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Deguzucht...

 
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davX
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Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 02.04.2010 00:56    Titel: Deguzucht... Antworten mit Zitat

Ganz abgesehen von der Diskussion zu Sinn und Unsinn der Deguzucht (wobei ich hier klar sagen muss, dass die grossen Foren strikt dagegen ist, das ist aus meiner Sicht eher ein Segen und geniesst meine vollste Unterstützung), wird ja häufig auch theoretisch über dieses Thema diskutiert, da a) das Thema immer wieder aufkommt und b) wo es Degus gibt, die sich irgendwie auch vermehren müssen.

Nun ist es auffällig, gerade bei kleineren Foren, dass es hakt bei den Argumentationen:

1. von den Zuchtgegnern wird gerne angeführt, dass zu wenig bekannt sei über die Genetik... m.E. Quatsch: in einem Atemzug damit werden von den Befürwortern oder den weniger strengen Gegner dann die Zuchtziele genannt, die so gerne herhalten müssen.
Das Problem: was müssen wir über die Genetik wissen? All die komplizierten Erbgänge zu komplexeren Farb- und Fellmutationen wie bei Maus, Ratte und Co? Oder würde nicht vielleicht doch eher die Kenntnis des Stammbaumes genügen - Wissen, das auch erst aufgebaut werden müsste? Brauchen wir Genetik/Theorie? Wir brauchen doch in erster Linie empirisches Wissen, Erfahrungen, die auch zuerst gesammelt werden wollen.

2. wird immer und immer wieder gerne erklärt, wie wichtig Zuchtziele seien und wie schlimm Vermehrer seien. Stimmt das wirklich? Sicher kann man nicht sagen, dass Vermehrer nun prinzipiell gut wären, das wird der Sache sicher nicht gerecht, aber die Vermehrung ist eigentlich die Basis einer vernünftigen Zucht, vorausgesetzt sind natürlich gute Elterntiere. Wieso? Weil die Tiere sich mehr selbst überlassen werden, weil häufiger solche Tiere in natürlichen Familiengruppen leben und weil nicht auf gezielte Farben oder Merkmale selektioniert wird, was gerade für das Verhalten der Tiere langfristig negativ sein kann. Wer wissen will, wohin das führen kann, soll sich mal in der Rennmauszucht umsehen, dort wurde dies in extremer Form über Jahre hinweg perfektioniert. Inwiefern eine Auslese sinnvoll wäre, ist sicher noch eine heikle Frage. Es wäre jedoch sicher denkbar nicht reproduktive Gruppen zu halten, in welche zum Beispiel kranke Tiere gesetzt werden könnten, die sich nicht für die Zucht eignen.
Mit anderen Worten bedeutet das leider auch, ein selbsternannter Züchter, der sich brüstet mit Degufarben usw. der ist nicht unbedingt besser als ein Kinderzimmervermehrer. Wer nicht nur seriös, sondern auch nachhaltig züchten will, der tut sich gut daran mit guten Elterntiere und dann nicht zu viel einzugreifen und die Tiere wenn möglich in natürlichen Familiengruppen zu halten.

3. Farbzuchten werden immer und immer wieder verharmlost. Nein, mir geht es hier nicht um die Behauptung, dass Farbzuchten grundsätzlich anfälliger wären usw. das kann zwar sein in einigen Fällen, muss aber nicht.
Es gibt viel triftigere Gründe, sich dazu Gedanken zu machen: Mit der Zucht von Mutationen werden stets Begehrlichkeiten geweckt. So soll bei den Rennmäusen erst mit den Farben der grosse Boom angefangen haben. Bei div. Zuchttieren können wir regelrecht beobachten, wie Modetrends (neue Zuchten oder Kinofilme usw.) zu regelrechtem Tierverschleiss führen, welcher einen Effekt von unten nach oben haben, also zuerst fragen die Halter nach nach den Tieren, das führt zu ganzen Zuchtumstellungen bei den Züchtern und zu einer grösseren Nachfrage bei Züchter die neu einsteigen und ihrerseits mit Verzögerung wiederum ihre Nachzuchten anbieten... am Schluss haben wir einen ganzen Rattenschwanz und die Tierheime sind meist die ersten, die das ausbaden dürfen. Der zweite Grund ist, dass solche stark ansteigenden Nachfragen für die Zucht schädlich sind, da der hohe Druck einerseits viele unseriösen Trittbrettfahrer auf den Plan ruft, andererseits die Verlockung gross ist, auch "Ausschuss" zu verwenden, um mehr verkaufen zu können.

Fazit: wenn wir das beobachten, was so läuft sehen wir klare Tendenzen, die in die gleiche Richtung laufen wie bei vielen anderen Tieren. Es sind gefährliche Tendenzen, weshalb ich sie ansprechen will. Gerade was das Sozialverhalten und die Bedeutung der Familienstruktur in der Zucht bedeutet, wurde erst kürzlich im Rodent-Info Forum intensiv diskutiert (und wir hatten hier auch noch eine kurze Diskussion dazu, ging da um die Mongolen, Wildmongolen und grosse Gruppen). Hier liegt einiges im Argen und daher ist es wirklich so wichtig, dass dieses Thema nicht nur angesprochen wird, sondern auch weiter verbreitet, damit eine Diskussion auf breiterer Basis angeregt werden kann. Auch was die Farbmutationen angeht, wird gerne falsch eingeschätzt und masslos unterschätzt. Dass es hierbei nicht um die Gesundheit der Tiere geht, sondern um die enorme Eigendynamik, welche Farbzuchten auslösen, wirkt dabei sehr tückisch.
Eine langfristige und nachhaltige Zucht wird daher von Farbzucht kaum profitieren können.

Dieser Beitrag darf gerne verlinkt werden, Auszüge dürfen auch zitiert werden (bitte Link hierhin nicht vergessen) und Kritik, Kommentare, Diskussion etc. ...ihr könnt euch gerne dazu äussern.
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Anmeldungsdatum: 23.07.2005
Beiträge: 4622
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BeitragVerfasst am: 02.04.2010 12:46    Titel: Re: Deguzucht... Antworten mit Zitat

Gut zusammengefaßt!

Geht aber auch bei der Zucht um die Vermeidung von Dogmen ... wenn ich eine kleine Zuchtpopulation habe und eben nicht auf 300 und mehr Zuchttiere zurückgreifen kann, bleibt mir nix anderes übrig, als Inzucht gezielt einzusetzen, um entsprechend unerwünschte Mutationen aufdecken zu können.

Werden die Zuchttiere in der Partnerwahl sich selbst überlassen, setzen sie genauso Inzucht ein ... das passiert auch in der Natur.
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davX
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Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
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BeitragVerfasst am: 02.04.2010 16:51    Titel: Re: Deguzucht... Antworten mit Zitat

Stimmt das Thema Inzucht habe ich vergessen zu erwähnen. Damit wird leider auch immer noch viel Schundluder getrieben, weil es Leute gibt, die meinen das sei grundsätzlich schlecht (oder umgekehrt zu meinen es wäre nur gut, wäre natürlich genauso falsch)... dabei ist das an sich eigentlich eine neutrale Sache. Ob Inzucht oder nicht, es kommt eigentlich hauptsächlich auf die Elterntiere an.

Anders ausgedrückt kann man die sowohl positiven wie auch negativen Auswirkungen der Inzucht wie folgt gegenüber stellen:

Sie kann, gezielt genutzt, wie du schon erwähnt hast, als Werkzeug genutzt werden, um "Mängel" aufzudecken und die Zucht zu verbessern.

Sie kann aber auch, wird sie sehr intensiv genutzt über Generationen hinweg zu Inzuchtdepressionen und einer starken Anpassung des Immunsystems führen (was wiederum zu Problemen bei Veränderungen in der Umwelt führen kann). Daher wird, wer intensive Inzucht bzw. Linienzucht nutzt, von Zeit zu Zeit fremde Tiere einkreuzen.

Eine einzelnen und einmalige Inzuchtverpaarung ist nicht besser oder schlechter als jede andere Verpaarung auch. Sind die Elterntiere beide gesund, werden es sehr wahrscheinlich auch die Jungen sein, umgekehrt dagegen, wenn sie Erbkrankheiten usw. aufweisen, werden diese bei den Jungen sehr wahrscheinlich sichtbar (bei Inzucht geht es nur schneller, wenn es sich um rezessiv vererbte Merkmale geht).

Zitat:

Werden die Zuchttiere in der Partnerwahl sich selbst überlassen, setzen sie genauso Inzucht ein ... das passiert auch in der Natur.

Absolut, ein wichtiger Punkt. In der Wildnis haben wir doch letztlich Kolonien, in denen sich die Degus fast alle zu einem gewissen Grad verwandt sind. Die jungen Männchen, die wegziehen, sorgen zwar für einen gewissen "Genfluss", aber anders als in den sogenannten Zuchten gerne praktiziert, welche Inzucht vermeiden wollen, findet keine so starke und wilde genetische Vermischung statt. Der Nachteil dieser starken Vermischungen besteht darin, dass die Stabilität fehlt durch die Verwandtschaft, bei welcher erst sich gewisse Merkmale über Generationen hinweg als nützlich oder unnützlich beweisen können und dadurch beispielsweise auch verhindert wird, dass sich negative Eigenschaften sich schnell über grosse Teile der Tierbestände ausbreiten können (diese Probleme hatten in Vergangenheit gerade Katzen- und Hundezüchter von gewissen Rassen, bei denen "plötzlich" gehäuft Erbkrankheiten und so auftraten).
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