GIARDIASIS beim Chinchilla anhand der Literatur
Die Giardiasis ist die häufigste Parasitose des Chinchilla, die besonders bei Jungtieren mit hohen Verlusten einhergehen kann (EWRINGMANN und GLÖCKNER). 66.6% von 195 der von PANTCHEV et al. im Giardien-ELIS-Assay untersuchten Chinchilla-Kotproben waren positiv.
Ätiologie und Pathogenese
Auslöser der Giardiasis bei Chinchillas ist Giardia intestinalis (Syn. G. duodenalis, G. lamblia), eine komplexe Art mit mehreren Genotypen unterschiedlicher Wirtsspezifität. So scheint sich der Erreger antigenetisch von bei Hunden und Katzen vorkommenden Giardien zu unterscheiden. (EWRINGMANN und GLÖCKNER).
Einzelne Zysten können als Zufallsbefund im Kot nachweisbar sein, ohne dass klinische Symptome vorliegen (EWRINGMANN und GLÖCKNER). Laut SCHWEIGART ist das Vorkommen einiger weniger Protozoen oder deren Zysten in der Kotprobe nur im Zusammenhang mit anderen Symptomen (Verdauungsstörungen, Gewichtsabnahme u.a.) als pathogen zu werten, da sie lediglich bei Massenbefall klinische Symptome verursachen können. Aber auch massiver Befall mit Trophozoiten kann von der Darmmukosa ohne ersichtliche Störungen toleriert werden (ECKERT).
Untersuchungen ab welcher Zahl ein Befall als krankheitauslösend anzusehen ist, fehlen. Durch künstliche Infektionen mit verschiedenen Zystenmengen konnten bei gesunden Chinchillas keine Krankheitserscheinungen ausgelöst werden (FEHR), so scheint die künstliche Infektion gesunder Chinchillas mit Giardienzysten keine Erkrankung hervorzurufen (HANSEN). Ein epidemiologisch interessantes Ergebnis, da die minimale infektiöse Dosis bei Menschen und Labortieren nur 10 Zysten beträgt (ECKERT).
Erst bei prädisponierenden Faktoren wie Immunsuppression oder Instabilitäten der Darmflora können sich Giardien massenhaft vermehren und Erkrankungen auslösen. (EWRINGMANN und GLÖCKNER). Streß, ein unreines Umfeld, kontaminiertes Wasser oder eine andere Grunderkrankung können laut RICHARDSON als solche prädisponierende Faktoren angesehen werden. Ferner können sich die Tiere über die direkte Aufnahme (Koprophagie) bzw. über mit Oozysten behaftete Futterpflanzen infizieren (FEHR).
Virulenzunterschiede verschiedener Giardien-Stämme und die Abwehrlage des Wirtes können die Pathogenese beeinflussen (ECKERT). Insbesondere können sich wenig immunkompetente Jungtiere (Stress, Absetzen) an latent infizierten Muttertieren anstecken (FEHR) und eine akute oder chronische Jejunitis entwickeln (EGEN). Während der Säugeperiode erkranken Jungtiere nicht, dagegen scheint das Absetzen (als Streßfaktor) öfters den Ausbruch einer manifesten Giardiose zu begünstigen (EGEN).
Giardia-Infektionen induzieren bei immunkompetenten Wirten eine Immunität, welche die Erregerpopulation teilweise oder ganz eliminiert und einen partiellen Schutz vor Reinfektionen verleiht. G. intestinalis bildet im Darm Populationen mit unterschiedlichen Varianten-spezifischen Oberflächen-Proteinen (engl. variant specific surface proteins, VSPs), gegen die der Wirt spezifische IgA produziert. Die Variation der VSPs ermöglicht es einem Teil der Giardia-Population, sich zumindest in frühen Stadien der Infektion der Immunabwehr zu entziehen. Außerdem wurde bei Giardia spp. als Strategie zur Immunevasion das antigen shedding nachgewiesen, bei welchem dem Wirt hochantigene Oberflächenstrukturen angeboten werden, die jedoch abgelöst werden können, wenn sie Antikörper gebunden haben (ECKERT).
Klinik
Klinische Symptome äußern sich nur bei starkem Befall (HANSEN). Die Symptome sind besonders bei Jungtieren im Absetzalter zu beobachten, aber auch bei Chinchillas, die aufgrund einer anderen Grunderkrankung geschwächt sind. Bei Jungtieren kommt es häufig zu akuten Durchfällen, die mit starkem Pressreiz verbunden sind, so dass sekundär ein Rektumprolaps resultieren kann. Bei älteren Tieren stehen eher chronische Verlaufsformen mit schmierigem Kot und Gewichtsverlusten im Vordergrund (EWIRNGMANN und GLÖCKNER).
Laut BECK sind die klinischen Anzeichen einer massiven Erkrankung Kachexie, Tympanie, ein kyphotischer Rücken (Hintergliedmaßen werden bei Kolik weit unter das Abdomen geschoben) und schlitzförmig verengte Augenlieder. Die Losung sieht bleistiftminenförmig und schwärzlich aus. Aber auch heftige, schleimig-dünnflüssige Durchfälle können auftreten, die insbesondere bei Jungtieren nicht selten mit einer hohen Mortalität, infolge völliger Erschöpfung bei unterlassenen Behandlungsmaßnahmen, einhergehen, da die Patienten schnell ein gestörtes Allgemeinbefinden mit Exsikkose aufweisen und die Futteraufnahme einstellen (EWRINGMANN und GLÖCKNER).
Laut HANSEN können die Symptome auch einzig aus Gewichtsabnahmen bestehen oder sich in nach der Fütterung auftretenden Koliken äußern.
Da der Flagellat weder in das Gewebe eindringt noch Zellen enzymatisch angreift, treten als direkte Folge des Befalls überwiegend oberflächliche mechanische Schädigungen des Mikrovillisaumes auf. Dementsprechend gehen Läsionen meist nicht in die Tiefe, sondern sind oft großflächig, da die sehr beweglichen Trophozoiten häufig ihre Position im Dünndarm wechseln (BECK).
Die Aussscheidung der Zysten hält oft über mehrere Wochen und Monate an, sie kann dabei in der Intensität stark schwanken und zeitweise sistieren. In feuchter Umgebung bleiben die Zysten etwa 3 Wochen, in kühlem Wasser 3 Monate infektionsfähig, während die Throphozoiten in der Außenwelt rasch zugrunde gehen (ECKERT).
Diagnose
Bei massiven Befall mit akuten Durchfällen kann eventuell ein Nachweis der Flagellaten im Kotausstrich gelingen. Diese Untersuchungen können jedoch, besonders bei symptomlosen Befall, falsch negativ verlaufen (EWRINGMANN und GLÖCKNER), da Zysten in Phasen mit geformtem Kot und Trophozoiten in Durchfallphasen intermittierend ausgeschieden werden (BECK).
Im Zweifelsfall ist daher eine serologische Kotuntersuchung durch ein kommerzielles Labor anzuraten (EWRINGMANN und GLÖCKNER).
Mit dem Flotationsverfahren und gesättigter NaCl-Lösung ist nur ein unsicherer Nachweis von Giardia sp. Zysten möglich, da diese deformiert werden. Dies gilt ebenfalls für das kombinierte Sedimentations-Flotations-Verfahren (ECKERT).
Für den Zystennachweis von Giardia spp. ist vorzugsweise die MIFC (merthiolate-iodine-formaldehyde)-Methode einzusetzen, da sich mit routinemäßig verwendeten Flotationsverfahren erheblich weniger Zysten und daher nur ein Bruchteil der tatsächlichen Aussscheider erfassen lassen (BECK).
Im Antigen-ELISA (Giardia Microplate Assay) wird mit Hilfe monoklonaler Antikörper ein Giardia-spezifisches Antigen (GSA 65) nachgewiesen,, welches bei der Vermehrung (Zweiteilung) der Giardia-Trophozoiten im Dünndarm freigesetzt wird, darmstabil ist und mit dem Kot unabhängig von den Zysten oder Trophozoiten ausgeschieden wird. Das ist der große Vorteil dieses ELISAs gegenüber mikroskopischen Verfahren und ELISAs, die ein mit Zysten oder Trophozoiten assoziertes Zellwand-Antigen nachweisen. Die Aussscheidung von GSA 65 im Kot erfolgt, im Gegensatz zu der Ausscheidung von Zysten und Trophozoiten, kontinuierlich. Deswegen benötigt man auch keine Sammelkotprobe von 3 Tagen. Ab 3 Tagen nach erfolgreicher Behandlung ist GSA 65 im ELISA nicht mehr nachweisbar (BECK).
Praxisübliche Giardien-Schnelltests sind zum Nachweis von Chinchilla-Giardien nicht geeignet! (EWIRNGMANN und GLÖCKNER)
Therapie
Im Zusammenhang mit Giardiasis bei Chinchillas werden folgende Wirkstoffe von den Autoren genannt.
Metronidazol
- 2x tgl. 10-20mg/kg p.o. über 5-7d (EWRINGMANN und GLÖCKNER)
- 20mg/kg/d 2x tgl. „anecdotally“ wird es mit Leberversagen in Verbindung gebracht (RICHARDSON)
- 10-20mg/kg s.c., p.o. 2x tgl. über 7-10 Tage; ggf. auch 20-40mg/kg 1x tgl. (SCHWEIGART)
- 10-20mg/kg über Trinkwasser 57 Tage (FEHR) ->Siehe „Hinweis zu 57 Tage Behandlungsdauer“ im Anschluß an die Aufzählung!
- 50mg/kg p.o. 7 Tage. Nach Normalisierung der Futteraufnahme Umstellung auf Futtermedikation mit Thibenzole-Pulver in einer Dosierung von 20mg pro Tier/Tag. Um die Gefahr einer Reinfektion zu vermindern, sollte sich die Behandlung über einen Zeitraum von 40 Tagen erstrecken (EGEN).
- 10-20mg/kg (=4ml/kg Torgyl, RMB) über Trinkwasser für 5-7 Tage (WEBB 1991)
- 25mg/kg 2x tgl. 5-7 Tage. Um in Problembeständen die Gefahr von Reinfektionen zu vermeiden, kann die Therapie unter Umständen über 4 bis 6 Wochen ausgedehnt werden (BECK). BECK zitiert WEBB 1997 ebenfalls mit einer Behandlungsdauer von 57 Tagen. ->Siehe „Hinweis zu 57 Tage Behandlungsdauer“ im Anschluß an die Aufzählung!
Fenbendazol
- 1x tgl. 20mg/kg p.o. über 5d, Wiederholung nach 2 Wochen (EWRINGMANN und GLÖCKNER)
- 50mg/kg/d für 3 Tage (RICHARDSON)
- SCHWEIGART erwähnt Fenbendazol nicht im Zusammenhang mit Giardien; in einer Dosis von 20mg/kg p.o. 1x tgl. über 3 Tage ist es gegen Nematoden anzuwenden
- Die Angaben von FEHR in der ´Arzneimittel für Chinchillas´-Tabelle ergeben keinen Sinn. Im Kapitel Giardiasis werden keine Angaben gemacht.
- 20-25mg/kg p.o. 5-7 Tage (BECK)
Albendazol
- 50-100mg/kg/d für 3 Tage (RICHARDSON)
Dimetridazol
- 1g/l Trinkwasser. Nach Normalisierung der Futteraufnahme Umstellung auf Futtermedikation mit Thibenzole-Pulver in einer Dosierung von 20mg pro Tier/Tag 40 Tage lang (FEHR).
- 1g/l Trinkwasser. Nach Normalisierung der Futteraufnahme Umstellung auf Futtermedikation mit Thibenzole-Pulver in einer Dosierung von 20mg pro Tier/Tag. Um die Gefahr einer Reinfektion zu vermindern, sollte sich die Behandlung über einen Zeitraum von 40 Tagen erstrecken (EGEN).
- 1g/l Trinkwasser über 40 Tage (BECK) ->Siehe „Hinweis zu 57 Tage Behandlungsdauer“ im Anschluß an die Aufzählung!
Thibenzole-Pulver
- Mit einer Angabe von 50-100mg/kg p.o. tgl. über 5 Tage widerspricht FEHR in der ´Arzneimittel für Chinchillas´-Tabelle seinen eigenen Ausführungen in dem Giardiasis-Kapitel.
- Im Anschluß an Dimetridazol/Metronidazol, nach Normalisierung der Futteraufnahme, 20mg/Tier/Tag, bei Lamblienbefall 40 Tage lang (EGEN)
- Thiabendazol wird von WEBB 1991 in einer Dosierung von 100mg/kg nicht im Zusammenhang mit Giardien sondern mit Trichostrongyliden erwähnt mit dem Hinweis, dass es toxisch wirken kann.
Hinweis zu 57 Tage Behandlungsdauer
Bei der Angabe von 57 Tagen Behandlungsdauer bei Metronidazol, die sich mittlerweile in FEHR, BECK und WEBB 1997 findet, handelt es sich um einen nicht nachvollziehbaren, da offensichtlichen Übertragungsfehler vom Englischen ins Deutsche, den die Autoren späterer Werke ohne Überprüfung der Primärquellen übernommen haben!
In WEBB 1997 ist zu lesen:
„Falls der Verdacht besteht, daß Giardia spp. den Verlauf einer Enteritis beeinflussen, kann Metronidazol über das Trinkwasser in einer Dosierung von 10-20mg/kg/KM (=4ml/kg) über 57 Tage verabreicht werden.“
Wohingegen in WEBB 1991 das folgendes geschrieben steht:
„Where Giardia spp. are thought to be influencing the course of an enteritis, treatment can be given using metronidazole (Torgyl, RMB) in the drinking water at the rate of 4ml/kg for 5-7 days.“
Es bleibt zu hoffen, dass in Zukunft dieser Fehler nicht von weiteren Autoren übernommen wird und in den Neuauflagen der Werke korrigiert wird.
BECK scheint bei der Behandlungsdauer von 40 Tagen für Dimetridazol von FEHR oder EGEN abgeschrieben zu haben, was aus der Formulierung ersichtlich ist. Dabei hat er jedoch das Thibenzole-Pulver, auf das sich ursprünglich die 40 Tage bezogen, unter den Tisch fallen lassen und die Angabe auf Dimetridazol übertragen. Eine fragwürdige Vorgehensweise.
Weitere Behandlungsmaßnahmen
In die Behandlung einer Giardiasis sollten alle Partnertiere einbezogen sowie Käfig und Umgebung gründlich desinfiziert werden, da es sonst zu ständigen Reinfektionen kommt. Käfiginventar aus Holz muss ggf. ausgetauscht werden (EWRINGMANN und GLÖCKNER). Ein Einstreuwechsel und das Entfernen von Kotresten von Sitzbrettern etc. ist obligatorisch.
In der Afterregion finden sich häufig Giardia-Zysten-haltige Kotspuren, die unbedingt zu entfernen sind (BECK).
Besteht bereits Durchfall, so muss außerdem eine unterstützende Durchfalltherapie mit Infusionen, Glukosezusatz, Vitaminsubstitution und Zwangsernährung durchgeführt werden. Probiotika dienen der Stabilisierung der Darmflora. Gaben von Antibiotika sind bei akutem Krankheitsverlauf in jedem Fall sinnvoll, um eine Vermehrung pathogener Keime mit der Folge einer Septikämie zu verhindern (EWRINGMANN und GLÖCKNER). Außerdem führen die Autorinnen noch ein Antimykotikum auf, welches ggf. verabreicht werden sollte. Laut RICHARDSON kann die unterstützende Therapie noch Wärmezufuhr umfassen.
Desinfektionsmaßnahmen
Als „Desinfektion“ werden gezielte Maßnahmen bezeichnet, die zur Verminderung der Zahl bestimmter pathogener Keime an einem Objekt führen, so dass von ihm keine Infektionsgefahr mehr ausgeht (ECKERT).
Eine besondere Bedeutung bei der Giardien-Bekämpfung hat die Umgebungs-Dekontamination, da Reinfektionen häufig sind. Neben gründlicher Reinigung und Desinfektion der Käfige (Neopredisan 135-1, Menno-Chemie) ist jede Feuchtigkeit zu beseitigen, weil unter diesen Bedingungen die Zysten am besten überleben und im kühl-feuchten Umfeld sehr lange überlebesfähig sind (BECK). Diesen Hinweis gibt BECK in seinem Buch bei Meerschweinchen, Hamstern, Ratten, Mäusen und Gerbilen.
Unverständlicherweise schlägt der Autor bei Chinchillas eine andere Vorgehensweise vor: Mit Hilfe eines Dampfstrahlers und durch die nachfolgende Trockenlegung des Käfigs werden Zysten zuverlässig abgetötet. Erst nach einer Umgebungsdekontamination sollten die Chinchillas in ihre Behausung zurückgebracht werden. Eigenen Erfahrungen zufolge lassen sich Therapieversager meist durch Reinfektionen aus der Umwelt und nicht durch Resistenzen erklären.
Zwar läßt sich beim Einsatz von Heißwasser-Dampfgemischen (z.B. 130-140°C), die in Hochdruckreinigern erzeugt werden, ein zusätzlicher Desinfektionseffekt erzielen, wegen der starken Abkühlung des Heißwasser-Dampfgemisches beim Auftreffen auf die Bodenfläche (z.B von 140 auf etwa 90°C) wird ein nahezu vollständiger Desinfektionseffekt nur bei langen Einwirkungszeiten (etwa 1min/m²) erzielt (ECKERT).
Die lange Einwirkungszeit und die anschließend zwingend erforderliche Trockenlegung disqualifizieren diese Desinfektionsmaßnahme für den Heimgebrauch in geschlossenen Räumen.
Obschon ECKERT angibt die Zysten werden bei Trockenheit oder Temperaturen >60°C rasch abgetötet, erscheint diese Angabe im Vergleich zu den Empfehlungen der WHO zur Wasser-Desinfektion ein wenig optimistisch und die Angabe „rasch“ ungenau.
RICHARDSON schlägt zur Käfigreinigung bei Giardien eine 20% Bleiche (z.B. Domestos) vor, damit ähnelt er in seiner Angabe KRAFT, der folgende Desinfektionsmittel aufführt: Ätznatron, Sagrotan, Lysol, Lysolin, quaternäre Ammonuimbasen. Diese Mittel werden allerdings nicht explizit im Zusammenhang mit Giardien genannt.
Die Anwendung von Desinfektionsmittel erfolgt meist in Konzentrationen von 2-5% bei einer Einwirkungszeit von 2h (ECKERT), so z.B. Neopredisan 135-1: 25% 4-Chlor-M-Kresol, 5% organische Säuren
Die chemischen Desinfektionsmittel sind grundsätzlich in leeren Stallungen unter genauer Beachtung der Anwendungsvorschriften und der Schutzmaßnahmen für den Anwender einzusetzen. Desinfektion darf niemals dort vorgenommen werden, wo Mensch oder Tier durch sie Schaden erleiden könnten (KRAFT).
Eine Desinfektion von Erdboden in Ausläufen ist allgemein nicht möglich (ECKERT).
Grundbedingung für eine wirkungsvolle Desinfektion ist eine vorhergehende gründliche Reinigung der Käfige, Stallungen, und Geräte. Es ist falsch Desinfektionsmittel auf schmutzige Gegenstände zu spritzen oder sie damit waschen zu wollen (KRAFT). Sie sollten erst nach einer gründlichen mechanischen Reinigung und dem Waschen mit heißem Wasser und einem Reinigungsmittel eingesetzt werden.
Die beim Versprühen eines Desinfektionsmittel in alle Fugen eindringenden feinen Tröpfchen wirken sicherer als das grobe Abwaschen mit einer Bürste (KRAFT).
Man läßt die Desinfektionsmittel einige Stunden oder Tage einwirken und spült dann gründlich nach, um sie vollständig abzuwaschen; es dürfen keine Rückstände an den Objekten zurückbleiben. Diese Prozedur empfiehlt sich in schwer verseuchten Beständen in kurzen Abständen wiederholt durchzuführen. Das gleichzeitige Leerstehen von Stallungen und Käfigen unterstützt des Desinfektionsvorgang (KRAFT).
Neben den den nach Anwendungsvorschrift angewandten Desinfektionsmitteln stellt das Ausflammen bzw. Behandeln der Oberflächen, mit einer Temperatur über 140°C für etwa 3-5 Sekunden, eine geeignete Maßnahme dar (LÖLIGER).
Es gilt bei der Desinfektion ebenso wie woanders, daß die Gründlichkeit den Erfolg bringt (KRAFT).
Abschließend sei noch eine Sichtweise erwähnt, die in Anbetracht der Erkenntnis, dass die minimale infektiöse Dosis bei Menschen und Labortieren nur 10 Zysten beträgt (ECKERT), durchaus plausibel erscheint: Eine Desinfektion des Zuchtraumes und der darin befindlichen Käfige bringt bei Giardien-Befall nichts, da sich auch bei gründlicher Vorgehensweise nicht alle Zysten abtöten lassen (ULBRICHT).
Quarantäne
Folgt man der im letzten Absatz aufgeführten Sichtweise, erscheint die Quarantäne neu zugekaufter und erkrankter Tiere besonders sinnvoll. Deshalb sei hier in gekürzter Fassung das entsprechende Kapitel aus KRAFT widergegeben.
Die Quarantäne ist eine der wichtigsten Maßnahmen in der Tierhaltung. Sie schützt vor ungewollter Einschleppung von Infektionskrankheiten in die Zucht bzw. verhindert ein Fortschreiten der Erkrankung.
In Quarantäne gehören alle neu zugekauften Tiere. Sie können können Infektionserreger beherbergen, ohne dass sie offensichtlich krank sind. Durch die Umstellung kann eine Erkrankung ausbrechen oder die „stallfremden“ Erreger machen die Tiere im altem Bestand krank!
Außerdem müssen kranke Tiere in Quarantäne, solange die überwiegende Mehrzahl des Bestandes noch gesund erscheint. Selbstverständlich müssen solche Chinchillas von neu zugekauften getrennt werden, die ebenfalls in Quarantäne sind.
Bei der Durchführung der Quarantäne ist zu beachten, dass es eine „echte“ Quarantäne ist! Die abzusondernden Tiere müssen in einem anderen Raum in sauberen, desinfizierten Käfigen untergebracht werden, wie es üblich ist, damit nicht neue Streßfaktoren dazukommen. D.h Luftfeuchtigkeit, Temperatur, Stallhaltung, Fütterung und Trinkwasser müssen gleich mit den Bedingungen in der Farm sein, wenn nicht aus Umstellungsgründen Diätfutter verabreicht werden muß. Selbstverständlich müssen Futter und Futterbehälter für die Quarantäne getrennt von denen der übrigen Farm sein.
Wenn in der Quarantänestation neu zugekaufte Tiere sind, müssen diese gefüttert werden, bevor der Bestand gefüttert wird. Ist die Quarantäne als „Isolierstation“ von Kranken oder Infektionsverdächtigen besetzt, dann empfiehlt es sich, diese nach den Tieren in der Farm zu versorgen.
Selbstverständlich müssen sich alle Personen beim Wechsel von der Quarantäne zur Farm und umgekehrt gründlich die Hände waschen und desinfizieren. Es empfiehlt sich auch, dabei die Arbeitskleidung zu wechseln.
Über die Zeitdauer einer Quarantäne können allgemein gültig keine Angaben gemacht werden. Die ursprüngliche 40tägige Absonderung beruht auf der Erfahrung, dass innerhalb dieser Zeit alle Infektionskrankheiten zum Ausbruch kommen. Dies ist heute wissenschaftlich nicht mehr in jedem Falle haltbar, aber eine vier- bis fünfwöchige Quarantäne gibt schon die beste Garantie für die Unterbrechung einer Infektionskette. Je nach Lage werden aber auch 8 bis 14 Tage ausreichen. Die eingehende Beobachtung der Tiere wird auch hier entsprechend zu verwerten sein.
Literatur
BECK, W. (2005): Praktische Parasitologie bei Heimtieren. Kleinsäuger - Vögel - Reptilien - Bienen. 1. Aufl., Schlütersche Verlagsanstalt, Hannover
ECKERT, J. et al. (2004): Lehrbuch der Parasitologie für die Tiermedizin. 1 Aufl., Enke-Verlag, Stuttgart
EGEN, H., ERNST H. (1995): Chinchilla. In: Garbisch K., Zwart P: Krankheiten der Heimtiere. Schlütersche Verlagsanstalt, Hannover, 173-196
EWRINGMANN, A., GLÖCKNER B. (2005): Leitsymptome bei Meerschweinchen, Chinchilla und Degu. Diagnostischer Leitfaden und Therapie. 1 Aufl., Enke-Verlag, Stuttgart
FEHR, M. (2005): Chinchilla. In: Garbisch K., Zwart P: Krankheiten der Heimtiere. Schlütersche Verlagsanstalt, Hannover, 183-212
HANSEN, D. (2005): Chinchilla. In: Göbel, T., Ewringmann, A: Heimtierkrankheiten. Kleinsäuger, Amphibien, Reptilien. Verlag Eugen Ulmer Stuttgart, 100-118
KRAFT, H. (1994): Krankheiten der Chinchillas. 5. Aufl., Enke Verlag Stuttgart
LÖLIGER, H.-C. (1998): Krankheiten der Haus- und Wildkaninchen. In: Schlolaut, W. (Hrsg.) et al.: Das große Buch vom Kaninchen, 2. Aufl., DLG-Verlag, Frankfurt am Main
PANTCHEV, N. et al. (2005): Endoparasitosen bei Kleinsäugern aus privater Haltung und Igeln - Labordiagnostische Befunde der koprologischen, serologischen und Urinuntersuchung (2002–2004). Tierärztl Prax 2005; 33 (K): 296-306
RICHARDSON, V.C.G. (2003): Diseases of Small Domestic Rodents. 2 Aufl., Blackwell Publishing
SCHWEIGART, G. (1995): Chinchilla, Heimtier und Patient. Gustav Fischer Verlag, Jena
ULBRICHT, I. (2000): Krankheiten der Chinchilla. Chinchilla Post 3/2000
WEBB, R. A. (1991): Chinchillas. In: Beynon, P.H., Cooper, J.E: Manual of exotic pets, British Small Animal Veterinary Association, Cheltenham, Gloucestershire, 15-22
WEBB, R. A. (1997): Chinchillas. In: Beynon, P.H., Cooper, J.E. (Hrsg): Kompendium der Heimtiere, Schlütersche Verlagsanstalt, Hannover, 23-29
Der Artikel entspricht nach bestem Wissen und Gewissen dem Wissenstand des Autors zum 06.06.06. Ergänzungen, Hinweise sind jederzeit herzlich willkommen.
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