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 Betreff des Beitrags: Degus benutzen Werkzeug
BeitragVerfasst: 06.05.2008, 23:53 
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Moderator und Technik
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Huhu,

hab hier eine interessante Studie gefunden, die ich euch nicht vorenthalten möchte. Es geht um den Werkzeuggebrauch bei Nagetieren und zwar wurden Degus, also nahe Verwandte der Chins dazu verwendet... ;)

Hier ist die Studie inklusive einiger interessanten Videos:
http://www.plosone.org/article/info%3Ad ... ne.0001860

...z.B.

hier so sieht das dann aus, wenn ein Degu ein Werkzeug benutzt um sich den Futterhappen zu angeln:
http://www.plosone.org/article/fetchFir ... 01860.s001

oder in "Slow motion" bzw. ein etwas ungeübterer Degu:
http://www.plosone.org/article/fetchFir ... 01860.s004

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 Betreff des Beitrags: Re: Degus benutzen Werkzeug
BeitragVerfasst: 07.05.2008, 07:29 
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Pyramidenspitze
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Das sind Laborversuche - ganz ehrlich, das bring ich selbst noch nem Igel oder nem Tintenfisch bei ...

Aus solchen Versuchen läßt sich höchstens anhand der Anlernzeit noch irgendetwas ableiten, der Rest liegt im Geschick des Ausbilders. Dazu kommt, so einen Schieber zu bedienen gehört zu den einfachsten Dressuren überhaupt, viele Säugetiere und Vögel kommen da sogar von alleine drauf, ohne, daß ich in kleinen Schritten da ranführen muß.

Ich muß mal gucken, wie ich Zeit hab ... dann kann ich den gleichen Versuch in ein paar Monaten mit Kaninchen, Meerschweinchen und Ratten vorführen. Vanessa kann das dann filmen. Medo, Lino und der Kater Bero sind da glaub ich weniger geeignét, ich hab bei denen eher das Gefühl, daß ich ausgebildet werde ... und die Blöße, daß ich wie ein dressierter Affe selbst diesen Schieber benutze, um mir eine Streicheleinheit meiner Tiere abzuholen, wollte ich mir nun nicht geben ... :shock:

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 Betreff des Beitrags: Re: Degus benutzen Werkzeug
BeitragVerfasst: 08.05.2008, 07:09 
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Moderator und Technik
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Na jetzt komm doch, darum gehts doch nicht.
Wenn wir bedenken, dass die Wissenschaft lange glaubte nur der Mensch sei fähig Werkzeuge zu gebrauchen, so dauerte es lange, bis man das auch menschenähnlichen, intelligenten Wesen wie Menschenaffen zugestand... aber Nagern? Das war doch lange ein Tabuthema.
Gut inzwischen hat sich da einiges geändert, das zeigt auch das Bewusstsein für Tierschutz etc. und dass auch darüber diskutiert wird ob Pflanzen Gefühle hätten, bzw. eine Würde, die es zu respektieren gäbe...

Dass wir an unseren Tieren schon lange solch interessantes und vor allem noch komplexeres Verhalten beobachten konnten, das steht ja wohl ausser Frage. Als da was stand von wegen "das erste Mal dass einem Nagetier der Gebrauch eines Werkzeugs beigebracht wurde" fragte ich mich echt, ob ich richtig gelesen habe... denn ich denke mir, dass beispielsweise bei Ratten da sicher auch schon einiges in diese Richtung geforscht wurde. Wenn man bedenkt, dass Experimente mit Hebel und so dort nix besonderes ist.

Im Übrigen habe ich ein ähnliches Experiment eher Zufällig bei meinen Degus auch schon durchgeführt, hab einige Körner vor das Gitter gelegt und sie hatten dann versucht mit Mund und Zunge, abwechslungsweise auch mit den Händen die Körner zu bekommen.

Btw. Tintenfische, soweit ich weiss sind die hochintelligent

Zitat:
Ich muß mal gucken, wie ich Zeit hab ... dann kann ich den gleichen Versuch in ein paar Monaten mit Kaninchen, Meerschweinchen und Ratten vorführen. Vanessa kann das dann filmen.

Oh ja das wäre was. :)

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 Betreff des Beitrags: Re: Degus benutzen Werkzeug
BeitragVerfasst: 08.05.2008, 18:17 
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Pyramidenspitze
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Mit Ratten gab es sogar mal die Rohrsteckexperimente, die damals Mode bei Primaten war. Die Versuche sind nicht anerkannt worden, weil dem Experimentator vorgeworfen wurde, er hätte seine Ratten darauf dressiert, die Stöcke ineinanderzustecken. Aus Zirken wußte man damals schon, was alles an Dressuren möglich ist ...

Die Kritik ist noch härter geworden, schließlich mußte man unbedingt klar machen, was so besonderes am Menschen ist ... inzwischen gelten nur noch Tierarten als werkzeuggebrauchende Tierarten, die folgenden Kriterien entsprechen:
1. Das Verhalten muß in freier Wildbahn aufgetaucht sein.
2. Es darf nicht vom Menschen beeinflußt sein (und hier wurde zum Teil sogar Jane Goodall der Vorwurf gemacht, sie hätte Einfluß auf ihre Schimpansen genommen!)
3. Es muß erlernt sein und darf nicht durch angeborene Verhaltensweisen vorgegeben sein (tja, und damit fällt der Mensch als werkzeuggebrauchende Tierart raus ... der Gebrauch der Werkzeuge, die in freier Wildbahn benutzt wurden, ist sowohl Schimpansen, wie auch Bonobos und Menschen angeboren ... aber egal, wir bauen ja auch Betonhäuser und fahren Maschinen. Daß DAS aber gleichzusetzen ist mit Dressur, nehmen wir mal nicht so genau ... :twisted:)
Da das alles nix brachte, insbesondere durch die Forschungen an halbwildlebenden großen Tümmlern und wildlebenden Primaten es immer enger wurde mit der Besonderheit Werkzeuggebrauch beim Menschen, kam man sogar darauf, einfach die Werkzeugherstellung zur Werkzeugherstellung nun auch noch als Kriterium aufzunehmen ... nunja, Jane Goodall at al konnten nachweisen, daß zumindest Bonobos und Schimpansen auch Werkzeuge zur Werkzeugherstellung herstellen!
(Schimpansen z. B. schlagen Steine zurecht, mit denen sie Stöcker zum Termitenangeln zurechtschaben ... damit wäre selbst die Erfindung des Faustkeils keine rein menschliche Erfindung mehr ... )

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 Betreff des Beitrags: Re: Degus benutzen Werkzeug
BeitragVerfasst: 09.05.2008, 00:40 
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Moderator und Technik
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Ähm sehe ich das richtig:
Zitat:
1. Das Verhalten muß in freier Wildbahn aufgetaucht sein.

...damit wäre obiges Experiment nichtig, was auch nicht anders sein darf, denn der Mensch ist bekanntlich Krone der Schöpfung... äh Evolution... wobei ich mich gerade frage ob das nicht etwas verfehlt ist in der Biologie so zu denken... *grübel*

Zitat:
Mit Ratten gab es sogar mal die Rohrsteckexperimente, die damals Mode bei Primaten war. Die Versuche sind nicht anerkannt worden, weil dem Experimentator vorgeworfen wurde, er hätte seine Ratten darauf dressiert, die Stöcke ineinanderzustecken.

Wusst ichs doch, dagegen ist obiges Experiment Peanuts... aber die Wissenschaft mag in gewissen Bereichen wohl kleine Schritte... jedenfalls wirken solche Experimente im Vergleich was an Wissen z.B. in Ernährungsstudien (Feldstudien mit Magensektion und Kotuntersuchung), physiologische Studien zur Funktionsweise beispielsweise des Verdauungstrakts, etc. gewonnen wird irgendwie schon sehr bescheiden. Es ist ja nett sich das anzusehen, aber wenn ich dann lese, die Degus würden mit ungewohntem Werkzeug konfrontiert, das in seiner Form ihnen bislang nicht bekannt sei und sehe da dieses Plastik-Schieberchen, das für den Degu wohl nicht gross anders ist als die anderen... da fragte ich mich also ehrlich schon ein bisschen ob das jetzt ernst gemeint war oder als bitterböse Real-Satiere zu werten sei... wie dem auch sei, dieses Experiment wird wohl eine Menge Freude gemacht haben, das durchzuführen und vermutlich haben wir einfach die falsche Sichtweise. Was für uns nichtig erscheint, ist vielleicht in so einem cleanen Labor schon ein grosser Schritt... und wenn man dann noch bedenkt, dass kleine Makrolonboxen für die Haltung diverser Nager immer noch Standard sind, dann sind das irgendwie doch riesige Unterschiede zu unseren Vorstellungen von artgerechter Haltung. Vielleicht ist die Forschung in 20-30 Jahren bereit für etwas spektakulärere Experimente in diesem Bereich, vielleicht wird sie dann auch bezüglich Haltungsbedingungen sich etwas mehr Richtung naturnaher Haltung orientieren...

Jedenfalls ist das wohl auch so ein Punkt, der mir gerade die Feldarbeit/Verhaltensbiologie, Animal Ecology, Tierphysiologie (Schwerpunkt Verdauungstrakt) und verwandten Themen so sympatisch macht... man scheint da irgendwie einfach viel weiter zu sein und die Themen ganzheitlicher zu betrachten.

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 Betreff des Beitrags: Re: Degus benutzen Werkzeug
BeitragVerfasst: 09.05.2008, 10:39 
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Pyramidenspitze
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Registriert: 08.05.2007, 16:20
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davX hat geschrieben:
Ähm sehe ich das richtig:
Zitat:
1. Das Verhalten muß in freier Wildbahn aufgetaucht sein.

...damit wäre obiges Experiment nichtig, was auch nicht anders sein darf, denn der Mensch ist bekanntlich Krone der Schöpfung... äh Evolution... wobei ich mich gerade frage ob das nicht etwas verfehlt ist in der Biologie so zu denken... *grübel*

Du siehst das absolut richtig ...
... aber deine Zweifel zeigen mir, du denkst noch nicht wissenschaftlich genug ... *räusper*

Das Problem an der Sache ist, der Mensch glaubt, daß er durch seine Intelligenz eine Sonderstellung im Tierreich innehätte. Als Wissenschaftler hat man ja schon das Dogma, daß der Mensch gottgegeben etwas besonderes sei, über Board geworfen, da muß dann wenigstens das von Bestand bleiben - ansonsten könnte noch jemand darauf kommen, daß Tierhaltung der Sklavenhaltung gleichgesetzt werden kann und auch Tiere ein Mitbestimmungsrecht hätten ... man stelle sich vor, man darf Chinchillas nicht mehr einsperren und muß dulden, daß sie die Wohnung eigenzähnig miteinrichten!
Und man darf sie nicht mal davon abhalten, raus auf die Straße zu marschieren!

Oder, was ist denn mit den Schweinen ... wir essen Schweine ... Schweine mögen auch Fleisch - dürfen nun auch die Schweine ungestraft uns essen?

Das ist jetzt äußerst extrem gedacht, aber diese Ängste, daß sowas dann durchgesetzt wird, man Tiere eben nicht mehr zur Zierde, zur Nahrungsproduktion und zu Versuchszwecken halten darf und es eben kein universelles, auf den Menschen gepachtetes Recht auf Leben gibt, sind doch äußerst böse Gedanken, die das Weltbild der meisten im jüdisch-christlich-muslimischen Raum lebenden Menschen zum Zusammenbrechen bringen würden.
Schon alleine das Päppeln der Päppelheimer würde damit endgültig den Boden verlieren, denn für ausgewachsene, gleichberechtigte Wesen kann es keine Verantwortung auf unserer Seite geben!

Nur mal ganz ins Extrem gedacht ...

Kurzum - alle Verhaltensstudien und auch inzwischen physiologische Studien sind umso gefährlicher, wie sie nachweisen, daß der Mensch auch nur ein Tier ist. Verdauungsprozesse sind da nicht so ausschlaggebend, der Mensch definiert sich nicht über Verdauung ... aber Gefühle, Eigenbewußtsein, Eigenverantwortlichkeit, Intelligenz - das muß doch bitteschön dem Menschen vorbehalten bleiben, wäre ja furchtbar, wenn man von ausgehen müßte, daß auch Tiere dazu in der Lage wären ...

... also werden die wissenschaftlichen Kriterien so lange in diesen Bereichen immer höher gefahren, bis man zweifelsfrei den krassen (und trotzdem nicht vorhandenen) Unterschied zwischen Mensch und Tier wissenschaftlich beweisen kann - alles andere ist per definitionem unwissenschaftlich! qed!

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