Betreff: Frischfutter und ZahngesundheitQuote:
Cocco, der ja das größere Sorgenkind ist, ist da sehr viel heikler - abgesehen von Zweigen und Blättern - das ist Lieblingsfraß Nr. 1. Gräser mag er leider überhaupt nicht, aber ich gebe nicht auf. Habe nun noch Magerrasen (Tipp von Anja - danke nochmal!) ausgesäat und hoffe, dass da nun mal ein Gras dabei ist, das dem Herrn mundet.
Daß Cocco Blätter und Zweige bevorzugt, deutet darauf hin, daß der gesamte Verdauungstrakt im Eimer ist und erstmal wieder in Gang gebracht werden muß. Zweige und noch mehr Blätter sind aufgrund ihrer Zusammensetzung dazu besonders gut in der Lage, da der Gerbstoffgehalt und das im Dickdarm abbaubare Lignin in einem fast perfekten Verhältnis zueinander stehen.
Der Hintergrund ist hier, daß die Gerbstoffe dafür sorgen, daß Entzündungsherde im Dünndarm vorm Futter geschützt werden können und während der Darm weiter arbeitet, repariert werden können.
Du hast einfach dadurch, daß du Cocco dazu genötigt hast, CC zu futtern, ihm die Möglichkeit genommen, diese Entzündungsherde selbst zu heilen und zu reparieren - die Folge davon war, daß er nun kaum noch wichtige Nährstoffe aufnehmen konnte und gleichzeitig der Schutz vor Giftstoffen nachhaltig zerstört wurde, so daß beispielsweise Fructane vom Phleumtyp (eine Zuckerart in Gräsern, die einen ähnlichen Aufbau haben, wie Inulin in vielen Wurzeln, jedoch kaum von Bakterien zerlegt werden kann) durch die Darmwände in den Körper gelangen konnten. Das passiert normalerweise nicht, alle Fructane, welche nicht im Blinddarm zerlegt werden können, werden ausgeschissen.
Wenn jedoch durch Entzündungen im Darm die Darmwand durchlässig wird, können solche Stoffe unverarbeitet in den Körper gelangen und den Stoffwechsel nachhaltig stören - ebenso gefährlich sind hier bestimmte von Symbionten in Gräsern hergestellte Alkaloide (du findest inzwischen überall im Netz etwas über die beiden wichtigsten Alkaloide dieser Art, Lolitrem B und Ergovalin), die im CC enthaltenen durch Genmanipulation veränderten Eiweiße von Soja und viele Substanzen mehr ... all diese Substanzen verhindern einen ordnungsgemäßen Einbau diverser Mineralstoffe, unter anderem eben auch Calcium. Die Folge kann nun sein, daß retrogrades Zahnwachstum beginnt ... oder gefördert wird, wenn es durch Pellets schon vorher begonnen hat. Du hast also deinem Cocco nur aufgrund der unsinnigen Angst, daß er abnimmt, noch mehr Schaden zugefügt, als er eh schon hatte ... dank der Tierärzte, die dazu raten, CC zuzufüttern oder noch schlimmer, mit der Spritze den Brei zu füttern!
Tatsächlich ist in Fällen, wo nicht sicher ist, daß das Tier die für die Darmreparaturen wichtigen Hungerzeiten übersteht, es ratsamer, dem Tier nur normales Futter bereitzustellen und bestenfalls das, was es fressen will, aber wegen kaputter Zähne nicht fressen kann, zu nehmen und mit ner Küchenmaschine zu musen. Diesen Brei kann man in einem Napf anbieten - Spritze dagegen ist immer ungünstig in solchen Fällen.
Gleichzeitig muß verhindert werden, daß das Tier dehydriert - die Gefahr ist nämlich real, im Gegensatz zur Angst, das Tier könne verhungern! Ein Chinchilla stirbt innerhalb weniger Tage, wenn es nicht genügend Flüssigkeit zu sich nimmt.
Verhindert werden kann das jedoch nur zuverlässig, wenn das Wasser, möglichst mit Elektrolyten und Glucose angereichert, direkt in den Körper kommt, denn, wenn es erst den Darm passieren muß, ist nicht sichergestellt, daß es auch tatsächlich in den Körper gelangt ... also muß täglich physiologische Kochsalzlösung und Glucoselösung unter die Haut gespritzt werden, bis das Tier wieder frißt (und damit auch Flüssigkeit aufnimmt.)
Was nun Cocco versucht, ist einfach, durch die Gerbstoffe die Entzündungsherde im Dünndarm abzuschotten, damit kein Futterbrei da rankommt, so daß er nicht den gesamten Dünndarm vollschleimen muß. Körpereigener Schleim zum Schutz der Dünndarmwand hat nämlich den Nachteil, daß Cocco dann keine Nährstoffe mehr aufnehmen kann - mit der Gerbsäure kann er es und kann im laufenden Betrieb des Dünndarmes die Darmwand reparieren.
Die Lignine wiederum werden im Dickdarm zu Phenolen abgebaut. Diese wiederum verhindern, daß Bakterien über den Enddarm in den Dickdarm und von dort in den Dünndarm einwandern.
Momentan haben wir Frühling, da kommt noch etwas äußerst wichtiges für Cocco dazu: Eiweiß aus den Knospen der Zweige! Dieses Eiweiß braucht Cocco für den Darmaufbau, das sind wichtige Bausteine. Diese sind nun jedoch sehr gut geschützt durch die Gerbsäuren in Knospen und Blättern und können von in den Dünndarm einwandernden Bakterien gar nicht verwertet werden. Verwertbare Zucker sind in den Knospen auch kaum enthalten - also ein bestes Futter, um die Bakterien auszutricksen!
Der Zahnabrieb ist momentan bei Cocco nicht wichtig, die Zähne wachsen nämlich in die falsche Richtung!
Also müssen erstmal die Mineralstoffe und Bausteine an die richtigen Stellen transportiert werden, um den Kieferknochen zu heilen, so daß er so stabil an der Wachstumszone wird, daß die Backenzähne nicht mehr in den Schädel reinwachsen können. Erst, wenn die Zähne wieder schön brav in den Mundraum geschoben werden, macht es für Cocco Sinn, für den Zahnabrieb zu sorgen!
Gras ist dabei momentan hochgefährlich für Cocco, da es voll ist von höchstgefährlichen Stoffwechselgiften.
Normalerweise ist das für ein gesundes Chinchilla kein Problem, da keines dieser Gifte in nennenswerten Mengen in den Körper gelangen können - anders bei einem entzündeten Darm, hier funktioniert einfach die Giftschranke nicht mehr richtig und solch hochgefährliche Stoffe, wie Fructane vom Phleumtyp, Ergovalin, Lolitrem B und Umweltgifte, wie Blei, Cadmium etc können passieren. Den Gräsern fehlt an dieser Stelle einfach der Gerbstoff, der dies verhindert.
Dazu kommt, daß Gras hohe Mengen an wasserlöslichen Zuckern enthält, momentan beispielsweise können hochgezüchtete Weidelgräser bis zu 45% der Trockenmasse an wasserlöslichen Zuckern enthalten, Knaulgras ist noch bei 20 - 30% dabei, selbst Borstgras weist einen Gehalt von bis zu 5% wasserlöslicher Zucker in der Trockenmasse auf ... diese Zucker sind bestes Futter für Bakterien im Dünndarm - und die will Cocco loswerden, und nicht füttern ...
Cocco macht also momentan genau das Richtige ... er kuriert seinen Darm erstmal aus.
Wenn du Glück hast, lernt Cocco nun den Gebrauch diverser Küchenkräuter kennen ... die unterstützen die Darmreparatur ungemein. Hilfreiche Kräuter wären nun Thymian, Oregano, Majoran, Basilikum, Dill, Fenchelknolle und Fenchelkraut, Koreander und weitere Küchenkräuter, die man jedoch leider eher seltener bekommt.
Ginkgo wirkt auf einer noch ungeklärten Art und Weise unterstützend. Kalmegh verhindert Darmtumore.
Es ist dabei erstmal egal, ob die Kräuter getrocknet oder frisch gefressen werden, wichtig sind die Stoffe in den Kräutern, wie beispielsweise Thymol, welches die Darmperistaltik anregt und so dafür sorgt, daß der Nahrungsbrei schneller aus dem Dünndarm geschoben wird, wie Bakterien aus dem Dickdarm und Blinddarm in den Dünndarm einwandern können.
Viele Stoffe, wie zum Beispiel Carvacrol, schwächen die Bakterien, so daß sie besser hinausgeschoben werden können.
Der nächste logische Schritt von Cocco wäre dann, daß er anfängt, kleine Mengen Nadelgehölz zu futtern - also Tanne, Fichte, Kiefer und Co. Auch Wacholder samt Wacholderbeeren (gibts getrocknet als Gewürz) kannst du ihm anbieten ... sobald der Darm dicht genug ist, daß die Wirkstoffe nicht mehr in den Körper gelangen, wird Cocco mit diesen Wirkstoffen den restlichen Bakterien im Dünndarm den Garaus machen. Gleichzeitig regen solche Stoffe, wie Campherol oder Alpha-Pinen, den Kreislauf an und sorgen so für einen besonders guten Stofftransport - damit der Kiefer wieder geheilt werden kann.
Als letztes wäre dann Salbei, Rosmarin und Wermut angesagt ... das in ihnen enthaltene Thujon wird die letzten Entzündungen im Darm bekämpfen - gleichzeitig ist Thujon jedoch hochgefährlich, wenn es aufgrund eines kaputten Darmes in den Körper gelangt. Deshalb wird Cocco solche Kräuter aller Vorraussicht nach erst als letztes fressen - praktisch um den Feinschliff der Darmreparaturen in Gang zu bringen.
Erst jetzt ist dann der Darm wieder so gut in Schuß, daß auch wieder Gras gefressen werden kann ... also Monate später ... da dann allerdings das Zahnwachstum wieder richtig verläuft, ist nun der Backenzahnabrieb enorm wichtig, Schachtelhalm und Gräser sind nun Mittel der Wahl und werden in diesem Stadium oft massig gefressen.
Chinchillas lassen manchmal die Nadelgehölzphase und die Salbeiphase aus ... ich hab bisher noch keine Idee, warum das so ist, ich vermute jedoch, daß Chinchillas einfach so vorsichtig in ihrer Futtermittelwahl sind, daß sie solch Neues einfach nicht annehmen wollen ... bis sie es nicht mehr brauchen ... ansonsten läuft diese Reihenfolge eigentlich in solchen Fällen bei Kaninchen und Meerschweinchen exakt ab - wenn man sie läßt. Bei Chinchillas läuft es sehr ähnlich ab, bis auf daß sie einfach viel vorsichtiger sind, was neues Futter angeht.
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Leider gibt es noch zu viel zu wenig Studien über die langfristigen Auswirkungen einer Umstellung auf naturnahe Ernährung bei Zahnpatienten. Na, es wird sich ja bei meinen Beiden zeigen, ob auch solch ernsthafte Probleme evtl. noch bis zu einem gewissen Grad reversibel sind.
Es gibt genau genommen gar keine Untersuchungen über die langfristigen Auswirkungen einer Umstellung auf naturnahe Ernährung bei Zahnpatienten und wird es auch 100%ig die nächsten Jahre und Jahrzehnte nicht geben ... wem bringen denn auch solche Untersuchungen Geld?
Du kannst nur Studien aus anderen Bereichen nehmen und sie mit dem, was du beobachten kannst, versuchen in Deckung zu bekommen - nur so bin ich überhaupt nur auf die Theorien gekommen, die du oben lesen kannst. Ich hab einfach nur beobachtet, daß eigentlich alle Tiere mit nachwachsenden Backenzähnen und einer Gärkammer in Blind- oder Dickdarm diese Reihenfolge einhalten, wenn man sie läßt. Dabei haben es Meerschweinchen besonders schwer, sie sind angewiesen auf Gras, sie müssen also die gesamte Zeit über das für sie gefährlich gewordene Gras fressen (Pferde übrigens auch), aber wenn man sie läßt, fressen selbst diese Grasfresser deutlich weniger Gras, wie ihre gesunden Verwandten - sie halten also von Natur aus Diät.
Selbst Diabetes mellitus kann von Meerschwein und Co prima selbstmedikamentiert werden, die Tiere können das deutlich besser, wie wir Menschen mit Insulingaben! Es ist einfach enorm, was unsere Tiere in der Hinsicht drauf haben - wenn man sie läßt und eigenverantwortlich fressen läßt!
Selbst die Dosierungen von dem, was sie futtern, sind für ihre Körper perfekt - so perfekt kann es kein Mensch für sie dosieren. Es gibt nur ganz, ganz wenige Krankheiten, wo der Mensch nachhelfen muß ... einfach, weil da so viel aus dem Ruder gelaufen ist, daß das Tier es nicht mehr von alleine schafft.
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Es wird jedoch dauern, bis wir bei einer naturnahen Ernährung komplett ohne Pellets angekommen sind. Und erst ab diesem Zeitpunkt kann die Frischfütterung ja ihre Wirkung vollends entfalten. Hoffe, dass wir noch soviel Zeit haben.
Die Daumen sind von mir aus gedrückt ... die meisten Tiere schaffen es, wenn man ihnen alles bietet, was sie brauchen.
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