Das Problem mit der Umstellung ist, daß die Tiere, wenn sie von Pellets auf Normalkost umgestellt werden, eine ruinierte Darmgesellschaft im Blinddarm haben. Tiere, die auf ihren Blinddarmkot angewiesen sind, haben es deshalb besonders schwer, auf Normalkost umzustellen. Aber auch die Dünndarmschleimhaut mit ihren Transportern für Nährstoffe ist nicht in Ordnung, auch hier können Nährstoffe nicht mehr so aufgenommen werden, wie sie gebraucht werden. Und zu allem Überfluß stimmt die Produktion von Enzymen nicht mehr, insbesondere stärkeabbauende Enzyme sind besonders stark vertreten, Proteinasen und ähnliches dagegen unterrepräsentiert. Das Tier hat halt erstmal mit naturnahem Futter das Problem, an die energiereichen Stoffe und alle Nährstoffe in ausgeglichenem Maße heranzukommen, da eben nicht mehr aufgeschlossene Stärke und Zucker als Energieträger im Vordergrund stehen und auch die Mineralstoffe und Vitamine in einer Form vorliegen, die eben schwieriger aus dem Nahrungsbrei herauszulösen ist.
Kommen nun Futterstoffe zum Einsatz, die erst zu Blinddarmkot verwurschtelt ordentliche Nahrung ergeben, kann diese nicht mehr genutzt werden. Aber auch die schwerer aufzuschließende naturnahe Nahrung kann im Endeffekt gar nicht mehr gut verwertet werden. Das Tier hat Hunger - und um den zu stillen, ohne sich mit unbekannten Pflanzen unbekannter Wirkung zu vergiften, fressen sie lieber die bekannten Pellets mit bekannter Wirkung, um diesen Hunger zu stillen.
Diesen Zustand mit den Pellets gibts einfach in der Natur nicht ... das Meiden unbekannter oder wenig bekannter Pflanzen macht da sehr viel Sinn, da sich die Tiere nur so vor tödlichen Vergiftungen schützen können, daß es ein Futtermittel geben könnte, welches möglichst von Knall auf Plopp liegengelassen und gemieden werden muß, liegt also außerhalb der Vorstellungswelt und der genetischen Ausstattung unserer Tiere.
Es ist hier also schon ein wenig heftiger wie mit der Sucht.
Es gibt jetzt zwei Möglichkeiten, wie man da vorgehen kann:
1) Die wahrscheinlich schonendere Methode, weil das Tier entscheidet, wie schnell es sich umstellt:
Man bietet einfach die naturnahe Nahrung minus aller Komponenten, auf die eine vermutliche Eßstörung oder Unverträglichkeit existiert, so viel an, wie die Tiere haben wollen und bietet die Pellets nebenher an, bis diese nicht mehr gefressen werden.
Beim Chinchilla wären das dann Kräuter frisch und getrocknet und Heu, soviel sie wollen, Früchte, bei Sämereien muß man scheinbar doch sehr aufpassen und in einem Extranapf noch die Pellets.
2) Man bietet dem Tier radikal von einem Tag auf den anderen gar keine Pellets mehr an, sondern eben nur noch eine immer mehr ausgeweitete und immer abwechslungsreichere naturnahe Kost, wobei mit den für die Tierart unproblematischen Futtersorten angefangen wird und mit der Zeit immer problematischere Futtersorten hinzukommen. Klappt bei jedem Tier, aber man nimmt damit gerade im ersten halben Jahr in Kauf, daß das Tier bis zur Hälfte seines Eigengewichtes verliert, bevor es das wieder in Form von Muskeln aufbauen kann. Kommen in dieser Zeit Krankheiten dazu, hat man nicht mal mehr den Gewichtsverlauf als Indikator für diese Krankheit, zumal jedes Tier auf eine solche Umstellung anders reagiert, unabhängig von der Tierart. Etliche Tiere schaffen es sogar ganz ohne Gewichtsabbau - ist halt abhängig von den Schäden, die schon entstanden sind und dem Fett, was schon eingelagert wurde.
Nach spätestens einem Jahr werden diese Tiere freiwillig keine Pellets mehr anrühren ... oft müssen sie jedoch wieder lernen, daß Heu für Grasfresser z. B. nicht so giftig ist wie Pellets und nicht an den damaligen Bauchschmerzen beteiligt war - Heu wird sogar von Meerschweinchen nach so einer Radikalkur oftmals lange Zeit verschmäht.
Jetzt gibt es hier enorme artliche Unterschiede, Kaninchen, Menschen, Katzen und Meerschweinchen beispielsweise stellen sich meist nicht von alleine um auf eine naturnahe Kost, solange also das gewohnte Industriefutter danebensteht, fressen sie sich erst daran satt und trauen sich einfach nicht, sich auf die naturnahe Ernährung einzulassen. Es sind hier einfach die alten Gewohnheiten, die man nicht wagt, zu durchbrechen.
Bei Ratten, Degus, Farbmäusen und offenbar auch Chinchillas klappt das jedoch mit der Selbstumstellung sehr gut ... ich denke, hier gibt es einfach auch individuelle Unterschiede, die man als Halter einfach erkennen und beachten muß.
Hannsemann kommt mir irgendwie langsam richtig symptatisch vor ... eine über die Gesetzgebung hinausgehende Volldeklaration hat man noch viel zu selten beim Tierfutter, zumal Tierfutter für Heimtiere nur eine halboffene Deklaration vorschreibt und das weidlich ausgenutzt wird, um die mangelnde Qualität der Zusammensetzung zu verschleiern.
Zu den Kräuterpellets:
Pellets haben den Nachteil, daß der Vermahlungsgrad derartig fein ist, daß der Nahrungsbrei viel zu langsam durch den Darm geschoben wird, dazu kommt das fehlende Wasser ... das ist bei allen Pellets gleich, egal ob es sich um Luzernepellets, Kräuterpellets oder Sägemehlpellets handelt.
Bei Kräuterpellets hören sich zwar die Zutaten immer sehr gut an, das Problem an der Sache ist jedoch die Verarbeitung - entweder ist die so schonend, daß die Wirkstoffe voll erhalten bleiben, dann bleiben jedoch auch die problematischen Bestandteile der jeweiligen Pflanzen erhalten und zudem auch noch aufgrund der langsamen Darmpassage extra gut aufgenommen, schädigen also, wo sie als ganze Pflanze nur nützen würden, oder aber die Behandlung ist derartig zerstörerisch, daß von den Wirkstoffen so gut wie nix mehr übrigbleibt und somit auch die ganzen problematischen Stoffe entfernt wurden - dann gibts jedoch keinen Unterschied mehr zu Klärschlamm- und Sägemehlpellets mit Vitamin- und Mineralstoffzusatz ...
Weiterhin haben auch Kräuterpellets das Problem, daß das Tier nicht selektieren kann ... ist das Problem aller Fertigfutter, da sind einfach verschiedenste Dinge zusammengemixt, die jedes für sich genommen sicherlich heilend wäre und gut wäre für das Tier, aber eben in absolut unpassenden Mengen zwangsaufgenommen werden muß ... bei Kräuterpellets mit schonender Verarbeitung besteht nun zusätzlich das Problem, daß durch den leckeren Geruch (weil eben Pflanzen enthalten sind, die eigentlich gebraucht werden würden, liegt daran, daß ausgerechnet viele Aromastoffe in Pflanzen äußerst stabil sind) zuviel von den Pellets gefressen wird. Die erhoffte Wirkung bleibt aus, die Tiere lernen bestenfalls, genau diese Pflanzen, die so riechen, zu meiden, schlimmstenfalls raffen sie das erst gar nicht und überfressen sich an den Pellets und probieren erst gar nicht die neue Kost.
Bei schonender Verarbeitung gibt es zusätzlich das Problem, daß problematische und giftige Stoffe alleine nur, bei dem Versuch, den Hunger zu stillen, zuviel aufgenommen werden - und zu ernsten Vergiftungserscheinungen führen. Das ist sicherlich ein Problem von nur wenigen Tieren, aber schlichtweg ein Risiko, was man nicht eingehen muß, wenn man einfach sich die in den Kräuterpellets aufgelisteten Kräuter in grober Form besorgt und so anbietet. Meistens sind da auch keine leicht giftigene Kräuter in solchen Mischungen enthalten enthalten, um eben das Risiko einer Vergiftung gering zu halten ... nungut, wie man an den Hansemann-Pellets sieht, stimmt das nicht ganz, augrund der Heilwirkung solcher Pflanzen wurden hier an leicht giftigen Pflanzen Waldknoblauch, Wacholder und Isländisch Moos aufgenommen ... diese Kräuter reduzieren im Darm sehr effektiv die rasante Vermehrung von Schadbakterien und unterstützen so die Wirkung von Kupferionen im Futter. Wie gesagt, leider ist es halt auch so, daß die Gifte von vielen pelletgeschädigten Tieren besonders gut aufgenommen werden und damit eben eine zusätzliche Schädigung durch diese Kräuter nicht ausgeschlossen werden kann.
(Ich hatte früher eine in die gleiche Richtung gehende Unart gehabt - Trinkwasser mit Knofi ... ein probates Mittel, um das Immunsystem anzukurbeln und die schädliche Gesellschaft im Dünndarm zu lichten. Nur hatte ich kein Trinkwasser ohne Knofi danebengestellt und hatte letztendlich die Tiere durch die notwendige Wasseraufnahme gezwungen, sich selbst zu vergiften oder zu dursten ... auch das Anbieten von Tees, Wasser mit Vitaminzusätzen und verdünnte Obstsäfte, Essig im Wasser etc gehört dazu - kann man machen, aber nur, wenn Trinkwasser ohne Zusatz eben gleichzeitig im Angebot ist)
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