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 Betreff des Beitrags: Allgemeines zur Samenaufzucht
BeitragVerfasst: 07.01.2012, 12:03 
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Moderator und Technik
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Beiträge: 7985
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Huhu,

gerde habe ich etwas wichtiges entdeckt, das möglicherweise den Erfolg bei manchen heiklen Pflanzen deutlich verbessern könnte:
http://www.chileflora.com/Florachilena/ ... nation.htm

Ich will bei Gelegenheit die Tipps mal durchgehen und zusammenfassend hier auf Deutsch angeben.

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 Betreff des Beitrags: Re: Allgemeines zur Samenaufzucht
BeitragVerfasst: 08.01.2012, 07:44 
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Grünschnabel

Registriert: 30.05.2011, 11:35
Beiträge: 38
Hi David,

das wäre super, wenn Du Dir die Arbeit machen würdest. Mein Englisch reicht leider nur für den Hausgebrauch.

Liebe Grüße von Karin


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 Betreff des Beitrags: Re: Allgemeines zur Samenaufzucht
BeitragVerfasst: 08.01.2012, 12:49 
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Moderator und Technik
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Registriert: 02.05.2007, 20:50
Beiträge: 7985
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Hallo Karin,

ich habe noch mehr Infos zur Samenaufzucht chilenischer Pflanzen. Es gibt ein interessantes Büchlein über bedrohte Pflanzen Chiles. Bei Gelegenheit will ich diese Infos auch mal aufbereiten.

Zum Text von Chileflora übersetze ich mal die Regeln, welche dort erwähnt werden:

Regel 1: Die meisten Arten brauchen eine kalte Lager-Behandlung
Gemeint damit ist, dass die Samen Kälte ausgesetzt werden. Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten, zum Beispiel mehrere Tage in kaltes Wasser einlegen und regelmässig das Wasser wechseln (da sich dieses erwärmt) oder der Kühlschrank ist eine weitere Möglichkeit... Betroffen sind Arten aus Mittel- und Südchile sowie solche aus den Anden/Puna-Region, insgesamt betrifft es etwa 80% der Pflanzen. Details werde ich bei Gelegenheit noch etwas sorgfältiger übersetzen.

Regel 2: Wüsten-Arten keimen bei moderaten Temperaturen von +12 °C
Die restlichen 20% brauchen eine total andere Behandlung, nämlich jene aus dem Norden, der Atacama-Wüste. Sie sollten bei Temperaturen zwischen +10 und +14 °C zum Keimen gebracht werden.

Regel 3: Einge Samen brauchen eine Einkerbung (Skarifizierung).
Alle Samen von der Familie der Bohnenpflanzen (in Chile, vor allem Adesmia, Astragalus, Caesalpinia, Lathyrus, Prosopis, Sophora, Vicia) und einige andere Arten haben eine sehr harte Schale (testa) welche den Embryo schützt. Der Vorteil davon ist, dass die Samen über Jahrzehnte keimbar bleiben, einige sogr ein halbes Jahrhundert (z.B. Sophora cassioides). Die Kehrseite ist, dass solange diese Schale nicht aufgebrochen wird die Samen nicht keimen. Es braucht mehrere Jahre in der Natur um diese Schale zu brechen. Um die Samen einzukerben gibt es drei Methoden: die mechanische, die chemische und die dritte mit Hitze.

Regel 4: Einige Samen profitieren von GA (Gibberellinsäure)
Einige Arten profitieren davon, wenn sie Gibberellinsäure ausgesetzt werden, so zum Beispiel die Gattungen Nothofagus, Fitzroya, Austrocedrus, Peumus. Auch andere schwer keimbare Samen insbesondere jene der Atacama Küstenwüste profitieren von einer solchen Behandlung. Jedoch gibt es für die meisten chilenischen Pflanzenarten keine verfügbaren Informationen in der Literatur.

Regel 6: Die Saattiefe ist sehr wichtig
Die meisten Samen sollten 2 bis 3 mal so tief gesät werden wie ihr Durchmesser. Jedoch gibt es viele Arten, welche besser oder nur keimen, wenn sie Licht ausgesetzt. Alle kleinen, puderähnlichen Samen sollten nur auf die Oberfläche gestreut werden. Zu diesen Arten zählen insbesondere Calceolarias, Nicotiana, and Hydrangea.
Ferner brauchen auch Puyas Licht für die Keimung.

Regel 7: Unorthodoxe Samen müssen sofort gesät werden
Einige Arten haben unorthodox Samen, das heisst dass diese nicht getrocknet und so gelagert werden können. Glücklicherweise gibt es in Chile nur wenige Arten, welche zu dieser Gruppe gehören, wegen dem trockenen Klima (die unorthodoxen Arten können bei solch trockenen Bedingungen nicht überleben). Die Samen von dieser Gruppe werden teilweise getrocknet vor dem Versand, enthalten aber noch genug Feuchtigkeit, damit sie keimfähig bleiben.
Sobald die Samen angekommen sind müssen sie sofort gepflanzt werden. Es ist eine gute Idee sie vor dem Pflanzen für ein paar Stunden in Wasser einzuweichen.
Alle Samen der Myrtengewächse (Myrtaceae) wie zum Beispiel Amomyrtus, Luma, Myrceugenia, Ugni gehören zu dieser Gruppe, auch parasitische Arten wie Tristerix, Drymis und teilweise auch die Familie Philesiaceae, zu welcher Lapageria rosea, Philesia magellanica, Luzuriaga gehören. Die letzte Gruppe kann immer noch keimen wenn die Samen getrocknet sind, aber es dauert dann viel länger und ist auch komplizierter. Frische Philesiaceae Samen haben eine Keimungsrate von etwa 80 %.

Regel 8: Orichdeen Samen brauchen In-Vitro Fortpflanzungstechniken
Es gibt viele wunderbare Orchideenarten in Chile. Jedoch sollte man nicht versuchen sie zu vermehren solange man nicht mit den allgemeinen Methoden vertraut ist und erfolgreich schon Orchideen aus Samen gezogen hat. Die Erfolgsrate ist gleich Null wenn man sie wie normale Samen säen will. Man braucht eine sterile Arbeitsumgebung und Arbeitsabläufe um gute Resultate zu erzielen. Im Vergleich zu anderen Orchideen sind chilenische Arten nicht besonder schwierig und gewöhnliches Murashige-Skoog-Medium leistet hier gute Dienste.

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 Betreff des Beitrags: Re: Allgemeines zur Samenaufzucht
BeitragVerfasst: 09.01.2012, 11:24 
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Grünschnabel

Registriert: 30.05.2011, 11:35
Beiträge: 38
Wow, ist ja interessant! Danke für die Infos!

Das mit den Lichtkeimern wußte ich; wobei ich meine Puyas damals recht gut mit Erde bedeckt hatte und sie trotzdem problemlos keimten.

Das mit der Kälte hingegen ist mir absolut neu; finde ich hochinteressant.
Ich kenne zwar die Sache mit dem Einlegen in Wasser (oder auch Samen in ein nasses Tempotaschentuch legen). Ich habe das Glas, oder auch den Teller mit dem Taschentuch allerdings immer eher warm gestellt. Bisher dachte ich, dass diese Methode dazu dienen soll, die Schale aufzuweichen.

Auch mit der Einkerbung bei manchen Arten ist ein guter Tipp. Mir ist es z.B. seinerzeit absolut nicht gelungen, die Samen der Cordia decandra zum Keimen zu bringen. Eine Einkerbung wäre hier bestimmt hilfreich gewesen.

Liebe Grüße von Karin


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 Betreff des Beitrags: Re: Allgemeines zur Samenaufzucht
BeitragVerfasst: 09.01.2012, 20:28 
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Moderator und Technik
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Registriert: 02.05.2007, 20:50
Beiträge: 7985
Wohnort: Zürich / Schweiz
Ja für mich waren auch einige interessante Details dabei, vieles wusste ich aber schon, zum Beispiel das mit der Kälte oder der Säurebehandlung und dass man Orchideen nicht normal mit Samen vermehren kann, sondern dass sie eine besondere Behandlung brauchen.

Anderes war sehr informativ gerade das mit den frisch keimenden Samen.

Übrigens ab Regel 6 habe ich diese jeweils komplett übersetzt, zuvor nur ansatzweise. Ich will das aber auch noch nachholen, zumindest dass inhaltlich alles Wichtige übersetzt ist.

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 Betreff des Beitrags: Re: Allgemeines zur Samenaufzucht
BeitragVerfasst: 10.01.2012, 12:44 
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Registriert: 16.06.2007, 09:51
Beiträge: 1571
Bei Orchideen ist es meist so, daß viele schon zur Keimung ein Myzel brauchen. Manche Orchideen brauchen sogar ganz bestimmte Mykorrhiza. Der Pilz schützt vor Bakterien usw., so daß der Same nicht verfault, und trägt auch schon direkt zur Ernährung bei. Der Samen ist ja gewöhnlich so klein, daß er nciht viel zur Ernährung beitragen kann. Steril wird gearbeitet, damit man sich nciht den falschen Pilz ins Medium holt. Ein weiteres Plus ist dabei, daß man in der Flasche optimale Gewächshausbedingungen bieten kann.
Bei industrieller Vermehrung wird meist ein Gewebefragment aus den Wurzelspitzen gewonnen, das den passenden Pilz schon mitbringt = Meristemvermehrung. Da geht es ebenfalls weiter in der Flasche, Vorteil ist hier, daß Klone vermehrt werden können - in nahezu unbegrenzter Anzahl. Allerdings sind die Anzuchtmedien so optimiert, daß da neben den Nährlösungen mit Hormonen etc. sicher auch noch der passende Pilz dabei ist.
Wenn es von Interesse ist, kann ich da gerne weiter Auskunft geben, soweit es die Bücher hergeben. Ich habe diesbezüglich noch keine Versuche angestellt - und momentan auch weder Platz noch Ehrgeiz dazu ;)

Die Methode, Samen zu lagern, dürfte die Stratifikation sein. Das kommt recht häufig vor, mir ist es aufgefallen bei besonders harten, eher holzigen Kernen (Kirsche, Mandel, aber auch Magnolie), die ich nicht zum Keimen bringen konnte. ich habe dann den Tip bekommen, sie in einem Eimer leicht feuchtem Sand im kühlen Keller zu lagern. Da es hier um Monate (!!!) ging, habe ich es wieder drangegeben. Für die Pflanzen macht das aber Sinn: es bewahrt vor dem Fehler, mitten im Winter keimbereit zu sein.

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Liebe Grüße, Angelika

*allesinddoof*


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