Wolfgang Zessin, Zoo Schwerin: Naturkundliche Studien im Norden Chiles unter besonderer Berücksichtigung der OrnithologieLink:
http://www.zoo-schwerin.de/zooverein/pd ... 13bd61.pdfAuszug:
Zitat:
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Chinchilla Nationalpark (Reserva Nacional Las Chinchillas)
Wenn man von der Panamerikana nördlich von der Hafenstadt Los Vilos nach Illapel abbiegt (55 km) und ins Vorland der Anden fährt, deren Wasserscheide (zugleich Grenze zu Argentinien) hier nur etwa 100 km von der Küste entfernt verläuft, sollte man es nicht versäumen, den Chinchilla Nationalpark (Reserva Nacional Las Chinchillas, Abb. 3) zu besuchen. Die Fahrt ist etwa eine bequeme Auto-Tagestour von Santiago entfernt und die kleine besinnliche Minenund -Stadt Illapel (Hauptstadt der Provinz Choapa, 20.000 Einwohner) im Tal des gleichnamigen Flusses, bietet gute Möglichkeiten Quartier zu nehmen. Dann kann man am nächsten Morgen früh aufstehen und ist nach fünfzehn Kilometern vor Ort, wenn die Aktivität der Tiere noch nicht durch die erbarmungslos hernieder brennende Sonne auf ein Minimum beschränkt ist. Jetzt ist die Zeit, die Kanincheneulen (Athene cunicularia) zu beobachten, wie sie vor ihrem Bau hocken (Abb. 4) oder im dornigen Strauch auf ihrer Sitzwarte Ausschau halten (Abb. 5). Aber für
Langschwanz-Chinchillas (Euneomys chinchilloides) ist es schon zu spät. Sie liegen bereits wieder in ihrem Bau und verschlafen den heißen Tag. Um den Besuchern trotzdem Chinchillas zeigen zu können, gibt es einen kleinen Nachtzoo mit den nachtaktiven Tieren am Eingangs- und Registrierungsgebäude. Die ersten Tiere wurden hier mit Kastenfallen gefangen und inzwischen bereits in den Gehegen vermehrt. Von den vier unterschiedenen Octodon-Arten (Degus) aus der Familie der Trugratten (Octodontidae) waren zwei hier vertreten, Octodon degus und O. lunatus, die als Pflanzenfresser tagaktiv sind und lockere Kolonien in buschreichem Gelände bilden. Degus hatten wir vermutlich gesehen, wie sie von einen Bauausgang zum anderen huschten. Wir sahen das Südliche
Mausoppussum Thylamys elegans, die einzige in Chile vorkommende Art von fünf dieser Gattung. Die Andenratte (Chroeomys olivaceus) (dort in die Gattung Abrothrix gestellt), die kleine großohrige Darwinmaus (Phyllotis darwini), die Chinchillaratte (Abrocma benetti) und natürlich die Langschwanz-Chinchillas (Euneomys chinchilloides) waren ebenfalls noch in den Terrarien am Eingang des Chinchilla Nationalparks zu sehen.
Die steppenartigen Berghänge in diesem Andenvorland sind dicht mit Säulenkakteen (Trichocereus chilensis) überzogen, deren größte über fünf Meter hoch waren und wohl einige hundert Jahre alt sind (Abb. 6).
Auch ornithologisch war die Landschaft interessant. Neben den bereits in Santiago und auf dem gesamten ersten Abschnitten unserer Reise sehr häufig angetroffenen Chimango (Milvago chimango), dem häufigsten Greifvogel in Mittelchile, sahen wir erstmals einen adulten Bergkarakara (Phalcoboenus megalopterus), der feldornithologisch leicht von der vorigen Art zu unterscheiden ist. Später, an der Küste auf der Pinguin-Insel bei Caleta Pan de Azúcar, sahen wir noch den größten Karakara von Chile, den Karakara (Polyborus plancus), dessen Flügelspannweite 120 cm betragen kann. Auf unserer Wanderung den Pfad im Chinchilla-Nationalpark entlang beobachteten wir auch Schmetterlinge und Libellen, letztere waren zu schwer zu fangen, um sie bestimmen zu können. Eine Liste der interessanten Libellenbeobachtungen soll zu einem späteren Zeitpunkt und an anderem Ort publiziert werden. Sehr bemerkenswert war die Beobachtung eines Riesenkolibris (Patagonas gigas), der mehrfach ein kleines Rinnsal, das den Weg im Chinchilla Park kreuzte, anflog, um zu trinken. Hier sah ich auch erstmals den auffälligen rotbrustigen Loika (Sturnella loyca) und konnte ihn fotografieren. Auf der Rückfahrt nach Illapel kreuzten wir einen Zufluss des Rio Illapel und fingen dort Libellen. Dabei sahen wir mehrere Cayennekiebitze (Bolonopterus chilensis), die mich beim Libellenfang aufgeregt umflogen und Pardelrallen (Pardirallus maculatus). Die größere Rallenart (Grauralle) (Pardirallus sanguinolentus) fanden wir später am Hotel Termas de Socos bei Ovalle, wo 28 °C warmes salz- und jodhaltiges Wasser aus der Erde strömt. Aber ein Vogel in den Siedlungen und im Andenvorland übertraf alle anderen an Häufigkeit und Auffälligkeit. Bereits in Santiago wurde er neben der Magellandrossel (Planesticus falcklandii) und der kleinen Ohrflecktaube (Zenaidura auriculata) mein erstes Vogelobjekt für die Kamera. Es war der kleine, kaum spatzengroße Chinkol, auch Morgenammer genannt (Brachyspitza capensis), mit seinem kurzen charakteristischen Gesang tü tü tü tüt.
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