BeitragVerfasst am: 18.10.2010 17:46    Titel: Re: Grzimek: Hasen und tierisches Protein Antworten mit Zitat

Es soll durchaus Kaninchen geben, die freiwillig (trotz reichhaltigem Angebot an Frischfutter) Fleisch fressen. Wir hatten in den 50er Jahren bei uns im Zoo ein Wildkaninchen, dass neben großen Mengen Frischfutter auch gern mal rohes Pferdefleisch fraß. Selbst freilebende Wildkaninchen wurden schon beim Benagen von Knochen beobachtet. (Hier nachzulesen: http://www.degupedia.de/forum/viewtopic.php?t=1735&postdays=0&postorder=asc&start=0)
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Murx Pickwick
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Anmeldungsdatum: 23.07.2005
Beiträge: 4622
Wohnort: Runkel

BeitragVerfasst am: 18.10.2010 18:11    Titel: Re: Grzimek: Hasen und tierisches Protein Antworten mit Zitat

Als ich meine Fleischversuche unternahm, hatten die Kaninchen genügend eiweißreiche, frischgepflückte Kräuter, angefangen von diversen Kleesorten über Kohl bis Giersch ... gehungert hatten sie auch nicht, trotzdem gingen sie an Fleisch.
Und was noch viel kurioser ist, nur ein Kaninchen hab ich gesehen, wie es auch auf Insektenjagd geht, die anderen Kaninchen machen einen Riesenbogen um alles, was Insekt heißt - einschließlich Blattläuse!

Spricht für mich nicht nach einem Verhalten, was nur bei Mangel auftritt ... zumal die Kaninchen ja dann in der Mangelzeit Winter an Mehlwürmer oder Kellerasseln gehen müßten, was keines meiner Kaninchen tut ...

Das Kaninchen ihren eigenen Nachwuchs aufgrund äußerer Umstände fressen, halte ich aufgrund meiner Erfahrung eher für Beobachtungsfehler, bis ich das selbst sehe ... gibt nämlich eine Mutation, bei der die Kaninchenmütter beim Abnabeln nicht nur die Nachgeburt fressen, sondern alles, was dranhängt ... einschließlich des daranhängenden Jungkaninchens.
Vielleicht ist sowas auch unter Streß während und nach der Geburt möglich, weil die Häsin dann versucht, im Schnelldurchlauf die Nachgeburten zu vernichten, um möglichst schnell wegzukommen ... und dann eben aus Versehen zu viel futtert.
Hilft man in so einem Fall nach, bleiben die Jungen am Leben und werden tadellos gesäugt.
Weiterhin dürfte es nicht möglich sein, daß in Hobbyhaltungen, wo Heu als Hauptspeise gereicht wird und höchstens 100g Frisches und vor allem ja keine Sämereien oder Pellets gefüttert werden, überhaupt Junge hochkommen, da sie alle wegen Eiweißmangel gefressen werden würden ... sie werden jedoch trotz teilweise gravierdendem, im Blutbild schon nachweisbaren Eiweißmangel normal aufgezogen, die Jungen neigen halt nur, wenn sie endlich ausgewachsen sind, zu Zahnproblemen und weiteren teils schwerwiegenden Erkrankungen ...
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Brauner Bär & Familie
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Anmeldungsdatum: 26.07.2010
Beiträge: 63

BeitragVerfasst am: 01.11.2010 14:44    Titel: Kaninchen sind grundsätzlich Veganer Antworten mit Zitat

Bei Zootieren, noch dazu in den 50iger Jahren, kann man nicht auf normales, der Art gemäßes (Fress-) Verhalten schließen!

Fleischfresser sind abnorme bis kuriose Ausnahmeerscheinungen bei Kaninchen.
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davX
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Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 02.11.2010 00:10    Titel: Re: Grzimek: Hasen und tierisches Protein Antworten mit Zitat

Naja wir haben "karnivore" Verhalten bei Pflanzenfresser und die scheinen offenbar weit verbreitet zu sein. Ob es in unser Weltbild passt oder nicht, wo wir hinschauen, ich kenne keine wirklich vegetarische Art, selbst Degus fressen kleine Mengen an Insekten, obwohl meine kein Interesse zeigen und in der Praxis die Gabe von Lebendfutter vernachlässigbar ist. In Freilandstudien variiert der Anteil jedoch von etwas weniger als 1% bis zu 5% ihrer Nahrung und vereinzelte Deguhalter, die Lebendfutter angeboten haben, berichten, dass Degus Mehlwürmer fressen würden. Offenbar nicht alle, aber einige Individuen scheinen diese zu mögen.
Ähnlich Chinchillas: verschiedene Halter berichten, dass die Tiere Jagd auf Spinnentiere wie Weberknechte machten und die Tiere verspeisten. Bei Meerschweinchen wird spekuliert, dass sie Schnecken fressen würden... ich bin leider nicht so vertraut damit, aber es gibt hier zumindest Indizien, dass auch sie womöglich nicht ganz vegetarisch sind und es täte mich nicht erstaunen, wenn da was Wahres dran wäre. Gehen wir dann weiter zu Hörnchenverwandte wie Präriehunde oder Mäuseverwandte wie Sandratten, Steppenlemminge, Wühlmäuse und Co. - alles auch Pflanzenfresser, dann wird es noch deutlicher: Sandratten nehmen regelmässig in kleinen Mengen Lebendfutter zu sich, Präriehunde zeigen Infantizid-Verhalten an nahe Verwandten: Die Weibchen töten und fressen den Nachwuchs ihrer nächsten Verwandten, Steppenlemminge und Wühlmäuse neigen ferner, soweit ich das richtig im Kopf habe ebenfalls zu Infantizid.
Da würde es mich nicht überraschen, dass das Kaninchen, das doch auch seinen Nachwuchs fressen kann, unter gewissen Umständen auch sonst tierisches Protein fressen kann und das nicht einfach aus Not (eine Begründung, bei der man m.E. vorsichtig sein soll, da gerne benutzt als Ausrede für nicht erklärbare Phänomene).

Was die Quelle selber angeht, klar Zootierhaltung ist nicht unbedingt das Optimum und früher wusste man einiges weniger über so manche Tiere... aaber wir hatten früher teilweise auch deutlich bessere Zustände, sprich den ganzen Fertigfutterfrassmist gabs nicht, mehr freie Wahl und Selektionsmöglichkeit, Grünfutterangebot und weniger Panik vor dieser und jener Giftpflanze usw. pp. Es war früher ganz einfach anders, nicht unbedingt besser auch nicht unbedingt schlechter - gerade die Fütterung. Bei der Haltung selber hat sich mittlerweile einiges gebessert, klar, aber wir dürfen gerade bei Zoos auch nicht vergessen, dass es auch damals nicht nur die 0815 Tiersammlerhaltung gab. Der Trend in den Anfangsjahren (ich spreche hier von 19. und anfangs 20. Jahrhundert) waren exotische Vivarien, lebendige Tiersammlungen mit Tieren in langweiligen Minikäfigen, sortiert nach sammlerischen Kriterien. Dazu kam ein florierender Tierhandel (Stichwort Carl Hagenbeck und Co.) und die Wissenschaft spielte damals eine geringe Rolle, denn der Zoo war primär Entertainment und die Zoodirektoren dementsprechend oft erfolgreiche Tierhändler. Das änderte aber gewaltig mit den Jahren. Leute wie Grzimek und Heini Hediger waren es in erster Linie, die auch öffentlich wirksam einen radikalen Wandel in den Zoos herbeiführten, weg von den seichten Entertainment-Tiersammlungen, hin zum Anspruch den Zoo zur Forschungs- und Bildungsstätte umzugestalten, die Leute mit Infotafeln auch besser zu informieren (Hediger hatte die heute noch verbreiteten Infotafeln einst eingeführt, die nicht nur Name, sondern auch Infos zum Tier und Verbreitung angeben), dazu dass Zoos anfingen einen Lehr- und Forschungsauftrag wahrzunehmen und dass die Zoodirektoren aus den Naturwissenschaften, namentlich primär Veterinärmedizin und Biologie/Zoologie "rekrutiert" wurden. Es kam dann die Umweltpädagogik, dass Zoos anfingen Themen für die Besucher gerecht aufzuarbeiten wie das Waldsterben, die Zersiedelung, Wilderei, Artensterben... bis hin zum Amphibiensterben... so gesehen waren die 1950er Jahre der Anfang dieses Umbruchs und da muss man doch genauer hinschauen und kann da nicht so pauschal aburteilen.
Was die aktuelle Entwicklung der Zoos angeht, haben wir heute den Trend, dass es hin geht zu modernen Konzepte, die ganze Lebensräume versuchen umzusetzen und die Tiere mehr und mehr in ihren (künstlichen) Lebensräumen verschwinden, ähnlich wie in der Natur. Insbesondere die Zoos der Schweiz machen es vor, wohin die Zukunft führt, allen voran der Tierpark Bern mit seinem Motto "Mehr Platz für weniger Tiere" lebt genau diese Maxime: Die Artenzahl, die gehalten wird schrumpft weiter, während die Gehege modernisiert und stark vergrössert werden. Der Besucher wird immer mehr gefordert genau zu beobachten, wie in der Natur und ihm werden die Tiere nicht mehr auf dem Silbertablett serviert. Dazu bekommt er Ökosysteme und Tiergesellschaften zu sehen und nicht mehr einzelne Arten, die in einer naturfremden, künstlichen Landschaft leben.

Wer Interesse hat, ich kann bei Gelegenheit mal Fotos einstellen. Ich war letztes Jahr im Zoo Zürich, da hat sich mächtig was getan (Masoalahalle, Dschelada-Anlage, Raubtier-Gehege, geplante Pantanal- und Elefantenanlage). Tierpark Bern war ich 2007 - auch hier gibt es interessante Entwicklungen (habs ja schon erwähnt oben) und diesen Sommer war ich im Zoo Basel. Da wird momentan gerade mächtig umgebaut, ein Drittel des Zoos ist etwa abgesperrt und Baustelle. Da entsteht, wenn ich mich nicht täusche eine riesige neue Anlage für die Affen. In Deutschland besteht natürlich das Problem, dass viele Zoos eher der Entwicklung hinterherhinken und dadurch nicht gerade einen sehr vorbildlichen Eindruck hinterlassen, aber es gibt auch hier interessante Entwicklungen, die Elefantenanlage im Zoo Köln ist deutlich grösser als das was man heute noch in vielen anderen Zoos sieht. Die Affen haben interessante Freigangmöglichkeiten durch Gittertunnels, die auf Bäume in der Freiheit führen (hab ich so noch nie gesehen) - da sind die zwei auffälligsten Massnahmen, die ich gesehen habe und mir noch geblieben sind - ansonsten ist der im Vergleich zum Standard hier in der Schweiz eher entäuschend, insbesondere die Terrarien und Aquarien sind offenbar noch in den Anfängen der Zooentwicklung stehen geblieben: Sie sind eine lebendige Tiersammlung nach alter Schule.
Zoo Leipzig ist es glaubs, die eine riesige Gondwana-Anlage planen (ich weiss nicht, ob sie schon eröffnet ist.. weiss das evtl. jemand?), der Tierpark Berlin hat zumindest flächenmässig ideale Bedingungen für geräumige Gehege, dass ich annehme, dass er auch einige Flaggschiff-Projekte vorzuweisen hat (kennen tu ich ihn leider nicht näher). Ansonsten habe ich konkrete Beispiele nicht mehr präsent, dass ich sie beim Namen nennen könnte. Ich muss allerdings auch zugeben, dass ich noch nicht so weit gekommen bin was deutsche Zoos angeht und es nicht so aktiv mitverfolge - mein Schwerpunkt liegt in der Schweiz und da habe ich auch intensiv schon recherchiert.
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