Das Problem an der Geschichte - Ausstellungserfolge machen kein gutes Zuchttier aus.
1. Jegliche Mutation, die von den Mutationen abweichen, welche auch im natürlichen Habitat vorkommen, wirken sich irgendwie mehr oder weniger auf Fitness und Vitalität aus - dies muß bei der Zucht mit berücksichtigt werden, wird aber auf keiner Bewertungskarte stehen. Ein Tier mit einer farblichen Abweichung von der Wildfarbe sollte also entweder mit der Wildfarbe verpaart werden oder muß genetisch gesehen mehr Anlagen für Fitness und Vitalität mitbringen wie der Durchschnitt, damit es die fehlende Fitness und Vitalität der Mutation wieder ausgleichen kann.
Ich muß ganz ehrlich sagen - ich bin der Meinung, was von Zucht zu verstehen, aber ich würd mich deshalb noch lange nicht trauen, eine Farbzucht ausgerechnet bei Chinchillas anzufangen! Dafür weiß ich entschieden viel zu wenig und habe einfach viel zu wenig Erfahrung, um die Fitness und Vitalität bei einem Chin zu beurteilen!
2. Auf einer Ausstellung wird das Aussehen, den Pflegezustand und die Händelbarkeit eines Tieres bewertet - dies sind schöne Beigaben, die zwar Wünschenswert sind, aber keine Zuchtkriterien mit hoher Priorität darstellen sollten.
Zuchtkriterien mit hoher Priorität sind hohe Fruchtbarkeit, Robustheit, Futtergenügsamkeit, Wesensfestigkeit, Agilität, beim Chinchilla Sprungfreude, die Fähigkeit zu intelligenter Problemlösung, Erbstabilität usw usf ... also etwas, was auf einer Ausstellung gar nicht beurteilt werden kann ... habe ich zwei Tiere mit gleicher Vitalität und Fitness, werde ich die Ausstellungserfolge zurate ziehen und hier das Ausstellungsmäßig bessere Tier wählen - sonst nehm ich lieber das vitalere und fittere Tier.
Und genau hier hast du zwei Tiere, die für mich zuchtmäßig KO-Kriterien mitbringen:
- Beim Weibchen Weißfärbung der Zähne - deutet auf schlechte Nahrungsverwertung hin, auch ein nicht optimal ernährtes Chin kann gelbe Zähne haben, hat es die nicht, ist es nicht futtergenügsam!
- Wachstumsstopp beim Männchen - deutet auf Streßanfälligkeit und schlechte Nahrungsverwertung hin - beides sind KO-Kriterien!
Weiterhin ... hast du dich überzeugt, daß bis zur dritten Generation zurück die Eltern, Großeltern, Urgroßeltern und soweit feststellbar, Geschwister dieser Tiere im Schnitt große Würfe ohne Komplikationen und mit geringer Verlustrate hatten? - Auch das ist ein äußerst wichtiges Merkmal, nämlich Fruchtbarkeit! Wenn bei einem Chinzüchter mehr wie ein Viertel der Würfe nur ein einziges Junge enthalten, ist das für mich ein Alarmzeichen! Mit solchen Tieren würd ich nicht mal im Traume dran denken, zu züchten!
Wenn der Züchter schon von Päppeln spricht - njet, njente, niemals! Egal wie toll die Tiere auf der Ausstellung sind - sie taugen nix, dem seine Zuchtpopulation hat eine herabgesetzte Fitness!
Selbst häufige Giardienbehandlungen bei einem Züchter sind ein absolutes Alarmzeichen - da stimmt war nicht! Ein gesundes Chin braucht nicht gegen Giardien behandelt zu werden!
Ach ja ... hab ich schon mal Zähne erwähnt?
Zahnfehlstellungen sind erblich, hast du deine beiden Tiere gründlich auf Zahnfehlstellungen beim TA überprüfen lassen?
Wenn auch nur winzige Zahnfehlstellungen vorhanden sind bei deinen Tieren, dann wird die Wahrscheinlichkeit sehr hoch sein, daß die Jungen wiederum merkliche Zahnfehlstellungen aufweisen und deren Junge wiederum haben große Chancen, wegen Zahnbrückenbildung alle zwei Monate zum TA zu müssen! Ich halte es einfach für unverantwortlich, mit Tieren zu züchten und zu vermehren, wo nicht der Gesundheitszustand von oben bis unten abgecheckt wurde - mit Hilfe eines TA oder einer Tierklinik!
Ach ja - Zahmheit ist ein Merkmal, was die Fitness drückt! Wer zahme Tiere züchten will, muß also bei den anderen Fitnessmerkmalen mehr aufpassen, daß diese überdurchschnittlich sind. Nun ist aber gerade Zahmheit ein Merkmal, was sehr stark auch umweltbedingt ist, du brauchst also standardisierte Aufzuchtmethoden, um die genetisch bedingte Zahmheitskomponente überhaupt beurteilen zu können! Das gilt insbesondere für die äußerst intelligenten und vom Charakter her sehr sensiblen Chins!
Nur die großen Pelzer haben in der Regel zwangsweise solch standardisierten Aufzuchtsmethoden, wer mit über 40 Weibchen züchtet, der kann sich eine individuelle Behandlung der Tiere gar nicht leisten! Als Kleinzüchter wiegt hier die Verantwortung extra schwer, es ist viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl notwendig, um hier überhaupt die richtigen Zuchttiere auswählen zu können.
Zitat:
Nanou ist jetzt 1 Jahr und 5 Monate und der Bock ist jetzt knapp 7 Monate alt.
Es mag sein, daß der Garbrisch und Zwart nicht das Maß aller Dinge ist, aber selbst dort wird eine Zuchtreife von 8 Monaten angegeben! Vorher sollte dann auch kein Pärchen zusammengestellt werden! Der Bock ist zu jung, solche Grundlagen sollten einfach aus dem FF kommen und sitzen, bevor man es überhaupt wagt, sich an die Zucht zu machen ... wenn ein zu junger Bock es schafft, seine Dame zu befruchten, kann da einfach nix gescheites bei rauskommen, da die ersten Samen, die produziert werden, noch mangelhaft im Aufbau sind. Die daraus entstehenden Jungen sind nicht mehr so vital wie die von kräftigen, ausgewachsenen Böcken. Das gilt nicht nur für Ratten, Meerschweinchen, Kaninchen, Hunde, Katzen, sondern eben auch für Chinchillas.
Auch in der Wildnis haben zu junge Böcke keine Chance, Nachwuchs zu produzieren, sie werden vom amtierenden Bock im Revier davon abgehalten oder sogar verjagt. Erst, wenn sie voll ausgereift sind, können sie auch vitale Junge zeugen, vorher nicht!
Ich hoffe, du nimmst es mir jetzt nicht krumm, daß ich derartig Tacheles rede!
Ich hab noch nicht viel aus der Chinszene mitbekommen, aber das, was ich mitbekommen hab, scheint ja noch schlimmere Blüten zu treiben, wie bei den Kaninchen! Und die Kaninchen sind zum großen Teil schon in Grund und Boden gezüchtet worden, weil gewisse Möchtegernzüchter nicht auf die alten Meister hören, sondern Kraut wie Rüben nach Niedlichkeitsfaktor und Ausstellungserfolge züchten! Leider gilt das für die organisierten Züchter genauso wie für die unorganisierten ... die Probleme, die daraus erwachsen, sind furchtbar, du kannst sie dir direkt bei den meisten Kaninchen"züchtern" anschauen! Aber auch bei den Chins sind diese Probleme schon für Laien sichtbar, also unübersehbar!
Herzfehler, Zahnanomalien, Immunschwächen usw usf sind nicht nur umweltbedingt, sondern werden schon in der Zucht gelegt!