Hallo Karin,
ich habe noch mehr Infos zur Samenaufzucht chilenischer Pflanzen. Es gibt ein interessantes Büchlein über bedrohte Pflanzen Chiles. Bei Gelegenheit will ich diese Infos auch mal aufbereiten.
Zum Text von Chileflora übersetze ich mal die Regeln, welche dort erwähnt werden:
Regel 1: Die meisten Arten brauchen eine kalte Lager-BehandlungGemeint damit ist, dass die Samen Kälte ausgesetzt werden. Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten, zum Beispiel mehrere Tage in kaltes Wasser einlegen und regelmässig das Wasser wechseln (da sich dieses erwärmt) oder der Kühlschrank ist eine weitere Möglichkeit... Betroffen sind Arten aus Mittel- und Südchile sowie solche aus den Anden/Puna-Region, insgesamt betrifft es etwa 80% der Pflanzen. Details werde ich bei Gelegenheit noch etwas sorgfältiger übersetzen.
Regel 2: Wüsten-Arten keimen bei moderaten Temperaturen von +12 °CDie restlichen 20% brauchen eine total andere Behandlung, nämlich jene aus dem Norden, der Atacama-Wüste. Sie sollten bei Temperaturen zwischen +10 und +14 °C zum Keimen gebracht werden.
Regel 3: Einge Samen brauchen eine Einkerbung (Skarifizierung).Alle Samen von der Familie der Bohnenpflanzen (in Chile, vor allem Adesmia, Astragalus, Caesalpinia, Lathyrus, Prosopis, Sophora, Vicia) und einige andere Arten haben eine sehr harte Schale (testa) welche den Embryo schützt. Der Vorteil davon ist, dass die Samen über Jahrzehnte keimbar bleiben, einige sogr ein halbes Jahrhundert (z.B. Sophora cassioides). Die Kehrseite ist, dass solange diese Schale nicht aufgebrochen wird die Samen nicht keimen. Es braucht mehrere Jahre in der Natur um diese Schale zu brechen. Um die Samen einzukerben gibt es drei Methoden: die mechanische, die chemische und die dritte mit Hitze.
Regel 4: Einige Samen profitieren von GA (Gibberellinsäure)Einige Arten profitieren davon, wenn sie Gibberellinsäure ausgesetzt werden, so zum Beispiel die Gattungen Nothofagus, Fitzroya, Austrocedrus, Peumus. Auch andere schwer keimbare Samen insbesondere jene der Atacama Küstenwüste profitieren von einer solchen Behandlung. Jedoch gibt es für die meisten chilenischen Pflanzenarten keine verfügbaren Informationen in der Literatur.
Regel 6: Die Saattiefe ist sehr wichtigDie meisten Samen sollten 2 bis 3 mal so tief gesät werden wie ihr Durchmesser. Jedoch gibt es viele Arten, welche besser oder nur keimen, wenn sie Licht ausgesetzt. Alle kleinen, puderähnlichen Samen sollten nur auf die Oberfläche gestreut werden. Zu diesen Arten zählen insbesondere Calceolarias, Nicotiana, and Hydrangea.
Ferner brauchen auch Puyas Licht für die Keimung.
Regel 7: Unorthodoxe Samen müssen sofort gesät werdenEinige Arten haben
unorthodox Samen, das heisst dass diese nicht getrocknet und so gelagert werden können. Glücklicherweise gibt es in Chile nur wenige Arten, welche zu dieser Gruppe gehören, wegen dem trockenen Klima (die unorthodoxen Arten können bei solch trockenen Bedingungen nicht überleben). Die Samen von dieser Gruppe werden teilweise getrocknet vor dem Versand, enthalten aber noch genug Feuchtigkeit, damit sie keimfähig bleiben.
Sobald die Samen angekommen sind müssen sie sofort gepflanzt werden. Es ist eine gute Idee sie vor dem Pflanzen für ein paar Stunden in Wasser einzuweichen.
Alle Samen der Myrtengewächse (Myrtaceae) wie zum Beispiel Amomyrtus, Luma, Myrceugenia, Ugni gehören zu dieser Gruppe, auch parasitische Arten wie Tristerix, Drymis und teilweise auch die Familie Philesiaceae, zu welcher Lapageria rosea, Philesia magellanica, Luzuriaga gehören. Die letzte Gruppe kann immer noch keimen wenn die Samen getrocknet sind, aber es dauert dann viel länger und ist auch komplizierter. Frische Philesiaceae Samen haben eine Keimungsrate von etwa 80 %.
Regel 8: Orichdeen Samen brauchen In-Vitro FortpflanzungstechnikenEs gibt viele wunderbare Orchideenarten in Chile. Jedoch sollte man nicht versuchen sie zu vermehren solange man nicht mit den allgemeinen Methoden vertraut ist und erfolgreich schon Orchideen aus Samen gezogen hat. Die Erfolgsrate ist gleich Null wenn man sie wie normale Samen säen will. Man braucht eine sterile Arbeitsumgebung und Arbeitsabläufe um gute Resultate zu erzielen. Im Vergleich zu anderen Orchideen sind chilenische Arten nicht besonder schwierig und gewöhnliches
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