Aleks hatte im Schutzforum mich noch auf einen interessanten Beitrag aufmerksam gemacht:
http://edoc.hu-berlin.de/dissertationen ... d-ch1.htmlBehrend, Anke (1999): Kinetik des Ingestaflusses bei Rehen (Capreolus capreolus) und Mufflons (Ovis ammon musimon) im saisonalen Verlauf. Dissertation. Humboldt-Universität, Berlin.
Interessant ist, wie die Wiederkäuer entstanden sind:
Zitat:
Die stammesgeschichtliche Entwicklung der Wiederkäuer läßt sich wie folgt zusammenfassen ( Janis 1976, Van Soest 1994): Im Paläozän und am Beginn des Eozän (vor ca. 65 bis 54 Millionen Jahren) erfolgte die Spaltung der Protoungulaten in die Artiodactyla (Paarhufer) und die Perissodactyla (Unpaarhufer). Die Ruminantia (Wiederkäuer) und Tylopoda (Schwielensohler) entwickelten sich erstmalig im Oligozän (vor ca. 35 Millionen Jahren). Die frühen Wiederkäuer zeichneten sich durch ein geringes Körpergewicht (ca. 18 kg) und einen kleinen, einfach gebauten Vormagen mit vergrößerter Oberfläche für die Resorption der mikrobiell (vorwiegend amyolytisch) gebildeten kurzkettigen Fettsäuren aus. Ihre Futtergrundlage waren leichtverdauliche und nährstoffreiche Pflanzenteile der damals bereits vorkommmenden Dicotyledonen. Die im Miozän sinkenden Temperaturen führten zu einer Veränderung der Vegetation: zur Ausbreitung der Gräser, deren Pflanzenzellwände cellulosereich waren. Für die Erschließung dieses Gerüstkohlenhydrates war eine Veränderung der Verdauungsstrukturen erforderlich. Somit kam es zur Entwicklung von Wiederkäuerfamilien (z.B. Bovidae), die sich durch Vergrößerung des Vormagens, Verzögerungsstrukturen und cellulolytische Mikroorganismen im Vormagen zunehmend an die Verdauung von Cellulose anpaßten.
Die rezenten Wiederkäuerarten lassen sich nach ihrer Ernährung und Morphologie des Verdauungssystemes in drei Gruppen einteilen (Abb. 1): Konzentratselektierer, intermediäre Wiederkäuer und Gras- und Rauhfutterfresser ( Hofmann und Stewart 1972, Hofmann 1989).
Quelle: Behernd 1999, S. 9-10.
(Hervorhebung von mir)
Kurz zusammengefasst die frühen Wiederkäuer waren relativ leichte Tiere (bis 18 kg), die sich überwiegend von leicht verdaulichen Pflanzenteilen ernährten. Ihr Verdauungstrakt war einfach gebaut und die Pflanzenteile wurden in einem einfachen Vormagen mikrobiell in kurzkettige Fettsäuren (SCFA/VFA) zerlegt und resorbiert.
Im Miozän kam es dann zu tiefgreifenden Veränderungen in der Vegetation (Klimawandel!). Die Temperaturen sanken, was dazu führten, dass die Gräser ausbreiteten, die reich an Zellulose sind und von den Wiederkäuer neue Strategien in der Verdauung der neuen Nahrung erforderten. In Folge kam es zu einer Spezialisierung des Verdauungstrakts, der insbesondere mit dem Herausbilden komplexer und auf diese Nahrung besser angepasste Vormägen führte.
Genau auf diese grosse Bedeutung des Klimawandels (der in der Vergangenheit immer wieder zu grösseren Änderungen führte) als Triebfeder wird auch in anderen Quellen immer wieder betont. Es ist ein Umstand, von dem ich das Gefühl habe, er wird im deutschsprachigen Raum nach wie vor viel zu wenig wahrgenommen.