Zumindest würden Saponine den eklatanten Widerspruch zu dem Spritzexperiment an Mäusen und meinen Fütterungsversuchen erklären ... junge Mäuse fressen gerne jungen grünen Hafer und wachsen damit (vorrausgesetzt, genügend abwechslungsreiche Körner) besser mit wie ohne grünen Hafer.
Saponine werden nur sehr schlecht über den Darm aufgenommen, sie gehen meist genauso, wie sie oben reinkommen, hinten wieder raus. Der Saponingehalt von Hafer dürfte recht gering sein, Menschen reagieren recht empfindlich auf Aufnahme von Saponinen über den Darm - Rohköstler nutzen den Preßsaft aus grünem Hafer als Energietrunk. Dies geht jedoch mit stark saponinhaltigen Pflanzen nicht, übersteigt die Saponinkonzentration einen gewissen Schwellenwert, werden eben doch auch Saponine über die Darmwand aufgenommen und können giftig wirken.
Kurzum, beim Füttern sollten Saponine aus dem Hafer keine Rolle spielen, weil sie schlichtweg unverdaut ausgeschieden werden - werden sie allerdings gespritzt, reichen schon geringe Mengen aus, um Säuger umzubringen, was den Mäuseversuch erklärt.
Avenin wäre hier ein weitaus hilfreicherer Hinweis - aber auch das stellt sich schnell als Sackgasse heraus. Kobert berichtet über ein Alkaloid, welches von Swanson 1883 Avenin genannt wurde - das Swanson'sche Avenin konnte bisher nicht nachgewiesen werden, das gibt es also nach momentanen wissenschaftlichen Konsens gar nicht.
Als Avenin wird inzwischen ein Prolamin (also ein Eiweiß) bezeichnet, welches Bestandteil des Haferglutens ist. Es ist immer noch in der Diskussion, ob Zöliakiepatienten eine Unverträglichkeit darauf entwickeln können oder nicht. Weiterhin git es ein weiteres Krankheitsbild, welches immer wieder in der Diskussion mit Avenin auftaucht, die Dermatitis herpetiformes. Dabei scheint es auf das einzelnen Avenin anzukommen, Avenin ist also eine Stoffklasse mit unterschiedlicher Ausprägung und leicht unterschiedlichen Eigenschaften.
Neue Hoffnung für Zöliakie-Patienten
C. Hardman, L. Fry, A. Tatham, and H. J.W. Thomas (1999): Absence of Toxicity of Avenin in Patients with Dermatitis Herpetiformis; The New England Journal of Medicine, Massachusetts
Kilmartin, C, Lynch, S, Abuzakouk, M, Wieser, H, Feighery, C (2003). Avenin fails to induce a Th1 response in coeliac tissue following in vitro culture. Gut 52: 47-52
Janatuinen, E K, Kemppainen, T A, Julkunen, R J K, Kosma, V-M, Maki, M, Heikkinen, M, Uusitupa, M I J (2002). No harm from five year ingestion of oats in coeliac disease. Gut 50: 332-335
... und weitere - die Studien dazu sind von ihrer Anzahl her einfach erschlagend ... (und nein, ich habe bisher nicht die Zeit gefunden, all das, was ich bisher drüber gesammelt habe, auch zu sichten ... vieles hab ich ungelesen wieder in der Bibliothek abgegeben.)
Nun kommt Avenin nicht nur im Hafer vor, sondern findet sich auch in einer Reihe von Hülsenfrüchten wieder ... allerdings nicht, wie im Hafer, als ein Glutenkomplex, sondern als Einzelstoff. Wenn es also das Avenin wäre, was hier die Reaktionen hervorruft, müßte demzufolge bei den betroffenen Tieren auch eine Reaktion auf Hülsenfrüchte vorhanden sein.
Cancerweb - Avenineintrag im dortigen Lexikon
Ich hab jetzt spaßeshalber meine Bibel befragt - und bin erstaunlicherweise fündig geworden:
Frohne und Pfänder verweist gleich auf zwei Literaturhinweisen zum Thema
Avena, auch wenn er selbst Tiervergiftungen durch
Avena selbst nicht behandelt. Es handelt sich um:
Everist, S. L.: Poisonous plants of Australia, Angus & Robertson Publischers, London, Sydney, Melbourne, Singapore, Manila 1981
McBarron, E. J.: Poisonous plants, Handbook for farmers and graziers, Inkata Press, Melbourne, Sydney, London 1983
Wäre beides interessant zu dem Thema, sich mal zur Gemüte zu ziehen, nur werde ich die nächsten Jahre vermutlich nicht dazu kommen, zu schauen, wo man diese Literatur herbekommt ...